scheint mir eine poetische Wirkung. Die Leu¬ te glauben sich für irgend einen armseligen Besitz schlagen zu müssen, und merken nicht, daß sie der romantische Geist aufregt, um die unnützen Schlechtigkeiten durch sich selbst zu vernichten. Sie führen die Waffen für die Sache der Poesie, und beyde Heere fol¬ gen Einer unsichtbaren Fahne.
Im Kriege, versetzte Klingsohr, regt sich das Urgewässer. Neue Welttheile sollen ent¬ stehen, neue Geschlechter sollen aus der gro¬ ßen Auflösung anschießen. Der wahre Krieg ist der Religionskrieg; der geht gerade zu auf Untergang, und der Wahnsinn der Men¬ schen erscheint in seiner völligen Gestalt. Viele Kriege, besonders die vom National¬ haß entspringen, gehören in diese Klasse mit, und sie sind ächte Dichtungen. Hier sind die wahren Helden zu Hause, die das edelste Gegenbild der Dichter, nichts anders, als
ſcheint mir eine poetiſche Wirkung. Die Leu¬ te glauben ſich für irgend einen armſeligen Beſitz ſchlagen zu müſſen, und merken nicht, daß ſie der romantiſche Geiſt aufregt, um die unnützen Schlechtigkeiten durch ſich ſelbſt zu vernichten. Sie führen die Waffen für die Sache der Poeſie, und beyde Heere fol¬ gen Einer unſichtbaren Fahne.
Im Kriege, verſetzte Klingsohr, regt ſich das Urgewäſſer. Neue Welttheile ſollen ent¬ ſtehen, neue Geſchlechter ſollen aus der gro¬ ßen Auflöſung anſchießen. Der wahre Krieg iſt der Religionskrieg; der geht gerade zu auf Untergang, und der Wahnſinn der Men¬ ſchen erſcheint in ſeiner völligen Geſtalt. Viele Kriege, beſonders die vom National¬ haß entſpringen, gehören in dieſe Klaſſe mit, und ſie ſind ächte Dichtungen. Hier ſind die wahren Helden zu Hauſe, die das edelſte Gegenbild der Dichter, nichts anders, als
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0261"n="253"/>ſcheint mir eine poetiſche Wirkung. Die Leu¬<lb/>
te glauben ſich für irgend einen armſeligen<lb/>
Beſitz ſchlagen zu müſſen, und merken nicht,<lb/>
daß ſie der romantiſche Geiſt aufregt, um<lb/>
die unnützen Schlechtigkeiten durch ſich ſelbſt<lb/>
zu vernichten. Sie führen die Waffen für<lb/>
die Sache der Poeſie, und beyde Heere fol¬<lb/>
gen Einer unſichtbaren Fahne.</p><lb/><p>Im Kriege, verſetzte Klingsohr, regt ſich<lb/>
das Urgewäſſer. Neue Welttheile ſollen ent¬<lb/>ſtehen, neue Geſchlechter ſollen aus der gro¬<lb/>
ßen Auflöſung anſchießen. Der wahre Krieg<lb/>
iſt der Religionskrieg; der geht gerade zu<lb/>
auf Untergang, und der Wahnſinn der Men¬<lb/>ſchen erſcheint in ſeiner völligen Geſtalt.<lb/>
Viele Kriege, beſonders die vom National¬<lb/>
haß entſpringen, gehören in dieſe Klaſſe mit,<lb/>
und ſie ſind ächte Dichtungen. Hier ſind<lb/>
die wahren Helden zu Hauſe, die das edelſte<lb/>
Gegenbild der Dichter, nichts anders, als<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[253/0261]
ſcheint mir eine poetiſche Wirkung. Die Leu¬
te glauben ſich für irgend einen armſeligen
Beſitz ſchlagen zu müſſen, und merken nicht,
daß ſie der romantiſche Geiſt aufregt, um
die unnützen Schlechtigkeiten durch ſich ſelbſt
zu vernichten. Sie führen die Waffen für
die Sache der Poeſie, und beyde Heere fol¬
gen Einer unſichtbaren Fahne.
Im Kriege, verſetzte Klingsohr, regt ſich
das Urgewäſſer. Neue Welttheile ſollen ent¬
ſtehen, neue Geſchlechter ſollen aus der gro¬
ßen Auflöſung anſchießen. Der wahre Krieg
iſt der Religionskrieg; der geht gerade zu
auf Untergang, und der Wahnſinn der Men¬
ſchen erſcheint in ſeiner völligen Geſtalt.
Viele Kriege, beſonders die vom National¬
haß entſpringen, gehören in dieſe Klaſſe mit,
und ſie ſind ächte Dichtungen. Hier ſind
die wahren Helden zu Hauſe, die das edelſte
Gegenbild der Dichter, nichts anders, als
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/261>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.