stand, euren natürlichen Trieb zu wissen, wie alles sich begiebt und untereinander nach Ge¬ setzen der Folge zusammenhängt, mit Fleiß und Mühe zu unterstützen. Nichts ist dem Dichter unentbehrlicher, als Einsicht in die Natur jedes Geschäfts, Bekanntschaft mit den Mitteln jeden Zweck zu erreichen, und Gegenwart des Geistes, nach Zeit und Um¬ ständen, die schicklichsten zu wählen. Begei¬ sterung ohne Verstand ist unnütz und gefähr¬ lich, und der Dichter wird wenig Wunder thun können, wenn er selbst über Wunder er¬ staunt.
Ist aber dem Dichter nicht ein inniger Glaube an die menschliche Regierung des Schicksals unentbehrlich?
Unentbehrlich allerdings, weil er sich das Schicksal nicht anders vorstellen kann, wenn er reiflich darüber nachdenkt; aber wie ent¬ fernt ist diese heitere Gewißheit, von jener
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ſtand, euren natürlichen Trieb zu wiſſen, wie alles ſich begiebt und untereinander nach Ge¬ ſetzen der Folge zuſammenhängt, mit Fleiß und Mühe zu unterſtützen. Nichts iſt dem Dichter unentbehrlicher, als Einſicht in die Natur jedes Geſchäfts, Bekanntſchaft mit den Mitteln jeden Zweck zu erreichen, und Gegenwart des Geiſtes, nach Zeit und Um¬ ſtänden, die ſchicklichſten zu wählen. Begei¬ ſterung ohne Verſtand iſt unnütz und gefähr¬ lich, und der Dichter wird wenig Wunder thun können, wenn er ſelbſt über Wunder er¬ ſtaunt.
Iſt aber dem Dichter nicht ein inniger Glaube an die menſchliche Regierung des Schickſals unentbehrlich?
Unentbehrlich allerdings, weil er ſich das Schickſal nicht anders vorſtellen kann, wenn er reiflich darüber nachdenkt; aber wie ent¬ fernt iſt dieſe heitere Gewißheit, von jener
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ſtand, euren natürlichen Trieb zu wiſſen, wie
alles ſich begiebt und untereinander nach Ge¬
ſetzen der Folge zuſammenhängt, mit Fleiß
und Mühe zu unterſtützen. Nichts iſt dem
Dichter unentbehrlicher, als Einſicht in die
Natur jedes Geſchäfts, Bekanntſchaft mit
den Mitteln jeden Zweck zu erreichen, und
Gegenwart des Geiſtes, nach Zeit und Um¬
ſtänden, die ſchicklichſten zu wählen. Begei¬
ſterung ohne Verſtand iſt unnütz und gefähr¬
lich, und der Dichter wird wenig Wunder
thun können, wenn er ſelbſt über Wunder er¬
ſtaunt.
Iſt aber dem Dichter nicht ein inniger
Glaube an die menſchliche Regierung des
Schickſals unentbehrlich?
Unentbehrlich allerdings, weil er ſich das
Schickſal nicht anders vorſtellen kann, wenn
er reiflich darüber nachdenkt; aber wie ent¬
fernt iſt dieſe heitere Gewißheit, von jener
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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/249>, abgerufen am 25.11.2024.
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