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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

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Die Nächsten wunderten sich über des Jüng¬
lings Beredsamkeit, über die Fülle seiner
bildlichen Gedanken. Mathilde sah ihn mit
stiller Aufmerksamkeit an. Sie schien sich
über seine Reden zu freuen, die sein Gesicht
mit den sprechendsten Mienen noch mehr er¬
klärte. Seine Augen glänzten ungewöhnlich.
Er sah sich zuweilen nach Mathilden um,
die über den Ausdruck seines Gesichts er¬
staunte. Im Feuer des Gesprächs ergriff er
unvermerkt ihre Hand, und sie konnte nicht
umhin, manches was er sagte, mit einem lei¬
sen Druck zu bestätigen. Klingsohr wußte
seinen Enthusiasmus zu unterhalten, und
lockte allmählich seine ganze Seele auf die
Lippen. Endlich stand alles auf. Alles
schwärmte durch einander. Heinrich war an
Mathildens Seite geblieben. Sie standen
unbemerkt abwärts. Er hielt ihre Hand und
küßte sie zärtlich. Sie ließ sie ihm, und

Die Nächſten wunderten ſich über des Jüng¬
lings Beredſamkeit, über die Fülle ſeiner
bildlichen Gedanken. Mathilde ſah ihn mit
ſtiller Aufmerkſamkeit an. Sie ſchien ſich
über ſeine Reden zu freuen, die ſein Geſicht
mit den ſprechendſten Mienen noch mehr er¬
klärte. Seine Augen glänzten ungewöhnlich.
Er ſah ſich zuweilen nach Mathilden um,
die über den Ausdruck ſeines Geſichts er¬
ſtaunte. Im Feuer des Geſprächs ergriff er
unvermerkt ihre Hand, und ſie konnte nicht
umhin, manches was er ſagte, mit einem lei¬
ſen Druck zu beſtätigen. Klingsohr wußte
ſeinen Enthuſiasmus zu unterhalten, und
lockte allmählich ſeine ganze Seele auf die
Lippen. Endlich ſtand alles auf. Alles
ſchwärmte durch einander. Heinrich war an
Mathildens Seite geblieben. Sie ſtanden
unbemerkt abwärts. Er hielt ihre Hand und
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[227/0235] Die Nächſten wunderten ſich über des Jüng¬ lings Beredſamkeit, über die Fülle ſeiner bildlichen Gedanken. Mathilde ſah ihn mit ſtiller Aufmerkſamkeit an. Sie ſchien ſich über ſeine Reden zu freuen, die ſein Geſicht mit den ſprechendſten Mienen noch mehr er¬ klärte. Seine Augen glänzten ungewöhnlich. Er ſah ſich zuweilen nach Mathilden um, die über den Ausdruck ſeines Geſichts er¬ ſtaunte. Im Feuer des Geſprächs ergriff er unvermerkt ihre Hand, und ſie konnte nicht umhin, manches was er ſagte, mit einem lei¬ ſen Druck zu beſtätigen. Klingsohr wußte ſeinen Enthuſiasmus zu unterhalten, und lockte allmählich ſeine ganze Seele auf die Lippen. Endlich ſtand alles auf. Alles ſchwärmte durch einander. Heinrich war an Mathildens Seite geblieben. Sie ſtanden unbemerkt abwärts. Er hielt ihre Hand und küßte ſie zärtlich. Sie ließ ſie ihm, und

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Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/235>, abgerufen am 08.05.2024.