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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802.

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Kummervoll führte ich meine trostlose Gattin
nach meiner Heymath. Ein stiller Gram
mochte den Faden ihres Lebens mürbe ge¬
macht haben. Auf einer Reise, die ich bald
darauf unternehmen mußte, auf der sie mich
wie immer begleitete, verschied sie sanft und
plötzlich in meinen Armen. Es war hier
nahe bey, wo unsere irdische Wallfahrt zu
Ende ging. Mein Entschluß war im Augen¬
blicke reif. Ich fand, was ich nie erwartet
hatte; eine göttliche Erleuchtung kam über
mich, und seit dem Tage, da ich sie hier
selbst begrub, nahm eine himmlische Hand
allen Kummer von meinem Herzen. Das
Grabmal habe ich nachher errichten lassen.
Oft scheint eine Begebenheit sich zu endigen,
wenn sie erst eigentlich beginnt, und dies hat
bey meinem Leben statt gefunden. Gott ver¬
leihe euch allen ein seliges Alter, und ein so
geruhiges Gemüth wie mir.

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Kummervoll führte ich meine troſtloſe Gattin
nach meiner Heymath. Ein ſtiller Gram
mochte den Faden ihres Lebens mürbe ge¬
macht haben. Auf einer Reiſe, die ich bald
darauf unternehmen mußte, auf der ſie mich
wie immer begleitete, verſchied ſie ſanft und
plötzlich in meinen Armen. Es war hier
nahe bey, wo unſere irdiſche Wallfahrt zu
Ende ging. Mein Entſchluß war im Augen¬
blicke reif. Ich fand, was ich nie erwartet
hatte; eine göttliche Erleuchtung kam über
mich, und ſeit dem Tage, da ich ſie hier
ſelbſt begrub, nahm eine himmliſche Hand
allen Kummer von meinem Herzen. Das
Grabmal habe ich nachher errichten laſſen.
Oft ſcheint eine Begebenheit ſich zu endigen,
wenn ſie erſt eigentlich beginnt, und dies hat
bey meinem Leben ſtatt gefunden. Gott ver¬
leihe euch allen ein ſeliges Alter, und ein ſo
geruhiges Gemüth wie mir.

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[193/0201] Kummervoll führte ich meine troſtloſe Gattin nach meiner Heymath. Ein ſtiller Gram mochte den Faden ihres Lebens mürbe ge¬ macht haben. Auf einer Reiſe, die ich bald darauf unternehmen mußte, auf der ſie mich wie immer begleitete, verſchied ſie ſanft und plötzlich in meinen Armen. Es war hier nahe bey, wo unſere irdiſche Wallfahrt zu Ende ging. Mein Entſchluß war im Augen¬ blicke reif. Ich fand, was ich nie erwartet hatte; eine göttliche Erleuchtung kam über mich, und ſeit dem Tage, da ich ſie hier ſelbſt begrub, nahm eine himmliſche Hand allen Kummer von meinem Herzen. Das Grabmal habe ich nachher errichten laſſen. Oft ſcheint eine Begebenheit ſich zu endigen, wenn ſie erſt eigentlich beginnt, und dies hat bey meinem Leben ſtatt gefunden. Gott ver¬ leihe euch allen ein ſeliges Alter, und ein ſo geruhiges Gemüth wie mir. N

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Zitationshilfe: Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/201>, abgerufen am 25.11.2024.