Natur. Sie beschrieb die romantischen Schön¬ heiten der fruchtbaren Arabischen Gegenden, die wie glückliche Inseln in unwegsamen Sand¬ wüsteneien lägen, wie Zufluchtsstätte der Be¬ drängten und Ruhebedürftige[ - 1 Zeichen fehlt], wie Kolonien des Paradieses, voll frischer Quellen, die über dichten Rasen und funkelnde Steine durch al¬ te, ehrwürdige Haine rieselten, voll bunter Vögel mit melodischen Kehlen und anziehend durch mannichfaltige Überbleibsel ehemaliger denkwürdiger Zeiten. Ihr würdet mit Ver¬ wunderung, sagte sie, die buntfarbigen, hel¬ len, seltsamen Züge und Bilder auf den al¬ ten Steinplatten sehn. Sie scheinen so be¬ kannt und nicht ohne Ursach so wohl erhalten zu seyn. Man sinnt und sinnt, einzelne Be¬ deutungen ahnet man, und wird um so be¬ gieriger den tiefsinnigen Zusammenhang dieser uralten Schrift zu errathen. Der unbekannte Geist derselben erregt ein ungewöhnliches
Natur. Sie beſchrieb die romantiſchen Schön¬ heiten der fruchtbaren Arabiſchen Gegenden, die wie glückliche Inſeln in unwegſamen Sand¬ wüſteneien lägen, wie Zufluchtsſtätte der Be¬ drängten und Ruhebedürftige[ – 1 Zeichen fehlt], wie Kolonien des Paradieſes, voll friſcher Quellen, die über dichten Raſen und funkelnde Steine durch al¬ te, ehrwürdige Haine rieſelten, voll bunter Vögel mit melodiſchen Kehlen und anziehend durch mannichfaltige Überbleibſel ehemaliger denkwürdiger Zeiten. Ihr würdet mit Ver¬ wunderung, ſagte ſie, die buntfarbigen, hel¬ len, ſeltſamen Züge und Bilder auf den al¬ ten Steinplatten ſehn. Sie ſcheinen ſo be¬ kannt und nicht ohne Urſach ſo wohl erhalten zu ſeyn. Man ſinnt und ſinnt, einzelne Be¬ deutungen ahnet man, und wird um ſo be¬ gieriger den tiefſinnigen Zuſammenhang dieſer uralten Schrift zu errathen. Der unbekannte Geiſt derſelben erregt ein ungewöhnliches
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Natur. Sie beſchrieb die romantiſchen Schön¬
heiten der fruchtbaren Arabiſchen Gegenden,
die wie glückliche Inſeln in unwegſamen Sand¬
wüſteneien lägen, wie Zufluchtsſtätte der Be¬
drängten und Ruhebedürftige_, wie Kolonien
des Paradieſes, voll friſcher Quellen, die über
dichten Raſen und funkelnde Steine durch al¬
te, ehrwürdige Haine rieſelten, voll bunter
Vögel mit melodiſchen Kehlen und anziehend
durch mannichfaltige Überbleibſel ehemaliger
denkwürdiger Zeiten. Ihr würdet mit Ver¬
wunderung, ſagte ſie, die buntfarbigen, hel¬
len, ſeltſamen Züge und Bilder auf den al¬
ten Steinplatten ſehn. Sie ſcheinen ſo be¬
kannt und nicht ohne Urſach ſo wohl erhalten
zu ſeyn. Man ſinnt und ſinnt, einzelne Be¬
deutungen ahnet man, und wird um ſo be¬
gieriger den tiefſinnigen Zuſammenhang dieſer
uralten Schrift zu errathen. Der unbekannte
Geiſt derſelben erregt ein ungewöhnliches
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Novalis: Heinrich von Ofterdingen. Berlin, 1802, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/novalis_ofterdingen_1802/129>, abgerufen am 24.11.2024.
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