Der allerneuesten Europäischen Welt- und Staats-Geschichte II. Theil. Nr. LVIII, 30. Woche, Erfurt (Thüringen), 24. Juli 1744.Obgleich der Brigadier von denen Frantzösischen Trouppen, Mar- Obgleich der Brigadier von denen Frantzösischen Trouppen, Mar- <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews"> <div type="jArticle"> <p><pb facs="#f0006" n="462"/> Obgleich der Brigadier von denen Frantzösischen Trouppen, <hi rendition="#aq">Mar-<lb/> quis de Chetardie</hi>, ein solches <hi rendition="#aq">Menagement</hi>, als nach dem Völcker-<lb/> Recht sonst gegen die von fremden <hi rendition="#aq">Puiſſancen</hi> an denen Europäis.<lb/> Höfen befindlichen <hi rendition="#aq">Miniſtres</hi> gemeiniglich beobachtet wird, gar nicht<lb/> verdienet: So haben Jhro Czaarische Maj. dennoch kund thun<lb/> lassen, welchergestalt besagter <hi rendition="#aq">Chetardie</hi> statt dessen, daß er die ihm<lb/> sowohl vorhin, als bis nun erwiesene nicht geringe <hi rendition="#aq">Diſtinction</hi> hät-<lb/> te erkennen, und darnach seine Aufführung einrichten sollen, viel-<lb/> mehr das Gegentheil bewiesen, und ohnfehlbar ohne Ordre oder<lb/> Vorwissen des Königs seines Herrns, sich selbst vergessend, getrach-<lb/> tet habe, verschiedene Personen, und so gar die Geistlichkeit, ihre<lb/> Pflicht aus den Augen zu setzen, mit Gold zu <hi rendition="#aq">corrumpi</hi>ren, und sich<lb/> dadurch eine Parthey zuwege zu bringen, ja das hiesige <hi rendition="#aq">Miniſterium</hi><lb/> übern Hauffen zu werffen, annechst viele ungebührliche Dinge von<lb/> hier heraus zu schreiben, daß solches keiner Orten erlaubt, noch von<lb/> irgend einer <hi rendition="#aq">Puiſſance</hi> gelitten werden mag. Zum unwidersprech-<lb/> lichen Beweißthum aber seiner, des <hi rendition="#aq">Chetardie</hi> Verwegenheit und<lb/> frevelhafften Unterfangens, hat man verschiedliche <hi rendition="#aq">Original-Depe-<lb/> chen </hi> in Händen, Jhro Maj., die Kayserin, haben bey allen Dero<lb/> aus angebohrner Großmuth mit ihm, des <hi rendition="#aq">Chetardie</hi> Verbrechen<lb/> gemäß, so, wie er es, der von ihm gewärtig gewesenen Conduite<lb/> nach, wohl verdient, und worzu er sich die Befugnisse vollkommen<lb/> selbst über den Hals gezogen, gleichwohl nicht verfahren; sondern<lb/> Dero <hi rendition="#aq">Indignation</hi> und dasjenige, was er als eine nicht characteri-<lb/> sirte Privat-Person verwürcket hat, großmüthigst in Vergessenheit<lb/> stellen wollen, und dem <hi rendition="#aq">Chetardie</hi> nur andeuten lassen, sich, ohne<lb/> mit jemanden weiter allhier zu sprechen, binnen 24. Stunden aus<lb/> der hiesigen Residentz und aufs baldigste aus dem Reich hinweg zu<lb/> begeben. Gleichwie aber Jhro Kayserl. Maj. versichert sind, daß<lb/> der <hi rendition="#aq">Chetardie</hi>, wie oben gedacht, sich ohne Ordre und Vorwissen<lb/> seines Herrn allhier so freventlich aufgeführet; Als gedencken auch<lb/> Allerhöchst-Dieselben Dero vor Jhro Maj. den König von Franck-<lb/> reich hegenden Freundschafft, um des von seinem Unterthan be-<lb/> gangenen Verbrechens willen keinesweges zu verändern, sondern<lb/> wie sonst, also forthin zu <hi rendition="#aq">cultivi</hi>ren. Was deucht unsern Lesern<lb/> von dieser <hi rendition="#aq">Cataſtrophe</hi>? Hier sehen sie ein wahres Ebenbild von<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [462/0006]
Obgleich der Brigadier von denen Frantzösischen Trouppen, Mar-
quis de Chetardie, ein solches Menagement, als nach dem Völcker-
Recht sonst gegen die von fremden Puiſſancen an denen Europäis.
Höfen befindlichen Miniſtres gemeiniglich beobachtet wird, gar nicht
verdienet: So haben Jhro Czaarische Maj. dennoch kund thun
lassen, welchergestalt besagter Chetardie statt dessen, daß er die ihm
sowohl vorhin, als bis nun erwiesene nicht geringe Diſtinction hät-
te erkennen, und darnach seine Aufführung einrichten sollen, viel-
mehr das Gegentheil bewiesen, und ohnfehlbar ohne Ordre oder
Vorwissen des Königs seines Herrns, sich selbst vergessend, getrach-
tet habe, verschiedene Personen, und so gar die Geistlichkeit, ihre
Pflicht aus den Augen zu setzen, mit Gold zu corrumpiren, und sich
dadurch eine Parthey zuwege zu bringen, ja das hiesige Miniſterium
übern Hauffen zu werffen, annechst viele ungebührliche Dinge von
hier heraus zu schreiben, daß solches keiner Orten erlaubt, noch von
irgend einer Puiſſance gelitten werden mag. Zum unwidersprech-
lichen Beweißthum aber seiner, des Chetardie Verwegenheit und
frevelhafften Unterfangens, hat man verschiedliche Original-Depe-
chen in Händen, Jhro Maj., die Kayserin, haben bey allen Dero
aus angebohrner Großmuth mit ihm, des Chetardie Verbrechen
gemäß, so, wie er es, der von ihm gewärtig gewesenen Conduite
nach, wohl verdient, und worzu er sich die Befugnisse vollkommen
selbst über den Hals gezogen, gleichwohl nicht verfahren; sondern
Dero Indignation und dasjenige, was er als eine nicht characteri-
sirte Privat-Person verwürcket hat, großmüthigst in Vergessenheit
stellen wollen, und dem Chetardie nur andeuten lassen, sich, ohne
mit jemanden weiter allhier zu sprechen, binnen 24. Stunden aus
der hiesigen Residentz und aufs baldigste aus dem Reich hinweg zu
begeben. Gleichwie aber Jhro Kayserl. Maj. versichert sind, daß
der Chetardie, wie oben gedacht, sich ohne Ordre und Vorwissen
seines Herrn allhier so freventlich aufgeführet; Als gedencken auch
Allerhöchst-Dieselben Dero vor Jhro Maj. den König von Franck-
reich hegenden Freundschafft, um des von seinem Unterthan be-
gangenen Verbrechens willen keinesweges zu verändern, sondern
wie sonst, also forthin zu cultiviren. Was deucht unsern Lesern
von dieser Cataſtrophe? Hier sehen sie ein wahres Ebenbild von
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Zitationshilfe: | Der allerneuesten Europäischen Welt- und Staats-Geschichte II. Theil. Nr. LVIII, 30. Woche, Erfurt (Thüringen), 24. Juli 1744, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_weltgeschichte0258_1744/6>, abgerufen am 20.07.2024. |