es war gewisser Maaßen durch sie schon vernichtet , da in ihr der letzte Schatten seiner Freyheit verschwand. Fortan gab es keine Zaren von Serbien mehr. Unter dem Despoten- titel +) sehen wir sie noch ein Jahrhundert lang, bald unter ungarischem Schutze, bald in türkischer Verbindung, ihr Heil suchen. Dem Verräther Wuk Brankowitsch ereilte seine Strafe schnell, und er erndtete, was er gesäet hatte. Gänz- lich hatte er sich verrechnet, wenn er wähnte, der Sultan werde nun ihm, als zinspflichtigen Fürsten, ganz Serbien überlassen. Bajaseth war nicht gesonnen, sich so mächtige Vasallen zu schaffen. Gleich nach der Schlacht ließ er die Zarin Militza begrüßen, warb um ihre Tochter, und ver- sprach ihr dafür, ihrem Sohn Stephan Lasarewitsch seines Vaters Erbe zu lassen: freylich mit der Bedingung eines be- deutenden Tributs, und der Theilnahme an allen seinen Krie- gen. Die Zarin rief die hohe Geistlichkeit zusammen, dar- über zu berathschlagen, und es ward beschlossen, die Jung- frau für den Glauben und die Erhaltung ihres Hauses zu opfern. Die schöne Milewa ward übergeben, und gefiel dem Sultan so sehr, daß ihr bald die zweideutige Ehre ward, zu seiner Lieblingsgemahlin erhoben zu werden. Wuk Branko- witsch mußte sich mit einigen südlichen Punkten Serbiens und einem Theile von Macedonien begnügen, wo er in Achrida seinen Sitz aufschlug. Als er von hier aus den Stephan La- sarewitsch angriff, und ihn auf mehrfache Weise zu beeinträch- tigen suchte, verklagte ihn die Zarin bey ihrem Eidam. Dieser entbot ihn ohne Weiteres zu sich, warf ihn ins Ge- fängniß, und ließ ihn, als er Mittel fand, zu entkommen, auf der Flucht vergiften (1396). Seine Wittwe und Söhne
+) Er ward dem Stephan Lasarewitsch bey seiner Anwesenheit in Constantinopel vom griechischen Kaiser verliehen.
es war gewisser Maaßen durch sie schon vernichtet , da in ihr der letzte Schatten seiner Freyheit verschwand. Fortan gab es keine Zaren von Serbien mehr. Unter dem Despoten- titel †) sehen wir sie noch ein Jahrhundert lang, bald unter ungarischem Schutze, bald in türkischer Verbindung, ihr Heil suchen. Dem Verräther Wuk Brankowitsch ereilte seine Strafe schnell, und er erndtete, was er gesäet hatte. Gänz- lich hatte er sich verrechnet, wenn er wähnte, der Sultan werde nun ihm, als zinspflichtigen Fürsten, ganz Serbien überlassen. Bajaseth war nicht gesonnen, sich so mächtige Vasallen zu schaffen. Gleich nach der Schlacht ließ er die Zarin Militza begrüßen, warb um ihre Tochter, und ver- sprach ihr dafür, ihrem Sohn Stephan Lasarewitsch seines Vaters Erbe zu lassen: freylich mit der Bedingung eines be- deutenden Tributs, und der Theilnahme an allen seinen Krie- gen. Die Zarin rief die hohe Geistlichkeit zusammen, dar- über zu berathschlagen, und es ward beschlossen, die Jung- frau für den Glauben und die Erhaltung ihres Hauses zu opfern. Die schöne Milewa ward übergeben, und gefiel dem Sultan so sehr, daß ihr bald die zweideutige Ehre ward, zu seiner Lieblingsgemahlin erhoben zu werden. Wuk Branko- witsch mußte sich mit einigen südlichen Punkten Serbiens und einem Theile von Macedonien begnügen, wo er in Achrida seinen Sitz aufschlug. Als er von hier aus den Stephan La- sarewitsch angriff, und ihn auf mehrfache Weise zu beeinträch- tigen suchte, verklagte ihn die Zarin bey ihrem Eidam. Dieser entbot ihn ohne Weiteres zu sich, warf ihn ins Ge- fängniß, und ließ ihn, als er Mittel fand, zu entkommen, auf der Flucht vergiften (1396). Seine Wittwe und Söhne
†) Er ward dem Stephan Lasarewitsch bey seiner Anwesenheit in Constantinopel vom griechischen Kaiser verliehen.
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0054"n="XXXIV"/><p>es war gewisser Maaßen durch sie schon vernichtet , da in ihr<lb/>
der letzte Schatten seiner Freyheit verschwand. Fortan gab<lb/>
es keine Zaren von Serbien mehr. Unter dem Despoten-<lb/>
titel <noteplace="foot"n="†)">Er ward dem Stephan Lasarewitsch bey seiner Anwesenheit<lb/>
in Constantinopel vom griechischen Kaiser verliehen.</note> sehen wir sie noch ein Jahrhundert lang, bald unter<lb/>
ungarischem Schutze, bald in türkischer Verbindung, ihr Heil<lb/>
suchen. Dem Verräther Wuk Brankowitsch ereilte seine<lb/>
Strafe schnell, und er erndtete, was er gesäet hatte. Gänz-<lb/>
lich hatte er sich verrechnet, wenn er wähnte, der Sultan<lb/>
werde nun ihm, als zinspflichtigen Fürsten, ganz Serbien<lb/>
überlassen. Bajaseth war nicht gesonnen, sich so mächtige<lb/>
Vasallen zu schaffen. Gleich nach der Schlacht ließ er die<lb/>
Zarin Militza begrüßen, warb um ihre Tochter, und ver-<lb/>
sprach ihr dafür, ihrem Sohn Stephan Lasarewitsch seines<lb/>
Vaters Erbe zu lassen: freylich mit der Bedingung eines be-<lb/>
deutenden Tributs, und der Theilnahme an allen seinen Krie-<lb/>
gen. Die Zarin rief die hohe Geistlichkeit zusammen, dar-<lb/>
über zu berathschlagen, und es ward beschlossen, die Jung-<lb/>
frau für den Glauben und die Erhaltung ihres Hauses zu<lb/>
opfern. Die schöne Milewa ward übergeben, und gefiel dem<lb/>
Sultan so sehr, daß ihr bald die zweideutige Ehre ward, zu<lb/>
seiner Lieblingsgemahlin erhoben zu werden. Wuk Branko-<lb/>
witsch mußte sich mit einigen südlichen Punkten Serbiens und<lb/>
einem Theile von Macedonien begnügen, wo er in Achrida<lb/>
seinen Sitz aufschlug. Als er von hier aus den Stephan La-<lb/>
sarewitsch angriff, und ihn auf mehrfache Weise zu beeinträch-<lb/>
tigen suchte, verklagte ihn die Zarin bey ihrem Eidam.<lb/>
Dieser entbot ihn ohne Weiteres zu sich, warf ihn ins Ge-<lb/>
fängniß, und ließ ihn, als er Mittel fand, zu entkommen,<lb/>
auf der Flucht vergiften (1396). Seine Wittwe und Söhne</p><lb/></div></body></text></TEI>
[XXXIV/0054]
es war gewisser Maaßen durch sie schon vernichtet , da in ihr
der letzte Schatten seiner Freyheit verschwand. Fortan gab
es keine Zaren von Serbien mehr. Unter dem Despoten-
titel †) sehen wir sie noch ein Jahrhundert lang, bald unter
ungarischem Schutze, bald in türkischer Verbindung, ihr Heil
suchen. Dem Verräther Wuk Brankowitsch ereilte seine
Strafe schnell, und er erndtete, was er gesäet hatte. Gänz-
lich hatte er sich verrechnet, wenn er wähnte, der Sultan
werde nun ihm, als zinspflichtigen Fürsten, ganz Serbien
überlassen. Bajaseth war nicht gesonnen, sich so mächtige
Vasallen zu schaffen. Gleich nach der Schlacht ließ er die
Zarin Militza begrüßen, warb um ihre Tochter, und ver-
sprach ihr dafür, ihrem Sohn Stephan Lasarewitsch seines
Vaters Erbe zu lassen: freylich mit der Bedingung eines be-
deutenden Tributs, und der Theilnahme an allen seinen Krie-
gen. Die Zarin rief die hohe Geistlichkeit zusammen, dar-
über zu berathschlagen, und es ward beschlossen, die Jung-
frau für den Glauben und die Erhaltung ihres Hauses zu
opfern. Die schöne Milewa ward übergeben, und gefiel dem
Sultan so sehr, daß ihr bald die zweideutige Ehre ward, zu
seiner Lieblingsgemahlin erhoben zu werden. Wuk Branko-
witsch mußte sich mit einigen südlichen Punkten Serbiens und
einem Theile von Macedonien begnügen, wo er in Achrida
seinen Sitz aufschlug. Als er von hier aus den Stephan La-
sarewitsch angriff, und ihn auf mehrfache Weise zu beeinträch-
tigen suchte, verklagte ihn die Zarin bey ihrem Eidam.
Dieser entbot ihn ohne Weiteres zu sich, warf ihn ins Ge-
fängniß, und ließ ihn, als er Mittel fand, zu entkommen,
auf der Flucht vergiften (1396). Seine Wittwe und Söhne
†) Er ward dem Stephan Lasarewitsch bey seiner Anwesenheit
in Constantinopel vom griechischen Kaiser verliehen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert.
Weitere Informationen …
Robert Charlier, AV GWB Berlin: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2016-05-30T17:55:01Z)
Weitere Informationen:
Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.
Bogensignaturen: gekennzeichnet;
Druckfehler: dokumentiert;
fremdsprachliches Material: gekennzeichnet;
Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe;
Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage;
i/j in Fraktur: keine Angabe;
I/J in Fraktur: keine Angabe;
Kolumnentitel: keine Angabe;
Kustoden: gekennzeichnet;
langes s (ſ): keine Angabe;
Normalisierungen: keine Angabe;
rundes r (ꝛ): keine Angabe;
Seitenumbrüche markiert: keine Angabe;
Silbentrennung: wie Vorlage;
u/v bzw. U/V: keine Angabe;
Vokale mit übergest. e: keine Angabe;
Vollständigkeit: vollständig erfasst;
Zeichensetzung: wie Vorlage;
Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;
Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. XXXIV. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/54>, abgerufen am 27.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.