aber richtete, nicht weniger blind gegen die Gefahr des mäch- tigen Andrangs, seine Waffen nur gegen Ungarn, dessen Lehnsherrschaft ihn drückte. Nebenbey benutzte er auf jede Weise die Noth des vielfältig zerrissenen Nachbarstaates.
Hier war, nachdem die Großen theils einander aufge- rieben, theils sich den Türken unterworfen hatten, nur Ein Machthaber noch übrig, auf welchen die Nation mit Hoff- nung und Vertrauen blickte. Dieß war Lasar. Sein Land hatte er nach und nach, theils durch das Erbe der Söhne Wukaschins, theils durch das Gebiet einiger seiner besiegten Ne- benbuhler, vergrößert. So schien er durch äußere Macht das Ansehen des serbischen Namens einiger Maaßen behaup- ten zu können. Aber auch seine Persönlichkeit, wie wir schon oben erwähnten, machte ihn beym Volke und bey der Geist- lichkeit gleich beliebt: denn er war tapfer, gütig, mäßig und im hohen Grade kirchlich-fromm. Eben so diente ihm seine Abstammung zur trefflichen Empfehlung. Nicht allein durch seine Gattin Militza, eine Tochter des Feldherrn Bogdan, war er mit dem Stamme Nemanjas verwandt. Dem Volke galt es für gewiß, daß er selbst ein Sohn Stephan Duschans sey, den der hochgefeyerte Fürst mit einer Dame von hohem Range, aber außer der Ehe, erzeugt habe. Die Liebe, mit welcher ihn der Zar stets behandelt, die Sorgsamkeit, mit der er ihn unter seinen Augen hatte erziehen lassen, bestätigte das Gerücht. So lange ein solcher Mann lebte, konnten die Ser- ben den Muth nicht ganz sinken lassen, die Hoffnung nicht ganz aufgeben, sich wieder zur einst behaupteten Höhe zu erheben.
Der erste Schritt, den die Geistlichkeit dazu that, war, daß sie dem Fürsten auf einer Synode zu Ipek 1376 vor- schlug, den Zarentitel anzunehmen.
Lasar ging zwar darauf ein, und ließ sich feyerlich von dem serbischen Patriarchen Ephrem, in Gegenwart der con- stantinopolitanischen Gesandten, zum Zaren krönen. Er selbst
aber richtete, nicht weniger blind gegen die Gefahr des mäch- tigen Andrangs, seine Waffen nur gegen Ungarn, dessen Lehnsherrschaft ihn drückte. Nebenbey benutzte er auf jede Weise die Noth des vielfältig zerrissenen Nachbarstaates.
Hier war, nachdem die Großen theils einander aufge- rieben, theils sich den Türken unterworfen hatten, nur Ein Machthaber noch übrig, auf welchen die Nation mit Hoff- nung und Vertrauen blickte. Dieß war Lasar. Sein Land hatte er nach und nach, theils durch das Erbe der Söhne Wukaschins, theils durch das Gebiet einiger seiner besiegten Ne- benbuhler, vergrößert. So schien er durch äußere Macht das Ansehen des serbischen Namens einiger Maaßen behaup- ten zu können. Aber auch seine Persönlichkeit, wie wir schon oben erwähnten, machte ihn beym Volke und bey der Geist- lichkeit gleich beliebt: denn er war tapfer, gütig, mäßig und im hohen Grade kirchlich-fromm. Eben so diente ihm seine Abstammung zur trefflichen Empfehlung. Nicht allein durch seine Gattin Militza, eine Tochter des Feldherrn Bogdan, war er mit dem Stamme Nemanjas verwandt. Dem Volke galt es für gewiß, daß er selbst ein Sohn Stephan Duschans sey, den der hochgefeyerte Fürst mit einer Dame von hohem Range, aber außer der Ehe, erzeugt habe. Die Liebe, mit welcher ihn der Zar stets behandelt, die Sorgsamkeit, mit der er ihn unter seinen Augen hatte erziehen lassen, bestätigte das Gerücht. So lange ein solcher Mann lebte, konnten die Ser- ben den Muth nicht ganz sinken lassen, die Hoffnung nicht ganz aufgeben, sich wieder zur einst behaupteten Höhe zu erheben.
Der erste Schritt, den die Geistlichkeit dazu that, war, daß sie dem Fürsten auf einer Synode zu Ipek 1376 vor- schlug, den Zarentitel anzunehmen.
Lasar ging zwar darauf ein, und ließ sich feyerlich von dem serbischen Patriarchen Ephrem, in Gegenwart der con- stantinopolitanischen Gesandten, zum Zaren krönen. Er selbst
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aber richtete, nicht weniger blind gegen die Gefahr des mäch-
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Lehnsherrschaft ihn drückte. Nebenbey benutzte er auf jede
Weise die Noth des vielfältig zerrissenen Nachbarstaates.
Hier war, nachdem die Großen theils einander aufge-
rieben, theils sich den Türken unterworfen hatten, nur Ein
Machthaber noch übrig, auf welchen die Nation mit Hoff-
nung und Vertrauen blickte. Dieß war Lasar. Sein Land
hatte er nach und nach, theils durch das Erbe der Söhne
Wukaschins, theils durch das Gebiet einiger seiner besiegten Ne-
benbuhler, vergrößert. So schien er durch äußere Macht
das Ansehen des serbischen Namens einiger Maaßen behaup-
ten zu können. Aber auch seine Persönlichkeit, wie wir schon
oben erwähnten, machte ihn beym Volke und bey der Geist-
lichkeit gleich beliebt: denn er war tapfer, gütig, mäßig und
im hohen Grade kirchlich-fromm. Eben so diente ihm seine
Abstammung zur trefflichen Empfehlung. Nicht allein durch
seine Gattin Militza, eine Tochter des Feldherrn Bogdan,
war er mit dem Stamme Nemanjas verwandt. Dem Volke
galt es für gewiß, daß er selbst ein Sohn Stephan Duschans
sey, den der hochgefeyerte Fürst mit einer Dame von hohem
Range, aber außer der Ehe, erzeugt habe. Die Liebe, mit
welcher ihn der Zar stets behandelt, die Sorgsamkeit, mit der
er ihn unter seinen Augen hatte erziehen lassen, bestätigte das
Gerücht. So lange ein solcher Mann lebte, konnten die Ser-
ben den Muth nicht ganz sinken lassen, die Hoffnung nicht ganz
aufgeben, sich wieder zur einst behaupteten Höhe zu erheben.
Der erste Schritt, den die Geistlichkeit dazu that, war,
daß sie dem Fürsten auf einer Synode zu Ipek 1376 vor-
schlug, den Zarentitel anzunehmen.
Lasar ging zwar darauf ein, und ließ sich feyerlich von
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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. XXVIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/48>, abgerufen am 16.02.2025.
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