Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Talvj, Volkslieder der Serben, 1825

Bild:
<< vorherige Seite
Des Mohrenkönigs Tochter.


Sprach des Königsohnes Marko Mutter
Einst zu ihm: "Sag' mir, mein theurer Marko,
Was so viele fromme Stifte baust Du?
Hast Du etwa Dich vor Gott versündigt?
Oder kamst Du leicht zu vielem Golde?" -- 5
Aber ihr entgegnete Herr Marko:
"Ja, beim Himmel! liebe, alte Mutter,
Einstens war ich in dem Mohrenlande,
Und gieng früh nach dem Cisternenwasser,
Wollte dorten meinen Scharatz tränken. 10
Aber als ich kam an die Cisterne,
Standen um das Wasser her zwölf Mohren.
Sieh', da wollt' ich außer ihrer Reihe,
Liebe Mutter, meinen Scharatz tränken;
Doch nicht litten dieses die zwölf Mohren. 15
Da begannen wir dämm zu streiten;
Schwingend hob ich den gewalt'gen Kolben,
Einen traf ich von den schwarzen Mohren;
Einen traf ich, auf mich schlugen Eilfe;
Zweie traf ich, auf mich schlugen Zehne; 20
Dreie traf ich, auf mich schlugen Neune;
Viere traf ich, auf mich schlugen Achte;
Fünfe traf ich, und auf mich jetzt Sieben;
Des Mohrenkönigs Tochter.


Sprach des Königsohnes Marko Mutter
Einst zu ihm: „Sag' mir, mein theurer Marko,
Was so viele fromme Stifte baust Du?
Hast Du etwa Dich vor Gott versündigt?
Oder kamst Du leicht zu vielem Golde?“ — 5
Aber ihr entgegnete Herr Marko:
„Ja, beim Himmel! liebe, alte Mutter,
Einstens war ich in dem Mohrenlande,
Und gieng früh nach dem Cisternenwasser,
Wollte dorten meinen Scharatz tränken. 10
Aber als ich kam an die Cisterne,
Standen um das Wasser her zwölf Mohren.
Sieh', da wollt' ich außer ihrer Reihe,
Liebe Mutter, meinen Scharatz tränken;
Doch nicht litten dieses die zwölf Mohren. 15
Da begannen wir dämm zu streiten;
Schwingend hob ich den gewalt'gen Kolben,
Einen traf ich von den schwarzen Mohren;
Einen traf ich, auf mich schlugen Eilfe;
Zweie traf ich, auf mich schlugen Zehne; 20
Dreie traf ich, auf mich schlugen Neune;
Viere traf ich, auf mich schlugen Achte;
Fünfe traf ich, und auf mich jetzt Sieben;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0263" n="197"/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Des Mohrenkönigs Tochter</hi>.</hi> </hi> </head><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <lg type="poem">
            <lg>
              <l><hi rendition="#in">S</hi>prach des Königsohnes Marko Mutter</l><lb/>
              <l>Einst zu ihm: &#x201E;Sag' mir, mein theurer Marko,</l><lb/>
              <l>Was so viele fromme Stifte baust Du?</l><lb/>
              <l>Hast Du etwa Dich vor Gott versündigt?</l><lb/>
              <l>Oder kamst Du leicht zu vielem Golde?&#x201C; &#x2014; <note place="right">5</note></l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>Aber ihr entgegnete Herr Marko:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Ja, beim Himmel! liebe, alte Mutter,</l><lb/>
              <l>Einstens war ich in dem Mohrenlande,</l><lb/>
              <l>Und gieng früh nach dem Cisternenwasser,</l><lb/>
              <l>Wollte dorten meinen Scharatz tränken. <note place="right">10</note></l><lb/>
              <l>Aber als ich kam an die Cisterne,</l><lb/>
              <l>Standen um das Wasser her zwölf Mohren.</l><lb/>
              <l>Sieh', da wollt' ich außer ihrer Reihe,</l><lb/>
              <l>Liebe Mutter, meinen Scharatz tränken;</l><lb/>
              <l>Doch nicht litten dieses die zwölf Mohren. <note place="right">15</note></l><lb/>
              <l>Da begannen wir dämm zu streiten;</l><lb/>
              <l>Schwingend hob ich den gewalt'gen Kolben,</l><lb/>
              <l>Einen traf ich von den schwarzen Mohren;</l><lb/>
              <l>Einen traf ich, auf mich schlugen Eilfe;</l><lb/>
              <l>Zweie traf ich, auf mich schlugen Zehne; <note place="right">20</note></l><lb/>
              <l>Dreie traf ich, auf mich schlugen Neune;</l><lb/>
              <l>Viere traf ich, auf mich schlugen Achte;</l><lb/>
              <l>Fünfe traf ich, und auf mich jetzt Sieben;</l>
            </lg><lb/>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[197/0263] Des Mohrenkönigs Tochter. Sprach des Königsohnes Marko Mutter Einst zu ihm: „Sag' mir, mein theurer Marko, Was so viele fromme Stifte baust Du? Hast Du etwa Dich vor Gott versündigt? Oder kamst Du leicht zu vielem Golde?“ — Aber ihr entgegnete Herr Marko: „Ja, beim Himmel! liebe, alte Mutter, Einstens war ich in dem Mohrenlande, Und gieng früh nach dem Cisternenwasser, Wollte dorten meinen Scharatz tränken. Aber als ich kam an die Cisterne, Standen um das Wasser her zwölf Mohren. Sieh', da wollt' ich außer ihrer Reihe, Liebe Mutter, meinen Scharatz tränken; Doch nicht litten dieses die zwölf Mohren. Da begannen wir dämm zu streiten; Schwingend hob ich den gewalt'gen Kolben, Einen traf ich von den schwarzen Mohren; Einen traf ich, auf mich schlugen Eilfe; Zweie traf ich, auf mich schlugen Zehne; Dreie traf ich, auf mich schlugen Neune; Viere traf ich, auf mich schlugen Achte; Fünfe traf ich, und auf mich jetzt Sieben;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Robert Charlier, AV GWB Berlin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-05-30T17:55:01Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/263
Zitationshilfe: Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/263>, abgerufen am 07.05.2024.