Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Talvj, Volkslieder der Serben, 1825

Bild:
<< vorherige Seite

Doch nicht Fried' ist's bei den hohen Herren.
Sind in Streit die Fürsten all' gerathen,
Dorten auf dem breiten Amselfelde,
Bei der weißen Kirche Samodresha. 105
Streiten mit einander um die Herrschaft;
Morden will der eine Zar den Andern,
Mit dem goldnen Messer ihn erstechen;
Keiner weiß, wem Thron und Reich gehören.
Rufen Dich jetzt nach dem Amselfelde, 110
Daß Du sagest, wem das Reich gehöre." --

Drauf ins Herrenhaus zurück geht Marko,
Ruft herbei die Mutter Euphrosine:
"Euphrosine, meine liebe Mutter!
Sind in Streit die Fürsten all' gerathen, 115
Dorten auf dem breiten Amselfelde,
Bei der weißen Kirche Samodresha,
Und sie streiten um die Zarenherrschaft;
Morden will der eine Zar den Andern,
Mit dem goldnen Messer ihn erstechen; 120
Keiner weiß, wem Thron und Reich gehöre.
Rufen mich nun nach dem Amselfelde,
Sagen soll ich, wer zum Zar bestimmt ist."
Herzlich, wie er selbst die Wahrheit liebte,
Also herzlich bat ihn Euphrosine: 125
"Marko, einz'ger theurer Sohn der Mutter!
So Dir nicht verflucht war meine Nahrung,
Nicht ablegen sollst Du falsches Zeugniß,
12*

Doch nicht Fried' ist's bei den hohen Herren.
Sind in Streit die Fürsten all' gerathen,
Dorten auf dem breiten Amselfelde,
Bei der weißen Kirche Samodresha. 105
Streiten mit einander um die Herrschaft;
Morden will der eine Zar den Andern,
Mit dem goldnen Messer ihn erstechen;
Keiner weiß, wem Thron und Reich gehören.
Rufen Dich jetzt nach dem Amselfelde, 110
Daß Du sagest, wem das Reich gehöre.“ —

Drauf ins Herrenhaus zurück geht Marko,
Ruft herbei die Mutter Euphrosine:
„Euphrosine, meine liebe Mutter!
Sind in Streit die Fürsten all' gerathen, 115
Dorten auf dem breiten Amselfelde,
Bei der weißen Kirche Samodresha,
Und sie streiten um die Zarenherrschaft;
Morden will der eine Zar den Andern,
Mit dem goldnen Messer ihn erstechen; 120
Keiner weiß, wem Thron und Reich gehöre.
Rufen mich nun nach dem Amselfelde,
Sagen soll ich, wer zum Zar bestimmt ist.“
Herzlich, wie er selbst die Wahrheit liebte,
Also herzlich bat ihn Euphrosine: 125
„Marko, einz'ger theurer Sohn der Mutter!
So Dir nicht verflucht war meine Nahrung,
Nicht ablegen sollst Du falsches Zeugniß,
12*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg>
              <pb facs="#f0245" n="179"/>
              <l>Doch nicht Fried' ist's bei den hohen Herren.</l><lb/>
              <l>Sind in Streit die Fürsten all' gerathen,</l><lb/>
              <l>Dorten auf dem breiten Amselfelde,</l><lb/>
              <l>Bei der weißen Kirche Samodresha. <note place="right">105</note></l><lb/>
              <l>Streiten mit einander um die Herrschaft;</l><lb/>
              <l>Morden will der eine Zar den Andern,</l><lb/>
              <l>Mit dem goldnen Messer ihn erstechen;</l><lb/>
              <l>Keiner weiß, wem Thron und Reich gehören.</l><lb/>
              <l>Rufen Dich jetzt nach dem Amselfelde, <note place="right">110</note></l><lb/>
              <l>Daß Du sagest, wem das Reich gehöre.&#x201C; &#x2014;</l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>Drauf ins Herrenhaus zurück geht Marko,</l><lb/>
              <l>Ruft herbei die Mutter Euphrosine:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Euphrosine, meine liebe Mutter!</l><lb/>
              <l>Sind in Streit die Fürsten all' gerathen, <note place="right">115</note></l><lb/>
              <l>Dorten auf dem breiten Amselfelde,</l><lb/>
              <l>Bei der weißen Kirche Samodresha,</l><lb/>
              <l>Und sie streiten um die Zarenherrschaft;</l><lb/>
              <l>Morden will der eine Zar den Andern,</l><lb/>
              <l>Mit dem goldnen Messer ihn erstechen; <note place="right">120</note></l><lb/>
              <l>Keiner weiß, wem Thron und Reich gehöre.</l><lb/>
              <l>Rufen mich nun nach dem Amselfelde,</l><lb/>
              <l>Sagen soll ich, wer zum Zar bestimmt ist.&#x201C;</l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>Herzlich, wie er selbst die Wahrheit liebte,</l><lb/>
              <l>Also herzlich bat ihn Euphrosine: <note place="right">125</note></l><lb/>
              <l>&#x201E;Marko, einz'ger theurer Sohn der Mutter!</l><lb/>
              <l>So Dir nicht verflucht war meine Nahrung,</l><lb/>
              <l>Nicht ablegen sollst Du falsches Zeugniß,</l><lb/>
              <fw type="sig" place="bottom">12*</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0245] Doch nicht Fried' ist's bei den hohen Herren. Sind in Streit die Fürsten all' gerathen, Dorten auf dem breiten Amselfelde, Bei der weißen Kirche Samodresha. Streiten mit einander um die Herrschaft; Morden will der eine Zar den Andern, Mit dem goldnen Messer ihn erstechen; Keiner weiß, wem Thron und Reich gehören. Rufen Dich jetzt nach dem Amselfelde, Daß Du sagest, wem das Reich gehöre.“ — Drauf ins Herrenhaus zurück geht Marko, Ruft herbei die Mutter Euphrosine: „Euphrosine, meine liebe Mutter! Sind in Streit die Fürsten all' gerathen, Dorten auf dem breiten Amselfelde, Bei der weißen Kirche Samodresha, Und sie streiten um die Zarenherrschaft; Morden will der eine Zar den Andern, Mit dem goldnen Messer ihn erstechen; Keiner weiß, wem Thron und Reich gehöre. Rufen mich nun nach dem Amselfelde, Sagen soll ich, wer zum Zar bestimmt ist.“ Herzlich, wie er selbst die Wahrheit liebte, Also herzlich bat ihn Euphrosine: „Marko, einz'ger theurer Sohn der Mutter! So Dir nicht verflucht war meine Nahrung, Nicht ablegen sollst Du falsches Zeugniß, 12*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Robert Charlier, AV GWB Berlin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-05-30T17:55:01Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/245
Zitationshilfe: Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/245>, abgerufen am 20.04.2024.