Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Talvj, Volkslieder der Serben, 1825

Bild:
<< vorherige Seite

(Denn den Helden hab' ich unterrichtet:) 75
Schreiber war der Marko bei dem Zaren,
Auch hat er die altverfaßten Bücher.
Wissen muß er, wem das Reich gehöre.
Ruft den Marko nach dem Amselfelde,
Nach der Wahrheit wird der Marko reden; 80
Denn es fürchtet sich der Held vor Niemand,
Außer nur vor dem wahrhaft'gen Gotte!" --

Da erhoben eilig sich die Boten,
Ritten nach Prilip, der weißen Feste,
Vor den Hof des Königsohnes Marko. 85
Als sie vor dem weißen Hause waren,
Schlugen an das Thor sie mit dem Ringe;
Dieß vernahm die Mutter Euphrosine,
Und sie sprach zum Königsohne Marko:
"Sage mir, mein Sohn, mein theurer Marko, 90
Wer pocht an die Pforte mit dem Ringe?
G'rad, als wären es des Vaters Boten!" --
Auf stand Marko, öffnete die Pforte,
Tief verneigten sich vor ihm die Boten:
"Gottes Hülfe sei mit Dir, Herr Marko!" 95
Aber Marko schlug sie auf die Schultern:
"Seid willkommen, meine theuren Kinder!
Sind wohl auf die edeln Serbenhelden,
Die erlauchten Könige und Zaren?"--
Tief zur Erde neigten sich die Boten: 100
"Zwar wohl auf ist Alles, edler Marko!

(Denn den Helden hab' ich unterrichtet:) 75
Schreiber war der Marko bei dem Zaren,
Auch hat er die altverfaßten Bücher.
Wissen muß er, wem das Reich gehöre.
Ruft den Marko nach dem Amselfelde,
Nach der Wahrheit wird der Marko reden; 80
Denn es fürchtet sich der Held vor Niemand,
Außer nur vor dem wahrhaft'gen Gotte!“ —

Da erhoben eilig sich die Boten,
Ritten nach Prilip, der weißen Feste,
Vor den Hof des Königsohnes Marko. 85
Als sie vor dem weißen Hause waren,
Schlugen an das Thor sie mit dem Ringe;
Dieß vernahm die Mutter Euphrosine,
Und sie sprach zum Königsohne Marko:
„Sage mir, mein Sohn, mein theurer Marko, 90
Wer pocht an die Pforte mit dem Ringe?
G'rad, als wären es des Vaters Boten!“ —
Auf stand Marko, öffnete die Pforte,
Tief verneigten sich vor ihm die Boten:
„Gottes Hülfe sei mit Dir, Herr Marko!“ 95
Aber Marko schlug sie auf die Schultern:
„Seid willkommen, meine theuren Kinder!
Sind wohl auf die edeln Serbenhelden,
Die erlauchten Könige und Zaren?“—
Tief zur Erde neigten sich die Boten: 100
„Zwar wohl auf ist Alles, edler Marko!
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <lg type="poem">
            <lg>
              <pb facs="#f0244" n="178"/>
              <l>(Denn den Helden hab' ich unterrichtet:) <note place="right">75</note></l><lb/>
              <l>Schreiber war der Marko bei dem Zaren,</l><lb/>
              <l>Auch hat er die altverfaßten Bücher.</l><lb/>
              <l>Wissen muß er, wem das Reich gehöre.</l><lb/>
              <l>Ruft den Marko nach dem Amselfelde,</l><lb/>
              <l>Nach der Wahrheit wird der Marko reden; <note place="right">80</note></l><lb/>
              <l>Denn es fürchtet sich der Held vor Niemand,</l><lb/>
              <l>Außer nur vor dem wahrhaft'gen Gotte!&#x201C; &#x2014;</l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>Da erhoben eilig sich die Boten,</l><lb/>
              <l>Ritten nach Prilip, der weißen Feste,</l><lb/>
              <l>Vor den Hof des Königsohnes Marko. <note place="right">85</note></l><lb/>
              <l>Als sie vor dem weißen Hause waren,</l><lb/>
              <l>Schlugen an das Thor sie mit dem Ringe;</l><lb/>
              <l>Dieß vernahm die Mutter Euphrosine,</l><lb/>
              <l>Und sie sprach zum Königsohne Marko:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Sage mir, mein Sohn, mein theurer Marko, <note place="right">90</note></l><lb/>
              <l>Wer pocht an die Pforte mit dem Ringe?</l><lb/>
              <l>G'rad, als wären es des Vaters Boten!&#x201C; &#x2014;</l><lb/>
              <l>Auf stand Marko, öffnete die Pforte,</l><lb/>
              <l>Tief verneigten sich vor ihm die Boten:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Gottes Hülfe sei mit Dir, Herr Marko!&#x201C; <note place="right">95</note></l><lb/>
              <l>Aber Marko schlug sie auf die Schultern:</l><lb/>
              <l>&#x201E;Seid willkommen, meine theuren Kinder!</l><lb/>
              <l>Sind wohl auf die edeln Serbenhelden,</l><lb/>
              <l>Die erlauchten Könige und Zaren?&#x201C;&#x2014;</l>
            </lg><lb/>
            <lg>
              <l>Tief zur Erde neigten sich die Boten: <note place="right">100</note></l><lb/>
              <l>&#x201E;Zwar wohl auf ist Alles, edler Marko!</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[178/0244] (Denn den Helden hab' ich unterrichtet:) Schreiber war der Marko bei dem Zaren, Auch hat er die altverfaßten Bücher. Wissen muß er, wem das Reich gehöre. Ruft den Marko nach dem Amselfelde, Nach der Wahrheit wird der Marko reden; Denn es fürchtet sich der Held vor Niemand, Außer nur vor dem wahrhaft'gen Gotte!“ — Da erhoben eilig sich die Boten, Ritten nach Prilip, der weißen Feste, Vor den Hof des Königsohnes Marko. Als sie vor dem weißen Hause waren, Schlugen an das Thor sie mit dem Ringe; Dieß vernahm die Mutter Euphrosine, Und sie sprach zum Königsohne Marko: „Sage mir, mein Sohn, mein theurer Marko, Wer pocht an die Pforte mit dem Ringe? G'rad, als wären es des Vaters Boten!“ — Auf stand Marko, öffnete die Pforte, Tief verneigten sich vor ihm die Boten: „Gottes Hülfe sei mit Dir, Herr Marko!“ Aber Marko schlug sie auf die Schultern: „Seid willkommen, meine theuren Kinder! Sind wohl auf die edeln Serbenhelden, Die erlauchten Könige und Zaren?“— Tief zur Erde neigten sich die Boten: „Zwar wohl auf ist Alles, edler Marko!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Robert Charlier, AV GWB Berlin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-05-30T17:55:01Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: keine Angabe; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): keine Angabe; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: keine Angabe; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: keine Angabe;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/244
Zitationshilfe: Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/244>, abgerufen am 28.03.2024.