Neun der lieben Söhne blühten einstmals Einer Mutter; doch das zehnt' und letzte War Jelitza, eine liebe Tochter. Alle hat genährt sie und erzogen, Bis die Söhn' in Bräutigamesalter 5 Und das Mädchen zur Vermählung reif war. Viele Freier warben um Jelitza, Einst ein Ban, ein Feldherr war der Andre, Und der Dritt' ein Nachbar aus dem Dorfe. Gern dem Nachbar gäbe sie die Mutter, 10 Doch dem übermeerschen Ban die Brüder; Sprachen also zu der lieben Schwester: "Gehe nur, Du unsre liebe Schwester, Geh' nur mit dem Bane über'm Meere! Geh' nur! oft besuchen Dich die Brüder,15 Kommen zu Dir jeden Mond im Jahre, Kommen zu Dir jede Woch' im Monde!" --
Als die Schwester dieses Wort vernommen, Gieng sie mit dem Bane über'm Meere. Siehe, da geschah ein großes Wunder! 20 Es begab sich, daß die Pest des Herren Hin die Söhne alle neune raffte, Und allein blieb die verwaiste Mutter.
Jelitza und ihre Brüder.
Neun der lieben Söhne blühten einstmals Einer Mutter; doch das zehnt' und letzte War Jelitza, eine liebe Tochter. Alle hat genährt sie und erzogen, Bis die Söhn' in Bräutigamesalter 5 Und das Mädchen zur Vermählung reif war. Viele Freier warben um Jelitza, Einst ein Ban, ein Feldherr war der Andre, Und der Dritt' ein Nachbar aus dem Dorfe. Gern dem Nachbar gäbe sie die Mutter, 10 Doch dem übermeerschen Ban die Brüder; Sprachen also zu der lieben Schwester: „Gehe nur, Du unsre liebe Schwester, Geh' nur mit dem Bane über'm Meere! Geh' nur! oft besuchen Dich die Brüder,15 Kommen zu Dir jeden Mond im Jahre, Kommen zu Dir jede Woch' im Monde!“ —
Als die Schwester dieses Wort vernommen, Gieng sie mit dem Bane über'm Meere. Siehe, da geschah ein großes Wunder! 20 Es begab sich, daß die Pest des Herren Hin die Söhne alle neune raffte, Und allein blieb die verwaiste Mutter.
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Jelitza und ihre Brüder.
Neun der lieben Söhne blühten einstmals
Einer Mutter; doch das zehnt' und letzte
War Jelitza, eine liebe Tochter.
Alle hat genährt sie und erzogen,
Bis die Söhn' in Bräutigamesalter
Und das Mädchen zur Vermählung reif war.
Viele Freier warben um Jelitza,
Einst ein Ban, ein Feldherr war der Andre,
Und der Dritt' ein Nachbar aus dem Dorfe.
Gern dem Nachbar gäbe sie die Mutter,
Doch dem übermeerschen Ban die Brüder;
Sprachen also zu der lieben Schwester:
„Gehe nur, Du unsre liebe Schwester,
Geh' nur mit dem Bane über'm Meere!
Geh' nur! oft besuchen Dich die Brüder,
Kommen zu Dir jeden Mond im Jahre,
Kommen zu Dir jede Woch' im Monde!“ —
Als die Schwester dieses Wort vernommen,
Gieng sie mit dem Bane über'm Meere.
Siehe, da geschah ein großes Wunder!
Es begab sich, daß die Pest des Herren
Hin die Söhne alle neune raffte,
Und allein blieb die verwaiste Mutter.
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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/226>, abgerufen am 16.02.2025.
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