Talvj, Volkslieder der Serben, 1825Jetzo laß mich Dich bei Gott beschwören: Nimm vom fremden Mann zurück die Schätze! 920 Fordre sie zurück von dem Woiwoden, Gieb sie dem Maxim, dem sie gebühren! Thu's! sonst thu' ich keinen Schritt mehr vorwärts, Sollt' es mir auch beide Augen kosten!" -- Sorg' und Unmuth trübten Iwans Stirne, 925 Einige Woiwoden rief er zu sich: "Meine Brüder, wenn Ihr Gott erkennet: Richtet jetzo zwischen mir und Milosch Wegen der Lateiner Brautgeschenke!" -- Keinen Richter, keinen wackren Helden 930 Gab es, der darüber richten könne. Hatten sie ihm doch mit Wort und Handschlag Angelobt bei Gottes fester Treue, Keiner soll' die Gaben mit ihm theilen, Iwan aber wollt' ihn noch beschenken. 935 Nicht von Neuem ließ sich jetzt entscheiden In einmüthiglich beschloßner Sache. Als dieß der Woiwode Milosch wahrnahm, Sprengt' er zu auf seinem Kampfesbraunen, Und zu Iwan sprach er diese Worte: 940 "Iwan Zernojewitsch! Haupt der Serben! Sprich, wo bleibt die fest beschworne Treue? Also mög' Dich selbst Verrath einst treffen! Jetzo laß mich Dich bei Gott beschwören: Nimm vom fremden Mann zurück die Schätze! 920 Fordre sie zurück von dem Woiwoden, Gieb sie dem Maxim, dem sie gebühren! Thu's! sonst thu' ich keinen Schritt mehr vorwärts, Sollt' es mir auch beide Augen kosten!“ — Sorg' und Unmuth trübten Iwans Stirne, 925 Einige Woiwoden rief er zu sich: „Meine Brüder, wenn Ihr Gott erkennet: Richtet jetzo zwischen mir und Milosch Wegen der Lateiner Brautgeschenke!“ — Keinen Richter, keinen wackren Helden 930 Gab es, der darüber richten könne. Hatten sie ihm doch mit Wort und Handschlag Angelobt bei Gottes fester Treue, Keiner soll' die Gaben mit ihm theilen, Iwan aber wollt' ihn noch beschenken. 935 Nicht von Neuem ließ sich jetzt entscheiden In einmüthiglich beschloßner Sache. Als dieß der Woiwode Milosch wahrnahm, Sprengt' er zu auf seinem Kampfesbraunen, Und zu Iwan sprach er diese Worte: 940 „Iwan Zernojewitsch! Haupt der Serben! Sprich, wo bleibt die fest beschworne Treue? Also mög' Dich selbst Verrath einst treffen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg> <pb facs="#f0171" n="105"/> <lg> <l>Jetzo laß mich Dich bei Gott beschwören:</l><lb/> <l>Nimm vom fremden Mann zurück die Schätze! <note place="right">920</note></l><lb/> <l>Fordre sie zurück von dem Woiwoden,</l><lb/> <l>Gieb sie dem Maxim, dem sie gebühren!</l><lb/> <l>Thu's! sonst thu' ich keinen Schritt mehr vorwärts,</l><lb/> <l>Sollt' es mir auch beide Augen kosten!“ —</l> </lg><lb/> <lg> <l>Sorg' und Unmuth trübten Iwans Stirne, <note place="right">925</note></l><lb/> <l>Einige Woiwoden rief er zu sich:</l><lb/> <l>„Meine Brüder, wenn Ihr Gott erkennet:</l><lb/> <l>Richtet jetzo zwischen mir und Milosch</l><lb/> <l>Wegen der Lateiner Brautgeschenke!“ —</l> </lg><lb/> <lg> <l>Keinen Richter, keinen wackren Helden <note place="right">930</note></l><lb/> <l>Gab es, der darüber richten könne.</l><lb/> <l>Hatten sie ihm doch mit Wort und Handschlag</l><lb/> <l>Angelobt bei Gottes fester Treue,</l><lb/> <l>Keiner soll' die Gaben mit ihm theilen,</l><lb/> <l>Iwan aber wollt' ihn noch beschenken. <note place="right">935</note></l><lb/> <l>Nicht von Neuem ließ sich jetzt entscheiden</l><lb/> <l>In einmüthiglich beschloßner Sache.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Als dieß der Woiwode Milosch wahrnahm,</l><lb/> <l>Sprengt' er zu auf seinem Kampfesbraunen,</l><lb/> <l>Und zu Iwan sprach er diese Worte: <note place="right">940</note></l> </lg><lb/> <lg> <l>„Iwan Zernojewitsch! Haupt der Serben!</l><lb/> <l>Sprich, wo bleibt die fest beschworne Treue?</l><lb/> <l>Also mög' Dich selbst Verrath einst treffen!</l> </lg><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [105/0171]
Jetzo laß mich Dich bei Gott beschwören:
Nimm vom fremden Mann zurück die Schätze!
Fordre sie zurück von dem Woiwoden,
Gieb sie dem Maxim, dem sie gebühren!
Thu's! sonst thu' ich keinen Schritt mehr vorwärts,
Sollt' es mir auch beide Augen kosten!“ —
Sorg' und Unmuth trübten Iwans Stirne,
Einige Woiwoden rief er zu sich:
„Meine Brüder, wenn Ihr Gott erkennet:
Richtet jetzo zwischen mir und Milosch
Wegen der Lateiner Brautgeschenke!“ —
Keinen Richter, keinen wackren Helden
Gab es, der darüber richten könne.
Hatten sie ihm doch mit Wort und Handschlag
Angelobt bei Gottes fester Treue,
Keiner soll' die Gaben mit ihm theilen,
Iwan aber wollt' ihn noch beschenken.
Nicht von Neuem ließ sich jetzt entscheiden
In einmüthiglich beschloßner Sache.
Als dieß der Woiwode Milosch wahrnahm,
Sprengt' er zu auf seinem Kampfesbraunen,
Und zu Iwan sprach er diese Worte:
„Iwan Zernojewitsch! Haupt der Serben!
Sprich, wo bleibt die fest beschworne Treue?
Also mög' Dich selbst Verrath einst treffen!
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Zitationshilfe: | Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 105. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/171>, abgerufen am 27.07.2024. |