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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825

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Nur soviel: darf einem Traum man trauen,
Einem Traume traun und seinen Zeichen:
Höchst verderblich wird mir Deine Hochzeit,
Sey es nun, daß ich des Todes sterbe,
Oder niederlieg' an schlimmen Wunden! 485
Oheim Iwan, daß Dir's Gott vergelte,
Wenn auf Deinem Feste mich ein Leid trifft!
Sey's nun, daß ich falle, oder Wunden
Mich auf dieser Hochzeit niederwerfen:
Schreck und Wehe würde Deiner harren, 490
Denn Du weißt, die Knaben, die ich führe,
Montenegro's wilde Söhne sind sie,
Eines Stammes, all' für Einen stehend,
Und fünfhundert folgen meinen Fahnen!
Wo ich Weh' ruf, rufen Alle Wehe! 495
Wo ich falle, werden Alle fallen!
Darum küß' ich Dir die Hand, und bitte,
Jetzt wo wir in aller Früh' uns treffen:
Lasse auseinander gehn die Schaaren,
Daß ein Jeder wieder heimwärts kehre! 500
Laß die Braut! -- daß sie der Herr erschlüge!" --
Als dieß Zernojewitsch Iwan hörte,
Braust' er auf, wie ein lebendig Feuer,
Schalt und sprach zum Schwestersohn Johannes:
"Einen schlechten Traum hast Du geträumet! 505
Gott soll richten, Gott soll es entscheiden,
Ob an Dir er in Erfüllung gehe!

Nur soviel: darf einem Traum man trauen,
Einem Traume traun und seinen Zeichen:
Höchst verderblich wird mir Deine Hochzeit,
Sey es nun, daß ich des Todes sterbe,
Oder niederlieg' an schlimmen Wunden! 485
Oheim Iwan, daß Dir's Gott vergelte,
Wenn auf Deinem Feste mich ein Leid trifft!
Sey's nun, daß ich falle, oder Wunden
Mich auf dieser Hochzeit niederwerfen:
Schreck und Wehe würde Deiner harren, 490
Denn Du weißt, die Knaben, die ich führe,
Montenegro's wilde Söhne sind sie,
Eines Stammes, all' für Einen stehend,
Und fünfhundert folgen meinen Fahnen!
Wo ich Weh' ruf, rufen Alle Wehe! 495
Wo ich falle, werden Alle fallen!
Darum küß' ich Dir die Hand, und bitte,
Jetzt wo wir in aller Früh' uns treffen:
Lasse auseinander gehn die Schaaren,
Daß ein Jeder wieder heimwärts kehre! 500
Laß die Braut! — daß sie der Herr erschlüge!“ —
Als dieß Zernojewitsch Iwan hörte,
Braust' er auf, wie ein lebendig Feuer,
Schalt und sprach zum Schwestersohn Johannes:
„Einen schlechten Traum hast Du geträumet! 505
Gott soll richten, Gott soll es entscheiden,
Ob an Dir er in Erfüllung gehe!

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[89/0155] Nur soviel: darf einem Traum man trauen, Einem Traume traun und seinen Zeichen: Höchst verderblich wird mir Deine Hochzeit, Sey es nun, daß ich des Todes sterbe, Oder niederlieg' an schlimmen Wunden! Oheim Iwan, daß Dir's Gott vergelte, Wenn auf Deinem Feste mich ein Leid trifft! Sey's nun, daß ich falle, oder Wunden Mich auf dieser Hochzeit niederwerfen: Schreck und Wehe würde Deiner harren, Denn Du weißt, die Knaben, die ich führe, Montenegro's wilde Söhne sind sie, Eines Stammes, all' für Einen stehend, Und fünfhundert folgen meinen Fahnen! Wo ich Weh' ruf, rufen Alle Wehe! Wo ich falle, werden Alle fallen! Darum küß' ich Dir die Hand, und bitte, Jetzt wo wir in aller Früh' uns treffen: Lasse auseinander gehn die Schaaren, Daß ein Jeder wieder heimwärts kehre! Laß die Braut! — daß sie der Herr erschlüge!“ — Als dieß Zernojewitsch Iwan hörte, Braust' er auf, wie ein lebendig Feuer, Schalt und sprach zum Schwestersohn Johannes: „Einen schlechten Traum hast Du geträumet! Gott soll richten, Gott soll es entscheiden, Ob an Dir er in Erfüllung gehe!

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Zitationshilfe: Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/155>, abgerufen am 26.04.2024.