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Talvj, Volkslieder der Serben, 1825

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Arm' ausbreitend, küßt er ihn in's Antlitz:
"Lob und Dank Dir, Freund, um solche Worte!45
Wird ein solcher Schwiegersohn zu Theil mir,
Dessen Schönheit Tausend' überstrahlet,
Werther will ich, als ein einzig Auge,
Werth, wie einen einz'gen Sohn ihn halten,
Reichlich ihn mit Gaben auch bedenken,50
Roß' und Falken will ich ihm verehren,
Und Tschelenken, die im Wind sich drehen. 6)
Rundgefleckte Oberkleider, Alles
Soll er tragen, stolz damit einhergehn.
Aber schwer, wenn, Freund, Dein Wort nicht eintrifft,55
Wird Dein Kommen Dir zu stehen kommen!" --
Bis an's Meer ziehn mit ihm die Lateiner,
Bis an's Meer, wo sie ihn überschiffen.
Und er glücklich an dem Ufer landet.
Gutes Muthes reitet Iwan weiter,60
Aber seiner: Heimath Shabljack nahend,
Sieht sein weißes Haus er in der Feste.
Weiß erglänzt der Thurm ihm in der Höhe,
An den Ecken zierlich kleine Erker,
Woraus helle Fensterscheiben schimmern.65
Inniglich ergreifet ihn die Sehnsucht,
Und er drängt sein gutes Roß, den Kranich, *)
*) Shdral -- Kranich, des Pferdes Schnelligkeit, viel-
leicht auch seine graue Farbe zu bezeichnen.
Arm' ausbreitend, küßt er ihn in's Antlitz:
„Lob und Dank Dir, Freund, um solche Worte!45
Wird ein solcher Schwiegersohn zu Theil mir,
Dessen Schönheit Tausend' überstrahlet,
Werther will ich, als ein einzig Auge,
Werth, wie einen einz'gen Sohn ihn halten,
Reichlich ihn mit Gaben auch bedenken,50
Roß' und Falken will ich ihm verehren,
Und Tschelenken, die im Wind sich drehen. 6)
Rundgefleckte Oberkleider, Alles
Soll er tragen, stolz damit einhergehn.
Aber schwer, wenn, Freund, Dein Wort nicht eintrifft,55
Wird Dein Kommen Dir zu stehen kommen!“ —
Bis an's Meer ziehn mit ihm die Lateiner,
Bis an's Meer, wo sie ihn überschiffen.
Und er glücklich an dem Ufer landet.
Gutes Muthes reitet Iwan weiter,60
Aber seiner: Heimath Shabljack nahend,
Sieht sein weißes Haus er in der Feste.
Weiß erglänzt der Thurm ihm in der Höhe,
An den Ecken zierlich kleine Erker,
Woraus helle Fensterscheiben schimmern.65
Inniglich ergreifet ihn die Sehnsucht,
Und er drängt sein gutes Roß, den Kranich, *)
*) Shdral — Kranich, des Pferdes Schnelligkeit, viel-
leicht auch seine graue Farbe zu bezeichnen.
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[73/0139] Arm' ausbreitend, küßt er ihn in's Antlitz: „Lob und Dank Dir, Freund, um solche Worte! Wird ein solcher Schwiegersohn zu Theil mir, Dessen Schönheit Tausend' überstrahlet, Werther will ich, als ein einzig Auge, Werth, wie einen einz'gen Sohn ihn halten, Reichlich ihn mit Gaben auch bedenken, Roß' und Falken will ich ihm verehren, Und Tschelenken, die im Wind sich drehen. ⁶⁾ Rundgefleckte Oberkleider, Alles Soll er tragen, stolz damit einhergehn. Aber schwer, wenn, Freund, Dein Wort nicht eintrifft, Wird Dein Kommen Dir zu stehen kommen!“ — Bis an's Meer ziehn mit ihm die Lateiner, Bis an's Meer, wo sie ihn überschiffen. Und er glücklich an dem Ufer landet. Gutes Muthes reitet Iwan weiter, Aber seiner: Heimath Shabljack nahend, Sieht sein weißes Haus er in der Feste. Weiß erglänzt der Thurm ihm in der Höhe, An den Ecken zierlich kleine Erker, Woraus helle Fensterscheiben schimmern. Inniglich ergreifet ihn die Sehnsucht, Und er drängt sein gutes Roß, den Kranich, *) *) Shdral — Kranich, des Pferdes Schnelligkeit, viel- leicht auch seine graue Farbe zu bezeichnen.

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Zitationshilfe: Talvj, Volkslieder der Serben, 1825, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_volkslieder_1825/139>, abgerufen am 24.04.2024.