Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Verbesserungen und Zusätze des Lustspieles Die Geistlichen auf dem Lande in zweien Handlungen. Frankfurt (Main) u. a., 1744.

Bild:
<< vorherige Seite


so lange es Menschen giebet, muß sich dieser
Stand erhalten, und man wird desselben nicht
entrathen können. Herr Amtschreiber, sie wer-
den, unter andern zureichenden Gründen, auch
einen vermeinten Umsturz desselben gesetzet haben,
wenn sie demselben sind untreu geworden.
Jungesblut. Frau Pastorin rächen sie sich
an diesem Herrn, ich habe kein Theil an seiner
Meinung.
Tugendhold. Jch will ihren Worten glau-
ben, und mich blos ihrer eigenen Erklärung ge-
wiß zu machen, habe ich mich so herausgelassen.
Herr Espritfort sehen, daß das gemachte
Staatsgebäude wenig Beifall finde. Doch ich
wundere mich eben nicht darüber, die mehresten
iungen Rechtesgelehrten sind, wenn sie von ho-
hen Schulen kommen, mit der ietzigen Verfas-
sung unzufrieden. Jch weiß, was meine Brü-
der für Hirngespenster mitbrachten, die etwa ein
dunkeler und unzufriedener Kopf mogte ausgehe-
cket, und ihnen mitgetheilet haben. Das nütz-
lichste ist dieses, daß solchen Leuten Zeit und
Raum gegeben wird, Sinne zu sammlen, be-
vor ihr Wort etwas gilt.
Wischwasch. Siehe, mein Sohn, das hast
du haben wollen, wie magst du auch wohl so
wunderlich reden, du pflegest ia so nicht zu thun.
Meine Herren wollen seiner Jugend und der
Würkung des Weines etwas zu gute halten.
Espritfort. Mama, es ist ia wahr, was ich
rede; erlaube sie mir, sie kann davon nicht ur-
theilen.
D 3


ſo lange es Menſchen giebet, muß ſich dieſer
Stand erhalten, und man wird deſſelben nicht
entrathen koͤnnen. Herr Amtſchreiber, ſie wer-
den, unter andern zureichenden Gruͤnden, auch
einen vermeinten Umſturz deſſelben geſetzet haben,
wenn ſie demſelben ſind untreu geworden.
Jungesblut. Frau Paſtorin raͤchen ſie ſich
an dieſem Herrn, ich habe kein Theil an ſeiner
Meinung.
Tugendhold. Jch will ihren Worten glau-
ben, und mich blos ihrer eigenen Erklaͤrung ge-
wiß zu machen, habe ich mich ſo herausgelaſſen.
Herr Eſpritfort ſehen, daß das gemachte
Staatsgebaͤude wenig Beifall finde. Doch ich
wundere mich eben nicht daruͤber, die mehreſten
iungen Rechtesgelehrten ſind, wenn ſie von ho-
hen Schulen kommen, mit der ietzigen Verfaſ-
ſung unzufrieden. Jch weiß, was meine Bruͤ-
der fuͤr Hirngeſpenſter mitbrachten, die etwa ein
dunkeler und unzufriedener Kopf mogte ausgehe-
cket, und ihnen mitgetheilet haben. Das nuͤtz-
lichſte iſt dieſes, daß ſolchen Leuten Zeit und
Raum gegeben wird, Sinne zu ſammlen, be-
vor ihr Wort etwas gilt.
Wiſchwaſch. Siehe, mein Sohn, das haſt
du haben wollen, wie magſt du auch wohl ſo
wunderlich reden, du pflegeſt ia ſo nicht zu thun.
Meine Herren wollen ſeiner Jugend und der
Wuͤrkung des Weines etwas zu gute halten.
Eſpritfort. Mama, es iſt ia wahr, was ich
rede; erlaube ſie mir, ſie kann davon nicht ur-
theilen.
D 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#TUG">
            <p><pb facs="#f0057" n="53"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x017F;o lange es Men&#x017F;chen giebet, muß &#x017F;ich die&#x017F;er<lb/>
Stand erhalten, und man wird de&#x017F;&#x017F;elben nicht<lb/>
entrathen ko&#x0364;nnen. Herr Amt&#x017F;chreiber, &#x017F;ie wer-<lb/>
den, unter andern zureichenden Gru&#x0364;nden, auch<lb/>
einen vermeinten Um&#x017F;turz de&#x017F;&#x017F;elben ge&#x017F;etzet haben,<lb/>
wenn &#x017F;ie dem&#x017F;elben &#x017F;ind untreu geworden.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#JUN">
            <speaker>Jungesblut.</speaker>
            <p>Frau Pa&#x017F;torin ra&#x0364;chen &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
an die&#x017F;em Herrn, ich habe kein Theil an &#x017F;einer<lb/>
Meinung.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#TUG">
            <speaker>Tugendhold.</speaker>
            <p>Jch will ihren Worten glau-<lb/>
ben, und mich blos ihrer eigenen Erkla&#x0364;rung ge-<lb/>
wiß zu machen, habe ich mich &#x017F;o herausgela&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Herr E&#x017F;pritfort &#x017F;ehen, daß das gemachte<lb/>
Staatsgeba&#x0364;ude wenig Beifall finde. Doch ich<lb/>
wundere mich eben nicht daru&#x0364;ber, die mehre&#x017F;ten<lb/>
iungen Rechtesgelehrten &#x017F;ind, wenn &#x017F;ie von ho-<lb/>
hen Schulen kommen, mit der ietzigen Verfa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ung unzufrieden. Jch weiß, was meine Bru&#x0364;-<lb/>
der fu&#x0364;r Hirnge&#x017F;pen&#x017F;ter mitbrachten, die etwa ein<lb/>
dunkeler und unzufriedener Kopf mogte ausgehe-<lb/>
cket, und ihnen mitgetheilet haben. Das nu&#x0364;tz-<lb/>
lich&#x017F;te i&#x017F;t die&#x017F;es, daß &#x017F;olchen Leuten Zeit und<lb/>
Raum gegeben wird, Sinne zu &#x017F;ammlen, be-<lb/>
vor ihr Wort etwas gilt.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WIS">
            <speaker>Wi&#x017F;chwa&#x017F;ch.</speaker>
            <p>Siehe, mein Sohn, das ha&#x017F;t<lb/>
du haben wollen, wie mag&#x017F;t du auch wohl &#x017F;o<lb/>
wunderlich reden, du pflege&#x017F;t ia &#x017F;o nicht zu thun.<lb/>
Meine Herren wollen &#x017F;einer Jugend und der<lb/>
Wu&#x0364;rkung des Weines etwas zu gute halten.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ESP">
            <speaker>E&#x017F;pritfort.</speaker>
            <p>Mama, es i&#x017F;t ia wahr, was ich<lb/>
rede; erlaube &#x017F;ie mir, &#x017F;ie kann davon nicht ur-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">D 3</fw><fw place="bottom" type="catch">theilen.</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[53/0057] ſo lange es Menſchen giebet, muß ſich dieſer Stand erhalten, und man wird deſſelben nicht entrathen koͤnnen. Herr Amtſchreiber, ſie wer- den, unter andern zureichenden Gruͤnden, auch einen vermeinten Umſturz deſſelben geſetzet haben, wenn ſie demſelben ſind untreu geworden. Jungesblut. Frau Paſtorin raͤchen ſie ſich an dieſem Herrn, ich habe kein Theil an ſeiner Meinung. Tugendhold. Jch will ihren Worten glau- ben, und mich blos ihrer eigenen Erklaͤrung ge- wiß zu machen, habe ich mich ſo herausgelaſſen. Herr Eſpritfort ſehen, daß das gemachte Staatsgebaͤude wenig Beifall finde. Doch ich wundere mich eben nicht daruͤber, die mehreſten iungen Rechtesgelehrten ſind, wenn ſie von ho- hen Schulen kommen, mit der ietzigen Verfaſ- ſung unzufrieden. Jch weiß, was meine Bruͤ- der fuͤr Hirngeſpenſter mitbrachten, die etwa ein dunkeler und unzufriedener Kopf mogte ausgehe- cket, und ihnen mitgetheilet haben. Das nuͤtz- lichſte iſt dieſes, daß ſolchen Leuten Zeit und Raum gegeben wird, Sinne zu ſammlen, be- vor ihr Wort etwas gilt. Wiſchwaſch. Siehe, mein Sohn, das haſt du haben wollen, wie magſt du auch wohl ſo wunderlich reden, du pflegeſt ia ſo nicht zu thun. Meine Herren wollen ſeiner Jugend und der Wuͤrkung des Weines etwas zu gute halten. Eſpritfort. Mama, es iſt ia wahr, was ich rede; erlaube ſie mir, ſie kann davon nicht ur- theilen. D 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_verbesserungen_1744
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_verbesserungen_1744/57
Zitationshilfe: [N. N.]: Verbesserungen und Zusätze des Lustspieles Die Geistlichen auf dem Lande in zweien Handlungen. Frankfurt (Main) u. a., 1744, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_verbesserungen_1744/57>, abgerufen am 22.11.2024.