Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 1. Danzig, 1843.durch die bekannten Schriften von Jahn und Guts- Weil man auf einem bald hart gefrorenen, bald *) Es ist wohl immer das Kennzeichen einer mangel-
haften Schulverfassung, wenn den Eltern zugemuthet wird, für einen Unterricht, der zur allgemeinen Bildung wesentlich gehört, besonders zu bezahlen. So mußten sie's z. B. zur Zeit des Mittelalters, wenn sie ihre Kinder im Rechnen unterwiesen ha- ben wollten! -- Jetzt muß für dergleichen nothwen- dige Dinge jedenfalls das Patronat der Schule Sorge tragen. Sollte dasselbe nicht aber auch vom Tur- nen gelten? durch die bekannten Schriften von Jahn und Guts- Weil man auf einem bald hart gefrorenen, bald *) Es iſt wohl immer das Kennzeichen einer mangel-
haften Schulverfaſſung, wenn den Eltern zugemuthet wird, fuͤr einen Unterricht, der zur allgemeinen Bildung weſentlich gehoͤrt, beſonders zu bezahlen. So mußten ſie’s z. B. zur Zeit des Mittelalters, wenn ſie ihre Kinder im Rechnen unterwieſen ha- ben wollten! — Jetzt muß fuͤr dergleichen nothwen- dige Dinge jedenfalls das Patronat der Schule Sorge tragen. Sollte daſſelbe nicht aber auch vom Tur- nen gelten? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0076" n="72"/> durch die bekannten Schriften von Jahn und Guts-<lb/> Muths unterſtützt, die Leitung dieſes Unterrichts,<lb/> zu welchem <hi rendition="#g">alle Zöglinge unentgeltlich</hi> hin-<lb/> zugezogen, <note place="foot" n="*)">Es iſt wohl immer das Kennzeichen einer mangel-<lb/> haften Schulverfaſſung, wenn den Eltern zugemuthet<lb/> wird, fuͤr einen Unterricht, der zur <hi rendition="#g">allgemeinen<lb/> Bildung</hi> weſentlich gehoͤrt, beſonders zu bezahlen.<lb/> So mußten ſie’s z. B. zur Zeit des Mittelalters,<lb/> wenn ſie ihre Kinder im <hi rendition="#g">Rechnen</hi> unterwieſen ha-<lb/> ben wollten! — Jetzt muß fuͤr dergleichen nothwen-<lb/> dige Dinge jedenfalls das Patronat der Schule Sorge<lb/> tragen. Sollte daſſelbe nicht aber auch vom Tur-<lb/> nen gelten?</note> jedoch auch, ſoweit es nur irgend ihr Ge-<lb/> ſundheitszuſtand geſtattete, alle <hi rendition="#g">dazu verpflichtet</hi><lb/> wurden.</p><lb/> <p>Weil man auf einem bald hart gefrorenen, bald<lb/> mit Schneemaſſen überdeckten oder durchweichten Boden<lb/> die meiſten Uebungen gar nicht, andere auch nur ſehr<lb/> unvollkommen ausführen kann, ſo wurde beſonders für<lb/> die Winterzeit eine zwar gedeckte, nach einer Seite aber<lb/> ganz offene, ziemlich geräumige Remiſe auf dem an-<lb/> ſtaltlichen Hofe zum <hi rendition="#g">„Turnſchauer“. (Turnſcho-<lb/> ber)</hi> eingerichtet. Einige Recke und Barren gruben<lb/> wir hier in den ungedielten Boden ein, befeſtigten am<lb/> Dachſtuhl, ohne daß es eines koſtbaren Gerüſtes bedurfte,<lb/> ein Klettertau und einige dünne Kletterſtangen und<lb/> fügten ſpäter noch eine in eiſernen Ankern hangende<lb/> wagerechte Leiter hinzu. Die Anwendung eines <hi rendition="#g">dicken</hi><lb/> Kletterbaumes aber vermieden wir abſichtlich, da Je-<lb/> mand an ihm nur langſam hinaufklimmen lernt, bis<lb/> dahin aber der Anfänger ſehr leicht ſeiner Bruſt durch<lb/> einen unvorſichtigen Druck nachhaltigen Schaden zu-<lb/> fügt, überdies Jeder, der mit Gewandtheit an einer<lb/> dünnen glatten Stange emporfteigt, auch in der freien<lb/> Natur jeden Baum zu erklettern befähigt ſein wird. —<lb/> Daß wir unter oben geſchilderten Verhältniſſen auf die<lb/> Uebungen am Schwebebaum und Springel im Win-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [72/0076]
durch die bekannten Schriften von Jahn und Guts-
Muths unterſtützt, die Leitung dieſes Unterrichts,
zu welchem alle Zöglinge unentgeltlich hin-
zugezogen, *) jedoch auch, ſoweit es nur irgend ihr Ge-
ſundheitszuſtand geſtattete, alle dazu verpflichtet
wurden.
Weil man auf einem bald hart gefrorenen, bald
mit Schneemaſſen überdeckten oder durchweichten Boden
die meiſten Uebungen gar nicht, andere auch nur ſehr
unvollkommen ausführen kann, ſo wurde beſonders für
die Winterzeit eine zwar gedeckte, nach einer Seite aber
ganz offene, ziemlich geräumige Remiſe auf dem an-
ſtaltlichen Hofe zum „Turnſchauer“. (Turnſcho-
ber) eingerichtet. Einige Recke und Barren gruben
wir hier in den ungedielten Boden ein, befeſtigten am
Dachſtuhl, ohne daß es eines koſtbaren Gerüſtes bedurfte,
ein Klettertau und einige dünne Kletterſtangen und
fügten ſpäter noch eine in eiſernen Ankern hangende
wagerechte Leiter hinzu. Die Anwendung eines dicken
Kletterbaumes aber vermieden wir abſichtlich, da Je-
mand an ihm nur langſam hinaufklimmen lernt, bis
dahin aber der Anfänger ſehr leicht ſeiner Bruſt durch
einen unvorſichtigen Druck nachhaltigen Schaden zu-
fügt, überdies Jeder, der mit Gewandtheit an einer
dünnen glatten Stange emporfteigt, auch in der freien
Natur jeden Baum zu erklettern befähigt ſein wird. —
Daß wir unter oben geſchilderten Verhältniſſen auf die
Uebungen am Schwebebaum und Springel im Win-
*) Es iſt wohl immer das Kennzeichen einer mangel-
haften Schulverfaſſung, wenn den Eltern zugemuthet
wird, fuͤr einen Unterricht, der zur allgemeinen
Bildung weſentlich gehoͤrt, beſonders zu bezahlen.
So mußten ſie’s z. B. zur Zeit des Mittelalters,
wenn ſie ihre Kinder im Rechnen unterwieſen ha-
ben wollten! — Jetzt muß fuͤr dergleichen nothwen-
dige Dinge jedenfalls das Patronat der Schule Sorge
tragen. Sollte daſſelbe nicht aber auch vom Tur-
nen gelten?
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