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Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 1. Danzig, 1843.

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aber zugleich als heiteres Spiel behandelt, wie in Athen,"
so daß schon hier der Beruf der Deutschen erscheint,
die Einseitigkeit des antiken Lebens zur Einheit einer
sittlichen Totalität zu verbinden. Beim Uebergang in
die neuere Geschichte hört diese deutsche Gymnastik auf.
Die Gründe davon übergeht der Verfasser. Aber ge-
rade ihre Entwickelung müßte den besten Beweis lie-
fern, daß wir uns von der kranken Einseitigkeit, in
welche das deutsche Leben beim Eintritt des griechisch
wissenschaftlichen Bewußtseins in der neuern Geschichte
sich zusammenzog, nur durch die größere Pflege des
leiblichen Daseins wieder erholen können und daß die
Gymnastik das zunächst erforderliche Vermittelungs-
glied ist, wodurch die Gegenwart sich in eine schönere
Zukunft verwandeln wird, deren Nähe uns der gesetz-
mäßige Entwickelungsgang der Geschichte bereits erkennen
läßt. Den Zustand der allgemeinen Verkümmerung schil-
dert der Verfasser sehr gut S. 6. "als es einmal so weit ge-
kommen war, daß frische Leibesübungen, wie Klettern
und Ringen, Baden und Schwimmen, nicht nur nicht
mehr getrieben wurden, sondern sogar als überflüssig,
als Zeitverderb, als Rohheiten und Ungezogenheiten
von der Schule förmlich verpönt waren, als der Knabe
dafür, zur lächerlichen Karrikatur geworden, in Puder
und Haarbeutel erschien, da mußte freilich allmählig
jede Ahnung eines nach Leib und Seele kräftigen Ju-
gendlebens verschwinden, und wie konnte dann von
den Männern erwartet werden, was ihnen als Knaben
und Jünglingen bis auf die letzte Spur fremd geblie-
ben war? Da waren es denn nicht etwa Staats-
männer und Magistrate oder Volksmänner, sondern
Pädagogen, welche in gerechtem Unwillen über diese Un-
natur und Verkümmerung zuerst wieder Hülfe suchten
und in vollkommen richtigem Takte bei der Jugend
anfingen." Es geschah zuerst durch die Philanthropi-
sten, in der Philanthropie zu Dessau, in der Salz-
mannischen Anstalt zu Schnepfenthal. "Allein die ger-
manischen Leibesübungen hingen aufs engste mit der

aber zugleich als heiteres Spiel behandelt, wie in Athen,“
ſo daß ſchon hier der Beruf der Deutſchen erſcheint,
die Einſeitigkeit des antiken Lebens zur Einheit einer
ſittlichen Totalität zu verbinden. Beim Uebergang in
die neuere Geſchichte hört dieſe deutſche Gymnaſtik auf.
Die Gründe davon übergeht der Verfaſſer. Aber ge-
rade ihre Entwickelung müßte den beſten Beweis lie-
fern, daß wir uns von der kranken Einſeitigkeit, in
welche das deutſche Leben beim Eintritt des griechiſch
wiſſenſchaftlichen Bewußtſeins in der neuern Geſchichte
ſich zuſammenzog, nur durch die größere Pflege des
leiblichen Daſeins wieder erholen können und daß die
Gymnaſtik das zunächſt erforderliche Vermittelungs-
glied iſt, wodurch die Gegenwart ſich in eine ſchönere
Zukunft verwandeln wird, deren Nähe uns der geſetz-
mäßige Entwickelungsgang der Geſchichte bereits erkennen
läßt. Den Zuſtand der allgemeinen Verkümmerung ſchil-
dert der Verfaſſer ſehr gut S. 6. „als es einmal ſo weit ge-
kommen war, daß friſche Leibesübungen, wie Klettern
und Ringen, Baden und Schwimmen, nicht nur nicht
mehr getrieben wurden, ſondern ſogar als überflüſſig,
als Zeitverderb, als Rohheiten und Ungezogenheiten
von der Schule förmlich verpönt waren, als der Knabe
dafür, zur lächerlichen Karrikatur geworden, in Puder
und Haarbeutel erſchien, da mußte freilich allmählig
jede Ahnung eines nach Leib und Seele kräftigen Ju-
gendlebens verſchwinden, und wie konnte dann von
den Männern erwartet werden, was ihnen als Knaben
und Jünglingen bis auf die letzte Spur fremd geblie-
ben war? Da waren es denn nicht etwa Staats-
männer und Magiſtrate oder Volksmänner, ſondern
Pädagogen, welche in gerechtem Unwillen über dieſe Un-
natur und Verkümmerung zuerſt wieder Hülfe ſuchten
und in vollkommen richtigem Takte bei der Jugend
anfingen.“ Es geſchah zuerſt durch die Philanthropi-
ſten, in der Philanthropie zu Deſſau, in der Salz-
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[130/0134] aber zugleich als heiteres Spiel behandelt, wie in Athen,“ ſo daß ſchon hier der Beruf der Deutſchen erſcheint, die Einſeitigkeit des antiken Lebens zur Einheit einer ſittlichen Totalität zu verbinden. Beim Uebergang in die neuere Geſchichte hört dieſe deutſche Gymnaſtik auf. Die Gründe davon übergeht der Verfaſſer. Aber ge- rade ihre Entwickelung müßte den beſten Beweis lie- fern, daß wir uns von der kranken Einſeitigkeit, in welche das deutſche Leben beim Eintritt des griechiſch wiſſenſchaftlichen Bewußtſeins in der neuern Geſchichte ſich zuſammenzog, nur durch die größere Pflege des leiblichen Daſeins wieder erholen können und daß die Gymnaſtik das zunächſt erforderliche Vermittelungs- glied iſt, wodurch die Gegenwart ſich in eine ſchönere Zukunft verwandeln wird, deren Nähe uns der geſetz- mäßige Entwickelungsgang der Geſchichte bereits erkennen läßt. Den Zuſtand der allgemeinen Verkümmerung ſchil- dert der Verfaſſer ſehr gut S. 6. „als es einmal ſo weit ge- kommen war, daß friſche Leibesübungen, wie Klettern und Ringen, Baden und Schwimmen, nicht nur nicht mehr getrieben wurden, ſondern ſogar als überflüſſig, als Zeitverderb, als Rohheiten und Ungezogenheiten von der Schule förmlich verpönt waren, als der Knabe dafür, zur lächerlichen Karrikatur geworden, in Puder und Haarbeutel erſchien, da mußte freilich allmählig jede Ahnung eines nach Leib und Seele kräftigen Ju- gendlebens verſchwinden, und wie konnte dann von den Männern erwartet werden, was ihnen als Knaben und Jünglingen bis auf die letzte Spur fremd geblie- ben war? Da waren es denn nicht etwa Staats- männer und Magiſtrate oder Volksmänner, ſondern Pädagogen, welche in gerechtem Unwillen über dieſe Un- natur und Verkümmerung zuerſt wieder Hülfe ſuchten und in vollkommen richtigem Takte bei der Jugend anfingen.“ Es geſchah zuerſt durch die Philanthropi- ſten, in der Philanthropie zu Deſſau, in der Salz- manniſchen Anſtalt zu Schnepfenthal. „Allein die ger- maniſchen Leibesübungen hingen aufs engſte mit der

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Zitationshilfe: Euler, Karl (Hrsg.): Jahrbücher der deutschen Turnkunst. Bd. 1. Danzig, 1843, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_turnkunst01_1843/134>, abgerufen am 09.11.2024.