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Sonntags-Blatt. Nr. 35. Berlin, 29. August 1869.

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[Beginn Spaltensatz] Peitsche, der ihn zerfleischte. Nach überstandener Geißelung wurde der
Aermste zu fünfzehnjähriger Galeerenstrafe verurtheilt, erlag jedoch den
ausgestandenen Qualen. Dieser Mann war ein Edelmann aus der Pro-
vinz, dessen ganzes Verbrechen darin bestand, Carbonari zu sein. Auch
die folgenden Tage wurden ähnliche Exekutionen ausgeführt, um das Volk
in Furcht und Schrecken zu erhalten. Das Geschäft der Angeber begann
zu floriren, und in wahrhaft beispielloser Weise wurden die Neapolitaner
behandelt, weil sie dem Eide ihres Königs Vertrauen geschenkt hatten. Als
endlich auch die Geduldigsten zu murren begannen, befragte Canosa den in
der Ferne weilenden König, ob er mit Strafen einhalten solle; darauf
erhielt er von Ferdinand die Antwort, nur mit gleicher Strenge fort-
zufahren. Die Kerker waren überfüllt, Niemand mehr seines Lebens, seiner
Freiheit sicher. Die Generale Coletta, Pedrinelli, Arcovito, Colonna,
Costa, Ruffo, die Abgeordneten Borelli, Poerio, Pepe, Piccoletti, die
Staatsräthe Ruzelli, Rossi, Bruni, Männer, die sich durch Tugenden und
Verdienst auszeichneten, wurden in die Kerker geworfen. Wer es ver-
mochte, rettete sich durch die Flucht, aber auch diese bot wenig Sicherheit,
da die Polizei in den meisten europäischen Staaten zu gegenseitigen
Schergendiensten bereit war. Hunderte fielen falschen Anklagen zum Opfer,
bis die Verzweiflung zum Meuchelmord gegen die falschen Ankläger griff.
Fast alle Bücher wurden verboten, sogar der approbirte Katechismus und
die Christenlehre, und die durch plötzliche nächtliche Haussuchungen auf-
gefundenen Bücher durch den Henker auf dem Medinaplatz verbrannt. Auf
die Einführung fremder Bücher wurde ein so hoher Eingangszoll gelegt,
daß dies einem Eingangsverbot gleichkam, und als sich die dadurch schwer
betroffenen Buchhändler später an das Ministerium mit der Vorstellung
wandten, daß durch dieses Gesetz das Einkommen des Staates geschmälert
und sie selber ruinirt würden, erhielten sie den Bescheid, daß es mit dem
Gesetz lediglich auf die Beförderung der Unwissenheit des Volkes ab-
gesehen sei, weil dies zum Heil des Staates erforderlich, und deshalb dabei
sein Bewenden haben müsse. Mitten in diesem über sein Land verhängten
Elend hielt Ferdinand seinen pomphaften Einzug in Neapel. Seine ersten
Handlungen waren, daß er der Geistlichkeit die Aufsicht über den öffent-
lichen Unterricht übertrug, die vertriebenen Jesuiten zurückrief und in ihre
alten Gerechtsame und Güter wieder einsetzte und den Klöstern und reli-
giösen Gesellschaften reiche Geschenke zukommen ließ. Scheinheiligen
Heuchlern wurde ein reiches Erntegebiet eröffnet. Der Prozeß gegen die
Urheber des Lagers zu Monteforte, der bald riesenhafte Dimensionen ein-
nahm, wurde eingeleitet. Soldaten und Offiziere flüchteten sich in die
Wälder und trieben hier ein Bandenleben, das die öffentliche Sicherheit
bedrohte.

Nach dem von Ferdinand gegebenen Beispiel hielt man den Eidbruch
für erlaubt, rühmte sich sogar dessen, wie der gelehrte Kanonikus Arucci,
der aus einem Freunde der Freiheit zum Verräther derselben wurde. Am
Hofe drängte indessen eine Festlichkeit die andere, und der greise König
hatte sich niemals in solch fröhlicher Laune befunden, als Angesichts des
unsagbaren Elends seines Volkes. Kein Gedanke an die heraufbeschworene
Rache des Himmels trübte seine heiteren Feste, denn die schwere Last des
Eides hatte ihm ja der Papst vom Herzen genommen. Er schien sich
förmlich verjüngt zu haben, und verliebte sich in eine wegen ihrer Schön-
heit und ihres ausschweifenden Lebenswandels berüchtigte junge Tänzerin
Le Gros, in deren Armen der greise Lüstling das Elend und die Schmach
seines Volkes vergaß. Gewissermaßen zu seinem Triumph wurde die von
[Spaltenumbruch] Canova's Meisterhand gefertigte Marmorstatue Ferdinand's I. mit großem
Pomp aufgestellt. Aber seine Rache war noch lange nicht gestillt, trotz
all der Opfer, die sie schon verschlungen. Der Vertrag von Casa Lanza,
für den sich der Kaiser von Oesterreich mitverbürgt hatte, setzte ihm immer
noch zu enge Schranken, und er bot deshalb Alles auf, die Aufhebung
dieses Vertrages durchzusetzen. Dies gelang Ferdinand auch, und der neue
Eidbruch erlaubte ihm, ganz Schuldlose zu strafen, sofern sie ihm ver-
dächtig waren. Der Monteforte'sche Prozeß erhielt plötzlich dadurch eine
neue Wendung, daß man endlich auch die Urheber der Revolution von
1820, Morelli und Silvati, in die Hände bekam. Beide waren flüchtig
geworden und wollten nach Griechenland segeln, um an dem dortigen Frei-
heitskampf Theil zu nehmen; vom Sturm verschlagen, landeten sie an der
Küste von Ragusa, wurden in Ankona festgenommen und an Neapel aus-
geliefert. Die Beschleunigung des Prozesses wurde nun von dem König
befohlen, und da sich die dazu berufenen Richter nicht fügsam genug
erwiesen und besonders der Staatsanwalt sein Amt ehrenvoll auffaßte, so
wurden neue Richter und ein neuer Staatsanwalt von Ferdinand ernannt,
auf deren Fügsamkeit er sich verlassen konnte; ein den Angeklagten günstiger
Beschluß ward kassirt und der Justizminister Giorgio in Ungnade entlassen.
Wir können hier nicht in die Einzelnheiten dieses voluminösen, abscheulichen
Prozesses eingehen, der die Männer verurtheilen sollte, denen der König für
ihre Thaten und ihre patriotische Hingebung gedankt und die das ganze Land
jubelnd gefeiert. Die Verhandlungen dauerten drei Monate und waren
reich an erschütternden und erhebenden Scenen. Von den sieben aus-
gesuchten Richtern stimmten dennoch drei für völlige Freisprechung der An-
geklagten, während die übrigen vier Richter, mit Einschluß des Vorsitzen-
den, dreißig Angeklagte zum Tode und dreizehn zur Galeerenstrafe ver-
urtheilten. Herzzerreißende Auftritte und flehendliche Bitten konnten den
starren Sinn des Königs nicht erweichen, nur daß er die schnelle Hinrich-
tung der zum Tode Verurtheilten, mit Ausnahme Morelli's und Silvati's,
die am Galgen starben, in eine lang andauernde verwandelte. Den Ver-
urtheilten wurden die Haare geschoren, dann wurden sie, zumeist Offiziere,
in Sträflingskleidern mit gemeinen Sträflingen zusammengekettet und auf
Lebenszeit nach den scheußlichen Felsen San Stefano und Pantellaria ge-
bracht. Die drei milden Richter entsetzte Ferdinand sofort ihrer Stellen,
die übrigen lobte und beförderte er, besonders den Vorsitzenden, Girolami,
der das erste Beispiel in der Geschichte des neapolitanischen Gerichtswesens
gegeben, bei Stimmengleichheit der Richter in einem Kapitalprozeß, worin
dreißig Todesurtheile gesprochen, seine Stimme in die Wagschale der Ver-
urtheilenden zu werfen. Unter den sonst in contumaciam zum Tode Ver-
urtheilten befanden sich auch die Generale Wilhelm Pepe und Carascosa.
Nach Oesterreich wurden als Gefangene gebracht die Abgeordneten Poerio,
Pepe, Borelli, internirt in Oesterreich die Generale Coletta, Arcovito,
Pedrinelli, und willig gab sich die österreichische Regierung zum sichern
Kerkermeister eines Despoten her.

Groß war die Anzahl der Hingerichteten, größer die der Flüchtigen
und Verbannten, unsagbar das Elend, welches über Tausende von Familien
verhängt worden. Die Ruhe des Grabes breitete sich über das unglück-
liche Land. Keine von den Großmächten, die den König wieder in seine
alten Rechte eingesetzt, erhob Einwendungen gegen die despotische, grau-
same Regierungsweise Ferdinand's, er stellte ja nur die Ordnung wieder
her, wenn auch auf zertretenen Volksrechten und gebrochenen Eiden. Das
war das Ende einer so schön begonnenen Volkserhebung!

[Ende Spaltensatz]

Lose Blätter.
[Beginn Spaltensatz]

Bosco wurde lange vom Mißgeschick verfolgt, bevor er der reiche und
berühmte Tausendkünstler ward. Er nannte sich abwechselnd Michalief,
Lutzaris, Boghos, Wormser oder Herodes, gab sich bald für einen Russen,
bald für einen Chinesen, Hindu oder Perser aus; aber das Glück lächelte
ihm unter keinem dieser Namen, unter keiner dieser Verkleidungen. End-
lich nahm er den Namen Bosco in London an, wo er bald in den Stra-
ßen, bald auf der Themse seine Kunst zeigte, ohne jedoch namhafte Erfolge
zu erzielen. Unter Anderm hatte er ein kleines Fahrzeug aus Kork erbaut
und vier Gänse abgerichtet, dasselbe zu ziehen. So fuhr er auf der Themse
hin und her, sein seltsames Fahrzeug geschickt lenkend. Zufällig bemerkte
ihn hier der Graf...., dem die Mode in Allem blind gehorchte. Dieser
sah Bosco mit seinem originellen Gespann, und da er beabsichtigte, ein Fest
zu geben, bei dem nothwendig etwas Außergewöhnliches figuriren mußte, so
glaubte er jetzt das Längstgesuchte gefunden zu haben. Er sprach mit Bosco
und ließ dessen Fahrzeug zu dem beabsichtigten Zwecke glänzend ausstatten.
Dieser geringfügige Umstand wurde Bosco's Glück; er ward mehrere
Wochen der Löwe des Tages, wie es vor ihm eine Giraffe gewesen. Die
Gänse hatten früher das Capitol gerettet -- jetzt retteten sie Bosco.

Seitdem erwarb der glückliche Taschenspieler sich ein ansehnliches Ver-
mögen, doch vergaß er nicht das erste Werkzeug seines Glücks. Vor dem
Eingange seiner Villa in Jtalien ließ er zwei kolossale Gänse aus Marmor
aufstellen. Auch hielt er sich fortwährend eine Anzahl lebender Gänse, und
gab nie zu, daß eine derselben geschlachtet und an den Bratspieß gesteckt
wurde.     M.



Alter einiger Adelsfamilien in Preußen. Nachdem der große
König das Auge geschlossen, wurde im Jahre 1786, dem großen Adels-
Gnadenjahre, über ein Schock neuer Adelsbriefe, darunter allein über 33
neue Grafentitel verliehen. Die Grafen Arnim=Boitzenburg, Dyhrn, Egloff-
stein, Goltz, Haugwitz, Herzberg, Hoym, Kalkreuth, Krokow, Schlabren-
[Spaltenumbruch] dorf, Schulenburg=Kehnert, Trenck, Waldernsee sind von diesem neuen Da-
tum. Und später klagte der Kriegsrath v. Cölln in den vertrauten Briefen:
"So mancher preußische Edelmann ist nicht vom Könige, sondern vom Kam-
merdiener ( Rietz ) geadelt worden." --     Lbg.



Literarisches. Alexander von Humboldt. Von Dr. Otto Ule.
( Berlin. R. Lesser. )

Volksschriften, die in Wahrheit auf diesen Ehrentitel Anspruch
machen dürfen, die von allen Klassen der Gesellschaft, von Alt und Jung
in gleichem Maße gelesen zu werden verdienen, sind keineswegs so häufige
Erscheinungen, daß ein neues so eben erschienenes Volksbuch von uns mit
Stillschweigen übergangen werden dürfte.

Otto Ule, der es wie Wenige verstanden, die Resultate der Naturwissen-
schaften, auch dem Laien zugänglich zu machen, hat in seinem neuesten Werke,
der Biographie Alex. von Humboldt's die schwierige Aufgabe gelöst, das
Leben und Wirken eines Mannes dem deutschen Volke vor Augen zu
führen, dessen Namen unlösbar mit der Geschichte der Wissenschaft unseres
Jahrhunderts verknüpft ist.

Jn meisterhafter, anziehendster Darstellung gewinnt auch derjenige, dem
das Meisterwerk des großen Todten, der "Kosmos", ein "Buch mit sieben
Siegeln" bleiben mußte, eine Anschauung der gewaltigen dort niedergeleg-
ten Resultate des unermüdlichen Forschers.

Der Leser fühlt in jeder Zeile, daß nicht allein die Bewunderung für
den Reformator der Naturwissenschaft, sondern auch die Liebe für den
Menschen dem Autor die Hand geführt hat, und die vom Herzen kom-
mende Sprache, weiß auch zum Herzen zu dringen. Wir lernen den großen
Denker und Forscher auch als edelsten der Menschen, hingebendsten der
Freunde und treuesten Sohn des Vaterlandes kennen und lieben.

Das kleine Werk sei als schönste Vorbereitung zur bevorstehenden Hum-
boldtfeier auf das Wärmste empfohlen!

[Ende Spaltensatz]

Druck von Franz Duncker in Berlin -- Verlag der Expedition des Sonntags=Blattes ( Duncker & Simion ) in Berlin.
Verantwortlicher Redacteur: Leonhard Simion in Berlin.

[Beginn Spaltensatz] Peitsche, der ihn zerfleischte. Nach überstandener Geißelung wurde der
Aermste zu fünfzehnjähriger Galeerenstrafe verurtheilt, erlag jedoch den
ausgestandenen Qualen. Dieser Mann war ein Edelmann aus der Pro-
vinz, dessen ganzes Verbrechen darin bestand, Carbonari zu sein. Auch
die folgenden Tage wurden ähnliche Exekutionen ausgeführt, um das Volk
in Furcht und Schrecken zu erhalten. Das Geschäft der Angeber begann
zu floriren, und in wahrhaft beispielloser Weise wurden die Neapolitaner
behandelt, weil sie dem Eide ihres Königs Vertrauen geschenkt hatten. Als
endlich auch die Geduldigsten zu murren begannen, befragte Canosa den in
der Ferne weilenden König, ob er mit Strafen einhalten solle; darauf
erhielt er von Ferdinand die Antwort, nur mit gleicher Strenge fort-
zufahren. Die Kerker waren überfüllt, Niemand mehr seines Lebens, seiner
Freiheit sicher. Die Generale Coletta, Pedrinelli, Arcovito, Colonna,
Costa, Ruffo, die Abgeordneten Borelli, Poerio, Pepe, Piccoletti, die
Staatsräthe Ruzelli, Rossi, Bruni, Männer, die sich durch Tugenden und
Verdienst auszeichneten, wurden in die Kerker geworfen. Wer es ver-
mochte, rettete sich durch die Flucht, aber auch diese bot wenig Sicherheit,
da die Polizei in den meisten europäischen Staaten zu gegenseitigen
Schergendiensten bereit war. Hunderte fielen falschen Anklagen zum Opfer,
bis die Verzweiflung zum Meuchelmord gegen die falschen Ankläger griff.
Fast alle Bücher wurden verboten, sogar der approbirte Katechismus und
die Christenlehre, und die durch plötzliche nächtliche Haussuchungen auf-
gefundenen Bücher durch den Henker auf dem Medinaplatz verbrannt. Auf
die Einführung fremder Bücher wurde ein so hoher Eingangszoll gelegt,
daß dies einem Eingangsverbot gleichkam, und als sich die dadurch schwer
betroffenen Buchhändler später an das Ministerium mit der Vorstellung
wandten, daß durch dieses Gesetz das Einkommen des Staates geschmälert
und sie selber ruinirt würden, erhielten sie den Bescheid, daß es mit dem
Gesetz lediglich auf die Beförderung der Unwissenheit des Volkes ab-
gesehen sei, weil dies zum Heil des Staates erforderlich, und deshalb dabei
sein Bewenden haben müsse. Mitten in diesem über sein Land verhängten
Elend hielt Ferdinand seinen pomphaften Einzug in Neapel. Seine ersten
Handlungen waren, daß er der Geistlichkeit die Aufsicht über den öffent-
lichen Unterricht übertrug, die vertriebenen Jesuiten zurückrief und in ihre
alten Gerechtsame und Güter wieder einsetzte und den Klöstern und reli-
giösen Gesellschaften reiche Geschenke zukommen ließ. Scheinheiligen
Heuchlern wurde ein reiches Erntegebiet eröffnet. Der Prozeß gegen die
Urheber des Lagers zu Monteforte, der bald riesenhafte Dimensionen ein-
nahm, wurde eingeleitet. Soldaten und Offiziere flüchteten sich in die
Wälder und trieben hier ein Bandenleben, das die öffentliche Sicherheit
bedrohte.

Nach dem von Ferdinand gegebenen Beispiel hielt man den Eidbruch
für erlaubt, rühmte sich sogar dessen, wie der gelehrte Kanonikus Arucci,
der aus einem Freunde der Freiheit zum Verräther derselben wurde. Am
Hofe drängte indessen eine Festlichkeit die andere, und der greise König
hatte sich niemals in solch fröhlicher Laune befunden, als Angesichts des
unsagbaren Elends seines Volkes. Kein Gedanke an die heraufbeschworene
Rache des Himmels trübte seine heiteren Feste, denn die schwere Last des
Eides hatte ihm ja der Papst vom Herzen genommen. Er schien sich
förmlich verjüngt zu haben, und verliebte sich in eine wegen ihrer Schön-
heit und ihres ausschweifenden Lebenswandels berüchtigte junge Tänzerin
Le Gros, in deren Armen der greise Lüstling das Elend und die Schmach
seines Volkes vergaß. Gewissermaßen zu seinem Triumph wurde die von
[Spaltenumbruch] Canova's Meisterhand gefertigte Marmorstatue Ferdinand's I. mit großem
Pomp aufgestellt. Aber seine Rache war noch lange nicht gestillt, trotz
all der Opfer, die sie schon verschlungen. Der Vertrag von Casa Lanza,
für den sich der Kaiser von Oesterreich mitverbürgt hatte, setzte ihm immer
noch zu enge Schranken, und er bot deshalb Alles auf, die Aufhebung
dieses Vertrages durchzusetzen. Dies gelang Ferdinand auch, und der neue
Eidbruch erlaubte ihm, ganz Schuldlose zu strafen, sofern sie ihm ver-
dächtig waren. Der Monteforte'sche Prozeß erhielt plötzlich dadurch eine
neue Wendung, daß man endlich auch die Urheber der Revolution von
1820, Morelli und Silvati, in die Hände bekam. Beide waren flüchtig
geworden und wollten nach Griechenland segeln, um an dem dortigen Frei-
heitskampf Theil zu nehmen; vom Sturm verschlagen, landeten sie an der
Küste von Ragusa, wurden in Ankona festgenommen und an Neapel aus-
geliefert. Die Beschleunigung des Prozesses wurde nun von dem König
befohlen, und da sich die dazu berufenen Richter nicht fügsam genug
erwiesen und besonders der Staatsanwalt sein Amt ehrenvoll auffaßte, so
wurden neue Richter und ein neuer Staatsanwalt von Ferdinand ernannt,
auf deren Fügsamkeit er sich verlassen konnte; ein den Angeklagten günstiger
Beschluß ward kassirt und der Justizminister Giorgio in Ungnade entlassen.
Wir können hier nicht in die Einzelnheiten dieses voluminösen, abscheulichen
Prozesses eingehen, der die Männer verurtheilen sollte, denen der König für
ihre Thaten und ihre patriotische Hingebung gedankt und die das ganze Land
jubelnd gefeiert. Die Verhandlungen dauerten drei Monate und waren
reich an erschütternden und erhebenden Scenen. Von den sieben aus-
gesuchten Richtern stimmten dennoch drei für völlige Freisprechung der An-
geklagten, während die übrigen vier Richter, mit Einschluß des Vorsitzen-
den, dreißig Angeklagte zum Tode und dreizehn zur Galeerenstrafe ver-
urtheilten. Herzzerreißende Auftritte und flehendliche Bitten konnten den
starren Sinn des Königs nicht erweichen, nur daß er die schnelle Hinrich-
tung der zum Tode Verurtheilten, mit Ausnahme Morelli's und Silvati's,
die am Galgen starben, in eine lang andauernde verwandelte. Den Ver-
urtheilten wurden die Haare geschoren, dann wurden sie, zumeist Offiziere,
in Sträflingskleidern mit gemeinen Sträflingen zusammengekettet und auf
Lebenszeit nach den scheußlichen Felsen San Stefano und Pantellaria ge-
bracht. Die drei milden Richter entsetzte Ferdinand sofort ihrer Stellen,
die übrigen lobte und beförderte er, besonders den Vorsitzenden, Girolami,
der das erste Beispiel in der Geschichte des neapolitanischen Gerichtswesens
gegeben, bei Stimmengleichheit der Richter in einem Kapitalprozeß, worin
dreißig Todesurtheile gesprochen, seine Stimme in die Wagschale der Ver-
urtheilenden zu werfen. Unter den sonst in contumaciam zum Tode Ver-
urtheilten befanden sich auch die Generale Wilhelm Pepe und Carascosa.
Nach Oesterreich wurden als Gefangene gebracht die Abgeordneten Poerio,
Pepe, Borelli, internirt in Oesterreich die Generale Coletta, Arcovito,
Pedrinelli, und willig gab sich die österreichische Regierung zum sichern
Kerkermeister eines Despoten her.

Groß war die Anzahl der Hingerichteten, größer die der Flüchtigen
und Verbannten, unsagbar das Elend, welches über Tausende von Familien
verhängt worden. Die Ruhe des Grabes breitete sich über das unglück-
liche Land. Keine von den Großmächten, die den König wieder in seine
alten Rechte eingesetzt, erhob Einwendungen gegen die despotische, grau-
same Regierungsweise Ferdinand's, er stellte ja nur die Ordnung wieder
her, wenn auch auf zertretenen Volksrechten und gebrochenen Eiden. Das
war das Ende einer so schön begonnenen Volkserhebung!

[Ende Spaltensatz]

Lose Blätter.
[Beginn Spaltensatz]

Bosco wurde lange vom Mißgeschick verfolgt, bevor er der reiche und
berühmte Tausendkünstler ward. Er nannte sich abwechselnd Michalief,
Lutzaris, Boghos, Wormser oder Herodes, gab sich bald für einen Russen,
bald für einen Chinesen, Hindu oder Perser aus; aber das Glück lächelte
ihm unter keinem dieser Namen, unter keiner dieser Verkleidungen. End-
lich nahm er den Namen Bosco in London an, wo er bald in den Stra-
ßen, bald auf der Themse seine Kunst zeigte, ohne jedoch namhafte Erfolge
zu erzielen. Unter Anderm hatte er ein kleines Fahrzeug aus Kork erbaut
und vier Gänse abgerichtet, dasselbe zu ziehen. So fuhr er auf der Themse
hin und her, sein seltsames Fahrzeug geschickt lenkend. Zufällig bemerkte
ihn hier der Graf...., dem die Mode in Allem blind gehorchte. Dieser
sah Bosco mit seinem originellen Gespann, und da er beabsichtigte, ein Fest
zu geben, bei dem nothwendig etwas Außergewöhnliches figuriren mußte, so
glaubte er jetzt das Längstgesuchte gefunden zu haben. Er sprach mit Bosco
und ließ dessen Fahrzeug zu dem beabsichtigten Zwecke glänzend ausstatten.
Dieser geringfügige Umstand wurde Bosco's Glück; er ward mehrere
Wochen der Löwe des Tages, wie es vor ihm eine Giraffe gewesen. Die
Gänse hatten früher das Capitol gerettet — jetzt retteten sie Bosco.

Seitdem erwarb der glückliche Taschenspieler sich ein ansehnliches Ver-
mögen, doch vergaß er nicht das erste Werkzeug seines Glücks. Vor dem
Eingange seiner Villa in Jtalien ließ er zwei kolossale Gänse aus Marmor
aufstellen. Auch hielt er sich fortwährend eine Anzahl lebender Gänse, und
gab nie zu, daß eine derselben geschlachtet und an den Bratspieß gesteckt
wurde.     M.



Alter einiger Adelsfamilien in Preußen. Nachdem der große
König das Auge geschlossen, wurde im Jahre 1786, dem großen Adels-
Gnadenjahre, über ein Schock neuer Adelsbriefe, darunter allein über 33
neue Grafentitel verliehen. Die Grafen Arnim=Boitzenburg, Dyhrn, Egloff-
stein, Goltz, Haugwitz, Herzberg, Hoym, Kalkreuth, Krokow, Schlabren-
[Spaltenumbruch] dorf, Schulenburg=Kehnert, Trenck, Waldernsee sind von diesem neuen Da-
tum. Und später klagte der Kriegsrath v. Cölln in den vertrauten Briefen:
„So mancher preußische Edelmann ist nicht vom Könige, sondern vom Kam-
merdiener ( Rietz ) geadelt worden.“ —     Lbg.



Literarisches. Alexander von Humboldt. Von Dr. Otto Ule.
( Berlin. R. Lesser. )

Volksschriften, die in Wahrheit auf diesen Ehrentitel Anspruch
machen dürfen, die von allen Klassen der Gesellschaft, von Alt und Jung
in gleichem Maße gelesen zu werden verdienen, sind keineswegs so häufige
Erscheinungen, daß ein neues so eben erschienenes Volksbuch von uns mit
Stillschweigen übergangen werden dürfte.

Otto Ule, der es wie Wenige verstanden, die Resultate der Naturwissen-
schaften, auch dem Laien zugänglich zu machen, hat in seinem neuesten Werke,
der Biographie Alex. von Humboldt's die schwierige Aufgabe gelöst, das
Leben und Wirken eines Mannes dem deutschen Volke vor Augen zu
führen, dessen Namen unlösbar mit der Geschichte der Wissenschaft unseres
Jahrhunderts verknüpft ist.

Jn meisterhafter, anziehendster Darstellung gewinnt auch derjenige, dem
das Meisterwerk des großen Todten, der „Kosmos“, ein „Buch mit sieben
Siegeln“ bleiben mußte, eine Anschauung der gewaltigen dort niedergeleg-
ten Resultate des unermüdlichen Forschers.

Der Leser fühlt in jeder Zeile, daß nicht allein die Bewunderung für
den Reformator der Naturwissenschaft, sondern auch die Liebe für den
Menschen dem Autor die Hand geführt hat, und die vom Herzen kom-
mende Sprache, weiß auch zum Herzen zu dringen. Wir lernen den großen
Denker und Forscher auch als edelsten der Menschen, hingebendsten der
Freunde und treuesten Sohn des Vaterlandes kennen und lieben.

Das kleine Werk sei als schönste Vorbereitung zur bevorstehenden Hum-
boldtfeier auf das Wärmste empfohlen!

[Ende Spaltensatz]

Druck von Franz Duncker in Berlin — Verlag der Expedition des Sonntags=Blattes ( Duncker & Simion ) in Berlin.
Verantwortlicher Redacteur: Leonhard Simion in Berlin.

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[280/0008] 280 Peitsche, der ihn zerfleischte. Nach überstandener Geißelung wurde der Aermste zu fünfzehnjähriger Galeerenstrafe verurtheilt, erlag jedoch den ausgestandenen Qualen. Dieser Mann war ein Edelmann aus der Pro- vinz, dessen ganzes Verbrechen darin bestand, Carbonari zu sein. Auch die folgenden Tage wurden ähnliche Exekutionen ausgeführt, um das Volk in Furcht und Schrecken zu erhalten. Das Geschäft der Angeber begann zu floriren, und in wahrhaft beispielloser Weise wurden die Neapolitaner behandelt, weil sie dem Eide ihres Königs Vertrauen geschenkt hatten. Als endlich auch die Geduldigsten zu murren begannen, befragte Canosa den in der Ferne weilenden König, ob er mit Strafen einhalten solle; darauf erhielt er von Ferdinand die Antwort, nur mit gleicher Strenge fort- zufahren. Die Kerker waren überfüllt, Niemand mehr seines Lebens, seiner Freiheit sicher. Die Generale Coletta, Pedrinelli, Arcovito, Colonna, Costa, Ruffo, die Abgeordneten Borelli, Poerio, Pepe, Piccoletti, die Staatsräthe Ruzelli, Rossi, Bruni, Männer, die sich durch Tugenden und Verdienst auszeichneten, wurden in die Kerker geworfen. Wer es ver- mochte, rettete sich durch die Flucht, aber auch diese bot wenig Sicherheit, da die Polizei in den meisten europäischen Staaten zu gegenseitigen Schergendiensten bereit war. Hunderte fielen falschen Anklagen zum Opfer, bis die Verzweiflung zum Meuchelmord gegen die falschen Ankläger griff. Fast alle Bücher wurden verboten, sogar der approbirte Katechismus und die Christenlehre, und die durch plötzliche nächtliche Haussuchungen auf- gefundenen Bücher durch den Henker auf dem Medinaplatz verbrannt. Auf die Einführung fremder Bücher wurde ein so hoher Eingangszoll gelegt, daß dies einem Eingangsverbot gleichkam, und als sich die dadurch schwer betroffenen Buchhändler später an das Ministerium mit der Vorstellung wandten, daß durch dieses Gesetz das Einkommen des Staates geschmälert und sie selber ruinirt würden, erhielten sie den Bescheid, daß es mit dem Gesetz lediglich auf die Beförderung der Unwissenheit des Volkes ab- gesehen sei, weil dies zum Heil des Staates erforderlich, und deshalb dabei sein Bewenden haben müsse. Mitten in diesem über sein Land verhängten Elend hielt Ferdinand seinen pomphaften Einzug in Neapel. Seine ersten Handlungen waren, daß er der Geistlichkeit die Aufsicht über den öffent- lichen Unterricht übertrug, die vertriebenen Jesuiten zurückrief und in ihre alten Gerechtsame und Güter wieder einsetzte und den Klöstern und reli- giösen Gesellschaften reiche Geschenke zukommen ließ. Scheinheiligen Heuchlern wurde ein reiches Erntegebiet eröffnet. Der Prozeß gegen die Urheber des Lagers zu Monteforte, der bald riesenhafte Dimensionen ein- nahm, wurde eingeleitet. Soldaten und Offiziere flüchteten sich in die Wälder und trieben hier ein Bandenleben, das die öffentliche Sicherheit bedrohte. Nach dem von Ferdinand gegebenen Beispiel hielt man den Eidbruch für erlaubt, rühmte sich sogar dessen, wie der gelehrte Kanonikus Arucci, der aus einem Freunde der Freiheit zum Verräther derselben wurde. Am Hofe drängte indessen eine Festlichkeit die andere, und der greise König hatte sich niemals in solch fröhlicher Laune befunden, als Angesichts des unsagbaren Elends seines Volkes. Kein Gedanke an die heraufbeschworene Rache des Himmels trübte seine heiteren Feste, denn die schwere Last des Eides hatte ihm ja der Papst vom Herzen genommen. Er schien sich förmlich verjüngt zu haben, und verliebte sich in eine wegen ihrer Schön- heit und ihres ausschweifenden Lebenswandels berüchtigte junge Tänzerin Le Gros, in deren Armen der greise Lüstling das Elend und die Schmach seines Volkes vergaß. Gewissermaßen zu seinem Triumph wurde die von Canova's Meisterhand gefertigte Marmorstatue Ferdinand's I. mit großem Pomp aufgestellt. Aber seine Rache war noch lange nicht gestillt, trotz all der Opfer, die sie schon verschlungen. Der Vertrag von Casa Lanza, für den sich der Kaiser von Oesterreich mitverbürgt hatte, setzte ihm immer noch zu enge Schranken, und er bot deshalb Alles auf, die Aufhebung dieses Vertrages durchzusetzen. Dies gelang Ferdinand auch, und der neue Eidbruch erlaubte ihm, ganz Schuldlose zu strafen, sofern sie ihm ver- dächtig waren. Der Monteforte'sche Prozeß erhielt plötzlich dadurch eine neue Wendung, daß man endlich auch die Urheber der Revolution von 1820, Morelli und Silvati, in die Hände bekam. Beide waren flüchtig geworden und wollten nach Griechenland segeln, um an dem dortigen Frei- heitskampf Theil zu nehmen; vom Sturm verschlagen, landeten sie an der Küste von Ragusa, wurden in Ankona festgenommen und an Neapel aus- geliefert. Die Beschleunigung des Prozesses wurde nun von dem König befohlen, und da sich die dazu berufenen Richter nicht fügsam genug erwiesen und besonders der Staatsanwalt sein Amt ehrenvoll auffaßte, so wurden neue Richter und ein neuer Staatsanwalt von Ferdinand ernannt, auf deren Fügsamkeit er sich verlassen konnte; ein den Angeklagten günstiger Beschluß ward kassirt und der Justizminister Giorgio in Ungnade entlassen. Wir können hier nicht in die Einzelnheiten dieses voluminösen, abscheulichen Prozesses eingehen, der die Männer verurtheilen sollte, denen der König für ihre Thaten und ihre patriotische Hingebung gedankt und die das ganze Land jubelnd gefeiert. Die Verhandlungen dauerten drei Monate und waren reich an erschütternden und erhebenden Scenen. Von den sieben aus- gesuchten Richtern stimmten dennoch drei für völlige Freisprechung der An- geklagten, während die übrigen vier Richter, mit Einschluß des Vorsitzen- den, dreißig Angeklagte zum Tode und dreizehn zur Galeerenstrafe ver- urtheilten. Herzzerreißende Auftritte und flehendliche Bitten konnten den starren Sinn des Königs nicht erweichen, nur daß er die schnelle Hinrich- tung der zum Tode Verurtheilten, mit Ausnahme Morelli's und Silvati's, die am Galgen starben, in eine lang andauernde verwandelte. Den Ver- urtheilten wurden die Haare geschoren, dann wurden sie, zumeist Offiziere, in Sträflingskleidern mit gemeinen Sträflingen zusammengekettet und auf Lebenszeit nach den scheußlichen Felsen San Stefano und Pantellaria ge- bracht. Die drei milden Richter entsetzte Ferdinand sofort ihrer Stellen, die übrigen lobte und beförderte er, besonders den Vorsitzenden, Girolami, der das erste Beispiel in der Geschichte des neapolitanischen Gerichtswesens gegeben, bei Stimmengleichheit der Richter in einem Kapitalprozeß, worin dreißig Todesurtheile gesprochen, seine Stimme in die Wagschale der Ver- urtheilenden zu werfen. Unter den sonst in contumaciam zum Tode Ver- urtheilten befanden sich auch die Generale Wilhelm Pepe und Carascosa. Nach Oesterreich wurden als Gefangene gebracht die Abgeordneten Poerio, Pepe, Borelli, internirt in Oesterreich die Generale Coletta, Arcovito, Pedrinelli, und willig gab sich die österreichische Regierung zum sichern Kerkermeister eines Despoten her. Groß war die Anzahl der Hingerichteten, größer die der Flüchtigen und Verbannten, unsagbar das Elend, welches über Tausende von Familien verhängt worden. Die Ruhe des Grabes breitete sich über das unglück- liche Land. Keine von den Großmächten, die den König wieder in seine alten Rechte eingesetzt, erhob Einwendungen gegen die despotische, grau- same Regierungsweise Ferdinand's, er stellte ja nur die Ordnung wieder her, wenn auch auf zertretenen Volksrechten und gebrochenen Eiden. Das war das Ende einer so schön begonnenen Volkserhebung! Lose Blätter. Bosco wurde lange vom Mißgeschick verfolgt, bevor er der reiche und berühmte Tausendkünstler ward. Er nannte sich abwechselnd Michalief, Lutzaris, Boghos, Wormser oder Herodes, gab sich bald für einen Russen, bald für einen Chinesen, Hindu oder Perser aus; aber das Glück lächelte ihm unter keinem dieser Namen, unter keiner dieser Verkleidungen. End- lich nahm er den Namen Bosco in London an, wo er bald in den Stra- ßen, bald auf der Themse seine Kunst zeigte, ohne jedoch namhafte Erfolge zu erzielen. Unter Anderm hatte er ein kleines Fahrzeug aus Kork erbaut und vier Gänse abgerichtet, dasselbe zu ziehen. So fuhr er auf der Themse hin und her, sein seltsames Fahrzeug geschickt lenkend. Zufällig bemerkte ihn hier der Graf...., dem die Mode in Allem blind gehorchte. Dieser sah Bosco mit seinem originellen Gespann, und da er beabsichtigte, ein Fest zu geben, bei dem nothwendig etwas Außergewöhnliches figuriren mußte, so glaubte er jetzt das Längstgesuchte gefunden zu haben. Er sprach mit Bosco und ließ dessen Fahrzeug zu dem beabsichtigten Zwecke glänzend ausstatten. Dieser geringfügige Umstand wurde Bosco's Glück; er ward mehrere Wochen der Löwe des Tages, wie es vor ihm eine Giraffe gewesen. Die Gänse hatten früher das Capitol gerettet — jetzt retteten sie Bosco. Seitdem erwarb der glückliche Taschenspieler sich ein ansehnliches Ver- mögen, doch vergaß er nicht das erste Werkzeug seines Glücks. Vor dem Eingange seiner Villa in Jtalien ließ er zwei kolossale Gänse aus Marmor aufstellen. Auch hielt er sich fortwährend eine Anzahl lebender Gänse, und gab nie zu, daß eine derselben geschlachtet und an den Bratspieß gesteckt wurde. M. Alter einiger Adelsfamilien in Preußen. Nachdem der große König das Auge geschlossen, wurde im Jahre 1786, dem großen Adels- Gnadenjahre, über ein Schock neuer Adelsbriefe, darunter allein über 33 neue Grafentitel verliehen. Die Grafen Arnim=Boitzenburg, Dyhrn, Egloff- stein, Goltz, Haugwitz, Herzberg, Hoym, Kalkreuth, Krokow, Schlabren- dorf, Schulenburg=Kehnert, Trenck, Waldernsee sind von diesem neuen Da- tum. Und später klagte der Kriegsrath v. Cölln in den vertrauten Briefen: „So mancher preußische Edelmann ist nicht vom Könige, sondern vom Kam- merdiener ( Rietz ) geadelt worden.“ — Lbg. Literarisches. Alexander von Humboldt. Von Dr. Otto Ule. ( Berlin. R. Lesser. ) Volksschriften, die in Wahrheit auf diesen Ehrentitel Anspruch machen dürfen, die von allen Klassen der Gesellschaft, von Alt und Jung in gleichem Maße gelesen zu werden verdienen, sind keineswegs so häufige Erscheinungen, daß ein neues so eben erschienenes Volksbuch von uns mit Stillschweigen übergangen werden dürfte. Otto Ule, der es wie Wenige verstanden, die Resultate der Naturwissen- schaften, auch dem Laien zugänglich zu machen, hat in seinem neuesten Werke, der Biographie Alex. von Humboldt's die schwierige Aufgabe gelöst, das Leben und Wirken eines Mannes dem deutschen Volke vor Augen zu führen, dessen Namen unlösbar mit der Geschichte der Wissenschaft unseres Jahrhunderts verknüpft ist. Jn meisterhafter, anziehendster Darstellung gewinnt auch derjenige, dem das Meisterwerk des großen Todten, der „Kosmos“, ein „Buch mit sieben Siegeln“ bleiben mußte, eine Anschauung der gewaltigen dort niedergeleg- ten Resultate des unermüdlichen Forschers. Der Leser fühlt in jeder Zeile, daß nicht allein die Bewunderung für den Reformator der Naturwissenschaft, sondern auch die Liebe für den Menschen dem Autor die Hand geführt hat, und die vom Herzen kom- mende Sprache, weiß auch zum Herzen zu dringen. Wir lernen den großen Denker und Forscher auch als edelsten der Menschen, hingebendsten der Freunde und treuesten Sohn des Vaterlandes kennen und lieben. Das kleine Werk sei als schönste Vorbereitung zur bevorstehenden Hum- boldtfeier auf das Wärmste empfohlen! Druck von Franz Duncker in Berlin — Verlag der Expedition des Sonntags=Blattes ( Duncker & Simion ) in Berlin. Verantwortlicher Redacteur: Leonhard Simion in Berlin.

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Zitationshilfe: Sonntags-Blatt. Nr. 35. Berlin, 29. August 1869, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_sonntagsblatt35_1869/8>, abgerufen am 11.06.2024.