Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Social-politische Blätter. 2. Jahrgang, 12. Lieferung, Nr. 4. Berlin, 26. Dezember 1874.

Bild:
erste Seite
12. Lief. Nr. 4.Berlin, 26. December 1874.2. Jahrgang.
Social-politische Blätter
zur
Unterhaltung u Belehrung
für
die deutschen Arbeiter


[Beginn Spaltensatz]

Bestellungen
nehmen alle Postanstalten an; in Berlin
wird bei den Zeitungsspediteuren und
dem Verleger, C. Jhring's Nfgr., Dres-
denerstraße 84, abonnirt.

[Spaltenumbruch]

Eigenthum der Lassalleaner.

[Spaltenumbruch]

Diese Blätter
erscheinen regelmäßig jeden Sonnabend
und kosten auf der Post bestellt pro Quar-
tal 10 Sgr.; ein Monatsheft durch Col-
portage bezogen 4 Sgr.

[Ende Spaltensatz]


[Beginn Spaltensatz]
Weihnachten bei unseren Vorfahren.

Schon die Kelten und Germanen betrachteten die Weih-
nachtszeit als eine hochheilige Festzeit. Die Germanen
feierten zur Wintersonnenwende ihr Julfest. Es war der
Umkehr des feurigen Sonnenrades gewidmet und umfaßte
die "zwölf Nächte" vom 25. December bis 6. Januar rei-
chend. Weihnachten selbst hieß die "Mutternacht" ( Modra-
night )
bei den Angelsachsen. Man nahm an, daß in ihnen
das neue Jahr geboren werde, und der alte Volksglauben
meint, in diesen zwölf Tagen seien sinnbildlich die zwölf
Monate des kommenden Jahres vorgestellt, welche mit ihrem
Wetter je einem der zwölf Tage entsprächen, d. h. "der Ka-
lender werde jetzt gemacht," hat daher seinen Ursprung.
Die älteste nordische Mythe läßt in dieser Zeit Wodan oder
Odin, den höchsten Gott selbst ( nach einigen Traditionen
bis dahin schlafend ) , aus seinem Wolkenberge hervorbrechen
und mit seinem Göttergefolge der Geliebten, der Göttin
Frigg, im Sturme nachjagen, die er zu seiner Gemahlin
freien will, und mit welcher er dann in den zweiten "zwölf
Nächten," im Mai, seine Hochzeit feiert. Es ist die wieder-
erwachende Natur selbst, welche hier personificirt ist im
Hinblick auf die bevorstehende Zeit des Frühlings, wo neues
Leben, die künftige Fruchtbarkeit der Erde, Freude und
Wohlbehagen den Tod und die Kälte der friedlichen Winter-
mächte verdrängen werden. Später trat das Fest von Frey
oder Freyr, dem Odins=Sohne, dem Gotte des Frühjahrs,
der Sonne und der Fruchtbarkeit, an die Stelle der Tra-
dition von Odin selbst, nachdem sich die ursprünglichere
einfachere Mythe und ihr Personenkreis immer weiter und
reicher ausgebildet hatten. Die Sage von der stürmischen
Brautwerbung trat zurück, die Götter wandelten in fried-
fertiger Weise auf der Erde und mischten sich unter die
[Spaltenumbruch] Menschen. Die Werbung um die Götter aber blieb. Aber
es war nun Gerda, die sich dem Freyr "nach drei Näch-
ten," worunter man die drei Wintermonate zu verstehen
hat, verhieß, und deren Vermählung nun auf Walpurgistag
stattfinden sollte. Die Bedeutung, daß mit der rückgewen-
deten Sonnenwende die Bürgschaft ( Gerda's Verlobung )
gegeben war für Rückkehr der goldenen Frühlingszeit, blieb
also bestehen.

Freyr ( oder auch Fr o ) , der freie und frohe Gott des
Lichtes, wollte, daß in der ihm geweihten Festzeit überall
Frieden, Freude herrsche, und so zogen Herolde im Lande
herum, dreiwöchentlichen Julfrieden zu gebieten. Den Ge-
fangenen nahm man für diese Zeit die Fesseln ab. "Friede
sei auf Erden."

Diese Zeit wurde dann eröffnet durch ein feierliches
Opfer um Frieden und Fruchtbarkeit. -- Dann wurde das
Julfeuer angezündet. Jn allen Haushaltungen wurde das
alte Herdfeuer sorgfältig gelöscht. Man zog hinaus und
entzündete auf folgende Art das neue heilige Feuer. Auf
einen Baumpfahl war ein Rad mit neun Speichen be-
festigt mit Stroh umwickelt, das Symbol der Sonnen-
scheibe. Man drehte dasselbe durch eine Vorrichtung mit
Stricken so lange heftig hin und her, bis seine Axe, die in
den Stamm eingelassen war, durch diese heftige Reibung zu
glühen und zu brennen begann. Unter Jubelruf schichtete
man nun Holz und Stroh zu Hauf um den Baum, dessen
Asche auf die Felder gestreut wurde, und zündete an diesem
Feuer Fackeln an, mit welchen nach Hause kehrend, man
das Herdfeuer neu entzündete. Hier spielt der "Julblock"
seine Rolle, ein starker Holzblock, den man nicht zu Ende
abbrennen ließ, sondern das Jahr über bewahrte, weil er
segenspendende Kraft besaß. Und jetzt erglänzten weithin
freudige Lichter. Jn der Halle strahlten Fackeln und Lam-
pen, und dem Vieh im Stalle selbst wurde über der
[Ende Spaltensatz]

12. Lief. Nr. 4.Berlin, 26. December 1874.2. Jahrgang.
Social-politische Blätter
zur
Unterhaltung u Belehrung
für
die deutschen Arbeiter


[Beginn Spaltensatz]

Bestellungen
nehmen alle Postanstalten an; in Berlin
wird bei den Zeitungsspediteuren und
dem Verleger, C. Jhring's Nfgr., Dres-
denerstraße 84, abonnirt.

[Spaltenumbruch]

Eigenthum der Lassalleaner.

[Spaltenumbruch]

Diese Blätter
erscheinen regelmäßig jeden Sonnabend
und kosten auf der Post bestellt pro Quar-
tal 10 Sgr.; ein Monatsheft durch Col-
portage bezogen 4 Sgr.

[Ende Spaltensatz]


[Beginn Spaltensatz]
Weihnachten bei unseren Vorfahren.

Schon die Kelten und Germanen betrachteten die Weih-
nachtszeit als eine hochheilige Festzeit. Die Germanen
feierten zur Wintersonnenwende ihr Julfest. Es war der
Umkehr des feurigen Sonnenrades gewidmet und umfaßte
die „zwölf Nächte“ vom 25. December bis 6. Januar rei-
chend. Weihnachten selbst hieß die „Mutternacht“ ( Modra-
night )
bei den Angelsachsen. Man nahm an, daß in ihnen
das neue Jahr geboren werde, und der alte Volksglauben
meint, in diesen zwölf Tagen seien sinnbildlich die zwölf
Monate des kommenden Jahres vorgestellt, welche mit ihrem
Wetter je einem der zwölf Tage entsprächen, d. h. „der Ka-
lender werde jetzt gemacht,“ hat daher seinen Ursprung.
Die älteste nordische Mythe läßt in dieser Zeit Wodan oder
Odin, den höchsten Gott selbst ( nach einigen Traditionen
bis dahin schlafend ) , aus seinem Wolkenberge hervorbrechen
und mit seinem Göttergefolge der Geliebten, der Göttin
Frigg, im Sturme nachjagen, die er zu seiner Gemahlin
freien will, und mit welcher er dann in den zweiten „zwölf
Nächten,“ im Mai, seine Hochzeit feiert. Es ist die wieder-
erwachende Natur selbst, welche hier personificirt ist im
Hinblick auf die bevorstehende Zeit des Frühlings, wo neues
Leben, die künftige Fruchtbarkeit der Erde, Freude und
Wohlbehagen den Tod und die Kälte der friedlichen Winter-
mächte verdrängen werden. Später trat das Fest von Frey
oder Freyr, dem Odins=Sohne, dem Gotte des Frühjahrs,
der Sonne und der Fruchtbarkeit, an die Stelle der Tra-
dition von Odin selbst, nachdem sich die ursprünglichere
einfachere Mythe und ihr Personenkreis immer weiter und
reicher ausgebildet hatten. Die Sage von der stürmischen
Brautwerbung trat zurück, die Götter wandelten in fried-
fertiger Weise auf der Erde und mischten sich unter die
[Spaltenumbruch] Menschen. Die Werbung um die Götter aber blieb. Aber
es war nun Gerda, die sich dem Freyr „nach drei Näch-
ten,“ worunter man die drei Wintermonate zu verstehen
hat, verhieß, und deren Vermählung nun auf Walpurgistag
stattfinden sollte. Die Bedeutung, daß mit der rückgewen-
deten Sonnenwende die Bürgschaft ( Gerda's Verlobung )
gegeben war für Rückkehr der goldenen Frühlingszeit, blieb
also bestehen.

Freyr ( oder auch Fr ô ) , der freie und frohe Gott des
Lichtes, wollte, daß in der ihm geweihten Festzeit überall
Frieden, Freude herrsche, und so zogen Herolde im Lande
herum, dreiwöchentlichen Julfrieden zu gebieten. Den Ge-
fangenen nahm man für diese Zeit die Fesseln ab. „Friede
sei auf Erden.“

Diese Zeit wurde dann eröffnet durch ein feierliches
Opfer um Frieden und Fruchtbarkeit. — Dann wurde das
Julfeuer angezündet. Jn allen Haushaltungen wurde das
alte Herdfeuer sorgfältig gelöscht. Man zog hinaus und
entzündete auf folgende Art das neue heilige Feuer. Auf
einen Baumpfahl war ein Rad mit neun Speichen be-
festigt mit Stroh umwickelt, das Symbol der Sonnen-
scheibe. Man drehte dasselbe durch eine Vorrichtung mit
Stricken so lange heftig hin und her, bis seine Axe, die in
den Stamm eingelassen war, durch diese heftige Reibung zu
glühen und zu brennen begann. Unter Jubelruf schichtete
man nun Holz und Stroh zu Hauf um den Baum, dessen
Asche auf die Felder gestreut wurde, und zündete an diesem
Feuer Fackeln an, mit welchen nach Hause kehrend, man
das Herdfeuer neu entzündete. Hier spielt der „Julblock“
seine Rolle, ein starker Holzblock, den man nicht zu Ende
abbrennen ließ, sondern das Jahr über bewahrte, weil er
segenspendende Kraft besaß. Und jetzt erglänzten weithin
freudige Lichter. Jn der Halle strahlten Fackeln und Lam-
pen, und dem Vieh im Stalle selbst wurde über der
[Ende Spaltensatz]

<TEI>
  <text>
    <front>
      <pb facs="#f0001" n="[349]"/>
      <titlePage type="heading">
        <docImprint>12. Lief. Nr. 4.<docDate><hi rendition="#c">Berlin, 26. December 1874.</hi></docDate><hi rendition="#right">2. Jahrgang.</hi></docImprint><lb/>
        <docTitle>
          <titlePart type="main"> <hi rendition="#b #fr #larger">Social-politische Blätter</hi><lb/> <hi rendition="#c #smaller">zur</hi><lb/> <hi rendition="#c #fr">Unterhaltung u Belehrung</hi><lb/> <hi rendition="#c #smaller">für</hi><lb/> <hi rendition="#c #fr">die deutschen Arbeiter</hi> </titlePart>
        </docTitle>
      </titlePage><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <cb type="start"/>
      <div type="jExpedition">
        <p>Bestellungen<lb/>
nehmen alle Postanstalten an; in Berlin<lb/>
wird bei den Zeitungsspediteuren und<lb/>
dem Verleger, C. Jhring's Nfgr., Dres-<lb/>
denerstraße 84, abonnirt.</p>
      </div><lb/>
      <cb n="2"/>
      <div type="jEditorialStaff">
        <p> <hi rendition="#fr"><hi rendition="#g">Eigenthum der Lassalleaner</hi>.</hi> </p>
      </div><lb/>
      <cb n="3"/>
      <div type="jExpedition">
        <p>Diese Blätter<lb/>
erscheinen regelmäßig jeden Sonnabend<lb/>
und kosten auf der Post bestellt pro Quar-<lb/>
tal 10 Sgr.; ein Monatsheft durch Col-<lb/>
portage bezogen 4 Sgr.</p>
        <cb type="end"/>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
    </front>
    <body>
      <cb type="start"/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head> <hi rendition="#fr">Weihnachten bei unseren Vorfahren.</hi> </head><lb/>
        <p>Schon die Kelten und Germanen betrachteten die Weih-<lb/>
nachtszeit als eine hochheilige Festzeit. Die Germanen<lb/>
feierten zur Wintersonnenwende ihr <hi rendition="#g">Julfest.</hi> Es war der<lb/>
Umkehr des feurigen Sonnenrades gewidmet und umfaßte<lb/>
die &#x201E;zwölf Nächte&#x201C; vom 25. December bis 6. Januar rei-<lb/>
chend. Weihnachten selbst hieß die &#x201E;Mutternacht&#x201C; ( <hi rendition="#aq">Modra-<lb/>
night )</hi> bei den Angelsachsen. Man nahm an, daß in ihnen<lb/>
das neue Jahr geboren werde, und der alte Volksglauben<lb/>
meint, in diesen zwölf Tagen seien sinnbildlich die zwölf<lb/>
Monate des kommenden Jahres vorgestellt, welche mit ihrem<lb/>
Wetter je einem der zwölf Tage entsprächen, d. h. &#x201E;der Ka-<lb/>
lender werde jetzt gemacht,&#x201C; hat daher seinen Ursprung.<lb/>
Die älteste nordische Mythe läßt in dieser Zeit Wodan oder<lb/>
Odin, den höchsten Gott selbst ( nach einigen Traditionen<lb/>
bis dahin schlafend ) , aus seinem Wolkenberge hervorbrechen<lb/>
und mit seinem Göttergefolge der Geliebten, der Göttin<lb/>
Frigg, im Sturme nachjagen, die er zu seiner Gemahlin<lb/>
freien will, und mit welcher er dann in den zweiten &#x201E;zwölf<lb/>
Nächten,&#x201C; im Mai, seine Hochzeit feiert. Es ist die wieder-<lb/>
erwachende Natur selbst, welche hier personificirt ist im<lb/>
Hinblick auf die bevorstehende Zeit des Frühlings, wo neues<lb/>
Leben, die künftige Fruchtbarkeit der Erde, Freude und<lb/>
Wohlbehagen den Tod und die Kälte der friedlichen Winter-<lb/>
mächte verdrängen werden. Später trat das Fest von Frey<lb/>
oder Freyr, dem Odins=Sohne, dem Gotte des Frühjahrs,<lb/>
der Sonne und der Fruchtbarkeit, an die Stelle der Tra-<lb/>
dition von Odin selbst, nachdem sich die ursprünglichere<lb/>
einfachere Mythe und ihr Personenkreis immer weiter und<lb/>
reicher ausgebildet hatten. Die Sage von der stürmischen<lb/>
Brautwerbung trat zurück, die Götter wandelten in fried-<lb/>
fertiger Weise auf der Erde und mischten sich unter die<lb/><cb n="2"/>
Menschen. Die Werbung um die Götter aber blieb. Aber<lb/>
es war nun Gerda, die sich dem Freyr &#x201E;nach drei Näch-<lb/>
ten,&#x201C; worunter man die drei Wintermonate zu verstehen<lb/>
hat, verhieß, und deren Vermählung nun auf Walpurgistag<lb/>
stattfinden sollte. Die Bedeutung, daß mit der rückgewen-<lb/>
deten Sonnenwende die Bürgschaft ( Gerda's Verlobung )<lb/>
gegeben war für Rückkehr der goldenen Frühlingszeit, blieb<lb/>
also bestehen.</p><lb/>
        <p>Freyr ( oder auch Fr <hi rendition="#aq">ô</hi> ) , der freie und frohe Gott des<lb/>
Lichtes, wollte, daß in der ihm geweihten Festzeit überall<lb/>
Frieden, Freude herrsche, und so zogen Herolde im Lande<lb/>
herum, dreiwöchentlichen Julfrieden zu gebieten. Den Ge-<lb/>
fangenen nahm man für diese Zeit die Fesseln ab. &#x201E;Friede<lb/>
sei auf Erden.&#x201C;</p><lb/>
        <p>Diese Zeit wurde dann eröffnet durch ein feierliches<lb/>
Opfer um Frieden und Fruchtbarkeit. &#x2014; Dann wurde das<lb/>
Julfeuer angezündet. Jn allen Haushaltungen wurde das<lb/>
alte Herdfeuer sorgfältig gelöscht. Man zog hinaus und<lb/>
entzündete auf folgende Art das neue heilige Feuer. Auf<lb/>
einen Baumpfahl war ein Rad mit neun Speichen be-<lb/>
festigt mit Stroh umwickelt, das Symbol der Sonnen-<lb/>
scheibe. Man drehte dasselbe durch eine Vorrichtung mit<lb/>
Stricken so lange heftig hin und her, bis seine Axe, die in<lb/>
den Stamm eingelassen war, durch diese heftige Reibung zu<lb/>
glühen und zu brennen begann. Unter Jubelruf schichtete<lb/>
man nun Holz und Stroh zu Hauf um den Baum, dessen<lb/>
Asche auf die Felder gestreut wurde, und zündete an diesem<lb/>
Feuer Fackeln an, mit welchen nach Hause kehrend, man<lb/>
das Herdfeuer neu entzündete. Hier spielt der &#x201E;Julblock&#x201C;<lb/>
seine Rolle, ein starker Holzblock, den man nicht zu Ende<lb/>
abbrennen ließ, sondern das Jahr über bewahrte, weil er<lb/>
segenspendende Kraft besaß. Und jetzt erglänzten weithin<lb/>
freudige Lichter. Jn der Halle strahlten Fackeln und Lam-<lb/>
pen, und dem Vieh im Stalle selbst wurde über der<lb/><cb type="end"/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[[349]/0001] 12. Lief. Nr. 4.Berlin, 26. December 1874.2. Jahrgang. Social-politische Blätter zur Unterhaltung u Belehrung für die deutschen Arbeiter Bestellungen nehmen alle Postanstalten an; in Berlin wird bei den Zeitungsspediteuren und dem Verleger, C. Jhring's Nfgr., Dres- denerstraße 84, abonnirt. Eigenthum der Lassalleaner. Diese Blätter erscheinen regelmäßig jeden Sonnabend und kosten auf der Post bestellt pro Quar- tal 10 Sgr.; ein Monatsheft durch Col- portage bezogen 4 Sgr. Weihnachten bei unseren Vorfahren. Schon die Kelten und Germanen betrachteten die Weih- nachtszeit als eine hochheilige Festzeit. Die Germanen feierten zur Wintersonnenwende ihr Julfest. Es war der Umkehr des feurigen Sonnenrades gewidmet und umfaßte die „zwölf Nächte“ vom 25. December bis 6. Januar rei- chend. Weihnachten selbst hieß die „Mutternacht“ ( Modra- night ) bei den Angelsachsen. Man nahm an, daß in ihnen das neue Jahr geboren werde, und der alte Volksglauben meint, in diesen zwölf Tagen seien sinnbildlich die zwölf Monate des kommenden Jahres vorgestellt, welche mit ihrem Wetter je einem der zwölf Tage entsprächen, d. h. „der Ka- lender werde jetzt gemacht,“ hat daher seinen Ursprung. Die älteste nordische Mythe läßt in dieser Zeit Wodan oder Odin, den höchsten Gott selbst ( nach einigen Traditionen bis dahin schlafend ) , aus seinem Wolkenberge hervorbrechen und mit seinem Göttergefolge der Geliebten, der Göttin Frigg, im Sturme nachjagen, die er zu seiner Gemahlin freien will, und mit welcher er dann in den zweiten „zwölf Nächten,“ im Mai, seine Hochzeit feiert. Es ist die wieder- erwachende Natur selbst, welche hier personificirt ist im Hinblick auf die bevorstehende Zeit des Frühlings, wo neues Leben, die künftige Fruchtbarkeit der Erde, Freude und Wohlbehagen den Tod und die Kälte der friedlichen Winter- mächte verdrängen werden. Später trat das Fest von Frey oder Freyr, dem Odins=Sohne, dem Gotte des Frühjahrs, der Sonne und der Fruchtbarkeit, an die Stelle der Tra- dition von Odin selbst, nachdem sich die ursprünglichere einfachere Mythe und ihr Personenkreis immer weiter und reicher ausgebildet hatten. Die Sage von der stürmischen Brautwerbung trat zurück, die Götter wandelten in fried- fertiger Weise auf der Erde und mischten sich unter die Menschen. Die Werbung um die Götter aber blieb. Aber es war nun Gerda, die sich dem Freyr „nach drei Näch- ten,“ worunter man die drei Wintermonate zu verstehen hat, verhieß, und deren Vermählung nun auf Walpurgistag stattfinden sollte. Die Bedeutung, daß mit der rückgewen- deten Sonnenwende die Bürgschaft ( Gerda's Verlobung ) gegeben war für Rückkehr der goldenen Frühlingszeit, blieb also bestehen. Freyr ( oder auch Fr ô ) , der freie und frohe Gott des Lichtes, wollte, daß in der ihm geweihten Festzeit überall Frieden, Freude herrsche, und so zogen Herolde im Lande herum, dreiwöchentlichen Julfrieden zu gebieten. Den Ge- fangenen nahm man für diese Zeit die Fesseln ab. „Friede sei auf Erden.“ Diese Zeit wurde dann eröffnet durch ein feierliches Opfer um Frieden und Fruchtbarkeit. — Dann wurde das Julfeuer angezündet. Jn allen Haushaltungen wurde das alte Herdfeuer sorgfältig gelöscht. Man zog hinaus und entzündete auf folgende Art das neue heilige Feuer. Auf einen Baumpfahl war ein Rad mit neun Speichen be- festigt mit Stroh umwickelt, das Symbol der Sonnen- scheibe. Man drehte dasselbe durch eine Vorrichtung mit Stricken so lange heftig hin und her, bis seine Axe, die in den Stamm eingelassen war, durch diese heftige Reibung zu glühen und zu brennen begann. Unter Jubelruf schichtete man nun Holz und Stroh zu Hauf um den Baum, dessen Asche auf die Felder gestreut wurde, und zündete an diesem Feuer Fackeln an, mit welchen nach Hause kehrend, man das Herdfeuer neu entzündete. Hier spielt der „Julblock“ seine Rolle, ein starker Holzblock, den man nicht zu Ende abbrennen ließ, sondern das Jahr über bewahrte, weil er segenspendende Kraft besaß. Und jetzt erglänzten weithin freudige Lichter. Jn der Halle strahlten Fackeln und Lam- pen, und dem Vieh im Stalle selbst wurde über der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_social1204_1874
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_social1204_1874/1
Zitationshilfe: Social-politische Blätter. 2. Jahrgang, 12. Lieferung, Nr. 4. Berlin, 26. Dezember 1874, S. [349]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_social1204_1874/1>, abgerufen am 17.05.2024.