[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.Das gute und böse Gerüchte. EIn gutes Gerüchte ist wie ein schönes Gemählde/ und ein böses/ wie ein böser Urthels-Verfasser. Jenes gleichet sich mit einem Biesam/ Balsam/ und herrlichen Geruche/ der Alles erqvicket/ erfrischet/ und den gantzen Leib erhält. Dessen Werk heilig / billig/ löblich/ gerecht/ barmherzig und gütig/ edel/ herrlich und köstlich: Dieses aber gehet mit Betrug/ Leichtfertigkeit/ Schand und Laster um. Die Ehre eines guten Nahmens ist nicht mit Golde zu bezahlen. Die Plinius lib. 7. Nat. Hist. c. 37. p. 120. n. 10. Athenienser liessen dem Beroso um seiner Kunst und Geschicklichkeit willen eine Statua und Ehren-Seule aufrichten/ und die Zunge am Bilde vergülden. Man schätzet das Leben/ und einen guten Nahmen gleich. Ist die Ehre und ein guter Nahme hin/ so ist auch das Leben für todt zu achten. Wenn man das Feuer einmahl anzündet/ kan man es mit geringer Gluth erhalten; wenn es aber einmahl ausgelescht/ so ist es ohne Feuer nicht wieder anzuzünden. Eben also ergehet es auch einem guten Nahmen/ welcher/ wenn Er einmahl bemackelt/ wird Er der Flecke sobald nicht los/ sondern seine Schande reucht/ wie ein stinkend Aas; und seinen Geruch empfinden auch die Nachkommen. Nichts ist schädlicher/ als wenn ein Mensch seinen guten Namen verleuert; Ist der hinweg/ so verstirbet auch gleichsam in einem Augenblick seine Ehre und guter Leumuth. Salomo sagt: Man gedencket des Weisen nicht immer/ eben so wenig als des Narren. Denn ob man wohl den Weisen eine zeitlang in Ehren hält/ und seiner gedencket/ so verlischt doch sein Gedächtnis/ und kan ein leichtes Versehen darzwischen kommen/ da gelten seine und des Narren Händel einerley. Ein grosser Ruhm fällt offters wie ein Spinnewebe Eurip. in Hercul. furios. p. 2. p. 518. dahin. Da der Thebaner König Amphytrion von Lyco seines Reichs beraubet/ und Er nunmehro sollte geschlachtet werden/ brach Er in diesen Worten heraus: Sehet an Ihr Sterblichen! Ich war in der Welt allenthalben berühmt/ und begienge die rühmlichsten Thaten: Anietzo aber hat mich das Glücke/ gleich einer Feder/ augenblicklich Aristor. ap. Stob. p. 333. n. n. 40. von dem Throne der Glückseeligkeit herunter gestossen. Dahin zielet auch Aristoteles wenn Er saget: Der Mensch ist ein Exempel der Schwachheit/ ein Raub der Zeit/ ein Spiel des Glücks/ ein Bild der Unbeständigkeit/ und ein Weg der Mißgunst und des Elends. Die Ehre ist nächst dem Leben das Beste/ darbey auch das Unbeständigste. Aller Ruhm ist einer Handbreit/ und vergehet wie ein Dampf: Nichts ist bey den Menschen beständig: heute steigen wir empor/ morgen liegen wir darnieder; Heute sind wir vergöttert/ morgen werden wir aller Laster beschuldiget. Und dieses ist/ das auch dem Mercurio begegnet. Bis anhero sind alle Dinge für heilig und Göttlich gehalten worden: nunmehro fallen Sie auf einmahl dahin/ sie sind eitel / denn was eine Menschen-Hand Mercurius ein Erfinder der Zauberey erhöhet/ das kan eine Andere wieder zernichten. Man misset dem Mercurio bey/ daß Er ein Erfinder der Zauberkunst gewesen/ und dermassen die Augen der Menschen verblendet/ daß Sie Eines und das Andere nicht gewust. Die Welt ist die gröste Zauberin. Sie weiset Uns in dem Spiegelder Eitelkeit alle Laster/ die in ihr begangen werden. Sie verblendet Uns mit weltlicher Herrlichkeit/ Hoheit/ Macht/ Gewalt/ Pracht/ Glantz/ Ehre/ Lust/ Freude / Wol- Das gute uñ böse Gerüchte. EIn gutes Gerüchte ist wie ein schönes Gemählde/ und ein böses/ wie ein böser Urthels-Verfasser. Jenes gleichet sich mit einem Biesam/ Balsam/ und herrlichen Geruche/ der Alles erqvicket/ erfrischet/ und den gantzen Leib erhält. Dessen Werk heilig / billig/ löblich/ gerecht/ barmherzig und gütig/ edel/ herrlich und köstlich: Dieses aber gehet mit Betrug/ Leichtfertigkeit/ Schand und Laster um. Die Ehre eines guten Nahmens ist nicht mit Golde zu bezahlen. Die Plinius lib. 7. Nat. Hist. c. 37. p. 120. n. 10. Athenienser liessen dem Beroso um seiner Kunst und Geschicklichkeit willen eine Statua und Ehren-Seule aufrichten/ und die Zunge am Bilde vergülden. Man schätzet das Leben/ und einen guten Nahmen gleich. Ist die Ehre und ein guter Nahme hin/ so ist auch das Leben für todt zu achten. Wenn man das Feuer einmahl anzündet/ kan man es mit geringer Gluth erhalten; wenn es aber einmahl ausgelescht/ so ist es ohne Feuer nicht wieder anzuzünden. Eben also ergehet es auch einem guten Nahmen/ welcher/ wenn Er einmahl bemackelt/ wird Er der Flecke sobald nicht los/ sondern seine Schande reucht/ wie ein stinkend Aas; und seinen Geruch empfinden auch die Nachkommen. Nichts ist schädlicher/ als weñ ein Mensch seinen guten Namen verleuert; Ist der hinweg/ so verstirbet auch gleichsam in einem Augenblick seine Ehre und guter Leumuth. Salomo sagt: Man gedencket des Weisen nicht immer/ eben so wenig als des Narren. Denn ob man wohl den Weisen eine zeitlang in Ehren hält/ und seiner gedencket/ so verlischt doch sein Gedächtnis/ und kan ein leichtes Versehen darzwischen kommen/ da gelten seine und des Narren Händel einerley. Ein grosser Ruhm fällt offters wie ein Spinnewebe Eurip. in Hercul. furios. p. 2. p. 518. dahin. Da der Thebaner König Amphytrion von Lyco seines Reichs beraubet/ und Er nunmehro sollte geschlachtet werden/ brach Er in diesen Worten heraus: Sehet an Ihr Sterblichen! Ich war in der Welt allenthalben berühmt/ und begienge die rühmlichsten Thaten: Anietzo aber hat mich das Glücke/ gleich einer Feder/ augenblicklich Aristor. ap. Stob. p. 333. n. n. 40. von dem Throne der Glückseeligkeit herunter gestossen. Dahin zielet auch Aristoteles wenn Er saget: Der Mensch ist ein Exempel der Schwachheit/ ein Raub der Zeit/ ein Spiel des Glücks/ ein Bild der Unbeständigkeit/ und ein Weg der Mißgunst und des Elends. Die Ehre ist nächst dem Leben das Beste/ darbey auch das Unbeständigste. Aller Ruhm ist einer Handbreit/ und vergehet wie ein Dampf: Nichts ist bey den Menschen beständig: heute steigen wir empor/ morgen liegen wir darnieder; Heute sind wir vergöttert/ morgen werden wir aller Laster beschuldiget. Und dieses ist/ das auch dem Mercurio begegnet. Bis anhero sind alle Dinge für heilig und Göttlich gehalten worden: nunmehro fallen Sie auf einmahl dahin/ sie sind eitel / denn was eine Menschen-Hand Mercurius ein Erfinder der Zauberey erhöhet/ das kan eine Andere wieder zernichten. Man misset dem Mercurio bey/ daß Er ein Erfinder der Zauberkunst gewesen/ und dermassen die Augen der Menschen verblendet/ daß Sie Eines und das Andere nicht gewust. Die Welt ist die gröste Zauberin. Sie weiset Uns in dem Spiegelder Eitelkeit alle Laster/ die in ihr begangen werden. Sie verblendet Uns mit weltlicher Herrlichkeit/ Hoheit/ Macht/ Gewalt/ Pracht/ Glantz/ Ehre/ Lust/ Freude / Wol- <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0479" n="445"/> <p><note place="right">Das gute uñ böse Gerüchte.</note> EIn gutes Gerüchte ist wie ein schönes Gemählde/ und ein böses/ wie ein böser Urthels-Verfasser. Jenes gleichet sich mit einem Biesam/ Balsam/ und herrlichen Geruche/ der Alles erqvicket/ erfrischet/ und den gantzen Leib erhält. Dessen Werk heilig / billig/ löblich/ gerecht/ barmherzig und gütig/ edel/ herrlich und köstlich: Dieses aber gehet mit Betrug/ Leichtfertigkeit/ Schand und Laster um. Die Ehre eines guten Nahmens ist nicht mit Golde zu bezahlen. Die <note place="right">Plinius lib. 7. Nat. Hist. c. 37. p. 120. n. 10.</note> Athenienser liessen dem Beroso um seiner Kunst und Geschicklichkeit willen eine Statua und Ehren-Seule aufrichten/ und die Zunge am Bilde vergülden. Man schätzet das Leben/ und einen guten Nahmen gleich. Ist die Ehre und ein guter Nahme hin/ so ist auch das Leben für todt zu achten. Wenn man das Feuer einmahl anzündet/ kan man es mit geringer Gluth erhalten; wenn es aber einmahl ausgelescht/ so ist es ohne Feuer nicht wieder anzuzünden. Eben also ergehet es auch einem guten Nahmen/ welcher/ wenn Er einmahl bemackelt/ wird Er der Flecke sobald nicht los/ sondern seine Schande reucht/ wie ein stinkend Aas; und seinen Geruch empfinden auch die Nachkommen. Nichts ist schädlicher/ als weñ ein Mensch seinen guten Namen verleuert; Ist der hinweg/ so verstirbet auch gleichsam in einem Augenblick seine Ehre und guter Leumuth. Salomo sagt: Man gedencket des Weisen nicht immer/ eben so wenig als des Narren. Denn ob man wohl den Weisen eine zeitlang in Ehren hält/ und seiner gedencket/ so verlischt doch sein Gedächtnis/ und kan ein leichtes Versehen darzwischen kommen/ da gelten seine und des Narren Händel einerley. Ein grosser Ruhm fällt offters wie ein Spinnewebe <note place="right">Eurip. in Hercul. furios. p. 2. p. 518.</note> dahin. Da der Thebaner König Amphytrion von Lyco seines Reichs beraubet/ und Er nunmehro sollte geschlachtet werden/ brach Er in diesen Worten heraus: Sehet an Ihr Sterblichen! Ich war in der Welt allenthalben berühmt/ und begienge die rühmlichsten Thaten: Anietzo aber hat mich das Glücke/ gleich einer Feder/ augenblicklich <note place="right">Aristor. ap. Stob. p. 333. n. n. 40.</note> von dem Throne der Glückseeligkeit herunter gestossen. Dahin zielet auch Aristoteles wenn Er saget: Der Mensch ist ein Exempel der Schwachheit/ ein Raub der Zeit/ ein Spiel des Glücks/ ein Bild der Unbeständigkeit/ und ein Weg der Mißgunst und des Elends. Die Ehre ist nächst dem Leben das Beste/ darbey auch das Unbeständigste. Aller Ruhm ist einer Handbreit/ und vergehet wie ein Dampf: Nichts ist bey den Menschen beständig: heute steigen wir empor/ morgen liegen wir darnieder; Heute sind wir vergöttert/ morgen werden wir aller Laster beschuldiget. Und dieses ist/ das auch dem Mercurio begegnet. Bis anhero sind alle Dinge für heilig und Göttlich gehalten worden: nunmehro fallen Sie auf einmahl dahin/ sie sind eitel / denn was eine Menschen-Hand <note place="right">Mercurius ein Erfinder der Zauberey</note> erhöhet/ das kan eine Andere wieder zernichten. Man misset dem Mercurio bey/ daß Er ein Erfinder der Zauberkunst gewesen/ und dermassen die Augen der Menschen verblendet/ daß Sie Eines und das Andere nicht gewust. Die Welt ist die gröste Zauberin. Sie weiset Uns in dem Spiegelder Eitelkeit alle Laster/ die in ihr begangen werden. Sie verblendet Uns mit weltlicher Herrlichkeit/ Hoheit/ Macht/ Gewalt/ Pracht/ Glantz/ Ehre/ Lust/ Freude / Wol- </p> </div> </body> </text> </TEI> [445/0479]
EIn gutes Gerüchte ist wie ein schönes Gemählde/ und ein böses/ wie ein böser Urthels-Verfasser. Jenes gleichet sich mit einem Biesam/ Balsam/ und herrlichen Geruche/ der Alles erqvicket/ erfrischet/ und den gantzen Leib erhält. Dessen Werk heilig / billig/ löblich/ gerecht/ barmherzig und gütig/ edel/ herrlich und köstlich: Dieses aber gehet mit Betrug/ Leichtfertigkeit/ Schand und Laster um. Die Ehre eines guten Nahmens ist nicht mit Golde zu bezahlen. Die Athenienser liessen dem Beroso um seiner Kunst und Geschicklichkeit willen eine Statua und Ehren-Seule aufrichten/ und die Zunge am Bilde vergülden. Man schätzet das Leben/ und einen guten Nahmen gleich. Ist die Ehre und ein guter Nahme hin/ so ist auch das Leben für todt zu achten. Wenn man das Feuer einmahl anzündet/ kan man es mit geringer Gluth erhalten; wenn es aber einmahl ausgelescht/ so ist es ohne Feuer nicht wieder anzuzünden. Eben also ergehet es auch einem guten Nahmen/ welcher/ wenn Er einmahl bemackelt/ wird Er der Flecke sobald nicht los/ sondern seine Schande reucht/ wie ein stinkend Aas; und seinen Geruch empfinden auch die Nachkommen. Nichts ist schädlicher/ als weñ ein Mensch seinen guten Namen verleuert; Ist der hinweg/ so verstirbet auch gleichsam in einem Augenblick seine Ehre und guter Leumuth. Salomo sagt: Man gedencket des Weisen nicht immer/ eben so wenig als des Narren. Denn ob man wohl den Weisen eine zeitlang in Ehren hält/ und seiner gedencket/ so verlischt doch sein Gedächtnis/ und kan ein leichtes Versehen darzwischen kommen/ da gelten seine und des Narren Händel einerley. Ein grosser Ruhm fällt offters wie ein Spinnewebe dahin. Da der Thebaner König Amphytrion von Lyco seines Reichs beraubet/ und Er nunmehro sollte geschlachtet werden/ brach Er in diesen Worten heraus: Sehet an Ihr Sterblichen! Ich war in der Welt allenthalben berühmt/ und begienge die rühmlichsten Thaten: Anietzo aber hat mich das Glücke/ gleich einer Feder/ augenblicklich von dem Throne der Glückseeligkeit herunter gestossen. Dahin zielet auch Aristoteles wenn Er saget: Der Mensch ist ein Exempel der Schwachheit/ ein Raub der Zeit/ ein Spiel des Glücks/ ein Bild der Unbeständigkeit/ und ein Weg der Mißgunst und des Elends. Die Ehre ist nächst dem Leben das Beste/ darbey auch das Unbeständigste. Aller Ruhm ist einer Handbreit/ und vergehet wie ein Dampf: Nichts ist bey den Menschen beständig: heute steigen wir empor/ morgen liegen wir darnieder; Heute sind wir vergöttert/ morgen werden wir aller Laster beschuldiget. Und dieses ist/ das auch dem Mercurio begegnet. Bis anhero sind alle Dinge für heilig und Göttlich gehalten worden: nunmehro fallen Sie auf einmahl dahin/ sie sind eitel / denn was eine Menschen-Hand erhöhet/ das kan eine Andere wieder zernichten. Man misset dem Mercurio bey/ daß Er ein Erfinder der Zauberkunst gewesen/ und dermassen die Augen der Menschen verblendet/ daß Sie Eines und das Andere nicht gewust. Die Welt ist die gröste Zauberin. Sie weiset Uns in dem Spiegelder Eitelkeit alle Laster/ die in ihr begangen werden. Sie verblendet Uns mit weltlicher Herrlichkeit/ Hoheit/ Macht/ Gewalt/ Pracht/ Glantz/ Ehre/ Lust/ Freude / Wol-
Das gute uñ böse Gerüchte.
Plinius lib. 7. Nat. Hist. c. 37. p. 120. n. 10.
Eurip. in Hercul. furios. p. 2. p. 518.
Aristor. ap. Stob. p. 333. n. n. 40.
Mercurius ein Erfinder der Zauberey
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