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[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.

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Er knirrschet mit den Zähnen wie ein Eber: Die Nase bleicht wie ein Toden-Kopf: Die Hände gaukeln: Die Füsse stampeln wie ein unbändiges Pferd: Man schreyet wie ein brüllender Löwe/ und brummet wie ein schnausender Bär: Man sprieet/ und spritzet wie eine Katze: Reisset und blecket wie ein tobender Wolff. Nichts ist schädlicher und beschwerlicher als ein schnelles Gemüthe: Sand und Steine sind zwar eine Last/ aber des Narren Zorn ist viel beschwerlicher. Homo dum irascitur, insanire Hieron. in Epist. ad Demetr. creditur. Sobald der Mensch anfänget zornig zu werden/ so hält man Ihn für unsinnig. Ist desselben Verstand und Gemüthe dahin/ so ist auch sein bestes Kleinod hinweg. Er beschwehret das Herze mit der bittersten Galle/ mit dem grösten Neyde/ mit dem gifftigsten Hasse / mit dem schädlichsten Grolle/ und der allerärgesten Rache. Er belästiget das Gewissen/ wenn man GOtt auf das erschrecklichste fluchet. Er lästert/ wenn man seinen Nächsten verdammet/ und lässet sich solcher abscheulichen Worte vernehmen/ daß Ihm dasselbe hernacher um des willen Tag und Nacht plaget. Er richtet Hader und Zanck an. Er erwecket Schmäh-Worte: Die Schmäh-Worte Streiche / die Streiche aber verwunden. Selten wird eine Mord-That begangen/ wenn sie nicht aus Zorn geschiehet. Alle Stösse/ Striemen/ Beulen/ Wunden/ und/ was das meiste/ Jammer und Elend/ rühret von demselben her. Nichts ist so bitter und hesstig/ als dieser; Und dieses siehet man an dem Cain gegen dem Abel; An den Kindern jacobs gegen den Joseph. An Saul gegen dem David/ und an dem Könige Herode gegen die Bethlehemitische Kinder. Er zerstöret die Gesundheit / verursachet die schwere Noth/ erwecket die Gicht/ wircket Fieber und Ohnmachten/ und schaffet den jählingen Tod. Letzlich so verletzet Er nicht allein den guten und ehrlichen Nahmen/ sondern Er bringet auch vielmahls den Meyschen um Leib und Leben. Die Seele leidet Noth/ wenn der Mensch vermittelst Seiner wider seinen Bruder Rache suchet/ und dißfalls des Gerichts schuldig wird: Er ererbet das Reich GOTtes nicht/ ist lebendig todt: Zum Tode verurtheilet/ und muß unter den beissigen Hunden in dem Höllischen Pfuhl mit unendlicher Qvaal und Marter liegen. Es ist zwar der Zorn allen Menschen angebohren/ wie man siehet an dem Mose und seinem Weibe der Zipora/ an dem Saul/ Nebucadnezar und vielen andern. Nichts desto weniger aber soll man demselben Einhalt thun/ den Zügel nicht zu weit schiessen lassen/ und Ihn bey allen Gelegenheiten meiden. Wo die Affecten Richter sind/ da hincket die Vernunfft/ und wo eine hitzide Rachgierigkeit zu finden/ da ist keine temperirte Gerechtigkeit. Man verkehret das Recht in einem Augenblick/ und will einen Schluß machen/ ehe man eines andern Meinung höret. Fürstliche Gemüther sind bald in Harnisch zu Was der Zorn nach sich ziehe. bringen. Landgraff Willhelm der Vierdte in Hessen/ entrüstete sich sehr leichtlich/ sobald aber der Zorn vorbey/ so gereuete es Ihn. Und/ wenn Er vermeinete/ daß Er Jemand beleidiget/ so vergalt Er es Ihme gedoppelt/ also / daß Er von den Seinigen gefürchtet und geliebet wurde. König Ferdinand in Spanien sagte: man kennete einen Klugen an dreyerley Dingen/ nehmlich/ wenn Er den Zorn zu mässigen/ sein Haus-Wesen wolzu regieren/ und einen guten Brieff zu stellen wüste. Denn aus dem Ersten sehe man die Affecten/ aus dem Andern den guten Wandel/ und aus dem Dritten den klugen Verstand. Nimmermehr kan der sich / welcher einmahl von Zorn übereilet/ sobalde von demselben wieder loßwirken. Derohalben ist es nicht ein geringes/ sondern eine Kunst den Arg-

Er knirrschet mit den Zähnen wie ein Eber: Die Nase bleicht wie ein Toden-Kopf: Die Hände gaukeln: Die Füsse stampeln wie ein unbändiges Pferd: Man schreyet wie ein brüllender Löwe/ und brummet wie ein schnausender Bär: Man sprieet/ und spritzet wie eine Katze: Reisset und blecket wie ein tobender Wolff. Nichts ist schädlicher und beschwerlicher als ein schnelles Gemüthe: Sand und Steine sind zwar eine Last/ aber des Narren Zorn ist viel beschwerlicher. Homo dum irascitur, insanire Hieron. in Epist. ad Demetr. creditur. Sobald der Mensch anfänget zornig zu werden/ so hält man Ihn für unsinnig. Ist desselben Verstand und Gemüthe dahin/ so ist auch sein bestes Kleinod hinweg. Er beschwehret das Herze mit der bittersten Galle/ mit dem grösten Neyde/ mit dem gifftigsten Hasse / mit dem schädlichsten Grolle/ und der allerärgesten Rache. Er belästiget das Gewissen/ wenn man GOtt auf das erschrecklichste fluchet. Er lästert/ wenn man seinen Nächsten verdammet/ und lässet sich solcher abscheulichen Worte vernehmen/ daß Ihm dasselbe hernacher um des willen Tag und Nacht plaget. Er richtet Hader und Zanck an. Er erwecket Schmäh-Worte: Die Schmäh-Worte Streiche / die Streiche aber verwunden. Selten wird eine Mord-That begangen/ wenn sie nicht aus Zorn geschiehet. Alle Stösse/ Striemen/ Beulen/ Wunden/ und/ was das meiste/ Jammer und Elend/ rühret von demselben her. Nichts ist so bitter und hesstig/ als dieser; Und dieses siehet man an dem Cain gegen dem Abel; An den Kindern jacobs gegen den Joseph. An Saul gegen dem David/ und an dem Könige Herode gegen die Bethlehemitische Kinder. Er zerstöret die Gesundheit / verursachet die schwere Noth/ erwecket die Gicht/ wircket Fieber und Ohnmachten/ und schaffet den jählingen Tod. Letzlich so verletzet Er nicht allein den guten und ehrlichen Nahmen/ sondern Er bringet auch vielmahls den Meyschen um Leib und Leben. Die Seele leidet Noth/ wenn der Mensch vermittelst Seiner wider seinen Bruder Rache suchet/ und dißfalls des Gerichts schuldig wird: Er ererbet das Reich GOTtes nicht/ ist lebendig todt: Zum Tode verurtheilet/ und muß unter den beissigen Hunden in dem Höllischen Pfuhl mit unendlicher Qvaal und Marter liegen. Es ist zwar der Zorn allen Menschen angebohren/ wie man siehet an dem Mose und seinem Weibe der Zipora/ an dem Saul/ Nebucadnezar und vielen andern. Nichts desto weniger aber soll man demselben Einhalt thun/ den Zügel nicht zu weit schiessen lassen/ und Ihn bey allen Gelegenheiten meiden. Wo die Affecten Richter sind/ da hincket die Vernunfft/ und wo eine hitzide Rachgierigkeit zu finden/ da ist keine temperirte Gerechtigkeit. Man verkehret das Recht in einem Augenblick/ und will einen Schluß machen/ ehe man eines andern Meinung höret. Fürstliche Gemüther sind bald in Harnisch zu Was der Zorn nach sich ziehe. bringen. Landgraff Willhelm der Vierdte in Hessen/ entrüstete sich sehr leichtlich/ sobald aber der Zorn vorbey/ so gereuete es Ihn. Und/ wenn Er vermeinete/ daß Er Jemand beleidiget/ so vergalt Er es Ihme gedoppelt/ also / daß Er von den Seinigen gefürchtet und geliebet wurde. König Ferdinand in Spanien sagte: man kennete einen Klugen an dreyerley Dingen/ nehmlich/ wenn Er den Zorn zu mässigen/ sein Haus-Wesen wolzu regieren/ und einen guten Brieff zu stellen wüste. Denn aus dem Ersten sehe man die Affecten/ aus dem Andern den guten Wandel/ und aus dem Dritten den klugen Verstand. Nimmermehr kan der sich / welcher einmahl von Zorn übereilet/ sobalde von demselben wieder loßwirken. Derohalben ist es nicht ein geringes/ sondern eine Kunst den Arg-

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[318/0350] Er knirrschet mit den Zähnen wie ein Eber: Die Nase bleicht wie ein Toden-Kopf: Die Hände gaukeln: Die Füsse stampeln wie ein unbändiges Pferd: Man schreyet wie ein brüllender Löwe/ und brummet wie ein schnausender Bär: Man sprieet/ und spritzet wie eine Katze: Reisset und blecket wie ein tobender Wolff. Nichts ist schädlicher und beschwerlicher als ein schnelles Gemüthe: Sand und Steine sind zwar eine Last/ aber des Narren Zorn ist viel beschwerlicher. Homo dum irascitur, insanire creditur. Sobald der Mensch anfänget zornig zu werden/ so hält man Ihn für unsinnig. Ist desselben Verstand und Gemüthe dahin/ so ist auch sein bestes Kleinod hinweg. Er beschwehret das Herze mit der bittersten Galle/ mit dem grösten Neyde/ mit dem gifftigsten Hasse / mit dem schädlichsten Grolle/ und der allerärgesten Rache. Er belästiget das Gewissen/ wenn man GOtt auf das erschrecklichste fluchet. Er lästert/ wenn man seinen Nächsten verdammet/ und lässet sich solcher abscheulichen Worte vernehmen/ daß Ihm dasselbe hernacher um des willen Tag und Nacht plaget. Er richtet Hader und Zanck an. Er erwecket Schmäh-Worte: Die Schmäh-Worte Streiche / die Streiche aber verwunden. Selten wird eine Mord-That begangen/ wenn sie nicht aus Zorn geschiehet. Alle Stösse/ Striemen/ Beulen/ Wunden/ und/ was das meiste/ Jammer und Elend/ rühret von demselben her. Nichts ist so bitter und hesstig/ als dieser; Und dieses siehet man an dem Cain gegen dem Abel; An den Kindern jacobs gegen den Joseph. An Saul gegen dem David/ und an dem Könige Herode gegen die Bethlehemitische Kinder. Er zerstöret die Gesundheit / verursachet die schwere Noth/ erwecket die Gicht/ wircket Fieber und Ohnmachten/ und schaffet den jählingen Tod. Letzlich so verletzet Er nicht allein den guten und ehrlichen Nahmen/ sondern Er bringet auch vielmahls den Meyschen um Leib und Leben. Die Seele leidet Noth/ wenn der Mensch vermittelst Seiner wider seinen Bruder Rache suchet/ und dißfalls des Gerichts schuldig wird: Er ererbet das Reich GOTtes nicht/ ist lebendig todt: Zum Tode verurtheilet/ und muß unter den beissigen Hunden in dem Höllischen Pfuhl mit unendlicher Qvaal und Marter liegen. Es ist zwar der Zorn allen Menschen angebohren/ wie man siehet an dem Mose und seinem Weibe der Zipora/ an dem Saul/ Nebucadnezar und vielen andern. Nichts desto weniger aber soll man demselben Einhalt thun/ den Zügel nicht zu weit schiessen lassen/ und Ihn bey allen Gelegenheiten meiden. Wo die Affecten Richter sind/ da hincket die Vernunfft/ und wo eine hitzide Rachgierigkeit zu finden/ da ist keine temperirte Gerechtigkeit. Man verkehret das Recht in einem Augenblick/ und will einen Schluß machen/ ehe man eines andern Meinung höret. Fürstliche Gemüther sind bald in Harnisch zu bringen. Landgraff Willhelm der Vierdte in Hessen/ entrüstete sich sehr leichtlich/ sobald aber der Zorn vorbey/ so gereuete es Ihn. Und/ wenn Er vermeinete/ daß Er Jemand beleidiget/ so vergalt Er es Ihme gedoppelt/ also / daß Er von den Seinigen gefürchtet und geliebet wurde. König Ferdinand in Spanien sagte: man kennete einen Klugen an dreyerley Dingen/ nehmlich/ wenn Er den Zorn zu mässigen/ sein Haus-Wesen wolzu regieren/ und einen guten Brieff zu stellen wüste. Denn aus dem Ersten sehe man die Affecten/ aus dem Andern den guten Wandel/ und aus dem Dritten den klugen Verstand. Nimmermehr kan der sich / welcher einmahl von Zorn übereilet/ sobalde von demselben wieder loßwirken. Derohalben ist es nicht ein geringes/ sondern eine Kunst den Arg- Hieron. in Epist. ad Demetr. Was der Zorn nach sich ziehe.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/350>, abgerufen am 26.11.2024.