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[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.

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man im Königreich Norwegen/ und zwar in einer gewissen Landschafft daselbst finden. Es hat/ sagt Gesnerus, lange/ rahne und geschlancke Beine/ [unleserliches Material] Kopf und das Maul vergleichet sich mit einem Maul-Thiere/ sein Obermaul henget ihm über das untere/ wie dem Elend / mit dem Halse siehet es einem Pferde gleich/ von dem Kopfe an und über den Rücken bis auf den Schwanz hat es länglichte aufgereckte Haare/ unten am Rachen einen Bart/ über die Schultern lange über sich stehende Haare/ und einen kurzen Hals/ deßwegen wenn es fressen/ oder aus einen Geschirre sauffen will / es sich auf die fördern Füsse niederlassen muß. Sein Fleisch ist schwarz/ und grob/ wie Rindfleisch/ iedoch wenn es wohl zubereitet/ hat es einen besseren Geschmack als das Hirsch-Wildpret.

Seine Nutzbarkeit. Becherus Des Hirsches Nutzbarkeit hat man in folgenden Versen beschrieben: Wer von gebrannten Horn des Hirsches nimmet ein/ dem stärcket es das Hertz/ und machts von Giffte rein; das Hertz-Bein man zerstösst/ daß es ein Pulver sey/ von diesen wird das Hertz von aller Kranck heit frey/ wer so ermüdet ist/ daß er kein Glied mehr rührt/ dem hilfft es/ wenn er sich mit Hirschen-Unschlit schmiert/ die Thränen von dem Hirsch/ so man sie recht antrifft/ mit Mithridat vermischt/ die helffen widern Gifft/ das Hirsch-Marck ist sehr gut/ es heilt und ziehet an/ Man weiß auch was das Blut gedörrt verrichten kan/ die Glieder der Geburth/ wenn sie gepulvert seyn/ die machen/ daß der Mensch am Saamen werde rein/ Der Stein von einem Hirsch/ so man ihn pülvern thut/ schafft/ daß das gantze Blut im Menschen werde gut.

König Franciscus in Frankreich soll ein Pferd gehabt haben/ welches forne eine Pferd/ und hinten ein Hirsch gewesen/ so von einer Hindin erzeuget. In Apollonius Schotti Physica curiosa. Indien giebt es weisse Hirsche/ darvon man die Hindin so zahm und kürre mache/ daß man sie einspannen und darmit fahren könne; Wie auch in Seythien/ und etlichen andern Ländern in Asien gebräuchlich. Anno Christi 1545. verehreten die Grafen von Stolberg Erz-Herzog Maximiliano in Oesterreich auf dem Reichstage zu Augspurg einen Hirsch/ welcher nicht allein sich zähmen/ und ein Gebiß ins Maul legen / sondern auch wie ein ander Pferd reiten ließ. Wie nun Keyser Carl der Fünffte eines Tages einen Wett-Lauf mit den Rossen anstellete/ rennte derselbe mit seinem Reuter auch mit/ und übertraff an Geschwindigkeit auch die Spanischen Rosse/ worüber sich der Keyser und die Herumstehenden zum höchsten verwunderten. Denen Hindinnen wachsen/ wie bekant/ keine Geweihe/ wiewohl etliche der Meinung/ daß sie gehörnte Hindinnen gesehen: Diese aber haben an ihren Euter vier Striche wie die Kühe.

Der Fabeln Nutzen. Fabeln sind nichts anders/ als der Menschen Sitten/ Lehren/ Laster/ und Tugenden mit den unvernünfftigen Thieren durch Einbildung eines Wesens zu vergleichen. In dem Buch der Richter findet man / daß die Bäume einen König begehret/ und deßwegen mit dem Oel- und Feigen-Baume/ Wein-Reben und Brombeer-Stauden geredet; Wodurch nichts anders / als die Sitten und Gemüther der Menschen verstanden werden/ und daß man durch erdichtete Dinge näher zu der Warheit tretten/ und entweder die Menschlichen Laster oder Tugenden dadurch desto besser abbilden möge. Denn gleichwie von dem Wolffe erdichtet wird/ daß er anderer Gestalt mit dem Hirten nicht eher Friede machen wollte/ er hätte denn seinen Hund abgeschaffet: Also haben die Weisen dadurch an den Tag

man im Königreich Norwegen/ und zwar in einer gewissen Landschafft daselbst finden. Es hat/ sagt Gesnerus, lange/ rahne und geschlancke Beine/ [unleserliches Material] Kopf und das Maul vergleichet sich mit einem Maul-Thiere/ sein Obermaul henget ihm über das untere/ wie dem Elend / mit dem Halse siehet es einem Pferde gleich/ von dem Kopfe an und über den Rücken bis auf den Schwanz hat es länglichte aufgereckte Haare/ unten am Rachen einen Bart/ über die Schultern lange über sich stehende Haare/ und einen kurzen Hals/ deßwegen wenn es fressen/ oder aus einen Geschirre sauffen will / es sich auf die fördern Füsse niederlassen muß. Sein Fleisch ist schwarz/ und grob/ wie Rindfleisch/ iedoch wenn es wohl zubereitet/ hat es einen besseren Geschmack als das Hirsch-Wildpret.

Seine Nutzbarkeit. Becherus Des Hirsches Nutzbarkeit hat man in folgenden Versen beschrieben: Wer von gebrannten Horn des Hirsches nimmet ein/ dem stärcket es das Hertz/ und machts von Giffte rein; das Hertz-Bein man zerstösst/ daß es ein Pulver sey/ von diesen wird das Hertz von aller Kranck heit frey/ wer so ermüdet ist/ daß er kein Glied mehr rührt/ dem hilfft es/ wenn er sich mit Hirschen-Unschlit schmiert/ die Thränen von dem Hirsch/ so man sie recht antrifft/ mit Mithridat vermischt/ die helffen widern Gifft/ das Hirsch-Marck ist sehr gut/ es heilt und ziehet an/ Man weiß auch was das Blut gedörrt verrichten kan/ die Glieder der Geburth/ wenn sie gepulvert seyn/ die machen/ daß der Mensch am Saamen werde rein/ Der Stein von einem Hirsch/ so man ihn pülvern thut/ schafft/ daß das gantze Blut im Menschen werde gut.

König Franciscus in Frankreich soll ein Pferd gehabt haben/ welches forne eine Pferd/ und hinten ein Hirsch gewesen/ so von einer Hindin erzeuget. In Apollonius Schotti Physica curiosa. Indien giebt es weisse Hirsche/ darvon man die Hindin so zahm und kürre mache/ daß man sie einspannen und darmit fahren könne; Wie auch in Seythien/ und etlichen andern Ländern in Asien gebräuchlich. Anno Christi 1545. verehreten die Grafen von Stolberg Erz-Herzog Maximiliano in Oesterreich auf dem Reichstage zu Augspurg einen Hirsch/ welcher nicht allein sich zähmen/ und ein Gebiß ins Maul legen / sondern auch wie ein ander Pferd reiten ließ. Wie nun Keyser Carl der Fünffte eines Tages einen Wett-Lauf mit den Rossen anstellete/ rennte derselbe mit seinem Reuter auch mit/ und übertraff an Geschwindigkeit auch die Spanischen Rosse/ worüber sich der Keyser und die Herumstehenden zum höchsten verwunderten. Denen Hindinnen wachsen/ wie bekant/ keine Geweihe/ wiewohl etliche der Meinung/ daß sie gehörnte Hindinnen gesehen: Diese aber haben an ihren Euter vier Striche wie die Kühe.

Der Fabeln Nutzen. Fabeln sind nichts anders/ als der Menschen Sitten/ Lehren/ Laster/ und Tugenden mit den unvernünfftigen Thieren durch Einbildung eines Wesens zu vergleichen. In dem Buch der Richter findet man / daß die Bäume einen König begehret/ und deßwegen mit dem Oel- und Feigen-Baume/ Wein-Reben und Brombeer-Stauden geredet; Wodurch nichts anders / als die Sitten und Gemüther der Menschen verstanden werden/ und daß man durch erdichtete Dinge näher zu der Warheit tretten/ und entweder die Menschlichen Laster oder Tugenden dadurch desto besser abbilden möge. Denn gleichwie von dem Wolffe erdichtet wird/ daß er anderer Gestalt mit dem Hirten nicht eher Friede machen wollte/ er hätte denn seinen Hund abgeschaffet: Also haben die Weisen dadurch an den Tag

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        <p><note place="right">Der Fabeln Nutzen.</note> Fabeln sind nichts anders/ als der                      Menschen Sitten/ Lehren/ Laster/ und Tugenden mit den unvernünfftigen Thieren                      durch Einbildung eines Wesens zu vergleichen. In dem Buch der Richter findet man                     / daß die Bäume einen König begehret/ und deßwegen mit dem Oel- und                      Feigen-Baume/ Wein-Reben und Brombeer-Stauden geredet; Wodurch nichts anders /                      als die Sitten und Gemüther der Menschen verstanden werden/ und daß man durch                      erdichtete Dinge näher zu der Warheit tretten/ und entweder die Menschlichen                      Laster oder Tugenden dadurch desto besser abbilden möge. Denn gleichwie von dem                      Wolffe erdichtet wird/ daß er anderer Gestalt mit dem Hirten nicht eher Friede                      machen wollte/ er hätte denn seinen Hund abgeschaffet: Also haben die Weisen                      dadurch an den Tag
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[231/0261] man im Königreich Norwegen/ und zwar in einer gewissen Landschafft daselbst finden. Es hat/ sagt Gesnerus, lange/ rahne und geschlancke Beine/ _ Kopf und das Maul vergleichet sich mit einem Maul-Thiere/ sein Obermaul henget ihm über das untere/ wie dem Elend / mit dem Halse siehet es einem Pferde gleich/ von dem Kopfe an und über den Rücken bis auf den Schwanz hat es länglichte aufgereckte Haare/ unten am Rachen einen Bart/ über die Schultern lange über sich stehende Haare/ und einen kurzen Hals/ deßwegen wenn es fressen/ oder aus einen Geschirre sauffen will / es sich auf die fördern Füsse niederlassen muß. Sein Fleisch ist schwarz/ und grob/ wie Rindfleisch/ iedoch wenn es wohl zubereitet/ hat es einen besseren Geschmack als das Hirsch-Wildpret. Des Hirsches Nutzbarkeit hat man in folgenden Versen beschrieben: Wer von gebrannten Horn des Hirsches nimmet ein/ dem stärcket es das Hertz/ und machts von Giffte rein; das Hertz-Bein man zerstösst/ daß es ein Pulver sey/ von diesen wird das Hertz von aller Kranck heit frey/ wer so ermüdet ist/ daß er kein Glied mehr rührt/ dem hilfft es/ wenn er sich mit Hirschen-Unschlit schmiert/ die Thränen von dem Hirsch/ so man sie recht antrifft/ mit Mithridat vermischt/ die helffen widern Gifft/ das Hirsch-Marck ist sehr gut/ es heilt und ziehet an/ Man weiß auch was das Blut gedörrt verrichten kan/ die Glieder der Geburth/ wenn sie gepulvert seyn/ die machen/ daß der Mensch am Saamen werde rein/ Der Stein von einem Hirsch/ so man ihn pülvern thut/ schafft/ daß das gantze Blut im Menschen werde gut. Seine Nutzbarkeit. Becherus König Franciscus in Frankreich soll ein Pferd gehabt haben/ welches forne eine Pferd/ und hinten ein Hirsch gewesen/ so von einer Hindin erzeuget. In Indien giebt es weisse Hirsche/ darvon man die Hindin so zahm und kürre mache/ daß man sie einspannen und darmit fahren könne; Wie auch in Seythien/ und etlichen andern Ländern in Asien gebräuchlich. Anno Christi 1545. verehreten die Grafen von Stolberg Erz-Herzog Maximiliano in Oesterreich auf dem Reichstage zu Augspurg einen Hirsch/ welcher nicht allein sich zähmen/ und ein Gebiß ins Maul legen / sondern auch wie ein ander Pferd reiten ließ. Wie nun Keyser Carl der Fünffte eines Tages einen Wett-Lauf mit den Rossen anstellete/ rennte derselbe mit seinem Reuter auch mit/ und übertraff an Geschwindigkeit auch die Spanischen Rosse/ worüber sich der Keyser und die Herumstehenden zum höchsten verwunderten. Denen Hindinnen wachsen/ wie bekant/ keine Geweihe/ wiewohl etliche der Meinung/ daß sie gehörnte Hindinnen gesehen: Diese aber haben an ihren Euter vier Striche wie die Kühe. Apollonius Schotti Physica curiosa. Fabeln sind nichts anders/ als der Menschen Sitten/ Lehren/ Laster/ und Tugenden mit den unvernünfftigen Thieren durch Einbildung eines Wesens zu vergleichen. In dem Buch der Richter findet man / daß die Bäume einen König begehret/ und deßwegen mit dem Oel- und Feigen-Baume/ Wein-Reben und Brombeer-Stauden geredet; Wodurch nichts anders / als die Sitten und Gemüther der Menschen verstanden werden/ und daß man durch erdichtete Dinge näher zu der Warheit tretten/ und entweder die Menschlichen Laster oder Tugenden dadurch desto besser abbilden möge. Denn gleichwie von dem Wolffe erdichtet wird/ daß er anderer Gestalt mit dem Hirten nicht eher Friede machen wollte/ er hätte denn seinen Hund abgeschaffet: Also haben die Weisen dadurch an den Tag Der Fabeln Nutzen.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/261>, abgerufen am 25.11.2024.