[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.sie sich mit entblösstem Haubte auf der Gassen sehen ließ/ von sich/ und Egnatius Metellus, schlug seine Frau/ da sie Wein tranck/ mit einer Kolbe zu tode: Wenn dieses vorietzo noch üblich/ würde es endlich an Scheide-Briefen und Kolben gebrechen. Die Augen haben zwar im Gesichte den Vorzug/ so gar/ daß sie auch in dem untersten Hertzen die Liebe erwecken; Man soll aber wohl zusehen/ daß dieselbe nicht Zähne und Klauen bekömmt/ das ist/ daß man sich dadurch nicht in Schand und Spott/ noch in Laster setze/ sondern vielmehr die Zeit/ das gute Lob / und die Tugend/ auch die unwiederbringliche Ehre dagegen stelle. Dann was ist wohl abscheulicher/ als das jenige Weibesbild/ welche ihre Ehre und Zucht in den Wind schläget/ und ihre Gedancken ohn Unterlaß dahin einrichtet/ wie sie jedem gefalle/ wie sie durch ihre Unkeuschheit die Buhler an sich locke/ wie sie Einem und dem Andern das Narren-Seil an den Hals werffe/ wie sie Einheimischen und Frembden den Beutel ausfege/ und endlich durch ihr verstelltes Liebkosen sich nebenst ihren Buhlern dem Teuffel zu einem Opfer überbringet. In der Stadt Gaza stund mitten auf dem Scheidewege der Venus steinernes Bildnüs gantz nackend/ mit entblößter Scham/ welches die Bürger/ und Weibespersohnen daselbst täglich verehreten/ ihr Wachs-Kertzen ansteckten/ und mit Weyrauch beräucherten: Hier heißt es: Vince Animum. Bezwinge die Affecten/ und besudele deine Seele nicht mit Wollüsten. Voluptatis Usura Mors. Der Lust ihr Gewinnst ist deroselben Todt. Es ist keine Seuche welche des Menschen Witz mehr verkehret / als die Viehische Begierde/ quae delectat & angit: welche zugleich belustiget und verletzet. Jhr Angesicht ist vorwarts schön/ und hinterwarts stachlicht. Es ist in der Welt nichts gemeiners/ als daß man in Freuden dahergehet/ des Leibes Lust suchet / sich der Buhlschafft befleissiget/ und ein wildes und wüstes Leben führet / gleich als wenn die Wohllüste des Leibes die beständige Glückseligkeit des Menschen wäre. Die Wohllust ist ein Affe/ und eine Mutter alles Bösen/ welche die Menschen in die zeitliche und ewige Straffe stürtzet. Ist sie nun eine solche liebliche Sirene, welche gleich dieser/ die Schiffenden durch ihren süssen Gesang in die gefährlichsten Oerter verführet/ und hernach wenn das Schiff zerschmettert/ die Menschen auffrißt/ welche/ sage ich/ die Vernunfft zur Unvernunfft/ die Gesundheit zum Krüpel/ den Reichen zum Bettler/ das Gewissen zur Wunde/ und die Boßheitzur ewigen Traurigkeit macht: So kan dahero sie keine wahre und sichere Freude seyn. Eine traurige Stunde verdirbet einen frölichen Tag: Es ist keine Welt-Freude so groß/ da nicht etwas Ubels darzwischen läufft: was man in der Jugend säet/ das muß man im Alter schneiden: hat man sich in der Jugend mit dergleichen Lastern täglich geschleppet/ so muß gewißlichen Ovidius. Samocratius. Nigidus. das Alter dafür büssen. Jhrer Etliche haben unterschiedene Mittel wider die unziemliche und verbotene Liebe auf die Bahne geführet/ und sind darüber wegen ihres Buhlens selbsten in das Exilium verjaget worden. Das beste Mittel ist/ daß man die Gemeinschafft Augustinus meide/ und die Gelegenheit fliehe. Quoties enim foeminam adis, existimes te Inferni Januam ingredi, Satanae[unleserliches Material]; sagitta penetrari, Foemina siquidem fuit ab Initio peccati Aucupatrix, erit[unleserliches Material]; semper inexhaustus Malorum fomes. Denn so offt man böser Begierden halber sich zu einem Weibesbilde zu machen gedencket/ so soll man sich einbilden/ als gienge man zur Hölle/ und würde daselbst von des Teufels Pfeilen sie sich mit entblösstem Haubte auf der Gassen sehen ließ/ von sich/ und Egnatius Metellus, schlug seine Frau/ da sie Wein tranck/ mit einer Kolbe zu tode: Wenn dieses vorietzo noch üblich/ würde es endlich an Scheide-Briefen und Kolben gebrechen. Die Augen haben zwar im Gesichte den Vorzug/ so gar/ daß sie auch in dem untersten Hertzen die Liebe erwecken; Man soll aber wohl zusehen/ daß dieselbe nicht Zähne und Klauen bekömmt/ das ist/ daß man sich dadurch nicht in Schand und Spott/ noch in Laster setze/ sondern vielmehr die Zeit/ das gute Lob / und die Tugend/ auch die unwiederbringliche Ehre dagegen stelle. Dann was ist wohl abscheulicher/ als das jenige Weibesbild/ welche ihre Ehre und Zucht in den Wind schläget/ und ihre Gedancken ohn Unterlaß dahin einrichtet/ wie sie jedem gefalle/ wie sie durch ihre Unkeuschheit die Buhler an sich locke/ wie sie Einem und dem Andern das Narren-Seil an den Hals werffe/ wie sie Einheimischen und Frembden den Beutel ausfege/ und endlich durch ihr verstelltes Liebkosen sich nebenst ihren Buhlern dem Teuffel zu einem Opfer überbringet. In der Stadt Gaza stund mitten auf dem Scheidewege der Venus steinernes Bildnüs gantz nackend/ mit entblößter Scham/ welches die Bürger/ und Weibespersohnen daselbst täglich verehreten/ ihr Wachs-Kertzen ansteckten/ und mit Weyrauch beräucherten: Hier heißt es: Vince Animum. Bezwinge die Affecten/ und besudele deine Seele nicht mit Wollüsten. Voluptatis Usura Mors. Der Lust ihr Gewinnst ist deroselben Todt. Es ist keine Seuche welche des Menschen Witz mehr verkehret / als die Viehische Begierde/ quae delectat & angit: welche zugleich belustiget und verletzet. Jhr Angesicht ist vorwarts schön/ und hinterwarts stachlicht. Es ist in der Welt nichts gemeiners/ als daß man in Freuden dahergehet/ des Leibes Lust suchet / sich der Buhlschafft befleissiget/ und ein wildes und wüstes Leben führet / gleich als wenn die Wohllüste des Leibes die beständige Glückseligkeit des Menschen wäre. Die Wohllust ist ein Affe/ und eine Mutter alles Bösen/ welche die Menschen in die zeitliche und ewige Straffe stürtzet. Ist sie nun eine solche liebliche Sirene, welche gleich dieser/ die Schiffenden durch ihren süssen Gesang in die gefährlichsten Oerter verführet/ und hernach wenn das Schiff zerschmettert/ die Menschen auffrißt/ welche/ sage ich/ die Vernunfft zur Unvernunfft/ die Gesundheit zum Krüpel/ den Reichen zum Bettler/ das Gewissen zur Wunde/ und die Boßheitzur ewigen Traurigkeit macht: So kan dahero sie keine wahre und sichere Freude seyn. Eine traurige Stunde verdirbet einen frölichen Tag: Es ist keine Welt-Freude so groß/ da nicht etwas Ubels darzwischen läufft: was man in der Jugend säet/ das muß man im Alter schneiden: hat man sich in der Jugend mit dergleichen Lastern täglich geschleppet/ so muß gewißlichen Ovidius. Samocratius. Nigidus. das Alter dafür büssen. Jhrer Etliche haben unterschiedene Mittel wider die unziemliche und verbotene Liebe auf die Bahne geführet/ und sind darüber wegen ihres Buhlens selbsten in das Exilium verjaget worden. Das beste Mittel ist/ daß man die Gemeinschafft Augustinus meide/ und die Gelegenheit fliehe. Quoties enim foeminam adis, existimes te Inferni Januam ingredi, Satanae[unleserliches Material]; sagittâ penetrari, Foemina siquidem fuit ab Initio peccati Aucupatrix, erit[unleserliches Material]; semper inexhaustus Malorum fomes. Denn so offt man böser Begierden halber sich zu einem Weibesbilde zu machen gedencket/ so soll man sich einbilden/ als gienge man zur Hölle/ und würde daselbst von des Teufels Pfeilen <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0193" n="169"/> sie sich mit entblösstem Haubte auf der Gassen sehen ließ/ von sich/ und Egnatius Metellus, schlug seine Frau/ da sie Wein tranck/ mit einer Kolbe zu tode: Wenn dieses vorietzo noch üblich/ würde es endlich an Scheide-Briefen und Kolben gebrechen.</p> <p>Die Augen haben zwar im Gesichte den Vorzug/ so gar/ daß sie auch in dem untersten Hertzen die Liebe erwecken; Man soll aber wohl zusehen/ daß dieselbe nicht Zähne und Klauen bekömmt/ das ist/ daß man sich dadurch nicht in Schand und Spott/ noch in Laster setze/ sondern vielmehr die Zeit/ das gute Lob / und die Tugend/ auch die unwiederbringliche Ehre dagegen stelle. Dann was ist wohl abscheulicher/ als das jenige Weibesbild/ welche ihre Ehre und Zucht in den Wind schläget/ und ihre Gedancken ohn Unterlaß dahin einrichtet/ wie sie jedem gefalle/ wie sie durch ihre Unkeuschheit die Buhler an sich locke/ wie sie Einem und dem Andern das Narren-Seil an den Hals werffe/ wie sie Einheimischen und Frembden den Beutel ausfege/ und endlich durch ihr verstelltes Liebkosen sich nebenst ihren Buhlern dem Teuffel zu einem Opfer überbringet.</p> <p>In der Stadt Gaza stund mitten auf dem Scheidewege der Venus steinernes Bildnüs gantz nackend/ mit entblößter Scham/ welches die Bürger/ und Weibespersohnen daselbst täglich verehreten/ ihr Wachs-Kertzen ansteckten/ und mit Weyrauch beräucherten: Hier heißt es: Vince Animum. Bezwinge die Affecten/ und besudele deine Seele nicht mit Wollüsten. Voluptatis Usura Mors. Der Lust ihr Gewinnst ist deroselben Todt. Es ist keine Seuche welche des Menschen Witz mehr verkehret / als die Viehische Begierde/ quae delectat & angit: welche zugleich belustiget und verletzet.</p> <p>Jhr Angesicht ist vorwarts schön/ und hinterwarts stachlicht. Es ist in der Welt nichts gemeiners/ als daß man in Freuden dahergehet/ des Leibes Lust suchet / sich der Buhlschafft befleissiget/ und ein wildes und wüstes Leben führet / gleich als wenn die Wohllüste des Leibes die beständige Glückseligkeit des Menschen wäre. Die Wohllust ist ein Affe/ und eine Mutter alles Bösen/ welche die Menschen in die zeitliche und ewige Straffe stürtzet. Ist sie nun eine solche liebliche Sirene, welche gleich dieser/ die Schiffenden durch ihren süssen Gesang in die gefährlichsten Oerter verführet/ und hernach wenn das Schiff zerschmettert/ die Menschen auffrißt/ welche/ sage ich/ die Vernunfft zur Unvernunfft/ die Gesundheit zum Krüpel/ den Reichen zum Bettler/ das Gewissen zur Wunde/ und die Boßheitzur ewigen Traurigkeit macht: So kan dahero sie keine wahre und sichere Freude seyn. Eine traurige Stunde verdirbet einen frölichen Tag: Es ist keine Welt-Freude so groß/ da nicht etwas Ubels darzwischen läufft: was man in der Jugend säet/ das muß man im Alter schneiden: hat man sich in der Jugend mit dergleichen Lastern täglich geschleppet/ so muß gewißlichen <note place="right">Ovidius. Samocratius. Nigidus.</note> das Alter dafür büssen. Jhrer Etliche haben unterschiedene Mittel wider die unziemliche und verbotene Liebe auf die Bahne geführet/ und sind darüber wegen ihres Buhlens selbsten in das Exilium verjaget worden. 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sie sich mit entblösstem Haubte auf der Gassen sehen ließ/ von sich/ und Egnatius Metellus, schlug seine Frau/ da sie Wein tranck/ mit einer Kolbe zu tode: Wenn dieses vorietzo noch üblich/ würde es endlich an Scheide-Briefen und Kolben gebrechen.
Die Augen haben zwar im Gesichte den Vorzug/ so gar/ daß sie auch in dem untersten Hertzen die Liebe erwecken; Man soll aber wohl zusehen/ daß dieselbe nicht Zähne und Klauen bekömmt/ das ist/ daß man sich dadurch nicht in Schand und Spott/ noch in Laster setze/ sondern vielmehr die Zeit/ das gute Lob / und die Tugend/ auch die unwiederbringliche Ehre dagegen stelle. Dann was ist wohl abscheulicher/ als das jenige Weibesbild/ welche ihre Ehre und Zucht in den Wind schläget/ und ihre Gedancken ohn Unterlaß dahin einrichtet/ wie sie jedem gefalle/ wie sie durch ihre Unkeuschheit die Buhler an sich locke/ wie sie Einem und dem Andern das Narren-Seil an den Hals werffe/ wie sie Einheimischen und Frembden den Beutel ausfege/ und endlich durch ihr verstelltes Liebkosen sich nebenst ihren Buhlern dem Teuffel zu einem Opfer überbringet.
In der Stadt Gaza stund mitten auf dem Scheidewege der Venus steinernes Bildnüs gantz nackend/ mit entblößter Scham/ welches die Bürger/ und Weibespersohnen daselbst täglich verehreten/ ihr Wachs-Kertzen ansteckten/ und mit Weyrauch beräucherten: Hier heißt es: Vince Animum. Bezwinge die Affecten/ und besudele deine Seele nicht mit Wollüsten. Voluptatis Usura Mors. Der Lust ihr Gewinnst ist deroselben Todt. Es ist keine Seuche welche des Menschen Witz mehr verkehret / als die Viehische Begierde/ quae delectat & angit: welche zugleich belustiget und verletzet.
Jhr Angesicht ist vorwarts schön/ und hinterwarts stachlicht. Es ist in der Welt nichts gemeiners/ als daß man in Freuden dahergehet/ des Leibes Lust suchet / sich der Buhlschafft befleissiget/ und ein wildes und wüstes Leben führet / gleich als wenn die Wohllüste des Leibes die beständige Glückseligkeit des Menschen wäre. Die Wohllust ist ein Affe/ und eine Mutter alles Bösen/ welche die Menschen in die zeitliche und ewige Straffe stürtzet. Ist sie nun eine solche liebliche Sirene, welche gleich dieser/ die Schiffenden durch ihren süssen Gesang in die gefährlichsten Oerter verführet/ und hernach wenn das Schiff zerschmettert/ die Menschen auffrißt/ welche/ sage ich/ die Vernunfft zur Unvernunfft/ die Gesundheit zum Krüpel/ den Reichen zum Bettler/ das Gewissen zur Wunde/ und die Boßheitzur ewigen Traurigkeit macht: So kan dahero sie keine wahre und sichere Freude seyn. Eine traurige Stunde verdirbet einen frölichen Tag: Es ist keine Welt-Freude so groß/ da nicht etwas Ubels darzwischen läufft: was man in der Jugend säet/ das muß man im Alter schneiden: hat man sich in der Jugend mit dergleichen Lastern täglich geschleppet/ so muß gewißlichen das Alter dafür büssen. Jhrer Etliche haben unterschiedene Mittel wider die unziemliche und verbotene Liebe auf die Bahne geführet/ und sind darüber wegen ihres Buhlens selbsten in das Exilium verjaget worden. Das beste Mittel ist/ daß man die Gemeinschafft meide/ und die Gelegenheit fliehe. Quoties enim foeminam adis, existimes te Inferni Januam ingredi, Satanae_ ; sagittâ penetrari, Foemina siquidem fuit ab Initio peccati Aucupatrix, erit_ ; semper inexhaustus Malorum fomes. Denn so offt man böser Begierden halber sich zu einem Weibesbilde zu machen gedencket/ so soll man sich einbilden/ als gienge man zur Hölle/ und würde daselbst von des Teufels Pfeilen
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Zitationshilfe: | [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/193>, abgerufen am 16.07.2024. |