[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.Thespienser/ in Hellespont/ und die Achaeer besondere Tempel auf/ und in Phaedro verehreten sie nebenst der Fortuna auf das höchste. Plato rühmete dieselbe/ und sagte: Sie sey ein solcher Gott/ welcher bey Göttern und Menschen/ theils wegen seiner wunderbahren Eigenschafften/ und theils wegen in Theogonia. seines Ursprunges hochgeachtet werde. Hesiodus sagt/ das Aller Erste wäre ein Chaos, ein Klumpen / und hernach die Erde/ auf welcher alsbald die Liebe erfolget: Man verstehet aber durch diese nicht die Venus selbst/ oder ihren Cupidinem, sondern eine solche göttliche/ geistliche und natürliche Liebe/ die gleichsam alles miteinander vermischet/ das Oberste mit dem Untersten vereinbahret/ und eine durchgehende Vereinigung zu wege bringet. Gleichwie aber zwischen der Göttlichen und der fleischlichen ein grosser Unterscheid: Also hat man auch über diese letztere die Venus zur Göttin gesetzt/ und von den Poeten ausgegeben/ daß Sie von des Saturni ausgeschnittenen/ und in das Meer geworffenen Gemächte/ auch darvon auf das Wasser gefallenem Schaum ohne Mutter gebohren. Etliche aber derselben sagen/ sie wäre aus einer Meer-Muschel erzeuget/ worauf Sie hernacher in Cypern gefahren/ oder vielmehr Homerus. von dem Zephyro in die Insel Typern gewehet/ von den Horis aufgenommen/ und allda erzogen/ auch nachmahls/ als solche wohl ausgeputzet/ und im Himmel gebracht/ ihr alle Götter daselbst die Hände gereichet/ und Sie ein ieder wegen ihrer Schönheit zur Ehe begehret. Sie wurde auf einem Wagen von zweyen Schwähnen oder Tauben gezogen/ welches die Reinlichkeit/ und Zierde des Leibes bedeuten sollte. Für ihren Waffen-Träger hielt man den Bacchum, und ihre geheiligten Oerther waren die Inseln/ Amathus, Cypern, Papho, Gnydo, Eryx, und die Stadt Hypaega. Uberdiß sagte man von Jhr/ daß Sie eine Vorsteherin des Heyrathens/ eine Freundin der Frölichkeit/ eine Meisterin der Weissagung/ und eine Spötterin der Bündnüsse oder der Verträge gewesen seyn solle. Durch diese Venus verstehet man nun nichts anders als die Begierde/ so die Natur denen lebhafften Creaturen eingepflantzet/ oder man hält dieselbe für eine solche Lust/ wodurch man im Gemüthe das jenige empfindet/ was man durch Zugesellung seines gleichen zu geniessen gedencket. Und weiln sie die Menschen vereiniget/ so nennet man sie eine Göttin/ und ihren Sohn Cupidinem die Liebe / oder das Verlangen zu einer solchen fleischlichen Lust. Als einsmals die drey Göttinnen Pallas, Venus, und Juno sich mit einander wegen deß Vorzugs ihrer Schönheit zanckten/ wurde ihr von dem Paride, als welchen Sie zum Schieds-Mann erwehlet/ der Preiß zugesprochen. Dieses ist nichts anders/ als daß man sich in dieser Welt mehr nach den fleischlichen Begierden und Wollüsten des Leibes / als nach den Gaben des Gemüths umbsiehet. Denn weil der Leib grösser als die Seele/ so ist der Leib Meister mit sammt seinen Begierden. Gleichwie aber die jenigen Mücken und Fliegen an dem vergiffteten Zucker den Tod fressen: Also ziehet auch die eitele Welt-Lust nichts als Schmertzen und Unlust nach sich. De falsa Religione. l. I. c. 17. Lactantius gibt vor / es wäre die Venus die erste Kupplerin in Eypern gewesen/ und hätte dem Weiblichen Geschlechte daselbst/ damit Sie nicht für die Unzüchtigste alleine gehalten würde/ den Huren-Gewinst gelehret. Macrobius. in Saturnalibus l. 3. c. 8. Voss. Idol. l. c. c. 31. Die Art und Gewonheit sie zu verehren war auch unter andern diese/ daß die Manns Personen / wenn sie ihr opferten/ weibliche Kleidung anlegten: die/ so Jhr hierinne nachhengen/ sind nichts als Zärt- Thespienser/ in Hellespont/ und die Achaeer besondere Tempel auf/ und in Phaedro verehreten sie nebenst der Fortuna auf das höchste. Plato rühmete dieselbe/ und sagte: Sie sey ein solcher Gott/ welcher bey Göttern und Menschen/ theils wegen seiner wunderbahren Eigenschafften/ und theils wegen in Theogoniâ. seines Ursprunges hochgeachtet werde. Hesiodus sagt/ das Aller Erste wäre ein Chaos, ein Klumpen / und hernach die Erde/ auf welcher alsbald die Liebe erfolget: Man verstehet aber durch diese nicht die Venus selbst/ oder ihren Cupidinem, sondern eine solche göttliche/ geistliche und natürliche Liebe/ die gleichsam alles miteinander vermischet/ das Oberste mit dem Untersten vereinbahret/ und eine durchgehende Vereinigung zu wege bringet. Gleichwie aber zwischen der Göttlichen und der fleischlichen ein grosser Unterscheid: Also hat man auch über diese letztere die Venus zur Göttin gesetzt/ und von den Poeten ausgegeben/ daß Sie von des Saturni ausgeschnittenen/ und in das Meer geworffenen Gemächte/ auch darvon auf das Wasser gefallenem Schaum ohne Mutter gebohren. Etliche aber derselben sagen/ sie wäre aus einer Meer-Muschel erzeuget/ worauf Sie hernacher in Cypern gefahren/ oder vielmehr Homerus. von dem Zephyro in die Insel Typern gewehet/ von den Horis aufgenommen/ und allda erzogen/ auch nachmahls/ als solche wohl ausgeputzet/ und im Himmel gebracht/ ihr alle Götter daselbst die Hände gereichet/ und Sie ein ieder wegen ihrer Schönheit zur Ehe begehret. Sie wurde auf einem Wagen von zweyen Schwähnen oder Tauben gezogen/ welches die Reinlichkeit/ und Zierde des Leibes bedeuten sollte. Für ihren Waffen-Träger hielt man den Bacchum, und ihre geheiligten Oerther waren die Inseln/ Amathus, Cypern, Papho, Gnydo, Eryx, und die Stadt Hypaega. Uberdiß sagte man von Jhr/ daß Sie eine Vorsteherin des Heyrathens/ eine Freundin der Frölichkeit/ eine Meisterin der Weissagung/ und eine Spötterin der Bündnüsse oder der Verträge gewesen seyn solle. Durch diese Venus verstehet man nun nichts anders als die Begierde/ so die Natur denẽ lebhafften Creaturen eingepflantzet/ oder man hält dieselbe für eine solche Lust/ wodurch man im Gemüthe das jenige empfindet/ was man durch Zugesellung seines gleichen zu geniessen gedencket. Und weiln sie die Menschen vereiniget/ so nennet man sie eine Göttin/ und ihren Sohn Cupidinem die Liebe / oder das Verlangen zu einer solchen fleischlichen Lust. Als einsmals die drey Göttinnen Pallas, Venus, und Juno sich mit einander wegen deß Vorzugs ihrer Schönheit zanckten/ wurde ihr von dem Paride, als welchen Sie zum Schieds-Mann erwehlet/ der Preiß zugesprochen. Dieses ist nichts anders/ als daß man sich in dieser Welt mehr nach den fleischlichen Begierden und Wollüsten des Leibes / als nach den Gaben des Gemüths umbsiehet. Denn weil der Leib grösser als die Seele/ so ist der Leib Meister mit sammt seinen Begierden. Gleichwie aber die jenigen Mücken und Fliegen an dem vergiffteten Zucker den Tod fressen: Also ziehet auch die eitele Welt-Lust nichts als Schmertzen und Unlust nach sich. De falsâ Religione. l. I. c. 17. Lactantius gibt vor / es wäre die Venus die erste Kupplerin in Eypern gewesen/ und hätte dem Weiblichen Geschlechte daselbst/ damit Sie nicht für die Unzüchtigste alleine gehalten würde/ den Huren-Gewinst gelehret. Macrobius. in Saturnalibus l. 3. c. 8. Voss. Idol. l. c. c. 31. Die Art und Gewonheit sie zu verehren war auch unter andern diese/ daß die Manns Personen / wenn sie ihr opferten/ weibliche Kleidung anlegten: die/ so Jhr hierinne nachhengen/ sind nichts als Zärt- <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0191" n="167"/> <p>Thespienser/ in Hellespont/ und die Achaeer besondere Tempel auf/ und <note place="right">in Phaedro</note> verehreten sie nebenst der Fortuna auf das höchste. Plato rühmete dieselbe/ und sagte: Sie sey ein solcher Gott/ welcher bey Göttern und Menschen/ theils wegen seiner wunderbahren Eigenschafften/ und theils wegen <note place="right">in Theogoniâ.</note> seines Ursprunges hochgeachtet werde. Hesiodus sagt/ das Aller Erste wäre ein Chaos, ein Klumpen / und hernach die Erde/ auf welcher alsbald die Liebe erfolget: Man verstehet aber durch diese nicht die Venus selbst/ oder ihren Cupidinem, sondern eine solche göttliche/ geistliche und natürliche Liebe/ die gleichsam alles miteinander vermischet/ das Oberste mit dem Untersten vereinbahret/ und eine durchgehende Vereinigung zu wege bringet. Gleichwie aber zwischen der Göttlichen und der fleischlichen ein grosser Unterscheid: Also hat man auch über diese letztere die Venus zur Göttin gesetzt/ und von den Poeten ausgegeben/ daß Sie von des Saturni ausgeschnittenen/ und in das Meer geworffenen Gemächte/ auch darvon auf das Wasser gefallenem Schaum ohne Mutter gebohren. Etliche aber derselben sagen/ sie wäre aus einer Meer-Muschel erzeuget/ worauf Sie hernacher in Cypern gefahren/ oder vielmehr <note place="right">Homerus.</note> von dem Zephyro in die Insel Typern gewehet/ von den Horis aufgenommen/ und allda erzogen/ auch nachmahls/ als solche wohl ausgeputzet/ und im Himmel gebracht/ ihr alle Götter daselbst die Hände gereichet/ und Sie ein ieder wegen ihrer Schönheit zur Ehe begehret. Sie wurde auf einem Wagen von zweyen Schwähnen oder Tauben gezogen/ welches die Reinlichkeit/ und Zierde des Leibes bedeuten sollte. Für ihren Waffen-Träger hielt man den Bacchum, und ihre geheiligten Oerther waren die Inseln/ Amathus, Cypern, Papho, Gnydo, Eryx, und die Stadt Hypaega. Uberdiß sagte man von Jhr/ daß Sie eine Vorsteherin des Heyrathens/ eine Freundin der Frölichkeit/ eine Meisterin der Weissagung/ und eine Spötterin der Bündnüsse oder der Verträge gewesen seyn solle.</p> <p>Durch diese Venus verstehet man nun nichts anders als die Begierde/ so die Natur denẽ lebhafften Creaturen eingepflantzet/ oder man hält dieselbe für eine solche Lust/ wodurch man im Gemüthe das jenige empfindet/ was man durch Zugesellung seines gleichen zu geniessen gedencket. Und weiln sie die Menschen vereiniget/ so nennet man sie eine Göttin/ und ihren Sohn Cupidinem die Liebe / oder das Verlangen zu einer solchen fleischlichen Lust. Als einsmals die drey Göttinnen Pallas, Venus, und Juno sich mit einander wegen deß Vorzugs ihrer Schönheit zanckten/ wurde ihr von dem Paride, als welchen Sie zum Schieds-Mann erwehlet/ der Preiß zugesprochen. Dieses ist nichts anders/ als daß man sich in dieser Welt mehr nach den fleischlichen Begierden und Wollüsten des Leibes / als nach den Gaben des Gemüths umbsiehet. Denn weil der Leib grösser als die Seele/ so ist der Leib Meister mit sammt seinen Begierden. Gleichwie aber die jenigen Mücken und Fliegen an dem vergiffteten Zucker den Tod fressen: Also ziehet auch die eitele Welt-Lust nichts als Schmertzen und Unlust nach sich.</p> <p><note place="right">De falsâ Religione. l. I. c. 17.</note> Lactantius gibt vor / es wäre die Venus die erste Kupplerin in Eypern gewesen/ und hätte dem Weiblichen Geschlechte daselbst/ damit Sie nicht für die Unzüchtigste alleine gehalten würde/ den Huren-Gewinst gelehret. <note place="right">Macrobius. in Saturnalibus l. 3. c. 8. Voss. 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Thespienser/ in Hellespont/ und die Achaeer besondere Tempel auf/ und verehreten sie nebenst der Fortuna auf das höchste. Plato rühmete dieselbe/ und sagte: Sie sey ein solcher Gott/ welcher bey Göttern und Menschen/ theils wegen seiner wunderbahren Eigenschafften/ und theils wegen seines Ursprunges hochgeachtet werde. Hesiodus sagt/ das Aller Erste wäre ein Chaos, ein Klumpen / und hernach die Erde/ auf welcher alsbald die Liebe erfolget: Man verstehet aber durch diese nicht die Venus selbst/ oder ihren Cupidinem, sondern eine solche göttliche/ geistliche und natürliche Liebe/ die gleichsam alles miteinander vermischet/ das Oberste mit dem Untersten vereinbahret/ und eine durchgehende Vereinigung zu wege bringet. Gleichwie aber zwischen der Göttlichen und der fleischlichen ein grosser Unterscheid: Also hat man auch über diese letztere die Venus zur Göttin gesetzt/ und von den Poeten ausgegeben/ daß Sie von des Saturni ausgeschnittenen/ und in das Meer geworffenen Gemächte/ auch darvon auf das Wasser gefallenem Schaum ohne Mutter gebohren. Etliche aber derselben sagen/ sie wäre aus einer Meer-Muschel erzeuget/ worauf Sie hernacher in Cypern gefahren/ oder vielmehr von dem Zephyro in die Insel Typern gewehet/ von den Horis aufgenommen/ und allda erzogen/ auch nachmahls/ als solche wohl ausgeputzet/ und im Himmel gebracht/ ihr alle Götter daselbst die Hände gereichet/ und Sie ein ieder wegen ihrer Schönheit zur Ehe begehret. Sie wurde auf einem Wagen von zweyen Schwähnen oder Tauben gezogen/ welches die Reinlichkeit/ und Zierde des Leibes bedeuten sollte. Für ihren Waffen-Träger hielt man den Bacchum, und ihre geheiligten Oerther waren die Inseln/ Amathus, Cypern, Papho, Gnydo, Eryx, und die Stadt Hypaega. Uberdiß sagte man von Jhr/ daß Sie eine Vorsteherin des Heyrathens/ eine Freundin der Frölichkeit/ eine Meisterin der Weissagung/ und eine Spötterin der Bündnüsse oder der Verträge gewesen seyn solle.
in Phaedro
in Theogoniâ.
Homerus. Durch diese Venus verstehet man nun nichts anders als die Begierde/ so die Natur denẽ lebhafften Creaturen eingepflantzet/ oder man hält dieselbe für eine solche Lust/ wodurch man im Gemüthe das jenige empfindet/ was man durch Zugesellung seines gleichen zu geniessen gedencket. Und weiln sie die Menschen vereiniget/ so nennet man sie eine Göttin/ und ihren Sohn Cupidinem die Liebe / oder das Verlangen zu einer solchen fleischlichen Lust. Als einsmals die drey Göttinnen Pallas, Venus, und Juno sich mit einander wegen deß Vorzugs ihrer Schönheit zanckten/ wurde ihr von dem Paride, als welchen Sie zum Schieds-Mann erwehlet/ der Preiß zugesprochen. Dieses ist nichts anders/ als daß man sich in dieser Welt mehr nach den fleischlichen Begierden und Wollüsten des Leibes / als nach den Gaben des Gemüths umbsiehet. Denn weil der Leib grösser als die Seele/ so ist der Leib Meister mit sammt seinen Begierden. Gleichwie aber die jenigen Mücken und Fliegen an dem vergiffteten Zucker den Tod fressen: Also ziehet auch die eitele Welt-Lust nichts als Schmertzen und Unlust nach sich.
Lactantius gibt vor / es wäre die Venus die erste Kupplerin in Eypern gewesen/ und hätte dem Weiblichen Geschlechte daselbst/ damit Sie nicht für die Unzüchtigste alleine gehalten würde/ den Huren-Gewinst gelehret. Die Art und Gewonheit sie zu verehren war auch unter andern diese/ daß die Manns Personen / wenn sie ihr opferten/ weibliche Kleidung anlegten: die/ so Jhr hierinne nachhengen/ sind nichts als Zärt-
De falsâ Religione. l. I. c. 17.
Macrobius. in Saturnalibus l. 3. c. 8. Voss. Idol. l. c. c. 31.
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Zitationshilfe: | [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/191>, abgerufen am 16.07.2024. |