[N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685.lung beschliessen solle. Aus diesen und dergleichen Tropis und Figuren entstehet dahero deroselben Kunst und Tugend/ dadurch sie die Gemüther beweget/ die Hertzen erweichet/ die Traurigen tröstet/ die Aufrührischen bändiget/ die Zornigen stillet/ die Begierigen hemmet/ und die Gedanken der Menschen zur Billigkeit bringet. Gleichwie aber diese Kunst ohne eines tapfferen Redners Zuthuung gleichsam verschlossen lieget: Also sind Ihrer unterschiedene gewesen / die entweder Dieselbe gelehret/ oder von Ihr geschrieben/ als: Socrates, Isocrates, Aristoteles, Thrasimachus, Theodectus, Amphicrates, Lucius Plotius, Epidius, Apollodorus, Marcus Portius, Qvintilianus, Aristocles, Polemon, Hermogenes, Aristides, und andere. Als eines Tags Diogenes Cynicus über eine wichtige Sache eine Oration hielte/ und niemand sonderliches sich hierzu einstellete/ fieng er überlaut an einen lustigen Gesang zu singen. Wie nun Ihrer viel herzulieffen/ bestraffte er dieselben mit diesen Worten/ und sagte: Sie sollten nunmehro bey sich erwegen/ was für eine närrische und thörichte Sache doch dieses wäre/ daß man sich nach solchen nichtswürdigen Dingen so dränge/ und hingegen das Gute/ was zu dem menschlichen Wohlstande/ Ehre und Aufnehmen gereichte/ unterliesse? Von dem Deucalion dichtet man/ daß er aus Steinen Menschen gemacht/ welches nicht anders erkläret Valerius lib. 8. werden kan/ als daß er durch seine geschickte Rede die ersten Menschen zu einem erbahren Leben und Wandel geleitet und angeführet: Pisistratus brachte es durch seine Beredtsamkeit so weit/ daß Ihm die Athenienser Plutarchus in ejus vita. auch die Regierung auftrugen. Der berühmte Pericles warff durch solche denen zu Athen das Joch der Dienstbarkeit an den Hals/ und der tapfere Epaminondas richtete damit mehr/ als mit den Waffen aus. Denn nachdem Valerius Max. l. 8. c. 9. Er auf einem Concilio den Griechen viel von der Lacedaemonier Ungerechtigkeit/ Tyranney/ und Gewaltsamkeit erzehlet/ nahm Er deroselben Gemüther dermassen ein/ daß sie balb darauf von den Lacedaemoniern abfielen/ ihnen bey der Stadt Leuctra in Boeotien eine Schlacht Petrarcha. lieferten/ und dieselben zur Flucht brachten. Als die Athenienser ihren Feld-Herrn den Thucydidem in das Exilium vertrieben/ schrieb er daselbst eine solche künstliche Tragoedie/ daß/ sobald man sie gelesen/ Er mit allgemeiner Bewilligung des Volcks wieder in sein Vaterland beruffen wurde. Plutarehus in Demosth. Des Demosthenis Beredsamkeit war so groß/ daß er die Griechen bald zum Kriege / bald zum Friede/ bald zum Bündnüssen/ bald wieder zum Kriege beredete. Gorgias Leontinus ward wegen dieser so hoch geachtet/ daß man Ihm nicht allein zu Delphis gleich Andern eine vergüldete/ sondern auch gantz güldene Statuam vergönnete/ gestalt dann auch die Athenienser umb des willen dem Demostheni, als er in Calauria starb/ ein ehernes Bildnüs aufrichteten. Keyser Tiberius hielte den Redner Palaemonem Mitylenaeum so werth/ daß er unter andern auch/ als er wieder in sein Vatterland kehrete/ diese Worte in seinen Paß setzen liesse: Der Jenige/ welcher sich an dem Palaemon vergreiffen würde / solte so viel begangen haben/ als wenn Er dem Keyser den Krieg selbsten angekündiget hätte. Keyser Trajanus ließ den Redner Titum Castritium offters auf seiner Carrete herumbführen. Da man den Demosthenem fragte/ was die Rhetorica zu thun vermöchte/ gab er zur Antwort: Sie könte verwegene Menschen wieder zurechte bringen. Es ist ein grosses/ wenn der Mensch reden kan/ ein noch Birond[unleserliches Material] de Roura Tirumph. viel grösseres aber / wenn er wohl beredt ist. Der Römische Senat schickte zu dem Könige Pyrrho anderer gestalt keine Gesandten/ als daß Pyrrhus lung beschliessen solle. Aus diesen und dergleichen Tropis und Figuren entstehet dahero deroselben Kunst und Tugend/ dadurch sie die Gemüther beweget/ die Hertzen erweichet/ die Traurigen tröstet/ die Aufrührischen bändiget/ die Zornigen stillet/ die Begierigen hemmet/ und die Gedanken der Menschen zur Billigkeit bringet. Gleichwie aber diese Kunst ohne eines tapfferen Redners Zuthuung gleichsam verschlossen lieget: Also sind Ihrer unterschiedene gewesen / die entweder Dieselbe gelehret/ oder von Ihr geschrieben/ als: Socrates, Isocrates, Aristoteles, Thrasimachus, Theodectus, Amphicrates, Lucius Plotius, Epidius, Apollodorus, Marcus Portius, Qvintilianus, Aristocles, Polemon, Hermogenes, Aristides, und andere. Als eines Tags Diogenes Cynicus über eine wichtige Sache eine Oration hielte/ und niemand sonderliches sich hierzu einstellete/ fieng er überlaut an einen lustigen Gesang zu singen. Wie nun Ihrer viel herzulieffen/ bestraffte er dieselben mit diesen Worten/ und sagte: Sie sollten nunmehro bey sich erwegen/ was für eine närrische und thörichte Sache doch dieses wäre/ daß man sich nach solchen nichtswürdigen Dingen so dränge/ und hingegen das Gute/ was zu dem menschlichen Wohlstande/ Ehre und Aufnehmen gereichte/ unterliesse? Von dem Deucalion dichtet man/ daß er aus Steinen Menschen gemacht/ welches nicht anders erkläret Valerius lib. 8. werden kan/ als daß er durch seine geschickte Rede die ersten Menschen zu einem erbahren Leben und Wandel geleitet und angeführet: Pisistratus brachte es durch seine Beredtsamkeit so weit/ daß Ihm die Athenienser Plutarchus in ejus vitâ. auch die Regierung auftrugen. Der berühmte Pericles warff durch solche denen zu Athen das Joch der Dienstbarkeit an den Hals/ und der tapfere Epaminondas richtete damit mehr/ als mit den Waffen aus. Denn nachdem Valerius Max. l. 8. c. 9. Er auf einem Concilio den Griechen viel von der Lacedaemonier Ungerechtigkeit/ Tyranney/ und Gewaltsamkeit erzehlet/ nahm Er deroselben Gemüther dermassen ein/ daß sie balb darauf von den Lacedaemoniern abfielen/ ihnen bey der Stadt Leuctra in Boeotien eine Schlacht Petrarcha. lieferten/ und dieselben zur Flucht brachten. Als die Athenienser ihren Feld-Herrn den Thucydidem in das Exilium vertrieben/ schrieb er daselbst eine solche künstliche Tragoedie/ daß/ sobald man sie gelesen/ Er mit allgemeiner Bewilligung des Volcks wieder in sein Vaterland beruffen wurde. Plutarehus in Demosth. Des Demosthenis Beredsamkeit war so groß/ daß er die Griechen bald zum Kriege / bald zum Friede/ bald zum Bündnüssen/ bald wieder zum Kriege beredete. Gorgias Leontinus ward wegen dieser so hoch geachtet/ daß man Ihm nicht allein zu Delphis gleich Andern eine vergüldete/ sondern auch gantz güldene Statuam vergönnete/ gestalt dann auch die Athenienser umb des willen dem Demostheni, als er in Calauriâ starb/ ein ehernes Bildnüs aufrichteten. Keyser Tiberius hielte den Redner Palaemonem Mitylenaeum so werth/ daß er unter andern auch/ als er wieder in sein Vatterland kehrete/ diese Worte in seinen Paß setzen liesse: Der Jenige/ welcher sich an dem Palaemon vergreiffen würde / solte so viel begangen haben/ als wenn Er dem Keyser den Krieg selbsten angekündiget hätte. Keyser Trajanus ließ den Redner Titum Castritium offters auf seiner Carrete herumbführen. Da man den Demosthenem fragte/ was die Rhetorica zu thun vermöchte/ gab er zur Antwort: Sie könte verwegene Menschen wieder zurechte bringen. Es ist ein grosses/ wenn der Mensch reden kan/ ein noch Birond[unleserliches Material] de Roura Tirumph. viel grösseres aber / wenn er wohl beredt ist. Der Römische Senat schickte zu dem Könige Pyrrho anderer gestalt keine Gesandten/ als daß Pyrrhus <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0172" n="152"/> lung beschliessen solle. Aus diesen und dergleichen Tropis und Figuren entstehet dahero deroselben Kunst und Tugend/ dadurch sie die Gemüther beweget/ die Hertzen erweichet/ die Traurigen tröstet/ die Aufrührischen bändiget/ die Zornigen stillet/ die Begierigen hemmet/ und die Gedanken der Menschen zur Billigkeit bringet. Gleichwie aber diese Kunst ohne eines tapfferen Redners Zuthuung gleichsam verschlossen lieget: Also sind Ihrer unterschiedene gewesen / die entweder Dieselbe gelehret/ oder von Ihr geschrieben/ als: Socrates, Isocrates, Aristoteles, Thrasimachus, Theodectus, Amphicrates, Lucius Plotius, Epidius, Apollodorus, Marcus Portius, Qvintilianus, Aristocles, Polemon, Hermogenes, Aristides, und andere. Als eines Tags Diogenes Cynicus über eine wichtige Sache eine Oration hielte/ und niemand sonderliches sich hierzu einstellete/ fieng er überlaut an einen lustigen Gesang zu singen. Wie nun Ihrer viel herzulieffen/ bestraffte er dieselben mit diesen Worten/ und sagte: Sie sollten nunmehro bey sich erwegen/ was für eine närrische und thörichte Sache doch dieses wäre/ daß man sich nach solchen nichtswürdigen Dingen so dränge/ und hingegen das Gute/ was zu dem menschlichen Wohlstande/ Ehre und Aufnehmen gereichte/ unterliesse? Von dem Deucalion dichtet man/ daß er aus Steinen Menschen gemacht/ welches nicht anders erkläret <note place="left">Valerius lib. 8.</note> werden kan/ als daß er durch seine geschickte Rede die ersten Menschen zu einem erbahren Leben und Wandel geleitet und angeführet: Pisistratus brachte es durch seine Beredtsamkeit so weit/ daß Ihm die Athenienser <note place="left">Plutarchus in ejus vitâ.</note> auch die Regierung auftrugen. Der berühmte Pericles warff durch solche denen zu Athen das Joch der Dienstbarkeit an den Hals/ und der tapfere Epaminondas richtete damit mehr/ als mit den Waffen aus. Denn nachdem <note place="left">Valerius Max. l. 8. c. 9.</note> Er auf einem Concilio den Griechen viel von der Lacedaemonier Ungerechtigkeit/ Tyranney/ und Gewaltsamkeit erzehlet/ nahm Er deroselben Gemüther dermassen ein/ daß sie balb darauf von den Lacedaemoniern abfielen/ ihnen bey der Stadt Leuctra in Boeotien eine Schlacht <note place="left">Petrarcha.</note> lieferten/ und dieselben zur Flucht brachten. Als die Athenienser ihren Feld-Herrn den Thucydidem in das Exilium vertrieben/ schrieb er daselbst eine solche künstliche Tragoedie/ daß/ sobald man sie gelesen/ Er mit allgemeiner Bewilligung des Volcks wieder in sein Vaterland beruffen wurde. <note place="left">Plutarehus in Demosth.</note> Des Demosthenis Beredsamkeit war so groß/ daß er die Griechen bald zum Kriege / bald zum Friede/ bald zum Bündnüssen/ bald wieder zum Kriege beredete. Gorgias Leontinus ward wegen dieser so hoch geachtet/ daß man Ihm nicht allein zu Delphis gleich Andern eine vergüldete/ sondern auch gantz güldene Statuam vergönnete/ gestalt dann auch die Athenienser umb des willen dem Demostheni, als er in Calauriâ starb/ ein ehernes Bildnüs aufrichteten.</p> <p>Keyser Tiberius hielte den Redner Palaemonem Mitylenaeum so werth/ daß er unter andern auch/ als er wieder in sein Vatterland kehrete/ diese Worte in seinen Paß setzen liesse: Der Jenige/ welcher sich an dem Palaemon vergreiffen würde / solte so viel begangen haben/ als wenn Er dem Keyser den Krieg selbsten angekündiget hätte. Keyser Trajanus ließ den Redner Titum Castritium offters auf seiner Carrete herumbführen. Da man den Demosthenem fragte/ was die Rhetorica zu thun vermöchte/ gab er zur Antwort: Sie könte verwegene Menschen wieder zurechte bringen. Es ist ein grosses/ wenn der Mensch reden kan/ ein noch <note place="left">Birond<gap reason="illegible"/> de Roura Tirumph.</note> viel grösseres aber / wenn er wohl beredt ist. Der Römische Senat schickte zu dem Könige Pyrrho anderer gestalt keine Gesandten/ als daß Pyrrhus </p> </div> </body> </text> </TEI> [152/0172]
lung beschliessen solle. Aus diesen und dergleichen Tropis und Figuren entstehet dahero deroselben Kunst und Tugend/ dadurch sie die Gemüther beweget/ die Hertzen erweichet/ die Traurigen tröstet/ die Aufrührischen bändiget/ die Zornigen stillet/ die Begierigen hemmet/ und die Gedanken der Menschen zur Billigkeit bringet. Gleichwie aber diese Kunst ohne eines tapfferen Redners Zuthuung gleichsam verschlossen lieget: Also sind Ihrer unterschiedene gewesen / die entweder Dieselbe gelehret/ oder von Ihr geschrieben/ als: Socrates, Isocrates, Aristoteles, Thrasimachus, Theodectus, Amphicrates, Lucius Plotius, Epidius, Apollodorus, Marcus Portius, Qvintilianus, Aristocles, Polemon, Hermogenes, Aristides, und andere. Als eines Tags Diogenes Cynicus über eine wichtige Sache eine Oration hielte/ und niemand sonderliches sich hierzu einstellete/ fieng er überlaut an einen lustigen Gesang zu singen. Wie nun Ihrer viel herzulieffen/ bestraffte er dieselben mit diesen Worten/ und sagte: Sie sollten nunmehro bey sich erwegen/ was für eine närrische und thörichte Sache doch dieses wäre/ daß man sich nach solchen nichtswürdigen Dingen so dränge/ und hingegen das Gute/ was zu dem menschlichen Wohlstande/ Ehre und Aufnehmen gereichte/ unterliesse? Von dem Deucalion dichtet man/ daß er aus Steinen Menschen gemacht/ welches nicht anders erkläret werden kan/ als daß er durch seine geschickte Rede die ersten Menschen zu einem erbahren Leben und Wandel geleitet und angeführet: Pisistratus brachte es durch seine Beredtsamkeit so weit/ daß Ihm die Athenienser auch die Regierung auftrugen. Der berühmte Pericles warff durch solche denen zu Athen das Joch der Dienstbarkeit an den Hals/ und der tapfere Epaminondas richtete damit mehr/ als mit den Waffen aus. Denn nachdem Er auf einem Concilio den Griechen viel von der Lacedaemonier Ungerechtigkeit/ Tyranney/ und Gewaltsamkeit erzehlet/ nahm Er deroselben Gemüther dermassen ein/ daß sie balb darauf von den Lacedaemoniern abfielen/ ihnen bey der Stadt Leuctra in Boeotien eine Schlacht lieferten/ und dieselben zur Flucht brachten. Als die Athenienser ihren Feld-Herrn den Thucydidem in das Exilium vertrieben/ schrieb er daselbst eine solche künstliche Tragoedie/ daß/ sobald man sie gelesen/ Er mit allgemeiner Bewilligung des Volcks wieder in sein Vaterland beruffen wurde. Des Demosthenis Beredsamkeit war so groß/ daß er die Griechen bald zum Kriege / bald zum Friede/ bald zum Bündnüssen/ bald wieder zum Kriege beredete. Gorgias Leontinus ward wegen dieser so hoch geachtet/ daß man Ihm nicht allein zu Delphis gleich Andern eine vergüldete/ sondern auch gantz güldene Statuam vergönnete/ gestalt dann auch die Athenienser umb des willen dem Demostheni, als er in Calauriâ starb/ ein ehernes Bildnüs aufrichteten.
Valerius lib. 8.
Plutarchus in ejus vitâ.
Valerius Max. l. 8. c. 9.
Petrarcha.
Plutarehus in Demosth. Keyser Tiberius hielte den Redner Palaemonem Mitylenaeum so werth/ daß er unter andern auch/ als er wieder in sein Vatterland kehrete/ diese Worte in seinen Paß setzen liesse: Der Jenige/ welcher sich an dem Palaemon vergreiffen würde / solte so viel begangen haben/ als wenn Er dem Keyser den Krieg selbsten angekündiget hätte. Keyser Trajanus ließ den Redner Titum Castritium offters auf seiner Carrete herumbführen. Da man den Demosthenem fragte/ was die Rhetorica zu thun vermöchte/ gab er zur Antwort: Sie könte verwegene Menschen wieder zurechte bringen. Es ist ein grosses/ wenn der Mensch reden kan/ ein noch viel grösseres aber / wenn er wohl beredt ist. Der Römische Senat schickte zu dem Könige Pyrrho anderer gestalt keine Gesandten/ als daß Pyrrhus
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Zitationshilfe: | [N. N.]: Neuer Lust- und Lehrreicher Schau-Platz. Nürnberg, 1685, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_schauplatz_1685/172>, abgerufen am 15.08.2024. |