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Reichspost. Nr. 227, Wien, 05.10.1906.

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227 Wien, Freitag Reichspost 5. Oktober 1906

[Spaltenumbruch] liche Summen in dem Lande zurücklassen. Ein
französischer Reisender berechnet die Summe der
Ausgaben, die ein Aufenthalt von sechs Wochen
kostet, der erforderlich ist, wenn man nur die Haupt-
städte flüchtig kennen lernen will, auf 2310 Yen
(9240 Franks) für vornehme Europäer und auf
1823 Yen (7293 Franks) für weniger anspruchs-
volle. Das ist eine stattliche Summe. Die Asiaten
kommen mit sehr weniger Geld aus, da sie
sich besser gegen die Ansbeutung zu schützen wissen;
denn die Japaner zeigen ihre Geschicklichkeit auch
in der Kunst, mit der sie Fremde "hochzunehmen"
wissen ....




Ungarische Landwehr-Pioniere?

Wie aus Pest verlautet, soll die ungarische
Landwehr nicht nur mit Artillerie, sondern auch
mit technischen Truppen und
eigenem Train
ausgestattet werden. Es
wird auch von der Errichtung einer ungarischen
technischen Akademie kaum Umgang genommen
werden. Das nächste Budget wird als Vorbereitung
für diese Reformen die Kosten für die Errichtung
einer Artilleriefachsektion im Landesverteidigungs-
ministerium und für die Errichtung eines
Artillerielehrkurses in der Honved-
akademie enthalten.




Der Pius-Verein.

Am 30. September fand in Nikolsburg im
Saale des Domhofgebäudes die konstituierende Ver-
sammlung der Ortsgruppe statt. Sie endete mit
einem erfreulichen Erfolge. Die Versammlung war
von über 200 Personen besucht und wurde von
Herrn Nepp aus Wien, einem gebürtigen Nikols-
burger, eröffnet. Derselbe erörterte die Entstehungs-
geschichte der Gruppe und besprach die Wichtigkeit
der Organisation der Katholiken Oesterreichs. Reicher
Beifall lohnte seine Ausführungen. Bei der Wahl
für die Vorstehung wurden Franz Brichl, Schuh-
machermeister, als Oömann, die Canonici Simon
Fussek als Obmannstellvertreter, Narzissus Grögler
als Kassier, Josef Mahr als Schriftführer, ferner
Zimmermeister Alois Fellner und Winzer Matthias
Kapinsky als Beiräte gewählt. Der neugewählte
Obmann übernahm den Vorsitz und versprach,
energisch für die Interessen des Piusvereines zu
arbeiten. Hierauf nahm der Delegierte der Zentral-
leitung P. Kolb S. J. das Wort. Er wußte durch
seine markigen und kernigen Worte die Anwesenden
so zu begeistern, daß nach Schluß der Versammlung
zirka 100 Mitglieder und 20 Teilnehmer der Orts-
gruppe beitraten. Mit einem Hoch auf Papst und
Kaiser schloß der Obmann die Versammlung.

In Salzburg gründet der Piusverein
wöchentlich eine Ortsgruppe oder hält Wander-
versammlungen ab. Am 30. September konstituierte
sich in Mattsee eine Ortsgruppe mit 200 Mit-
gliedern und Förderern. Nachmittags berief die
Ortsgruppe Schleedorf eine glänzend besuchte Ver-
sammlung ein. Kooperator Kepplinger protestiert
gegen die Annahme, daß der Pius-Verein den Frieden
stören werde und schilderte die Bedeutung des Vereines.

Herr Etter gab ein Bild von dem Auf-
schwunge des Vereines im Herzogtum. Wenngleich
erst im Mai die Agitation eingesetzt hat, seien schon
30 Ortsgruppen in Salzburg
behördlich
genehmigt und immer noch neue im Entstehen be-
griffen. Die vormittägige Versammlung in Mattsee
allein hat bereits mehr als 600 Kronen gesteuert.
Er dankte der kleinen Gemeinde Schleedorf für das
gute Beispiel, das sie gegeben hat. Nachdem Ob-
mann Oberlehrer Trigler die Versammlung ge-
schlossen hatte, dankte ihm der Gemeindevorsteher für
das verdienstvolle Wirken seit 25 Jahren als Schul-
leiter in Schleedorf. Herr Etter überbrachte ihm
eine vom Kardinal Katschthaler gewidmete Photo-
graphie, Stiftspropst Ziegler feierte den Lehrer-
jubilar als christlichen Schulmann.




Gewerbe.
Große Schuhmacherversammlung am
Neubau.

Zur Besprechung der gegenwärtigen gewerb-
lichen Lage berief der Schuhmachermeisterverein
"Einigkeit" für Mittwoch abends in den großen
Saal des Restaurants "Zum grünen Baum" eine
Schuhmachermeisterversammlung ein, die von Meistern
aus allen Wiener Bezirken überaus zahlreich besucht
war. Vereinsobmann Bezirksrat Hermann er-
stattete den Bericht der Vereinsleitung, in welchem
er insbesondere auf die Ausarbeitung der Werk-
stättenordnung und des Preistarifes hinwies. Er
besprach in ausführlicher Weise die Lage der Schuh-
macher, welche er als eine triste bezeichnete. Die
Versammlung genehmigte schließlich folgenden
Preistarif:

Reitstiefeln von 35 bis 80 Kronen, Kalbleder-
Halbstiefeln von 25 bis 40 Kronen, Salon-Lack-
Stiefletten von 22 bis 36 Kronen, Kalbleder-
Stiefletten von 16 bis 28 Kronen, Bergsteiger-
[Spaltenumbruch] Schnürstiefeln von 22 bis 36 Kronen, für Ueberzug
von 9 Kronen 80 Heller bis 16 Kronen, für Doppler
von 3 Kronen 40 Heller bis 6 Kronen, für Absätze
von 1 bis 2 Kronen usw. für die Herrenarbeit. Für
die Damenarbeit stellen sich die Preise wie folgt:
Reitstiefeln aus Salon-Lack 55 bis 70 Kronen, Lack-
oder Chevreaux-Schnürstiefeln von 23 bis 35 Kronen,
solche Zugstiefeln von 21 bis 34 Kronen, Bor[c]alf
oder Satin-Schnürstiefeln von 17 bis 24 Kronen,
solche Zugstiefeln von 15 bis 20 Kronen, Ueberzüge
von 6 Kronen 50 Heller bis 12 Kronen, Doppler
von 2 Kronen 80 Heller bis 5 Kronen, Absätze von
90 Heller bis 1 Krone 90 Heller. Die Preise für
Knaben- und Mädchenarbeit stellen sich entsprechend
billiger.




Ein neuer Schlag gegen das Kleingewerbe.

Es wird uns geschrieben: In der letzten
Sonntagsnummer der "Arbeiter-Zeitung" wird
bereits Mitteilung davon gemacht, daß mit der
Errichtung einer Großbäckerei im 10. Bezirke
unverzüglich begonnen wird auf Grund eines sozial-
demokratischen Parteibeschlusses und im Einvernehmen
mit der Gewerkschaftskommission.

An der Spitze des nach großkapitalistischer Art
zu führenden Bäckereibetriebes werden die "Genossen"
Skaret, Hanusch, Dr. Karpeles, David und Emmer-
ling stehen.

Der Jude Karpeles führt also bereits den
ersten Schlag gegen das kleine Nahrungsmittel-
gewerbe und es steht außer Zweifel, daß die anderen
von dem interessierten Herrn in Aussicht genommenen
Gründungen nachfolgen werden, durch welche
wenigstens auf dem Gebiete des Nahrungsmittel-
gewerbes dem Kleingewerbe nicht nur die Kunde der
organisierten Arbeiter entzogen, sondern auch noch
eine erbitterte Konkurrenz gemacht werden soll.

Für die in Betracht kommenden kleinen Leute
bedeutet der neueste Plan der sozialdemokratischen
Partei eine erneute Gefahr, da es überdies den An-
schein gewinnt, als ob die Roten auf genügend Katho-
liken zu rechnen hätten, und die Regierung dem schönen
Plan keine nennenswerten Hindernisse bereiten würde.
Für die Lebensmittelgewerbe ist angesichts der Sach-
lage der einzuschlagende Weg eigentlich von selbst
gegeben. Sie werden, wollen sie in dem zu erwartenden
Konkurrenzkampf nicht unterliegen, einen Modus
finden müssen, der es ihnen etwa nach Art einer
Einkaufsgenossenschaft ermöglicht, sich eben-
falls großkapitalistisch zu organisieren.

Nur wenn der zu erwartenden sozialdemoktratischen
Großproduktion eine gleiche Erzeugungsart des christ-
lichen Mittelstandes gegenüber gestellt werden kann,
ist es möglich, dem Karpeles-Projekte ein erfolgreiches
Schach zu bieten. Und das umso mehr, als ja die Herren
in den leitenden Stellen von dem eigentlichen Ge-
schäfte doch nichts verstehen und erfahrungsgemäß
auf sozialdemokratischer Seite mit großen Regien
gearbeitet wird, weil mit jeder neuen Unternehmung
eine ziemliche Anzahl von Sinekuren für Obergenossen
zu schaffen ist.

Ob die drohende Gefahr der Vernichtung einer
großen Zahl von bisher selbständigen, wenn auch
nicht glänzenden Existenzen einen solchen Zusammen-
schluß bewirken kann, ist freilich eine Frage, die wir
nicht unbedingt zu bejahen wagen.

Im Handelsregister des Handelsgerichtes Wien
wurde unterm 28. September folgende Firma ein-
getragen:

[IX]., Wasagasse 12, Skaret, Hanusch & Co.
Erzeugung von Nahrungsmitteln und Handel mit
solchen. Offene Handelsgesellschaft seit 24. September 1906.
G. Ferdinand Skaret, Ferdinand Hanusch und Dr.
Benno Karpeles. Vertretungsbefugt nur Dr. Benno
Karpeles. F. Z. Unterfertigung des vorgedruckten oder
vorgeschriebenen Firmawortlautes durch den G.
Dr. Benno Karpeles mit dem Zunamen.




Telegramme.
Die Ehre unseres Vaterlandes.

Graf Friedrich Schön-
born richtete an den "Figaro" ein Schreiben, in
welchem er gegen den Artikel Bryans über
Oesterreich Ungarn entschieden protestiert und erklärt:
Ich kann den 30 amerikanischen Zeitungen, welche
die Auslassungen Bryans verbreiten, nicht Schweigen
gebieten; aber wenn diese Auslassungen die Ehre
meines mir teuren und durch die Geschichte ehr-
würdigen Vaterlandes
berühren, wenn ich
in diesen Auslassungen ein seltsames Gemisch
von Wahrheit und Widersinn
finde,
welches geeignet ist, die öffentliche Meinung in
Irrtum zu führen, dann bezichtige ich die Lästerer
der Fälschung und fordere sie auf, lieber zu
schweigen,
als schwierige und verwickelte Fragen
leichtfertig zu behandeln.

Der türkisch-persische Grenzkonflikt.

Die Meldung,
daß Rußland und England als puissances
mediatrices
in der türkisch-persischen Grenzaffäre
eine energische Intervention planen, bestätigt sich
nicht. Eine Intervention wurde von persischer
[Spaltenumbruch] Seite auch nicht verlangt, da die Arbeiten der
Grenzkommission noch nicht beendet sind.

Der türkisch-bulgarische Konslikt.

Es verlautet,
daß Nedjib Pascha, der hierher zurückgekehrt ist,
in Sofia abermals beruhigende Versicherungen
erhalten habe.




Die Balkanwirren.
(Das ökumenische Patriarchat. -- Der To[d]
des Metropoliten von Korytza.)

In der gestrigen
Sitzung der Synode des ökumenischen Patriarchats
wurde eine Adresse angenommen, in welcher dem
Grafen Calice für sein während seiner Amts-
führung dem Patriarchat gegenüber bewiesenes Wohl-
wollen der Dank ausgesprochen
wird. --
Gestern überreichte das Patriarchat dem Kultus-
minister die gemeldete Note, welche die Entfernung
des bulgarischen Exarchen
von Konstantinopel
und die der Metropoliten aus der Provinz verlangt.

Der Priester, der den ermordeten Metro-
politen von Korytza
begleitet hatte, behauptet
in einem Bericht an das Patriarchat, daß eine
Bande von 20 Personen, die albanesische Kleidung
trugen, den Ueberfall ausführte. Die Schwester des
Ermordeten hat an den Großvezier telegraphiert,
daß, trotzdem die Mörder bekannt seien, der Gouver-
neur deren Verhaftung, die der Großvezier tele-
graphisch befohlen hatte, verzögert habe. Der Stell-
vertreter des Metropoliten von Korytza telegraphierte
an das Patriarchat, daß die noch unbekannten Mörder
Sonntag die griechische Kirche in Dernovo einge-
äschert haben.




Die Ereignisse in Rußland.

Die heutigen Telegramme melden über mehrere
Fälle von Raub, Entdeckung von Bomben-
fabriken usw. und von einem bedeutsamen Beschluß
des Ministerrates zur Steuerung der Not bei den
Bauern; die Depeschen lauten:

Die geraubten Gehälter.

Heute als am Tage der
Gehaltszahlungen wurden hier durch bewaffnete
Räuberbanden in der Stärke von vier bis sechs
Mann die Kassiere von vier Instituten, einer von
diesen auf offener Struße, überfallen und größerer
Geldsummen beraubt. Es gelang nur einen der
Räuber zu verhaften.

Entdeckte Bombenfabriken.

Die gestern vorge-
nommene Untersuchung des Institutes der Wege-
bauingenieure war durch die Entdeckung von 40,
nach einer anderen Meldung von 29 Bomben
in der Wohnung eines Studenten veranlaßt worden.

In einem Hause
der Dritten Straße wurde heute eine Bomben-
fabrik entdeckt.
Fünf Personen wurden ver-
haftet. Am Abend wurde das Petroffsche Teelager
am Koltowsky-Kai ausgeplündert. Ein Wächter
wurde getötet. Von den Personen, die gestern nach-
mittags auf dem Börseplatz verhaftet wurden, weil
sie einen Ueberfall auf den aus der Rentei mit
einer großen Geldsumme zurückkehrenden Kassier
einer Regierungsbehörde geplant hatten, sind zwei
russische Bauern und einer ein "Schweizer" namens
Lebhardt.

Der Verband vom 30. Oktober.

In der gemeinschaftlichen
Sitzung des Petersburger und des Moskauer Aus-
schusses des Verbandes vom 30. Oktober legte
Gutschkoff das Amt des Vorsitzenden des Zentral-
ausschusses des Verbandes nieder. Er wurde jedoch
einstimmig wiedergewählt.

Land für die Bauern.

Der Ministerrat be-
schloß, die der Krone gehörigen Ländereien im Altai-
gebiete von Staatswegen zu übernehmen, um auf
diese Weise Land für die fortziehenden Bauern zu
schaffen, Der Staat zahlt dafür 49 Jahre hindurch
22 Kopeken für die Dessjatine an die Krone, die alle
Rechte auf die in jenen Gebieten vorhandenen
Mineralien behält.

Die Polizei fand
gestern bei der Durchsuchung des Institutes der
Wegebauingeneure 16 Bombenhüllen und Spreng-
materialien. Mehrere Studierende wurden verhaftet.




Parlamentarisches.
Der Wahlreformausschuß.
Das Pluralwahlrecht.

Der Wahlreformausschuß hielt heute vormittags
unter Vorsitz des Obmannes Dr. Ploj und in An-
wesenheit des Ministers des Innern Dr. Freiherr von
Bienerth zusammen, in welcher die Beratung über
§ 5 der Reichsratswahlordnung festgesetzt wurde.

Abg. Dr. Couci sagt: Die Gründe der Plural-
wahlrechtsfreunde seien, was das Alter und die
Familie betrifft, beherzigenswert. Es wäre für den
Redner verlockend, für das Pluralwahlrecht einzutreten
und er würde es deshalb mit Freuden sehen, wenn

227 Wien, Freitag Reichspoſt 5. Oktober 1906

[Spaltenumbruch] liche Summen in dem Lande zurücklaſſen. Ein
franzöſiſcher Reiſender berechnet die Summe der
Ausgaben, die ein Aufenthalt von ſechs Wochen
koſtet, der erforderlich iſt, wenn man nur die Haupt-
ſtädte flüchtig kennen lernen will, auf 2310 Yen
(9240 Franks) für vornehme Europäer und auf
1823 Yen (7293 Franks) für weniger anſpruchs-
volle. Das iſt eine ſtattliche Summe. Die Aſiaten
kommen mit ſehr weniger Geld aus, da ſie
ſich beſſer gegen die Ansbeutung zu ſchützen wiſſen;
denn die Japaner zeigen ihre Geſchicklichkeit auch
in der Kunſt, mit der ſie Fremde „hochzunehmen“
wiſſen ....




Ungariſche Landwehr-Pioniere?

Wie aus Peſt verlautet, ſoll die ungariſche
Landwehr nicht nur mit Artillerie, ſondern auch
mit techniſchen Truppen und
eigenem Train
ausgeſtattet werden. Es
wird auch von der Errichtung einer ungariſchen
techniſchen Akademie kaum Umgang genommen
werden. Das nächſte Budget wird als Vorbereitung
für dieſe Reformen die Koſten für die Errichtung
einer Artilleriefachſektion im Landesverteidigungs-
miniſterium und für die Errichtung eines
Artillerielehrkurſes in der Honved-
akademie enthalten.




Der Pius-Verein.

Am 30. September fand in Nikolsburg im
Saale des Domhofgebäudes die konſtituierende Ver-
ſammlung der Ortsgruppe ſtatt. Sie endete mit
einem erfreulichen Erfolge. Die Verſammlung war
von über 200 Perſonen beſucht und wurde von
Herrn Nepp aus Wien, einem gebürtigen Nikols-
burger, eröffnet. Derſelbe erörterte die Entſtehungs-
geſchichte der Gruppe und beſprach die Wichtigkeit
der Organiſation der Katholiken Oeſterreichs. Reicher
Beifall lohnte ſeine Ausführungen. Bei der Wahl
für die Vorſtehung wurden Franz Brichl, Schuh-
machermeiſter, als Oömann, die Canonici Simon
Fuſſek als Obmannſtellvertreter, Narziſſus Grögler
als Kaſſier, Joſef Mahr als Schriftführer, ferner
Zimmermeiſter Alois Fellner und Winzer Matthias
Kapinsky als Beiräte gewählt. Der neugewählte
Obmann übernahm den Vorſitz und verſprach,
energiſch für die Intereſſen des Piusvereines zu
arbeiten. Hierauf nahm der Delegierte der Zentral-
leitung P. Kolb S. J. das Wort. Er wußte durch
ſeine markigen und kernigen Worte die Anweſenden
ſo zu begeiſtern, daß nach Schluß der Verſammlung
zirka 100 Mitglieder und 20 Teilnehmer der Orts-
gruppe beitraten. Mit einem Hoch auf Papſt und
Kaiſer ſchloß der Obmann die Verſammlung.

In Salzburg gründet der Piusverein
wöchentlich eine Ortsgruppe oder hält Wander-
verſammlungen ab. Am 30. September konſtituierte
ſich in Mattſee eine Ortsgruppe mit 200 Mit-
gliedern und Förderern. Nachmittags berief die
Ortsgruppe Schleedorf eine glänzend beſuchte Ver-
ſammlung ein. Kooperator Kepplinger proteſtiert
gegen die Annahme, daß der Pius-Verein den Frieden
ſtören werde und ſchilderte die Bedeutung des Vereines.

Herr Etter gab ein Bild von dem Auf-
ſchwunge des Vereines im Herzogtum. Wenngleich
erſt im Mai die Agitation eingeſetzt hat, ſeien ſchon
30 Ortsgruppen in Salzburg
behördlich
genehmigt und immer noch neue im Entſtehen be-
griffen. Die vormittägige Verſammlung in Mattſee
allein hat bereits mehr als 600 Kronen geſteuert.
Er dankte der kleinen Gemeinde Schleedorf für das
gute Beiſpiel, das ſie gegeben hat. Nachdem Ob-
mann Oberlehrer Trigler die Verſammlung ge-
ſchloſſen hatte, dankte ihm der Gemeindevorſteher für
das verdienſtvolle Wirken ſeit 25 Jahren als Schul-
leiter in Schleedorf. Herr Etter überbrachte ihm
eine vom Kardinal Katſchthaler gewidmete Photo-
graphie, Stiftspropſt Ziegler feierte den Lehrer-
jubilar als chriſtlichen Schulmann.




Gewerbe.
Große Schuhmacherverſammlung am
Neubau.

Zur Beſprechung der gegenwärtigen gewerb-
lichen Lage berief der Schuhmachermeiſterverein
„Einigkeit“ für Mittwoch abends in den großen
Saal des Reſtaurants „Zum grünen Baum“ eine
Schuhmachermeiſterverſammlung ein, die von Meiſtern
aus allen Wiener Bezirken überaus zahlreich beſucht
war. Vereinsobmann Bezirksrat Hermann er-
ſtattete den Bericht der Vereinsleitung, in welchem
er insbeſondere auf die Ausarbeitung der Werk-
ſtättenordnung und des Preistarifes hinwies. Er
beſprach in ausführlicher Weiſe die Lage der Schuh-
macher, welche er als eine triſte bezeichnete. Die
Verſammlung genehmigte ſchließlich folgenden
Preistarif:

Reitſtiefeln von 35 bis 80 Kronen, Kalbleder-
Halbſtiefeln von 25 bis 40 Kronen, Salon-Lack-
Stiefletten von 22 bis 36 Kronen, Kalbleder-
Stiefletten von 16 bis 28 Kronen, Bergſteiger-
[Spaltenumbruch] Schnürſtiefeln von 22 bis 36 Kronen, für Ueberzug
von 9 Kronen 80 Heller bis 16 Kronen, für Doppler
von 3 Kronen 40 Heller bis 6 Kronen, für Abſätze
von 1 bis 2 Kronen uſw. für die Herrenarbeit. Für
die Damenarbeit ſtellen ſich die Preiſe wie folgt:
Reitſtiefeln aus Salon-Lack 55 bis 70 Kronen, Lack-
oder Chevreaux-Schnürſtiefeln von 23 bis 35 Kronen,
ſolche Zugſtiefeln von 21 bis 34 Kronen, Bor[c]alf
oder Satin-Schnürſtiefeln von 17 bis 24 Kronen,
ſolche Zugſtiefeln von 15 bis 20 Kronen, Ueberzüge
von 6 Kronen 50 Heller bis 12 Kronen, Doppler
von 2 Kronen 80 Heller bis 5 Kronen, Abſätze von
90 Heller bis 1 Krone 90 Heller. Die Preiſe für
Knaben- und Mädchenarbeit ſtellen ſich entſprechend
billiger.




Ein neuer Schlag gegen das Kleingewerbe.

Es wird uns geſchrieben: In der letzten
Sonntagsnummer der „Arbeiter-Zeitung“ wird
bereits Mitteilung davon gemacht, daß mit der
Errichtung einer Großbäckerei im 10. Bezirke
unverzüglich begonnen wird auf Grund eines ſozial-
demokratiſchen Parteibeſchluſſes und im Einvernehmen
mit der Gewerkſchaftskommiſſion.

An der Spitze des nach großkapitaliſtiſcher Art
zu führenden Bäckereibetriebes werden die „Genoſſen“
Skaret, Hanuſch, Dr. Karpeles, David und Emmer-
ling ſtehen.

Der Jude Karpeles führt alſo bereits den
erſten Schlag gegen das kleine Nahrungsmittel-
gewerbe und es ſteht außer Zweifel, daß die anderen
von dem intereſſierten Herrn in Ausſicht genommenen
Gründungen nachfolgen werden, durch welche
wenigſtens auf dem Gebiete des Nahrungsmittel-
gewerbes dem Kleingewerbe nicht nur die Kunde der
organiſierten Arbeiter entzogen, ſondern auch noch
eine erbitterte Konkurrenz gemacht werden ſoll.

Für die in Betracht kommenden kleinen Leute
bedeutet der neueſte Plan der ſozialdemokratiſchen
Partei eine erneute Gefahr, da es überdies den An-
ſchein gewinnt, als ob die Roten auf genügend Katho-
liken zu rechnen hätten, und die Regierung dem ſchönen
Plan keine nennenswerten Hinderniſſe bereiten würde.
Für die Lebensmittelgewerbe iſt angeſichts der Sach-
lage der einzuſchlagende Weg eigentlich von ſelbſt
gegeben. Sie werden, wollen ſie in dem zu erwartenden
Konkurrenzkampf nicht unterliegen, einen Modus
finden müſſen, der es ihnen etwa nach Art einer
Einkaufsgenoſſenſchaft ermöglicht, ſich eben-
falls großkapitaliſtiſch zu organiſieren.

Nur wenn der zu erwartenden ſozialdemoktratiſchen
Großproduktion eine gleiche Erzeugungsart des chriſt-
lichen Mittelſtandes gegenüber geſtellt werden kann,
iſt es möglich, dem Karpeles-Projekte ein erfolgreiches
Schach zu bieten. Und das umſo mehr, als ja die Herren
in den leitenden Stellen von dem eigentlichen Ge-
ſchäfte doch nichts verſtehen und erfahrungsgemäß
auf ſozialdemokratiſcher Seite mit großen Regien
gearbeitet wird, weil mit jeder neuen Unternehmung
eine ziemliche Anzahl von Sinekuren für Obergenoſſen
zu ſchaffen iſt.

Ob die drohende Gefahr der Vernichtung einer
großen Zahl von bisher ſelbſtändigen, wenn auch
nicht glänzenden Exiſtenzen einen ſolchen Zuſammen-
ſchluß bewirken kann, iſt freilich eine Frage, die wir
nicht unbedingt zu bejahen wagen.

Im Handelsregiſter des Handelsgerichtes Wien
wurde unterm 28. September folgende Firma ein-
getragen:

[IX]., Waſagaſſe 12, Skaret, Hanuſch & Co.
Erzeugung von Nahrungsmitteln und Handel mit
ſolchen. Offene Handelsgeſellſchaft ſeit 24. September 1906.
G. Ferdinand Skaret, Ferdinand Hanuſch und Dr.
Benno Karpeles. Vertretungsbefugt nur Dr. Benno
Karpeles. F. Z. Unterfertigung des vorgedruckten oder
vorgeſchriebenen Firmawortlautes durch den G.
Dr. Benno Karpeles mit dem Zunamen.




Telegramme.
Die Ehre unſeres Vaterlandes.

Graf Friedrich Schön-
born richtete an den „Figaro“ ein Schreiben, in
welchem er gegen den Artikel Bryans über
Oeſterreich Ungarn entſchieden proteſtiert und erklärt:
Ich kann den 30 amerikaniſchen Zeitungen, welche
die Auslaſſungen Bryans verbreiten, nicht Schweigen
gebieten; aber wenn dieſe Auslaſſungen die Ehre
meines mir teuren und durch die Geſchichte ehr-
würdigen Vaterlandes
berühren, wenn ich
in dieſen Auslaſſungen ein ſeltſames Gemiſch
von Wahrheit und Widerſinn
finde,
welches geeignet iſt, die öffentliche Meinung in
Irrtum zu führen, dann bezichtige ich die Läſterer
der Fälſchung und fordere ſie auf, lieber zu
ſchweigen,
als ſchwierige und verwickelte Fragen
leichtfertig zu behandeln.

Der türkiſch-perſiſche Grenzkonflikt.

Die Meldung,
daß Rußland und England als puissances
mediatrices
in der türkiſch-perſiſchen Grenzaffäre
eine energiſche Intervention planen, beſtätigt ſich
nicht. Eine Intervention wurde von perſiſcher
[Spaltenumbruch] Seite auch nicht verlangt, da die Arbeiten der
Grenzkommiſſion noch nicht beendet ſind.

Der türkiſch-bulgariſche Konſlikt.

Es verlautet,
daß Nedjib Paſcha, der hierher zurückgekehrt iſt,
in Sofia abermals beruhigende Verſicherungen
erhalten habe.




Die Balkanwirren.
(Das ökumeniſche Patriarchat. — Der To[d]
des Metropoliten von Korytza.)

In der geſtrigen
Sitzung der Synode des ökumeniſchen Patriarchats
wurde eine Adreſſe angenommen, in welcher dem
Grafen Calice für ſein während ſeiner Amts-
führung dem Patriarchat gegenüber bewieſenes Wohl-
wollen der Dank ausgeſprochen
wird. —
Geſtern überreichte das Patriarchat dem Kultus-
miniſter die gemeldete Note, welche die Entfernung
des bulgariſchen Exarchen
von Konſtantinopel
und die der Metropoliten aus der Provinz verlangt.

Der Prieſter, der den ermordeten Metro-
politen von Korytza
begleitet hatte, behauptet
in einem Bericht an das Patriarchat, daß eine
Bande von 20 Perſonen, die albaneſiſche Kleidung
trugen, den Ueberfall ausführte. Die Schweſter des
Ermordeten hat an den Großvezier telegraphiert,
daß, trotzdem die Mörder bekannt ſeien, der Gouver-
neur deren Verhaftung, die der Großvezier tele-
graphiſch befohlen hatte, verzögert habe. Der Stell-
vertreter des Metropoliten von Korytza telegraphierte
an das Patriarchat, daß die noch unbekannten Mörder
Sonntag die griechiſche Kirche in Dernovo einge-
äſchert haben.




Die Ereigniſſe in Rußland.

Die heutigen Telegramme melden über mehrere
Fälle von Raub, Entdeckung von Bomben-
fabriken uſw. und von einem bedeutſamen Beſchluß
des Miniſterrates zur Steuerung der Not bei den
Bauern; die Depeſchen lauten:

Die geraubten Gehälter.

Heute als am Tage der
Gehaltszahlungen wurden hier durch bewaffnete
Räuberbanden in der Stärke von vier bis ſechs
Mann die Kaſſiere von vier Inſtituten, einer von
dieſen auf offener Struße, überfallen und größerer
Geldſummen beraubt. Es gelang nur einen der
Räuber zu verhaften.

Entdeckte Bombenfabriken.

Die geſtern vorge-
nommene Unterſuchung des Inſtitutes der Wege-
bauingenieure war durch die Entdeckung von 40,
nach einer anderen Meldung von 29 Bomben
in der Wohnung eines Studenten veranlaßt worden.

In einem Hauſe
der Dritten Straße wurde heute eine Bomben-
fabrik entdeckt.
Fünf Perſonen wurden ver-
haftet. Am Abend wurde das Petroffſche Teelager
am Koltowsky-Kai ausgeplündert. Ein Wächter
wurde getötet. Von den Perſonen, die geſtern nach-
mittags auf dem Börſeplatz verhaftet wurden, weil
ſie einen Ueberfall auf den aus der Rentei mit
einer großen Geldſumme zurückkehrenden Kaſſier
einer Regierungsbehörde geplant hatten, ſind zwei
ruſſiſche Bauern und einer ein „Schweizer“ namens
Lebhardt.

Der Verband vom 30. Oktober.

In der gemeinſchaftlichen
Sitzung des Petersburger und des Moskauer Aus-
ſchuſſes des Verbandes vom 30. Oktober legte
Gutſchkoff das Amt des Vorſitzenden des Zentral-
ausſchuſſes des Verbandes nieder. Er wurde jedoch
einſtimmig wiedergewählt.

Land für die Bauern.

Der Miniſterrat be-
ſchloß, die der Krone gehörigen Ländereien im Altai-
gebiete von Staatswegen zu übernehmen, um auf
dieſe Weiſe Land für die fortziehenden Bauern zu
ſchaffen, Der Staat zahlt dafür 49 Jahre hindurch
22 Kopeken für die Deſſjatine an die Krone, die alle
Rechte auf die in jenen Gebieten vorhandenen
Mineralien behält.

Die Polizei fand
geſtern bei der Durchſuchung des Inſtitutes der
Wegebauingeneure 16 Bombenhüllen und Spreng-
materialien. Mehrere Studierende wurden verhaftet.




Parlamentariſches.
Der Wahlreformausſchuß.
Das Pluralwahlrecht.

Der Wahlreformausſchuß hielt heute vormittags
unter Vorſitz des Obmannes Dr. Ploj und in An-
weſenheit des Miniſters des Innern Dr. Freiherr von
Bienerth zuſammen, in welcher die Beratung über
§ 5 der Reichsratswahlordnung feſtgeſetzt wurde.

Abg. Dr. Couci ſagt: Die Gründe der Plural-
wahlrechtsfreunde ſeien, was das Alter und die
Familie betrifft, beherzigenswert. Es wäre für den
Redner verlockend, für das Pluralwahlrecht einzutreten
und er würde es deshalb mit Freuden ſehen, wenn

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[5/0005] 227 Wien, Freitag Reichspoſt 5. Oktober 1906 liche Summen in dem Lande zurücklaſſen. Ein franzöſiſcher Reiſender berechnet die Summe der Ausgaben, die ein Aufenthalt von ſechs Wochen koſtet, der erforderlich iſt, wenn man nur die Haupt- ſtädte flüchtig kennen lernen will, auf 2310 Yen (9240 Franks) für vornehme Europäer und auf 1823 Yen (7293 Franks) für weniger anſpruchs- volle. Das iſt eine ſtattliche Summe. Die Aſiaten kommen mit ſehr weniger Geld aus, da ſie ſich beſſer gegen die Ansbeutung zu ſchützen wiſſen; denn die Japaner zeigen ihre Geſchicklichkeit auch in der Kunſt, mit der ſie Fremde „hochzunehmen“ wiſſen .... Ungariſche Landwehr-Pioniere? Wie aus Peſt verlautet, ſoll die ungariſche Landwehr nicht nur mit Artillerie, ſondern auch mit techniſchen Truppen und eigenem Train ausgeſtattet werden. Es wird auch von der Errichtung einer ungariſchen techniſchen Akademie kaum Umgang genommen werden. Das nächſte Budget wird als Vorbereitung für dieſe Reformen die Koſten für die Errichtung einer Artilleriefachſektion im Landesverteidigungs- miniſterium und für die Errichtung eines Artillerielehrkurſes in der Honved- akademie enthalten. Der Pius-Verein. Am 30. September fand in Nikolsburg im Saale des Domhofgebäudes die konſtituierende Ver- ſammlung der Ortsgruppe ſtatt. Sie endete mit einem erfreulichen Erfolge. Die Verſammlung war von über 200 Perſonen beſucht und wurde von Herrn Nepp aus Wien, einem gebürtigen Nikols- burger, eröffnet. Derſelbe erörterte die Entſtehungs- geſchichte der Gruppe und beſprach die Wichtigkeit der Organiſation der Katholiken Oeſterreichs. Reicher Beifall lohnte ſeine Ausführungen. Bei der Wahl für die Vorſtehung wurden Franz Brichl, Schuh- machermeiſter, als Oömann, die Canonici Simon Fuſſek als Obmannſtellvertreter, Narziſſus Grögler als Kaſſier, Joſef Mahr als Schriftführer, ferner Zimmermeiſter Alois Fellner und Winzer Matthias Kapinsky als Beiräte gewählt. Der neugewählte Obmann übernahm den Vorſitz und verſprach, energiſch für die Intereſſen des Piusvereines zu arbeiten. Hierauf nahm der Delegierte der Zentral- leitung P. Kolb S. J. das Wort. Er wußte durch ſeine markigen und kernigen Worte die Anweſenden ſo zu begeiſtern, daß nach Schluß der Verſammlung zirka 100 Mitglieder und 20 Teilnehmer der Orts- gruppe beitraten. Mit einem Hoch auf Papſt und Kaiſer ſchloß der Obmann die Verſammlung. In Salzburg gründet der Piusverein wöchentlich eine Ortsgruppe oder hält Wander- verſammlungen ab. Am 30. September konſtituierte ſich in Mattſee eine Ortsgruppe mit 200 Mit- gliedern und Förderern. Nachmittags berief die Ortsgruppe Schleedorf eine glänzend beſuchte Ver- ſammlung ein. Kooperator Kepplinger proteſtiert gegen die Annahme, daß der Pius-Verein den Frieden ſtören werde und ſchilderte die Bedeutung des Vereines. Herr Etter gab ein Bild von dem Auf- ſchwunge des Vereines im Herzogtum. Wenngleich erſt im Mai die Agitation eingeſetzt hat, ſeien ſchon 30 Ortsgruppen in Salzburg behördlich genehmigt und immer noch neue im Entſtehen be- griffen. Die vormittägige Verſammlung in Mattſee allein hat bereits mehr als 600 Kronen geſteuert. Er dankte der kleinen Gemeinde Schleedorf für das gute Beiſpiel, das ſie gegeben hat. Nachdem Ob- mann Oberlehrer Trigler die Verſammlung ge- ſchloſſen hatte, dankte ihm der Gemeindevorſteher für das verdienſtvolle Wirken ſeit 25 Jahren als Schul- leiter in Schleedorf. Herr Etter überbrachte ihm eine vom Kardinal Katſchthaler gewidmete Photo- graphie, Stiftspropſt Ziegler feierte den Lehrer- jubilar als chriſtlichen Schulmann. Gewerbe. Große Schuhmacherverſammlung am Neubau. Zur Beſprechung der gegenwärtigen gewerb- lichen Lage berief der Schuhmachermeiſterverein „Einigkeit“ für Mittwoch abends in den großen Saal des Reſtaurants „Zum grünen Baum“ eine Schuhmachermeiſterverſammlung ein, die von Meiſtern aus allen Wiener Bezirken überaus zahlreich beſucht war. Vereinsobmann Bezirksrat Hermann er- ſtattete den Bericht der Vereinsleitung, in welchem er insbeſondere auf die Ausarbeitung der Werk- ſtättenordnung und des Preistarifes hinwies. Er beſprach in ausführlicher Weiſe die Lage der Schuh- macher, welche er als eine triſte bezeichnete. Die Verſammlung genehmigte ſchließlich folgenden Preistarif: Reitſtiefeln von 35 bis 80 Kronen, Kalbleder- Halbſtiefeln von 25 bis 40 Kronen, Salon-Lack- Stiefletten von 22 bis 36 Kronen, Kalbleder- Stiefletten von 16 bis 28 Kronen, Bergſteiger- Schnürſtiefeln von 22 bis 36 Kronen, für Ueberzug von 9 Kronen 80 Heller bis 16 Kronen, für Doppler von 3 Kronen 40 Heller bis 6 Kronen, für Abſätze von 1 bis 2 Kronen uſw. für die Herrenarbeit. Für die Damenarbeit ſtellen ſich die Preiſe wie folgt: Reitſtiefeln aus Salon-Lack 55 bis 70 Kronen, Lack- oder Chevreaux-Schnürſtiefeln von 23 bis 35 Kronen, ſolche Zugſtiefeln von 21 bis 34 Kronen, Borcalf oder Satin-Schnürſtiefeln von 17 bis 24 Kronen, ſolche Zugſtiefeln von 15 bis 20 Kronen, Ueberzüge von 6 Kronen 50 Heller bis 12 Kronen, Doppler von 2 Kronen 80 Heller bis 5 Kronen, Abſätze von 90 Heller bis 1 Krone 90 Heller. Die Preiſe für Knaben- und Mädchenarbeit ſtellen ſich entſprechend billiger. Ein neuer Schlag gegen das Kleingewerbe. Es wird uns geſchrieben: In der letzten Sonntagsnummer der „Arbeiter-Zeitung“ wird bereits Mitteilung davon gemacht, daß mit der Errichtung einer Großbäckerei im 10. Bezirke unverzüglich begonnen wird auf Grund eines ſozial- demokratiſchen Parteibeſchluſſes und im Einvernehmen mit der Gewerkſchaftskommiſſion. An der Spitze des nach großkapitaliſtiſcher Art zu führenden Bäckereibetriebes werden die „Genoſſen“ Skaret, Hanuſch, Dr. Karpeles, David und Emmer- ling ſtehen. Der Jude Karpeles führt alſo bereits den erſten Schlag gegen das kleine Nahrungsmittel- gewerbe und es ſteht außer Zweifel, daß die anderen von dem intereſſierten Herrn in Ausſicht genommenen Gründungen nachfolgen werden, durch welche wenigſtens auf dem Gebiete des Nahrungsmittel- gewerbes dem Kleingewerbe nicht nur die Kunde der organiſierten Arbeiter entzogen, ſondern auch noch eine erbitterte Konkurrenz gemacht werden ſoll. Für die in Betracht kommenden kleinen Leute bedeutet der neueſte Plan der ſozialdemokratiſchen Partei eine erneute Gefahr, da es überdies den An- ſchein gewinnt, als ob die Roten auf genügend Katho- liken zu rechnen hätten, und die Regierung dem ſchönen Plan keine nennenswerten Hinderniſſe bereiten würde. Für die Lebensmittelgewerbe iſt angeſichts der Sach- lage der einzuſchlagende Weg eigentlich von ſelbſt gegeben. Sie werden, wollen ſie in dem zu erwartenden Konkurrenzkampf nicht unterliegen, einen Modus finden müſſen, der es ihnen etwa nach Art einer Einkaufsgenoſſenſchaft ermöglicht, ſich eben- falls großkapitaliſtiſch zu organiſieren. Nur wenn der zu erwartenden ſozialdemoktratiſchen Großproduktion eine gleiche Erzeugungsart des chriſt- lichen Mittelſtandes gegenüber geſtellt werden kann, iſt es möglich, dem Karpeles-Projekte ein erfolgreiches Schach zu bieten. Und das umſo mehr, als ja die Herren in den leitenden Stellen von dem eigentlichen Ge- ſchäfte doch nichts verſtehen und erfahrungsgemäß auf ſozialdemokratiſcher Seite mit großen Regien gearbeitet wird, weil mit jeder neuen Unternehmung eine ziemliche Anzahl von Sinekuren für Obergenoſſen zu ſchaffen iſt. Ob die drohende Gefahr der Vernichtung einer großen Zahl von bisher ſelbſtändigen, wenn auch nicht glänzenden Exiſtenzen einen ſolchen Zuſammen- ſchluß bewirken kann, iſt freilich eine Frage, die wir nicht unbedingt zu bejahen wagen. Im Handelsregiſter des Handelsgerichtes Wien wurde unterm 28. September folgende Firma ein- getragen: IX., Waſagaſſe 12, Skaret, Hanuſch & Co. Erzeugung von Nahrungsmitteln und Handel mit ſolchen. Offene Handelsgeſellſchaft ſeit 24. September 1906. G. Ferdinand Skaret, Ferdinand Hanuſch und Dr. Benno Karpeles. Vertretungsbefugt nur Dr. Benno Karpeles. F. Z. Unterfertigung des vorgedruckten oder vorgeſchriebenen Firmawortlautes durch den G. Dr. Benno Karpeles mit dem Zunamen. Telegramme. Die Ehre unſeres Vaterlandes. Paris, 4. Oktober. Graf Friedrich Schön- born richtete an den „Figaro“ ein Schreiben, in welchem er gegen den Artikel Bryans über Oeſterreich Ungarn entſchieden proteſtiert und erklärt: Ich kann den 30 amerikaniſchen Zeitungen, welche die Auslaſſungen Bryans verbreiten, nicht Schweigen gebieten; aber wenn dieſe Auslaſſungen die Ehre meines mir teuren und durch die Geſchichte ehr- würdigen Vaterlandes berühren, wenn ich in dieſen Auslaſſungen ein ſeltſames Gemiſch von Wahrheit und Widerſinn finde, welches geeignet iſt, die öffentliche Meinung in Irrtum zu führen, dann bezichtige ich die Läſterer der Fälſchung und fordere ſie auf, lieber zu ſchweigen, als ſchwierige und verwickelte Fragen leichtfertig zu behandeln. Der türkiſch-perſiſche Grenzkonflikt. Konſtantinopel, 3. Oktober. Die Meldung, daß Rußland und England als puissances mediatrices in der türkiſch-perſiſchen Grenzaffäre eine energiſche Intervention planen, beſtätigt ſich nicht. Eine Intervention wurde von perſiſcher Seite auch nicht verlangt, da die Arbeiten der Grenzkommiſſion noch nicht beendet ſind. Der türkiſch-bulgariſche Konſlikt. Konſtantinopel, 3. Oktober. Es verlautet, daß Nedjib Paſcha, der hierher zurückgekehrt iſt, in Sofia abermals beruhigende Verſicherungen erhalten habe. Die Balkanwirren. (Das ökumeniſche Patriarchat. — Der Tod des Metropoliten von Korytza.) Konſtantinopel, 3. Oktober. In der geſtrigen Sitzung der Synode des ökumeniſchen Patriarchats wurde eine Adreſſe angenommen, in welcher dem Grafen Calice für ſein während ſeiner Amts- führung dem Patriarchat gegenüber bewieſenes Wohl- wollen der Dank ausgeſprochen wird. — Geſtern überreichte das Patriarchat dem Kultus- miniſter die gemeldete Note, welche die Entfernung des bulgariſchen Exarchen von Konſtantinopel und die der Metropoliten aus der Provinz verlangt. Der Prieſter, der den ermordeten Metro- politen von Korytza begleitet hatte, behauptet in einem Bericht an das Patriarchat, daß eine Bande von 20 Perſonen, die albaneſiſche Kleidung trugen, den Ueberfall ausführte. Die Schweſter des Ermordeten hat an den Großvezier telegraphiert, daß, trotzdem die Mörder bekannt ſeien, der Gouver- neur deren Verhaftung, die der Großvezier tele- graphiſch befohlen hatte, verzögert habe. Der Stell- vertreter des Metropoliten von Korytza telegraphierte an das Patriarchat, daß die noch unbekannten Mörder Sonntag die griechiſche Kirche in Dernovo einge- äſchert haben. Die Ereigniſſe in Rußland. Die heutigen Telegramme melden über mehrere Fälle von Raub, Entdeckung von Bomben- fabriken uſw. und von einem bedeutſamen Beſchluß des Miniſterrates zur Steuerung der Not bei den Bauern; die Depeſchen lauten: Die geraubten Gehälter. Tiflis, 3. Oktober. Heute als am Tage der Gehaltszahlungen wurden hier durch bewaffnete Räuberbanden in der Stärke von vier bis ſechs Mann die Kaſſiere von vier Inſtituten, einer von dieſen auf offener Struße, überfallen und größerer Geldſummen beraubt. Es gelang nur einen der Räuber zu verhaften. Entdeckte Bombenfabriken. Petersburg, 4. Oktober. Die geſtern vorge- nommene Unterſuchung des Inſtitutes der Wege- bauingenieure war durch die Entdeckung von 40, nach einer anderen Meldung von 29 Bomben in der Wohnung eines Studenten veranlaßt worden. Petersburg, 4. Oktober. In einem Hauſe der Dritten Straße wurde heute eine Bomben- fabrik entdeckt. Fünf Perſonen wurden ver- haftet. Am Abend wurde das Petroffſche Teelager am Koltowsky-Kai ausgeplündert. Ein Wächter wurde getötet. Von den Perſonen, die geſtern nach- mittags auf dem Börſeplatz verhaftet wurden, weil ſie einen Ueberfall auf den aus der Rentei mit einer großen Geldſumme zurückkehrenden Kaſſier einer Regierungsbehörde geplant hatten, ſind zwei ruſſiſche Bauern und einer ein „Schweizer“ namens Lebhardt. Der Verband vom 30. Oktober. Mitau, 4. Oktober. In der gemeinſchaftlichen Sitzung des Petersburger und des Moskauer Aus- ſchuſſes des Verbandes vom 30. Oktober legte Gutſchkoff das Amt des Vorſitzenden des Zentral- ausſchuſſes des Verbandes nieder. Er wurde jedoch einſtimmig wiedergewählt. Land für die Bauern. Petersburg, 4. Oktober. Der Miniſterrat be- ſchloß, die der Krone gehörigen Ländereien im Altai- gebiete von Staatswegen zu übernehmen, um auf dieſe Weiſe Land für die fortziehenden Bauern zu ſchaffen, Der Staat zahlt dafür 49 Jahre hindurch 22 Kopeken für die Deſſjatine an die Krone, die alle Rechte auf die in jenen Gebieten vorhandenen Mineralien behält. Petersburg, 4. Oktober. Die Polizei fand geſtern bei der Durchſuchung des Inſtitutes der Wegebauingeneure 16 Bombenhüllen und Spreng- materialien. Mehrere Studierende wurden verhaftet. Parlamentariſches. Der Wahlreformausſchuß. Das Pluralwahlrecht. Der Wahlreformausſchuß hielt heute vormittags unter Vorſitz des Obmannes Dr. Ploj und in An- weſenheit des Miniſters des Innern Dr. Freiherr von Bienerth zuſammen, in welcher die Beratung über § 5 der Reichsratswahlordnung feſtgeſetzt wurde. Abg. Dr. Couci ſagt: Die Gründe der Plural- wahlrechtsfreunde ſeien, was das Alter und die Familie betrifft, beherzigenswert. Es wäre für den Redner verlockend, für das Pluralwahlrecht einzutreten und er würde es deshalb mit Freuden ſehen, wenn

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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 227, Wien, 05.10.1906, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost227_1906/5>, abgerufen am 29.03.2024.