Reichspost. Nr. 168, Wien, 26.07.1900.Wien, Donnerstag Reichspost 26. Juli 1900 168 [Spaltenumbruch] machen; denn ob der Beleidigte siegt oder In gleicher Weise besprechen wir heute nur aus Gelegentlich der am 9. October 1894 in Wels Es ist der Rittmeister Baron Erlanger. Politische Rundschau. Oesterreich-Ungarn. Wien 25. Juli. Die politische Situation. Während die "Ganz versagen konnte es sich Dr. Gregr auch Gregr sagt also: Huß war vor Allem "Wenn die Deutschen dieses Postulat immer Herr Dr. Ebenhoch wird also merken, daß Liebäugeleien. Ein "verehrter Mitarbeiter" der "An eine vollkommene Isolirung Exminister Baron Gautsch wurde gestern in Der Pilseuer Bierkrieg ist dank der energischen Aufrichtige Geständnisse. Das Organ der Wien, Donnerſtag Reichspoſt 26. Juli 1900 168 [Spaltenumbruch] machen; denn ob der Beleidigte ſiegt oder In gleicher Weiſe beſprechen wir heute nur aus Gelegentlich der am 9. October 1894 in Wels Es iſt der Rittmeiſter Baron Erlanger. Politiſche Rundſchau. Oeſterreich-Ungarn. Wien 25. Juli. Die politiſche Situation. Während die „Ganz verſagen konnte es ſich Dr. Gregr auch Gregr ſagt alſo: Huß war vor Allem „Wenn die Deutſchen dieſes Poſtulat immer Herr Dr. Ebenhoch wird alſo merken, daß Liebäugeleien. Ein „verehrter Mitarbeiter“ der „An eine vollkommene Iſolirung Exminiſter Baron Gautſch wurde geſtern in Der Pilſeuer Bierkrieg iſt dank der energiſchen Aufrichtige Geſtändniſſe. Das Organ der <TEI> <text> <body> <pb facs="#f0002" n="2"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Wien, Donnerſtag Reichspoſt 26. Juli 1900 168</hi> </fw><lb/> <cb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div xml:id="erlanger2" prev="#erlanger1" type="jArticle" n="2"> <p>machen; denn ob der Beleidigte ſiegt oder<lb/> unterliegt im Duelle, in keinem Falle iſt<lb/> dadurch die Beleidigung, die Verleumdung und<lb/> dergleichen aus der Welt geſchafft. 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Es gereicht auch der Armee und dem<lb/> Officierscorps nicht zur Ehre, einem ſo veralteten-<lb/> rückſtändigen, gänzlich unmodernen Zopf, wie es das<lb/> Duell nach dem Urtheil aller fortgeſchrittenen, aufge-<lb/> klärten Geiſter thatſächlich iſt, fortgeſetzt zu huldigen.<lb/> Es ſind ja auch <hi rendition="#g">thatſächlich</hi> nur noch die<lb/><hi rendition="#g">alten</hi> Officiere mit der alten Tradition heutzutage<lb/> wirklich begeiſterte Vertreter des Duells in der Armee.<lb/> Es gereicht ferner der Armee und dem Officierscorps<lb/> nicht zum Nutzen, wenn ſie mit dem Duellzwang ſich<lb/> in Widerſpruch ſetzen mit den Anſchauungen des chriſt-<lb/> lichen Volkes, aus dem doch die Armee ſelbſt hervor-<lb/> geht, und endlich kann es der Armee und dem<lb/> Officierscorps nicht zum Nutzen ſein, wenn ſich die<lb/> Eltern der beſſeren Stände bei Fortdauer des Duell-<lb/> zwanges die ernſte Gewiſſensfrage vorlegen müſſen:<lb/> ob ſie ihren Kindern noch geſtatten können, ſich der<lb/> Officierscarriére zu widmen, welche dieſelben in die<lb/> ſchwerſten Conflicte mit ihren Anſchauungen von der<lb/> Heiligkeit und der moraliſchen Verpflichtung des Staats-<lb/> geſetzes und mit ihren religiöſen und kirchlichen Pflichten<lb/> bringen kann. Alſo kann es nur zur Ehre und zum<lb/> Segen des Officiersſtandes ſein, wenn endlich einmal<lb/><hi rendition="#g">der Duellzwang in der Armee fällt,</hi><lb/> und wir wiederholen: es wäre die ſchönſte Perle in<lb/> der Ruhmeskrone unſeres Kaiſers, wenn er als der<lb/> Allerhöchſte Kriegsherr die Initiative dazu ergriffe.<lb/> Ein Wort von ihm — und der Duellzwang in der<lb/> Armee iſt gefallen, und es wird auch gehen ohne ihn,<lb/> vielleicht beſſer gehen; denn dann wird die Geſetzgebung<lb/> Mittel und Wege finden, um die Ehre wirkſamer zu<lb/> ſchützen, als dies in der That bis jetzt vielleicht der<lb/> Fall iſt.</p><lb/> <p>In gleicher Weiſe beſprechen wir heute nur aus<lb/> Liebe zur Armee und ihrem edlen Officiersſtand den<lb/> Fall des Baron <hi rendition="#g">Erlanger.</hi> Wir haben be-<lb/> reits berichtet, daß der Rittmeiſter Baron Erlanger<lb/> bei Stockerau einen alten, gebrechlichen, zum Gehen un-<lb/> fähigen Bauer Namens Schmied, der ſich über die<lb/> Verwüſtung ſeines Ackerfeldes durch die Hufe der<lb/> Pferde des Landwehr-Uhlanen-Regimentes beſchwerte,<lb/> heftig anfuhr mit den Worten, wenn es dem Bauer<lb/> nicht recht ſei, möge er ſich beſchweren. Wie der Bauer<lb/> dann ſeinen Namen zu wiſſen verlangte, verweigerte<lb/> dies der Rittmeiſter Baron Erlanger. Der Bauer ließ<lb/> ſich dadurch zu einem Schimpfwort hinreißen, worauf ihn<lb/> Baron Erlanger derart mit dem Säbel bearbeitete<lb/> daß der Bauer blutend zuſammenbrach und es nur<lb/> ſeiner Peluchemütze zu verdanken hatte, daß er nicht<lb/> ſchwerer verletzt wurde. Der Bauer war entſchieden<lb/> im Unrecht, daß er den Rittmeiſter beleidigte, wie die<lb/> Cavalleriſten Unrecht hatten, ſtatt in der Reitſchule<lb/> auf den Aeckern der Bauern ihre Reitübungen zu ver-<lb/> anſtalten und ſo den armen Bauern ihre Ernte zu<lb/> ruinieren. Aber doppeltes Unrecht war es, daß der<lb/> Officier, ſtatt den Bauern wegen Beſchimpfung der<lb/> gerichtlichen Strafe zuzuführen, auf denſelben einfach<lb/> mit dem blanken Säbel einhieb. Wir ſind überzeugt,<lb/> daß dies von der militäriſcher Behörde nicht gebilligt<lb/> und der Baron zur ſtrengen Rechenſchaft gezogen<lb/> werden wird. <hi rendition="#g">Das</hi> iſt jedoch ein Vergehen, welches<lb/> wirklich ſtrenger Ahndung bedarf, über welches die<lb/> Militärbehörde Beſchlüſſe faſſen könnte ähnlich dem-<lb/> jenigen des Ehrenrathes, der einen Officier caſſierte<lb/> und degradierte, weil er nur ſeine Pflicht als Staats-<lb/> bürger und Katholik treu erfüllte, indem er nicht zum<lb/> Duell forderte. Ein ſolches oder ähnliches Urtheil in<lb/> ſolchem Falle würde der Armee, würde dem Officiers-<lb/> orps zur Ehre gereichen. Das würde das Anſehen des<lb/> Officierſtandes im Volke heben und fördern. Wie<lb/> zweifeln nicht, daß man im <hi rendition="#g">Falle Erlangen</hi><lb/> mindeſtens dieſelbe Strenge walten laſſen wird, wie ſie<lb/> im Falle Tacoli zu Tage trat — zumal es <hi rendition="#g">nicht<lb/> das erſte Mal</hi> iſt, daß Baron Erlanger ſich der-<lb/> artig vergangen hat. Man theilt heute der „Oſtd.<lb/> Rundſchau“ Folgendes mit:</p><lb/> <p>Gelegentlich der am 9. October 1894 in <hi rendition="#g">Wels</hi><lb/> tagenden Verſammlung des oberöſterreichiſchen Lehrer-<lb/> vereines ſaßen im „Hotel Greif“ an einem Tiſche<lb/> mehrere Lehrer, als ein Uhlanenoberlieutenant an einem<lb/> Tiſche Platz nahm und bald ſchrie und polterte, da<lb/><cb/> einer der Kellner die Thür hatte offen laſſen. Darauf<lb/> waren noch mehrere Lehrer eingetreten. Als dann<lb/> ſpäter alle Lehrer gemeinſchaftlich das Local verließen,<lb/> traf es ſich, daß einer derſelben, der von der Em-<lb/> pfindlichkeit des Herrn Oberlieutenant nichts wußte,<lb/> die Thür nicht ſchloß, da zugleich eine andere Perſon<lb/> eintreten wollte; im ſelben Moment ſprang der Ober-<lb/> lieutenant auf und ſchlug die Thüre zu, daß die<lb/> Fenſter erklirrten, und ſchrie den Lehrern nach:<lb/> „Lümmeln, das!“ Einer von dieſen antwortete:<lb/> „Selber Lümmel!“ Gleich darauf erſchien der Herr<lb/> Oberlieutenant im Hausflur und fragte nach dem Ant-<lb/> wortenden. Dieſer ſtellte ſich ſofort; im ſelben Augen-<lb/> blicke aber hatte der Oberlieutenant ſeinen Säbel ge-<lb/> zogen und ſchlug auf den völlig überraſchten Lehrer<lb/> ein und verwundete ihn am linken Arme, mit welchem<lb/> der Angegriffene die auf ſeinen Kopf niederſauſenden<lb/> Hiebe zu pariren ſuchte. Die Sache kam zur An-<lb/> zeige, es kam zur Zeugenvernehmung — eine Erledi-<lb/> gung ſeiner Anzeige aber iſt dem Kläger bis heute<lb/> nicht zugekommen, doch hatte er die Klagekoſten aus<lb/> Eigenem zu tragen. Trotzdem dieſer Fall damals in<lb/> den Zeitungen auch beſprochen wurde, hat die<lb/> Militärbehörde nicht erklärt, daß ſie ſolche Aus-<lb/> ſchreitungen nicht billigt. Im Gegentheile: Der Ober-<lb/> lieutenant iſt ſeither <hi rendition="#g">Rittmeiſter</hi> geworden.</p><lb/> <p>Es iſt der Rittmeiſter <hi rendition="#g">Baron Erlanger.</hi><lb/> Wir fügen dem keinen weiteren Commentar bei als<lb/> die Frage: Wie können ſolche Vorfälle, wenn dieſelbe<lb/><hi rendition="#g">ungeſühet</hi> bleiben ſollten, das Anſehen<lb/> der Armee und des Officiersſtandes im Volke heben,<lb/> woran uns Oeſterreichern doch Allen ſo ſehr gelegen<lb/> ſein muß und gelegen iſt? Das ſind die beſten<lb/> Freunde nicht, die ſich ſcheuen, den Freund auf<lb/> Fehler aufmerkſam zum machen. Aus Liebe zur<lb/> Armee und zu unſerem edeln Officiersſtande glaubten<lb/> wir die Affaire Erlanger der Affaire Tacoli gegen-<lb/> überſtellen zu <hi rendition="#g">müſſen.</hi> </p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Politiſche Rundſchau.</hi> </head><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Oeſterreich-Ungarn.</hi> </head><lb/> <dateline>Wien 25. Juli.</dateline><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Die politiſche Situation.</hi> </head> <p>Während die<lb/> Regierung ſich gründlich ausſchweigt und Nie-<lb/> mandem einen Einblick in ihre Pläne geſtattet,<lb/> fahren die verſchiedenen Parteipolitiker fort, auf<lb/> eigene Rechnung und Gefahr Pläne zu machen,<lb/> wie aus der gegenwärtigen Situation, die keiner<lb/> einzigen Partei angenehm iſt, herauszukommen<lb/> wäre. Dabei offenbart ſich mit Beſtimmtheit<lb/> nur das eine, daß die verſchiedenen Parteien —<lb/> vielleicht mit der <hi rendition="#g">einzigen</hi> Ausnahme der<lb/> Chriſtlich-Socialen — nicht wiſſen, was ſie ſelber<lb/> wollen, geſchweige denn, daß ſie zu einer Ver-<lb/> ſöhnung der verſchiedenen Gegenſätze zwiſchen<lb/> den Parteien gelangen könnten. Auf Seite<lb/> einer Gruppe der <hi rendition="#g">Deutſchcon ſer-<lb/> vativen</hi> iſt <hi rendition="#g">ſicher</hi> eine <hi rendition="#g">gewiſſe<lb/> Neigung</hi> dafür vorhanden, das alte<lb/> Bündniß wieder aufzunehmen und den Jung-<lb/> czechen die trüben Stunden zu verzeihen, daß ſie<lb/> z. B. dem Herrn Baron Dipauli ſeit anderthalb<lb/> Monaten bereitet haben. Auch von Seite des<lb/> czechiſchen conſervativen Adels ſähe man dieſe<lb/> Löſung am liebſten, da man dadurch um das<lb/> Dilemma herum wäre, aus Popularitätsrückſichten<lb/> ſich für die Obſtruction oder aus Loyalitätsrück-<lb/> ſichten gegen die Obſtruction entſcheiden zu müſſen.<lb/> Ein Wiener conſervatives Blatt iſt ſogar ge-<lb/> neigt, für die <hi rendition="#g">Hußſchwärmereien</hi> der<lb/> Jungezechen einen milderen Maßſtab anzulegen.<lb/> Am Sonntag wurde wieder in dem nordböhmiſchen<lb/><hi rendition="#g">Lomnitz</hi> eine Huß-Statue enthüllt und ſprach<lb/> bei dieſer Gelegenheit der graue Stürmer und<lb/> Dränger Dr. Eduard <hi rendition="#g">Gregr.</hi> Das conſervative<lb/> Blatt ſagt bei Beſprechung dieſer Rede: „Da<lb/> mochte ſich wohl mancher Leſer gedacht haben, daß<lb/> bei dieſer Gelegenheit dem Katholicismus übel mit-<lb/> geſpielt worden ſei. Allein, was auf öffentlichem<lb/> Markte geſprochen wurde, war doch <hi rendition="#g">weniger<lb/> ſchlimm, als zu denken nahelag.</hi>“<lb/> Warum ſpricht ein Blatt ſo, das doch ſonſt in<lb/> derartigen Dingen ſehr ſenſibel iſt? Es begründet<lb/> ſeine Stellung, indem es ausführt:</p><lb/> <p>„Ganz verſagen konnte es ſich Dr. Gregr auch<lb/> bei der öffentlichen Enthüllungsfeier nicht, von Zügel-<lb/> loſigkeit, Verderbtheit und Verſchwendungsſucht an den<lb/> päpſtlichen Höfen, von ausgebreitetem Handel mit<lb/> Reliquien, Präbenden und Abläſſen zu ſprechen; <hi rendition="#g">aber<lb/> er bezog dies</hi> auf die Zeit <hi rendition="#g">Huſſens</hi> und<lb/> ließ die <hi rendition="#g">gegenwärtige Kirche in Ruhe.</hi><lb/> Ja, er <hi rendition="#g">zog nicht einmal</hi> gegen Huſſens Richter<lb/> los dafür, daß ſie ihn als Ketzer verurtheilt hatten.<lb/> Er ſagte: War Johannes Hus ein Ketzer oder nicht?<lb/> Darauf kann ich nicht antworten. Ich bin kein Theo-<lb/> loge und habe mich nie mit dogmatiſchen Fragen und<lb/> Problemen befaßt. Ich bin ein Politiker, ein Natio-<lb/><cb/> naler, ein czechiſcher Patriot, und wenn ich den Con-<lb/> ſtanzer Märtyrer ehre, preiſe und feiere, ſo thue ich es<lb/> nicht etwa deshalb, weil ich ſeine theologiſchen Anſichten<lb/> und Grundſätze als die einzig richtigen, unfehlbaren<lb/> und für die Menſchheit heilſamen betrachte. Es iſt<lb/> wahr, daß Magiſter Johannes Hus <hi rendition="#g">vor Allem<lb/> Theologe</hi> war, daß er als Lehrer, Prieſter, Ge-<lb/> lehrter, Prediger und Schriftſteller hauptſächlich und<lb/><hi rendition="#g">faſt ausſchließlich ſich mit religiöſen<lb/> Dingen</hi> beſchäftigte, und daß er wegen ſeiner<lb/> Thätigkeit <hi rendition="#g">auf kirch lichem und religiöſem</hi><lb/> Gebiete verfolgt, gerichtet und vom Leben zum Tode<lb/> gebracht wurde.“</p><lb/> <p>Gregr ſagt alſo: Huß war vor Allem<lb/> Theologe, er wurde wegen religiöſer Lehrſätze ver-<lb/> brannt — wenn nun aber Gregr und ſeine Partei<lb/> für den <hi rendition="#g">Theologen</hi> Huß nicht eintreten will,<lb/> warum verehrt ſie ihn als einen Heiligen, der<lb/> den Martertod erlitt? Alſo entweder haben die<lb/> Jungczechen einen unſinnigen Hußcultus bisher<lb/> geübt oder Dr. Gregr hat eine unſinnige Rede<lb/> gehalten. Dieſer Alternative iſt ſchwer auszu-<lb/> weichen, ſelbſt wenn man den guten Willen hat,<lb/> die alte Mehrheit zu favoriſiren. — Mit welcher<lb/> Unverſöhnlichkeit man czechiſcherſeits das Entgegen-<lb/> kommen beantwortete, beweiſen die Auslaſſungen<lb/> des Brünner Organes des Abg. Dr. Stransky,<lb/> in denen es über die deutſche Vermittlungsſprache<lb/> heißt:</p><lb/> <p>„Wenn die Deutſchen dieſes Poſtulat immer<lb/> wieder in den Vordergrund drängen, ſo zeigen ſie<lb/> damit nur, daß ſie die nichtdeutſchen Nationalitäten<lb/><hi rendition="#g">provociren wollen;</hi> ſie glauben, damit einen<lb/> Damm für ihre Forderungen zu errichten. In dieſer<lb/> Beziehung ſind ſie aber in einer argen Täuſchung,<lb/> denn je mehr ſie die ſlaviſchen Volksſtämme drang-<lb/> ſaliren, deſto ſtärker wird die Ueberzeugung erwachen,<lb/> daß die Slaven <hi rendition="#g">die Majorität in Oeſter-<lb/> reich bilden.</hi> Die Slaven haben daher das<lb/> Recht, zu verlangen, daß ſie als die Majorität in<lb/> Wien reſpectirt werden.“</p><lb/> <p>Herr Dr. Ebenhoch wird alſo merken, daß<lb/> die auch von ihm vertretene deutſche Forderung<lb/> „provocirt“. — Nebenbei iſt bemerkenswerth, daß<lb/> ſelbſt die jüdiſche Phantaſie des Juden Stransky<lb/> gegen die deutſche Vermittlungsſprache kein anderes<lb/> Argument zu finden weiß, als daß die Slaven<lb/> „die Majorität in Oeſterreich bilden“. Dieſe<lb/> Slaven, die ſich in <hi rendition="#g">keiner einzigen ſla-<lb/> viſchen</hi> Sprache untereinander verſtändigen<lb/> können, wären <hi rendition="#g">heute ſchon</hi> in einer ſchönen<lb/> Calamität, <hi rendition="#g">wenn ſie ſich nicht durch<lb/> die deutſche Vermittlungsſprache<lb/> verſtändigen könnten.</hi> Warum wären<lb/> ſonſt ihre Organe zur Vertretung der ſlaviſchen<lb/> Solidarität und der angeblich „geſammtſlaviſchen<lb/> Intereſſen“ gerade deutſch geſchrieben?</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Liebäugeleien.</hi> </head> <p>Ein „verehrter Mitarbeiter“ der<lb/> „N. Tir. Stimmen“ — ein Blatt bezeichnet als dieſen<lb/> Baron <hi rendition="#g">Dipauli</hi> — ſchreibt in dem genannten<lb/> Tiroler conſervativen Organ:</p><lb/> <p>„An eine <hi rendition="#g">vollkommene Iſolirung</hi><lb/> der Czechen iſt, wenn ſich nicht die Czechen ſelbſt dazu<lb/> verurtheilen, nicht zu denken und man darf ſie anch<lb/> nicht wünſchen. Denn gerade in der Iſolirung wären<lb/> dieſelben am bockbeinigſten; ſie würden das Parlament,<lb/> in welches ſie ohnehin nur mit der bekannten, ihrer Idee<lb/> von dem Machtanſpruche ihrer Nationalität entſprungenen<lb/> Rechtsrerwahrung eingetreten ſind, zu keiner Arbeits-<lb/> fähigkeit gelangen laſſen. Eine Parteigruppirung mit<lb/> einer Majorität, die auch die <hi rendition="#g">Linksdeutſchen</hi><lb/> in ſich begreift, erſcheint faſt ausgeſchloſſen; einfluß-<lb/> reiche Wortführer unter denſelben perhorresciren ja<lb/> jedes Zuſammengehen mit den Polen und der Katholi-<lb/> ſchen Volkspartei, gegenſeitige Stimmen, wie die von<lb/> Grabmayr finden bei den eigenen Parteigenoſſen keinen<lb/> Anklang, und andererſeits iſt weder bei den Polen<lb/> (mit vielleicht vereinzelten Ausnahmen) noch bei<lb/> der <hi rendition="#g">Katholiſchen Volkspartei<lb/> ein Zug nach links</hi> wahrzunehmen. Wenn eine<lb/> Majorität zu Stande kommt, ſo kann es daher vor-<lb/> ausſichtlich nur die <hi rendition="#g">reconſtruirte alte<lb/> Rechte</hi> ſein und die <hi rendition="#g">Katholiſche Volks-<lb/> partei</hi> dürfte ſich durch die Vorwürfe, die von<lb/> linksdeutſcher Seite allerdings nicht ausbleiben werden,<lb/><hi rendition="#g">wohl nicht abſchrecken laſſen,</hi> derſelben<lb/><hi rendition="#g">wieder anzugehören.</hi>“ — Guten Appetit!</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Exminiſter Baron Gautſch</hi> </head> <p>wurde geſtern in<lb/> Iſchl vom Kaiſer in längerer Audienz empfangen und<lb/> der Familientafel beigezogen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Der Pilſeuer Bierkrieg</hi> </head> <p>iſt dank der energiſchen<lb/> Haltung der Berliner Gaſtwirthe und des Publicums<lb/> beendet. Zwiſchen den Berliner Wirthen und den Ver-<lb/> tretern des Pilſener Bürgerlichen Brauhauſes iſt eine<lb/> Vereinbarung zu Stande gekommen. Von dem ſich auf<lb/> 3 M. 40 Pfg. berechnenden Aufſchlag auf den Bier-<lb/> zoll wird das Bürgerliche Brauhaus 2 M. 40 Pfg.<lb/> übernehmen, während den Reſt von 1 M. die Wirthe<lb/> tragen werden. Für das Publicum verbleibt es in<lb/> Folge deſſen bei den bisherigen Ausſchankpreiſen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Aufrichtige Geſtändniſſe.</hi> </head> <p>Das Organ der<lb/> czechiſchen Realiſtenpartei ſchreibt mit einer Offenheit,<lb/> die den Jungczechen ſehr ungelegen kommen dürfte:<lb/> „Wir waren von den <hi rendition="#g">Bedingungen Doctor</hi><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [2/0002]
Wien, Donnerſtag Reichspoſt 26. Juli 1900 168
machen; denn ob der Beleidigte ſiegt oder
unterliegt im Duelle, in keinem Falle iſt
dadurch die Beleidigung, die Verleumdung und
dergleichen aus der Welt geſchafft. Er hat einfach be-
wieſen, daß er den Muth hat, den Säbel oder die
Piſtole als Waffe zu führen gegen den Beleidiger,
deswegen kann er aber doch das ſein oder das ge-
than haben, was ihm der Beleidiger zum Vorwurf
gemacht hat. Es gereicht auch der Armee und dem
Officierscorps nicht zur Ehre, einem ſo veralteten-
rückſtändigen, gänzlich unmodernen Zopf, wie es das
Duell nach dem Urtheil aller fortgeſchrittenen, aufge-
klärten Geiſter thatſächlich iſt, fortgeſetzt zu huldigen.
Es ſind ja auch thatſächlich nur noch die
alten Officiere mit der alten Tradition heutzutage
wirklich begeiſterte Vertreter des Duells in der Armee.
Es gereicht ferner der Armee und dem Officierscorps
nicht zum Nutzen, wenn ſie mit dem Duellzwang ſich
in Widerſpruch ſetzen mit den Anſchauungen des chriſt-
lichen Volkes, aus dem doch die Armee ſelbſt hervor-
geht, und endlich kann es der Armee und dem
Officierscorps nicht zum Nutzen ſein, wenn ſich die
Eltern der beſſeren Stände bei Fortdauer des Duell-
zwanges die ernſte Gewiſſensfrage vorlegen müſſen:
ob ſie ihren Kindern noch geſtatten können, ſich der
Officierscarriére zu widmen, welche dieſelben in die
ſchwerſten Conflicte mit ihren Anſchauungen von der
Heiligkeit und der moraliſchen Verpflichtung des Staats-
geſetzes und mit ihren religiöſen und kirchlichen Pflichten
bringen kann. Alſo kann es nur zur Ehre und zum
Segen des Officiersſtandes ſein, wenn endlich einmal
der Duellzwang in der Armee fällt,
und wir wiederholen: es wäre die ſchönſte Perle in
der Ruhmeskrone unſeres Kaiſers, wenn er als der
Allerhöchſte Kriegsherr die Initiative dazu ergriffe.
Ein Wort von ihm — und der Duellzwang in der
Armee iſt gefallen, und es wird auch gehen ohne ihn,
vielleicht beſſer gehen; denn dann wird die Geſetzgebung
Mittel und Wege finden, um die Ehre wirkſamer zu
ſchützen, als dies in der That bis jetzt vielleicht der
Fall iſt.
In gleicher Weiſe beſprechen wir heute nur aus
Liebe zur Armee und ihrem edlen Officiersſtand den
Fall des Baron Erlanger. Wir haben be-
reits berichtet, daß der Rittmeiſter Baron Erlanger
bei Stockerau einen alten, gebrechlichen, zum Gehen un-
fähigen Bauer Namens Schmied, der ſich über die
Verwüſtung ſeines Ackerfeldes durch die Hufe der
Pferde des Landwehr-Uhlanen-Regimentes beſchwerte,
heftig anfuhr mit den Worten, wenn es dem Bauer
nicht recht ſei, möge er ſich beſchweren. Wie der Bauer
dann ſeinen Namen zu wiſſen verlangte, verweigerte
dies der Rittmeiſter Baron Erlanger. Der Bauer ließ
ſich dadurch zu einem Schimpfwort hinreißen, worauf ihn
Baron Erlanger derart mit dem Säbel bearbeitete
daß der Bauer blutend zuſammenbrach und es nur
ſeiner Peluchemütze zu verdanken hatte, daß er nicht
ſchwerer verletzt wurde. Der Bauer war entſchieden
im Unrecht, daß er den Rittmeiſter beleidigte, wie die
Cavalleriſten Unrecht hatten, ſtatt in der Reitſchule
auf den Aeckern der Bauern ihre Reitübungen zu ver-
anſtalten und ſo den armen Bauern ihre Ernte zu
ruinieren. Aber doppeltes Unrecht war es, daß der
Officier, ſtatt den Bauern wegen Beſchimpfung der
gerichtlichen Strafe zuzuführen, auf denſelben einfach
mit dem blanken Säbel einhieb. Wir ſind überzeugt,
daß dies von der militäriſcher Behörde nicht gebilligt
und der Baron zur ſtrengen Rechenſchaft gezogen
werden wird. Das iſt jedoch ein Vergehen, welches
wirklich ſtrenger Ahndung bedarf, über welches die
Militärbehörde Beſchlüſſe faſſen könnte ähnlich dem-
jenigen des Ehrenrathes, der einen Officier caſſierte
und degradierte, weil er nur ſeine Pflicht als Staats-
bürger und Katholik treu erfüllte, indem er nicht zum
Duell forderte. Ein ſolches oder ähnliches Urtheil in
ſolchem Falle würde der Armee, würde dem Officiers-
orps zur Ehre gereichen. Das würde das Anſehen des
Officierſtandes im Volke heben und fördern. Wie
zweifeln nicht, daß man im Falle Erlangen
mindeſtens dieſelbe Strenge walten laſſen wird, wie ſie
im Falle Tacoli zu Tage trat — zumal es nicht
das erſte Mal iſt, daß Baron Erlanger ſich der-
artig vergangen hat. Man theilt heute der „Oſtd.
Rundſchau“ Folgendes mit:
Gelegentlich der am 9. October 1894 in Wels
tagenden Verſammlung des oberöſterreichiſchen Lehrer-
vereines ſaßen im „Hotel Greif“ an einem Tiſche
mehrere Lehrer, als ein Uhlanenoberlieutenant an einem
Tiſche Platz nahm und bald ſchrie und polterte, da
einer der Kellner die Thür hatte offen laſſen. Darauf
waren noch mehrere Lehrer eingetreten. Als dann
ſpäter alle Lehrer gemeinſchaftlich das Local verließen,
traf es ſich, daß einer derſelben, der von der Em-
pfindlichkeit des Herrn Oberlieutenant nichts wußte,
die Thür nicht ſchloß, da zugleich eine andere Perſon
eintreten wollte; im ſelben Moment ſprang der Ober-
lieutenant auf und ſchlug die Thüre zu, daß die
Fenſter erklirrten, und ſchrie den Lehrern nach:
„Lümmeln, das!“ Einer von dieſen antwortete:
„Selber Lümmel!“ Gleich darauf erſchien der Herr
Oberlieutenant im Hausflur und fragte nach dem Ant-
wortenden. Dieſer ſtellte ſich ſofort; im ſelben Augen-
blicke aber hatte der Oberlieutenant ſeinen Säbel ge-
zogen und ſchlug auf den völlig überraſchten Lehrer
ein und verwundete ihn am linken Arme, mit welchem
der Angegriffene die auf ſeinen Kopf niederſauſenden
Hiebe zu pariren ſuchte. Die Sache kam zur An-
zeige, es kam zur Zeugenvernehmung — eine Erledi-
gung ſeiner Anzeige aber iſt dem Kläger bis heute
nicht zugekommen, doch hatte er die Klagekoſten aus
Eigenem zu tragen. Trotzdem dieſer Fall damals in
den Zeitungen auch beſprochen wurde, hat die
Militärbehörde nicht erklärt, daß ſie ſolche Aus-
ſchreitungen nicht billigt. Im Gegentheile: Der Ober-
lieutenant iſt ſeither Rittmeiſter geworden.
Es iſt der Rittmeiſter Baron Erlanger.
Wir fügen dem keinen weiteren Commentar bei als
die Frage: Wie können ſolche Vorfälle, wenn dieſelbe
ungeſühet bleiben ſollten, das Anſehen
der Armee und des Officiersſtandes im Volke heben,
woran uns Oeſterreichern doch Allen ſo ſehr gelegen
ſein muß und gelegen iſt? Das ſind die beſten
Freunde nicht, die ſich ſcheuen, den Freund auf
Fehler aufmerkſam zum machen. Aus Liebe zur
Armee und zu unſerem edeln Officiersſtande glaubten
wir die Affaire Erlanger der Affaire Tacoli gegen-
überſtellen zu müſſen.
Politiſche Rundſchau.
Oeſterreich-Ungarn.
Wien 25. Juli.
Die politiſche Situation. Während die
Regierung ſich gründlich ausſchweigt und Nie-
mandem einen Einblick in ihre Pläne geſtattet,
fahren die verſchiedenen Parteipolitiker fort, auf
eigene Rechnung und Gefahr Pläne zu machen,
wie aus der gegenwärtigen Situation, die keiner
einzigen Partei angenehm iſt, herauszukommen
wäre. Dabei offenbart ſich mit Beſtimmtheit
nur das eine, daß die verſchiedenen Parteien —
vielleicht mit der einzigen Ausnahme der
Chriſtlich-Socialen — nicht wiſſen, was ſie ſelber
wollen, geſchweige denn, daß ſie zu einer Ver-
ſöhnung der verſchiedenen Gegenſätze zwiſchen
den Parteien gelangen könnten. Auf Seite
einer Gruppe der Deutſchcon ſer-
vativen iſt ſicher eine gewiſſe
Neigung dafür vorhanden, das alte
Bündniß wieder aufzunehmen und den Jung-
czechen die trüben Stunden zu verzeihen, daß ſie
z. B. dem Herrn Baron Dipauli ſeit anderthalb
Monaten bereitet haben. Auch von Seite des
czechiſchen conſervativen Adels ſähe man dieſe
Löſung am liebſten, da man dadurch um das
Dilemma herum wäre, aus Popularitätsrückſichten
ſich für die Obſtruction oder aus Loyalitätsrück-
ſichten gegen die Obſtruction entſcheiden zu müſſen.
Ein Wiener conſervatives Blatt iſt ſogar ge-
neigt, für die Hußſchwärmereien der
Jungezechen einen milderen Maßſtab anzulegen.
Am Sonntag wurde wieder in dem nordböhmiſchen
Lomnitz eine Huß-Statue enthüllt und ſprach
bei dieſer Gelegenheit der graue Stürmer und
Dränger Dr. Eduard Gregr. Das conſervative
Blatt ſagt bei Beſprechung dieſer Rede: „Da
mochte ſich wohl mancher Leſer gedacht haben, daß
bei dieſer Gelegenheit dem Katholicismus übel mit-
geſpielt worden ſei. Allein, was auf öffentlichem
Markte geſprochen wurde, war doch weniger
ſchlimm, als zu denken nahelag.“
Warum ſpricht ein Blatt ſo, das doch ſonſt in
derartigen Dingen ſehr ſenſibel iſt? Es begründet
ſeine Stellung, indem es ausführt:
„Ganz verſagen konnte es ſich Dr. Gregr auch
bei der öffentlichen Enthüllungsfeier nicht, von Zügel-
loſigkeit, Verderbtheit und Verſchwendungsſucht an den
päpſtlichen Höfen, von ausgebreitetem Handel mit
Reliquien, Präbenden und Abläſſen zu ſprechen; aber
er bezog dies auf die Zeit Huſſens und
ließ die gegenwärtige Kirche in Ruhe.
Ja, er zog nicht einmal gegen Huſſens Richter
los dafür, daß ſie ihn als Ketzer verurtheilt hatten.
Er ſagte: War Johannes Hus ein Ketzer oder nicht?
Darauf kann ich nicht antworten. Ich bin kein Theo-
loge und habe mich nie mit dogmatiſchen Fragen und
Problemen befaßt. Ich bin ein Politiker, ein Natio-
naler, ein czechiſcher Patriot, und wenn ich den Con-
ſtanzer Märtyrer ehre, preiſe und feiere, ſo thue ich es
nicht etwa deshalb, weil ich ſeine theologiſchen Anſichten
und Grundſätze als die einzig richtigen, unfehlbaren
und für die Menſchheit heilſamen betrachte. Es iſt
wahr, daß Magiſter Johannes Hus vor Allem
Theologe war, daß er als Lehrer, Prieſter, Ge-
lehrter, Prediger und Schriftſteller hauptſächlich und
faſt ausſchließlich ſich mit religiöſen
Dingen beſchäftigte, und daß er wegen ſeiner
Thätigkeit auf kirch lichem und religiöſem
Gebiete verfolgt, gerichtet und vom Leben zum Tode
gebracht wurde.“
Gregr ſagt alſo: Huß war vor Allem
Theologe, er wurde wegen religiöſer Lehrſätze ver-
brannt — wenn nun aber Gregr und ſeine Partei
für den Theologen Huß nicht eintreten will,
warum verehrt ſie ihn als einen Heiligen, der
den Martertod erlitt? Alſo entweder haben die
Jungczechen einen unſinnigen Hußcultus bisher
geübt oder Dr. Gregr hat eine unſinnige Rede
gehalten. Dieſer Alternative iſt ſchwer auszu-
weichen, ſelbſt wenn man den guten Willen hat,
die alte Mehrheit zu favoriſiren. — Mit welcher
Unverſöhnlichkeit man czechiſcherſeits das Entgegen-
kommen beantwortete, beweiſen die Auslaſſungen
des Brünner Organes des Abg. Dr. Stransky,
in denen es über die deutſche Vermittlungsſprache
heißt:
„Wenn die Deutſchen dieſes Poſtulat immer
wieder in den Vordergrund drängen, ſo zeigen ſie
damit nur, daß ſie die nichtdeutſchen Nationalitäten
provociren wollen; ſie glauben, damit einen
Damm für ihre Forderungen zu errichten. In dieſer
Beziehung ſind ſie aber in einer argen Täuſchung,
denn je mehr ſie die ſlaviſchen Volksſtämme drang-
ſaliren, deſto ſtärker wird die Ueberzeugung erwachen,
daß die Slaven die Majorität in Oeſter-
reich bilden. Die Slaven haben daher das
Recht, zu verlangen, daß ſie als die Majorität in
Wien reſpectirt werden.“
Herr Dr. Ebenhoch wird alſo merken, daß
die auch von ihm vertretene deutſche Forderung
„provocirt“. — Nebenbei iſt bemerkenswerth, daß
ſelbſt die jüdiſche Phantaſie des Juden Stransky
gegen die deutſche Vermittlungsſprache kein anderes
Argument zu finden weiß, als daß die Slaven
„die Majorität in Oeſterreich bilden“. Dieſe
Slaven, die ſich in keiner einzigen ſla-
viſchen Sprache untereinander verſtändigen
können, wären heute ſchon in einer ſchönen
Calamität, wenn ſie ſich nicht durch
die deutſche Vermittlungsſprache
verſtändigen könnten. Warum wären
ſonſt ihre Organe zur Vertretung der ſlaviſchen
Solidarität und der angeblich „geſammtſlaviſchen
Intereſſen“ gerade deutſch geſchrieben?
Liebäugeleien. Ein „verehrter Mitarbeiter“ der
„N. Tir. Stimmen“ — ein Blatt bezeichnet als dieſen
Baron Dipauli — ſchreibt in dem genannten
Tiroler conſervativen Organ:
„An eine vollkommene Iſolirung
der Czechen iſt, wenn ſich nicht die Czechen ſelbſt dazu
verurtheilen, nicht zu denken und man darf ſie anch
nicht wünſchen. Denn gerade in der Iſolirung wären
dieſelben am bockbeinigſten; ſie würden das Parlament,
in welches ſie ohnehin nur mit der bekannten, ihrer Idee
von dem Machtanſpruche ihrer Nationalität entſprungenen
Rechtsrerwahrung eingetreten ſind, zu keiner Arbeits-
fähigkeit gelangen laſſen. Eine Parteigruppirung mit
einer Majorität, die auch die Linksdeutſchen
in ſich begreift, erſcheint faſt ausgeſchloſſen; einfluß-
reiche Wortführer unter denſelben perhorresciren ja
jedes Zuſammengehen mit den Polen und der Katholi-
ſchen Volkspartei, gegenſeitige Stimmen, wie die von
Grabmayr finden bei den eigenen Parteigenoſſen keinen
Anklang, und andererſeits iſt weder bei den Polen
(mit vielleicht vereinzelten Ausnahmen) noch bei
der Katholiſchen Volkspartei
ein Zug nach links wahrzunehmen. Wenn eine
Majorität zu Stande kommt, ſo kann es daher vor-
ausſichtlich nur die reconſtruirte alte
Rechte ſein und die Katholiſche Volks-
partei dürfte ſich durch die Vorwürfe, die von
linksdeutſcher Seite allerdings nicht ausbleiben werden,
wohl nicht abſchrecken laſſen, derſelben
wieder anzugehören.“ — Guten Appetit!
Exminiſter Baron Gautſch wurde geſtern in
Iſchl vom Kaiſer in längerer Audienz empfangen und
der Familientafel beigezogen.
Der Pilſeuer Bierkrieg iſt dank der energiſchen
Haltung der Berliner Gaſtwirthe und des Publicums
beendet. Zwiſchen den Berliner Wirthen und den Ver-
tretern des Pilſener Bürgerlichen Brauhauſes iſt eine
Vereinbarung zu Stande gekommen. Von dem ſich auf
3 M. 40 Pfg. berechnenden Aufſchlag auf den Bier-
zoll wird das Bürgerliche Brauhaus 2 M. 40 Pfg.
übernehmen, während den Reſt von 1 M. die Wirthe
tragen werden. Für das Publicum verbleibt es in
Folge deſſen bei den bisherigen Ausſchankpreiſen.
Aufrichtige Geſtändniſſe. Das Organ der
czechiſchen Realiſtenpartei ſchreibt mit einer Offenheit,
die den Jungczechen ſehr ungelegen kommen dürfte:
„Wir waren von den Bedingungen Doctor
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