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Reichspost. Nr. 56, Wien, 03.02.1913.

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Wien, Montag Reichspost 3. Februar 1913 Nr. 56

[Spaltenumbruch]
Die Wintersportkonkurrenzen am
Semmering.

Heute gab es auf dem Semmering ein selten reichhaltiges
sportliches Programm, das den Freunden jeder Art von Winter-
sport etwas zu bieten vermochte. Vormittags kamen Bobsleigh-
und Bobykonkurrenzen zur Entscheidung, nachmittags gab es
ein Skispringen, welches die besten internationalen Vertreter
dieser so hochinteressanten sportlichen Disziplin am
Start sah. In den Mittagsstunden konnte man am
Semmering den Einlauf des Stafettenlaufes, der am Drahte-
kogel begonnen hatte, beobachten. Es hatte sich denn auch
ein zahlreiches illustres Publikum am Semmering eingefunden.
Man sah die Königin-Mutter Christine von Spanien, Herrn
Erzherzog Friedrich, Herzog Elias von Parma, ferner den Mi-
nister des Aeußern Grafen Berchtold mit Gemahlin, Nandine
Berchtold, den ungarischen Ministerpräsidenten v. Lukacs, den
Banus von Kroatien Baron Cuvay, die Prinzen Ferdinand
Montenuovo und Auersperg, die Prinzessinen Windischgrätz,
Gräfin Lodron, die Grafen Dubsky und Corty, Baronin
Löwenthal, Herrn Miller v. Aichholz usw.

Leider zeigte es sich gestern, daß die Durchführung so zahl-
reicher verschiedenartiger Konkurrenzen an einem Tage auf
technische nicht überwindbare Hindernisse stößt und der Oester-
reichische Wintersportklub, dessen Funktionäre sich sozusagen
zerrissen, mußte schließlich die Resultate der Bob- und Boby-
rennen annullieren.

Die Schlittenkonkurrenzen.

Dem Wintersportklub machte
der Wettergott insofern einen Strich durch die Rechnung, als
es nicht gelang eine Schneebahn herzustellen, vielmehr war sie
vollkommen vereist. Infolgedessen gab es im ersteren Lauf
eine große Anzahl von Stürzen, durch welche namentlich die
Forstmeister und die Wegkurve arg hergenommen wurden. Im
zweiten Lause mußten daher die Lenker an diesen Stellen sehr
auf Löcher achten, was natürlich die Leistungen verminderte. So-
wohl für das Bobsleighrennen, wie auch für das Boby-
rennen waren je acht Unterschriften eingelaufen, was bei 2
Läufen 31 Starts ergab. Da die Schlittenkonkurrenzen wegen
der anderen Wettkämpfe bis 12 Uhr beendet sein mußten, be-
schloß die Rennleitung Bobs und Bobys ohne Rücksicht auf die
Konkurrenzen durcheinander starten zu lassen. Dies führte zu
einem Protest sämtlicher Boblenker, dem Folge gebend der
Wintersportklub beide Rennen annulierte. Darüber wurde
folgendes Kommunique verlautbart: "Da infolge Kumulierung
der Boby- und Vobsleigh-Konkurrenzen das Einhalten der aus-
gelosten Startreihenfolge nicht möglich war, und mithin die
Chancen der einzelnen Fahrer willkürlich verschoben wurden,
sieht sich die Rennleitung veranlaßt, die zwei Rennen zu annu-
lieren und später nochmals austragen zu lassen." Die Resultate
der später annulierten Rennen waren:

Bobsleighrennen um den Wanderpreis
des Oe.
W. S. C. 2 Läufe: Bob "Frauenfresser"
[Spaltenumbruch] (Adametz, Baron Aichelburg, Ing. Baumann, Ing. Hamel,
Dr. v. Frank) in 2 Min. 17 Sek. + 2 Min. 20 Sek. = 4 Min.
37 Sek. Erster Bob "Lilly" (Graf Dobrzensky, Leon Dore,
Alfred Dore, Graf Lodron-Wolfert) in 2 Min. 18 Sek. +
2 Min. 25 1/6 Sek. = 4 Min. 44 Sek. Zweiter Bob, "Satan"
(Viktor Hodek, Ballner, Paintzner) in 4 Min. 481/4 Sek. Dritter.
Acht Bobs starteten.

Junioren-Bobyrennen um den Pokal
des Herrn Konsuls Felix v. Stiaßny.
2 Länfe.
Dr. Linker--Baron Sedlnitzki in 2 Mln. 46·9 Sek.

2 Min. 37·2 Sek. = 5 Min. 24·1 Sek. Erste. Heinrich Heine
(ps)--Graf Dobrzensky, 2 Min. 49 Sek. + 2 Min.
38·2 Sek. = 5 Min. 27·2 Sek. Zweiter. Leon Dore--Baron
Winterstein in 2 Min. 43 Sek. + 2 Min. 47 Sekunden
= 5 Min. 30 Sek. Dritter. Ing. Schwitzer 4. Acht starteten.

Der Skistafettenlauf.

Heftige Schneestürme, die auf dem Drahtakogel
und auf Kampalpe wüteten. verzögerten den
Start zum Skistafettenlauf ganz beträchtlich, so daß die Ersten,
statt wie man angenommen hatte um 1 Uhr 116 Minuten erst
gegen 3 Uhr das Ziel passierten. Insgesamt beteiligten sich an
dieser Konkurrenz fünf Mannschaften die aus je vier Personen
zusammengesetzt waren, die sich gegenseitig an vorher bestimm-
ten Ralaispunkten abzulösen hatten. Als Starter fungierte Herr
Glocke als Zielrichter Herr Roger de Riegmatten. Das Resultat war:

Oesterr. Wintersportklub (Dr. Junk, Rich.
Gerni, Sepp Bildsbein, Rud. Gerin) in 1 Stunde 30 Minuten
25 1/5 Gekunde. Erster Verband steir. Skiläufer (Dr. Gödel, Stärk,
Oberreder, Kutschera) in 1 Stunde, 11 Minuten 58 Sekunden.
Zweiter. Akad. Skiklub Wilhelm, Grzyroka, Witzelsberger,
Dr. F. Kutschera) 1 Stunde 12 Minuten 0 2/5 Sekunden. Dritter.
Oesterr. Skiverein (Dr. v. Klein, Ambros Scholz, Weiß, Walter
Godina) Vierter. Akad. Sektion des Oesterr. Ski-Verand
(Fritz Godina, Anny Bayer, Nadherny, Beruatzki). Fünfter.

Skispringen.

Das interessanteste Event das Tages war das inter-
nationale Skispringen um den Preis der Gemeinde Breitenstein,
denn an dieser Konkurreuz nahmen die hervorragendsten inter-
nationalen Vertreter dierser sportlichrn Disziplin teil. Was für
ein vorzügliches Material hier am Start erschien, ging schon
aus der Bestimmung hervor, daß Sprünge unter 25 Metern als
Sturz gewertet wurden. Außer Konkurrenz star[t]eten der
Norweger Thorloif Aas, der Weltrekordträger Harald
Smidt und der Berufmeister Schneider aus St. Anton
a. E. Schneider wollte im letzten Moment den Anlauf ver-
längern lassen, doch war dies nicht mehr durchführbar. Er
führte denn auch darauf die für seine Fähigkeiten verhältnis-
mäßig schwächeren Leistungen zurück. Den weitesten Sprung
des Tager er ichte Thorloif Aas, der einen gestandenen
Sprung, von 37 Metern und einen gestürzten von 38 Metern
zeigte. Harald Smith sprang zweimal 36 Meter, hievon einen
stehend, und Schneider erzielte zwei Sprünge von je 33 Metern.
[Spaltenumbruch] Bei der Preisverteilung erhielten Aas und Smith je einen
prachtvollen Becher als Ehrengabe. Das Resultat des Springens,
das um 3 Uhr begonnen hatte, war:

Simoneon (München, Note 1·93, 2 gestandene, Sprung-
weiten 32·5, 33, 30 Meter) 1. Hans Rucke[r] (Verband steiri-
sche[r] Skiläufer, Note 2·24, 3 gest.; 25, 31, 36·5 Meter) 2. Max
Rücker (Verband steirischer Skiläufer, Note 2·29, 3 gest.; 30, 24,
26 Meter) 3. Sepp Bidlstein (Oesterreichischer Wintersportklub,
Note 2·39, 3 gest.; 27·5, 26·6, 27·5 Meter) 4. Gregury (St. Louis,
Note 2·68, 2 gest.: 24, 25, 29 Meter) 5. Ferner starteten:
K. Gretler (Verband steirischer Skiläufer; Sprünge 28, 26,
23 Meter), Hauvard Schjerver (München, Sprünge 27, 27
30·5 Meter), Ambros Scholz (Oesterreichischer Sportverband,
20·50 Meter).




Eingesendet.

In
Kirchenmalereien
empfiehlt sich die bestrenommierte Firma
Franz Fischer u. Sohn
Dekorationsmaler,

Wien, VIII. Lerchengasse Nr. 23, Telephon Nr. 13180, Kontra
henten sämtlicher Ministerien, der k. k. hohen niederöster
reichischen Statthalterei usw., welche schon viele Kirchen zu
vollsten Zufriedenheit aller maßgebenden Persönlichkeiten aus-
geführt haben.

Kostenvoranschläge werden nach Angabe der näheren
Details ohne separate Vergütung ausgearbeitet.




[irrelevantes Material]


Bälle von heute:

3. Februar: Kursalon: Ball der Beamten der Stadt Wien.
-- Blumensäle: Ball des Kondukteurvereines. -- "Grünes Tor"
Ball der Zuckerbäckergehilfen. -- Gschwandner: Ball der Eger-
länder Gmoa. -- Pertls Drittes Cafe: Ball der Schuhmacher-
meiste[r]. -- "Zum Auge Gottes": Bauernkirta des Gesangver-
eines der Oberösterreicher. -- Hotel Bayrischer Hof: Gesang-
verein der k. k. Staatsbeamten. -- "Geünes Tor": "Naßwalder"-
Kinderball. -- Stalehner: Monstermaskenball. -- "Zum wilden
Mann": Ball des Gesangvereines der Bäcker Wiens.




[Spaltenumbruch]

5. Folge.

Nachdruck verboten.

Auf schiefer Ebene.

Drittes Kapitel.

Auf der Terrasse des Gutshauses saßen Frau Major
Kranich und ihre Tochter beisammen.

Minni von Jager war so tief ermattet, daß sie, ohne
Teilnahme für ihre Umgebung zu äußern, im bequemen
Korbsessel lehnte, die Hände im Schoß gefaltet. Tiefe
Schatten lagerten unter ihren Augen, und diese selber
legten deutlich Zeugnis davon ab, daß die Besitzerin sie
in längerer Zeit zu keiner Ruhe geschlossen.

"Die Herren bleiben lange aus," sagte die Majorin,
besorgt zu ihrer gänzlich apathischen Tochter hinüber-
blickend.

Minni entgegnete nichts. Worauf die Majorin wie
zur eigenen Beruhigung fortfuhr: "Ach, Kind, Du kannst
doch Gott wenigstens danken, daß Deine Zukunft ge-
sichert ist. Wenn Du jetzt vor dem Nichts ständest, das
wäre zu hart."

Auch hierauf erfolgte keine Antwort. Die junge
Frau schien von ihren eigenen Gedanken dermaßen in
Anspruch genommen, daß sie denjenigen anderer nicht zu
folgen vermochte.

Die Majorin begriff das. Der erste rasende Schmerz
wollte austoben; dagegen traten die kleinlichen Be[d]enken
des Lebens einstweilen in den Hintergrund.

Und schließlich gab es ja auch keine Sorgen: nicht so,
wie sie sie im Leben durchkämpft hatte. Es hatte schlim-
mer für das Kind aussehen können. Die Armut erträgt
sich nach einer Reihe von Glücksjahren weit schwerer, als
sie ein Mensch empfindet, der in der alten Gewohnheit
verbleibt.

Dieser Gedanke hatte etwas ungemein tröstliches
für die vergrämte Frau; er wollte aber nicht nur gedacht
sein, er wollte sich auch in Worten Luft machen. Darin
lag Erleichterung, auch Genugtuung. So zu hören, wenn
auch nur mit den eigenen Worten, daß die Zukunft eines
Kindes in durchaus würdiger Weise gesichert ist, ist
tröstlich.

Sie blickte mit einer gewissen Befriedigung um sich.
Wie vornehm wirkte alles auf Ludwigshof. Welche Mit-
tel mußten zur Verfügung stehen, sich diesen Luxus, diese
Eleganz, nach Wunsch und Geschmack zu verschaffen. Ach,
sie, die arme Soldatenfrau, hatte niemals den Segen
[Spaltenumbruch] und die Annehmlichkeit eines gediegenen Wohlstandes
gekannt. Um so mehr verstand sie denselben zu schätzen.
Auch Minni würde so empfinden, sobald ihr Schmerz sich
gemildert. Ja, die Majorin sah noch weiter. Ihr Kind
[w]ar noch so jung.

Es war doch seltsam, daß in der Stunde der Sorge
um den Schwiegersohn sich bereits hellere Zukunfts-
bilder wieder breit machten.

Die Majorin ward sich dessen plötzlich bewußt; sie
schämte sich dieser Regung wohl, doch aber sagte sie sich,
daß immer und überall das Glück ihres Kindes die Ober-
hand bei ihr hatte.

Leo hatte in ihrem Herzen niemals so recht die
Stelle eines Kindes eingenommen. Lag es an ihr? Lag's
an ihm? Sie hatte des Gefühls niemals Herr werden
können, ihr liebliches Kind sei zu schade für den reichlich
oberflächlichen Mann. Seine laute Fröhlichkeit hatte nie
ein Echo in ihrem Herzen erweckt.

Aber sicher hatte das an ihr gelegen, die sie das
Leben so furchtbar ernst zu nehmen gelernt hatte.

Hauptmann Meiersahm war mehr ein Mann nach
ihrem Herzen.

Und nach ihrem Ermessen hatte sie einst geglaubt,
Minni würde an seiner Seite glücklicher geworden sein.

Darin hatte sie sich getäuscht. Glücklicher als mit
Leo hätte ihr Kind auch nicht mit dem Hauptmann wer-
den können.

Es war freilich nur ein kurzes Glück gewesen.

Die Majorin wischt sich verstohlen eine Träne aus
dem Auge.

In diesem Augenblick fuhr in schnellem Tempo ein
Gefährt die lange Lindenallee, die zu dem Heerenhause
führte, hinan.

Die Majorin erhob sich.

"Minni," sagte sie zu ihrer Tochter, "die Herren
sind da."

Landgerichtsrat Frenzel glaubte nie so viel hin-
reißenden Liebreiz gesehen zu haben, als Minni von
Jag[e]r ihm schmerzvoll entgegentrat. Er sprach mit war-
mer Herzlichkeit Worte des Bedauerns, jedoch einen
Trost für die Unglückliche wußte er nicht. Hätte man den
Gutsherrn beschuldigt, einen Mord ausgeführt zu haben,
so hätte man immer noch den Fall als nicht ganz aus-
sichtslos hinstellen können. Hier aber war er aussichtslos.
Welches Unglück ihn auch betroffen haben mochte, für
die Frau war er verloren. Und es blieb nur eine Frage
der Zeit, die Lösung für das seltsame Verschwinden zu
finden.


[Spaltenumbruch]

Die Arbeit der Herren wickelte sich hier genau in
derselben Weise ab, wie auf Wischhagen.

Es wurden Verhöre angestellt, und da niemand bis-
her auf den Einfall gekommen war, das Zimmer des
Hausherrn zu untersuchen, wurde dieser Akt jetzt von
Gerichts wegen vorgenommen. Der große Diplomaten-
schreibtisch war hiebei natürlich von besonderem Inter-
esse; doch entsprach die kurze Uebersicht der wenigen
Papiere nicht den Erwartungen.

Eine Privatkorrespondenz existierte überhaupt
nicht. Die die Landwirtschaft betreffenden Geschäfts-
papiere befanden sich in den Händen des Inspektors.
Herr von Jager schien sich nicht gern mit geschäftlichen
Angelegenheiten befaßt zu haben.

Die Gutsherrin konnte, was den Vermögensstand
anbelangte, gar keine Auskünfte erteilen; auch die
Schwiegermutter wußte nichts Näheres darüber, er-
wähnte aber, daß ihre Kinder in den besten Verhältnissen
gelebt.

Die Herren hielten sich hier weit kürzere Zeit auf
als auf Wischhagen. Oertliche Untersuchungen waren auf
Ludwigshof von keiner Bedeutung. Denn da das Pferd
des Gutsherrn in der Nähe der Stadt aufgefunden wor-
den war, blieb anzunehmen, daß jene Stelle oder deren
nächste Umgebung für Herrn von Jager in Betracht kom-
men mußte.

Durch den Inspektor auf Ludwigshof, der seine Ant-
worten reserviert abgegeben, hatten die Herren erfahren,
daß das Gut bis zur äußersten Grenze belastet sei. Ein
gewisser Wiegand aus der Stadt, ein Haus- und Hypo-
thekenmakler, hatte 25.000 Mark als letzte Hypothek in
dem Gute stehen.

Wiegand war den Herren gar wohlbekannt. Er stand
nicht gerade in dem besten Rufe, obgleich man dem
Manne auch wiederum nichts Uebles nachsagen konnte.
Das Gericht hatte sich des öfteren mit ihm zu beschäfti-
gen gehabt, es war dem Menschen aber doch nicht beizu-
kommen gewesen.

"Es könnte sein, und die Sache hat entschieden etwas
für sich," meinte der Kriminalkommissär auf der Heim-
fahrt, "der Jager habe alles hinter sich geworfen und sei
geflüchtet."

"Angenommen. Was aber hat der Hauptmann mit
dieser Flucht zu tun?" war die Entgegnung Frenzels.
"Wir müßten es hier alsdann mit zwei verschiedenen
Fällen zu tun haben."

(Fortsetzung folgt.)




[irrelevantes Material]
Wien, Montag Reichspoſt 3. Februar 1913 Nr. 56

[Spaltenumbruch]
Die Winterſportkonkurrenzen am
Semmering.

Heute gab es auf dem Semmering ein ſelten reichhaltiges
ſportliches Programm, das den Freunden jeder Art von Winter-
ſport etwas zu bieten vermochte. Vormittags kamen Bobſleigh-
und Bobykonkurrenzen zur Entſcheidung, nachmittags gab es
ein Skiſpringen, welches die beſten internationalen Vertreter
dieſer ſo hochintereſſanten ſportlichen Disziplin am
Start ſah. In den Mittagsſtunden konnte man am
Semmering den Einlauf des Stafettenlaufes, der am Drahte-
kogel begonnen hatte, beobachten. Es hatte ſich denn auch
ein zahlreiches illuſtres Publikum am Semmering eingefunden.
Man ſah die Königin-Mutter Chriſtine von Spanien, Herrn
Erzherzog Friedrich, Herzog Elias von Parma, ferner den Mi-
niſter des Aeußern Grafen Berchtold mit Gemahlin, Nandine
Berchtold, den ungariſchen Miniſterpräſidenten v. Lukacs, den
Banus von Kroatien Baron Cuvay, die Prinzen Ferdinand
Montenuovo und Auersperg, die Prinzeſſinen Windiſchgrätz,
Gräfin Lodron, die Grafen Dubsky und Corty, Baronin
Löwenthal, Herrn Miller v. Aichholz uſw.

Leider zeigte es ſich geſtern, daß die Durchführung ſo zahl-
reicher verſchiedenartiger Konkurrenzen an einem Tage auf
techniſche nicht überwindbare Hinderniſſe ſtößt und der Oeſter-
reichiſche Winterſportklub, deſſen Funktionäre ſich ſozuſagen
zerriſſen, mußte ſchließlich die Reſultate der Bob- und Boby-
rennen annullieren.

Die Schlittenkonkurrenzen.

Dem Winterſportklub machte
der Wettergott inſofern einen Strich durch die Rechnung, als
es nicht gelang eine Schneebahn herzuſtellen, vielmehr war ſie
vollkommen vereiſt. Infolgedeſſen gab es im erſteren Lauf
eine große Anzahl von Stürzen, durch welche namentlich die
Forſtmeiſter und die Wegkurve arg hergenommen wurden. Im
zweiten Lauſe mußten daher die Lenker an dieſen Stellen ſehr
auf Löcher achten, was natürlich die Leiſtungen verminderte. So-
wohl für das Bobſleighrennen, wie auch für das Boby-
rennen waren je acht Unterſchriften eingelaufen, was bei 2
Läufen 31 Starts ergab. Da die Schlittenkonkurrenzen wegen
der anderen Wettkämpfe bis 12 Uhr beendet ſein mußten, be-
ſchloß die Rennleitung Bobs und Bobys ohne Rückſicht auf die
Konkurrenzen durcheinander ſtarten zu laſſen. Dies führte zu
einem Proteſt ſämtlicher Boblenker, dem Folge gebend der
Winterſportklub beide Rennen annulierte. Darüber wurde
folgendes Kommunique verlautbart: „Da infolge Kumulierung
der Boby- und Vobſleigh-Konkurrenzen das Einhalten der aus-
geloſten Startreihenfolge nicht möglich war, und mithin die
Chancen der einzelnen Fahrer willkürlich verſchoben wurden,
ſieht ſich die Rennleitung veranlaßt, die zwei Rennen zu annu-
lieren und ſpäter nochmals austragen zu laſſen.“ Die Reſultate
der ſpäter annulierten Rennen waren:

Bobsleighrennen um den Wanderpreis
des Oe.
W. S. C. 2 Läufe: Bob „Frauenfreſſer“
[Spaltenumbruch] (Adametz, Baron Aichelburg, Ing. Baumann, Ing. Hamel,
Dr. v. Frank) in 2 Min. 17 Sek. + 2 Min. 20 Sek. = 4 Min.
37 Sek. Erſter Bob „Lilly“ (Graf Dobrzensky, Leon Doré,
Alfred Doré, Graf Lodron-Wolfert) in 2 Min. 18 Sek. +
2 Min. 25⅙ Sek. = 4 Min. 44 Sek. Zweiter Bob, „Satan“
(Viktor Hodek, Ballner, Paintzner) in 4 Min. 48¼ Sek. Dritter.
Acht Bobs ſtarteten.

Junioren-Bobyrennen um den Pokal
des Herrn Konſuls Felix v. Stiaßny.
2 Länfe.
Dr. Linker—Baron Sedlnitzki in 2 Mln. 46·9 Sek.

2 Min. 37·2 Sek. = 5 Min. 24·1 Sek. Erſte. Heinrich Heine
(pſ)—Graf Dobrzensky, 2 Min. 49 Sek. + 2 Min.
38·2 Sek. = 5 Min. 27·2 Sek. Zweiter. Leon Doré—Baron
Winterſtein in 2 Min. 43 Sek. + 2 Min. 47 Sekunden
= 5 Min. 30 Sek. Dritter. Ing. Schwitzer 4. Acht ſtarteten.

Der Skiſtafettenlauf.

Heftige Schneeſtürme, die auf dem Drahtakogel
und auf Kampalpe wüteten. verzögerten den
Start zum Skiſtafettenlauf ganz beträchtlich, ſo daß die Erſten,
ſtatt wie man angenommen hatte um 1 Uhr 116 Minuten erſt
gegen 3 Uhr das Ziel paſſierten. Insgeſamt beteiligten ſich an
dieſer Konkurrenz fünf Mannſchaften die aus je vier Perſonen
zuſammengeſetzt waren, die ſich gegenſeitig an vorher beſtimm-
ten Ralaispunkten abzulöſen hatten. Als Starter fungierte Herr
Glocke als Zielrichter Herr Roger de Riegmatten. Das Reſultat war:

Oeſterr. Winterſportklub (Dr. Junk, Rich.
Gerni, Sepp Bildsbein, Rud. Gerin) in 1 Stunde 30 Minuten
25⅕ Gekunde. Erſter Verband ſteir. Skiläufer (Dr. Gödel, Stärk,
Oberreder, Kutſchera) in 1 Stunde, 11 Minuten 58 Sekunden.
Zweiter. Akad. Skiklub Wilhelm, Grzyroka, Witzelsberger,
Dr. F. Kutſchera) 1 Stunde 12 Minuten 0⅖ Sekunden. Dritter.
Oeſterr. Skiverein (Dr. v. Klein, Ambros Scholz, Weiß, Walter
Godina) Vierter. Akad. Sektion des Oeſterr. Ski-Verand
(Fritz Godina, Anny Bayer, Nadherny, Beruatzki). Fünfter.

Skiſpringen.

Das intereſſanteſte Event das Tages war das inter-
nationale Skiſpringen um den Preis der Gemeinde Breitenſtein,
denn an dieſer Konkurreuz nahmen die hervorragendſten inter-
nationalen Vertreter dierſer ſportlichrn Disziplin teil. Was für
ein vorzügliches Material hier am Start erſchien, ging ſchon
aus der Beſtimmung hervor, daß Sprünge unter 25 Metern als
Sturz gewertet wurden. Außer Konkurrenz ſtar[t]eten der
Norweger Thorloif Aas, der Weltrekordträger Harald
Smidt und der Berufmeiſter Schneider aus St. Anton
a. E. Schneider wollte im letzten Moment den Anlauf ver-
längern laſſen, doch war dies nicht mehr durchführbar. Er
führte denn auch darauf die für ſeine Fähigkeiten verhältnis-
mäßig ſchwächeren Leiſtungen zurück. Den weiteſten Sprung
des Tager er ichte Thorloif Aas, der einen geſtandenen
Sprung, von 37 Metern und einen geſtürzten von 38 Metern
zeigte. Harald Smith ſprang zweimal 36 Meter, hievon einen
ſtehend, und Schneider erzielte zwei Sprünge von je 33 Metern.
[Spaltenumbruch] Bei der Preisverteilung erhielten Aas und Smith je einen
prachtvollen Becher als Ehrengabe. Das Reſultat des Springens,
das um 3 Uhr begonnen hatte, war:

Simoneon (München, Note 1·93, 2 geſtandene, Sprung-
weiten 32·5, 33, 30 Meter) 1. Hans Rucke[r] (Verband ſteiri-
ſche[r] Skiläufer, Note 2·24, 3 geſt.; 25, 31, 36·5 Meter) 2. Max
Rücker (Verband ſteiriſcher Skiläufer, Note 2·29, 3 geſt.; 30, 24,
26 Meter) 3. Sepp Bidlſtein (Oeſterreichiſcher Winterſportklub,
Note 2·39, 3 geſt.; 27·5, 26·6, 27·5 Meter) 4. Gregury (St. Louis,
Note 2·68, 2 geſt.: 24, 25, 29 Meter) 5. Ferner ſtarteten:
K. Gretler (Verband ſteiriſcher Skiläufer; Sprünge 28, 26,
23 Meter), Hauvard Schjerver (München, Sprünge 27, 27
30·5 Meter), Ambros Scholz (Oeſterreichiſcher Sportverband,
20·50 Meter).




Eingeſendet.

In
Kirchenmalereien
empfiehlt ſich die beſtrenommierte Firma
Franz Fiſcher u. Sohn
Dekorationsmaler,

Wien, VIII. Lerchengaſſe Nr. 23, Telephon Nr. 13180, Kontra
henten ſämtlicher Miniſterien, der k. k. hohen niederöſter
reichiſchen Statthalterei uſw., welche ſchon viele Kirchen zu
vollſten Zufriedenheit aller maßgebenden Perſönlichkeiten aus-
geführt haben.

Koſtenvoranſchläge werden nach Angabe der näheren
Details ohne ſeparate Vergütung ausgearbeitet.




[irrelevantes Material]


Bälle von heute:

3. Februar: Kurſalon: Ball der Beamten der Stadt Wien.
— Blumenſäle: Ball des Kondukteurvereines. — „Grünes Tor“
Ball der Zuckerbäckergehilfen. — Gſchwandner: Ball der Eger-
länder Gmoa. — Pertls Drittes Café: Ball der Schuhmacher-
meiſte[r]. — „Zum Auge Gottes“: Bauernkirta des Geſangver-
eines der Oberöſterreicher. — Hotel Bayriſcher Hof: Geſang-
verein der k. k. Staatsbeamten. — „Geünes Tor“: „Naßwalder“-
Kinderball. — Stalehner: Monſtermaskenball. — „Zum wilden
Mann“: Ball des Geſangvereines der Bäcker Wiens.




[Spaltenumbruch]

5. Folge.

Nachdruck verboten.

Auf ſchiefer Ebene.

Drittes Kapitel.

Auf der Terraſſe des Gutshauſes ſaßen Frau Major
Kranich und ihre Tochter beiſammen.

Minni von Jager war ſo tief ermattet, daß ſie, ohne
Teilnahme für ihre Umgebung zu äußern, im bequemen
Korbſeſſel lehnte, die Hände im Schoß gefaltet. Tiefe
Schatten lagerten unter ihren Augen, und dieſe ſelber
legten deutlich Zeugnis davon ab, daß die Beſitzerin ſie
in längerer Zeit zu keiner Ruhe geſchloſſen.

„Die Herren bleiben lange aus,“ ſagte die Majorin,
beſorgt zu ihrer gänzlich apathiſchen Tochter hinüber-
blickend.

Minni entgegnete nichts. Worauf die Majorin wie
zur eigenen Beruhigung fortfuhr: „Ach, Kind, Du kannſt
doch Gott wenigſtens danken, daß Deine Zukunft ge-
ſichert iſt. Wenn Du jetzt vor dem Nichts ſtändeſt, das
wäre zu hart.“

Auch hierauf erfolgte keine Antwort. Die junge
Frau ſchien von ihren eigenen Gedanken dermaßen in
Anſpruch genommen, daß ſie denjenigen anderer nicht zu
folgen vermochte.

Die Majorin begriff das. Der erſte raſende Schmerz
wollte austoben; dagegen traten die kleinlichen Be[d]enken
des Lebens einſtweilen in den Hintergrund.

Und ſchließlich gab es ja auch keine Sorgen: nicht ſo,
wie ſie ſie im Leben durchkämpft hatte. Es hatte ſchlim-
mer für das Kind ausſehen können. Die Armut erträgt
ſich nach einer Reihe von Glücksjahren weit ſchwerer, als
ſie ein Menſch empfindet, der in der alten Gewohnheit
verbleibt.

Dieſer Gedanke hatte etwas ungemein tröſtliches
für die vergrämte Frau; er wollte aber nicht nur gedacht
ſein, er wollte ſich auch in Worten Luft machen. Darin
lag Erleichterung, auch Genugtuung. So zu hören, wenn
auch nur mit den eigenen Worten, daß die Zukunft eines
Kindes in durchaus würdiger Weiſe geſichert iſt, iſt
tröſtlich.

Sie blickte mit einer gewiſſen Befriedigung um ſich.
Wie vornehm wirkte alles auf Ludwigshof. Welche Mit-
tel mußten zur Verfügung ſtehen, ſich dieſen Luxus, dieſe
Eleganz, nach Wunſch und Geſchmack zu verſchaffen. Ach,
ſie, die arme Soldatenfrau, hatte niemals den Segen
[Spaltenumbruch] und die Annehmlichkeit eines gediegenen Wohlſtandes
gekannt. Um ſo mehr verſtand ſie denſelben zu ſchätzen.
Auch Minni würde ſo empfinden, ſobald ihr Schmerz ſich
gemildert. Ja, die Majorin ſah noch weiter. Ihr Kind
[w]ar noch ſo jung.

Es war doch ſeltſam, daß in der Stunde der Sorge
um den Schwiegerſohn ſich bereits hellere Zukunfts-
bilder wieder breit machten.

Die Majorin ward ſich deſſen plötzlich bewußt; ſie
ſchämte ſich dieſer Regung wohl, doch aber ſagte ſie ſich,
daß immer und überall das Glück ihres Kindes die Ober-
hand bei ihr hatte.

Leo hatte in ihrem Herzen niemals ſo recht die
Stelle eines Kindes eingenommen. Lag es an ihr? Lag’s
an ihm? Sie hatte des Gefühls niemals Herr werden
können, ihr liebliches Kind ſei zu ſchade für den reichlich
oberflächlichen Mann. Seine laute Fröhlichkeit hatte nie
ein Echo in ihrem Herzen erweckt.

Aber ſicher hatte das an ihr gelegen, die ſie das
Leben ſo furchtbar ernſt zu nehmen gelernt hatte.

Hauptmann Meierſahm war mehr ein Mann nach
ihrem Herzen.

Und nach ihrem Ermeſſen hatte ſie einſt geglaubt,
Minni würde an ſeiner Seite glücklicher geworden ſein.

Darin hatte ſie ſich getäuſcht. Glücklicher als mit
Leo hätte ihr Kind auch nicht mit dem Hauptmann wer-
den können.

Es war freilich nur ein kurzes Glück geweſen.

Die Majorin wiſcht ſich verſtohlen eine Träne aus
dem Auge.

In dieſem Augenblick fuhr in ſchnellem Tempo ein
Gefährt die lange Lindenallee, die zu dem Heerenhauſe
führte, hinan.

Die Majorin erhob ſich.

„Minni,“ ſagte ſie zu ihrer Tochter, „die Herren
ſind da.“

Landgerichtsrat Frenzel glaubte nie ſo viel hin-
reißenden Liebreiz geſehen zu haben, als Minni von
Jag[e]r ihm ſchmerzvoll entgegentrat. Er ſprach mit war-
mer Herzlichkeit Worte des Bedauerns, jedoch einen
Troſt für die Unglückliche wußte er nicht. Hätte man den
Gutsherrn beſchuldigt, einen Mord ausgeführt zu haben,
ſo hätte man immer noch den Fall als nicht ganz aus-
ſichtslos hinſtellen können. Hier aber war er ausſichtslos.
Welches Unglück ihn auch betroffen haben mochte, für
die Frau war er verloren. Und es blieb nur eine Frage
der Zeit, die Löſung für das ſeltſame Verſchwinden zu
finden.


[Spaltenumbruch]

Die Arbeit der Herren wickelte ſich hier genau in
derſelben Weiſe ab, wie auf Wiſchhagen.

Es wurden Verhöre angeſtellt, und da niemand bis-
her auf den Einfall gekommen war, das Zimmer des
Hausherrn zu unterſuchen, wurde dieſer Akt jetzt von
Gerichts wegen vorgenommen. Der große Diplomaten-
ſchreibtiſch war hiebei natürlich von beſonderem Inter-
eſſe; doch entſprach die kurze Ueberſicht der wenigen
Papiere nicht den Erwartungen.

Eine Privatkorreſpondenz exiſtierte überhaupt
nicht. Die die Landwirtſchaft betreffenden Geſchäfts-
papiere befanden ſich in den Händen des Inſpektors.
Herr von Jager ſchien ſich nicht gern mit geſchäftlichen
Angelegenheiten befaßt zu haben.

Die Gutsherrin konnte, was den Vermögensſtand
anbelangte, gar keine Auskünfte erteilen; auch die
Schwiegermutter wußte nichts Näheres darüber, er-
wähnte aber, daß ihre Kinder in den beſten Verhältniſſen
gelebt.

Die Herren hielten ſich hier weit kürzere Zeit auf
als auf Wiſchhagen. Oertliche Unterſuchungen waren auf
Ludwigshof von keiner Bedeutung. Denn da das Pferd
des Gutsherrn in der Nähe der Stadt aufgefunden wor-
den war, blieb anzunehmen, daß jene Stelle oder deren
nächſte Umgebung für Herrn von Jager in Betracht kom-
men mußte.

Durch den Inſpektor auf Ludwigshof, der ſeine Ant-
worten reſerviert abgegeben, hatten die Herren erfahren,
daß das Gut bis zur äußerſten Grenze belaſtet ſei. Ein
gewiſſer Wiegand aus der Stadt, ein Haus- und Hypo-
thekenmakler, hatte 25.000 Mark als letzte Hypothek in
dem Gute ſtehen.

Wiegand war den Herren gar wohlbekannt. Er ſtand
nicht gerade in dem beſten Rufe, obgleich man dem
Manne auch wiederum nichts Uebles nachſagen konnte.
Das Gericht hatte ſich des öfteren mit ihm zu beſchäfti-
gen gehabt, es war dem Menſchen aber doch nicht beizu-
kommen geweſen.

„Es könnte ſein, und die Sache hat entſchieden etwas
für ſich,“ meinte der Kriminalkommiſſär auf der Heim-
fahrt, „der Jager habe alles hinter ſich geworfen und ſei
geflüchtet.“

„Angenommen. Was aber hat der Hauptmann mit
dieſer Flucht zu tun?“ war die Entgegnung Frenzels.
„Wir müßten es hier alsdann mit zwei verſchiedenen
Fällen zu tun haben.“

(Fortſetzung folgt.)




[irrelevantes Material]
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[6/0006] Wien, Montag Reichspoſt 3. Februar 1913 Nr. 56 Die Winterſportkonkurrenzen am Semmering. Semmering, 2. Februar. (Privat.) Heute gab es auf dem Semmering ein ſelten reichhaltiges ſportliches Programm, das den Freunden jeder Art von Winter- ſport etwas zu bieten vermochte. Vormittags kamen Bobſleigh- und Bobykonkurrenzen zur Entſcheidung, nachmittags gab es ein Skiſpringen, welches die beſten internationalen Vertreter dieſer ſo hochintereſſanten ſportlichen Disziplin am Start ſah. In den Mittagsſtunden konnte man am Semmering den Einlauf des Stafettenlaufes, der am Drahte- kogel begonnen hatte, beobachten. Es hatte ſich denn auch ein zahlreiches illuſtres Publikum am Semmering eingefunden. Man ſah die Königin-Mutter Chriſtine von Spanien, Herrn Erzherzog Friedrich, Herzog Elias von Parma, ferner den Mi- niſter des Aeußern Grafen Berchtold mit Gemahlin, Nandine Berchtold, den ungariſchen Miniſterpräſidenten v. Lukacs, den Banus von Kroatien Baron Cuvay, die Prinzen Ferdinand Montenuovo und Auersperg, die Prinzeſſinen Windiſchgrätz, Gräfin Lodron, die Grafen Dubsky und Corty, Baronin Löwenthal, Herrn Miller v. Aichholz uſw. Leider zeigte es ſich geſtern, daß die Durchführung ſo zahl- reicher verſchiedenartiger Konkurrenzen an einem Tage auf techniſche nicht überwindbare Hinderniſſe ſtößt und der Oeſter- reichiſche Winterſportklub, deſſen Funktionäre ſich ſozuſagen zerriſſen, mußte ſchließlich die Reſultate der Bob- und Boby- rennen annullieren. Die Schlittenkonkurrenzen. Dem Winterſportklub machte der Wettergott inſofern einen Strich durch die Rechnung, als es nicht gelang eine Schneebahn herzuſtellen, vielmehr war ſie vollkommen vereiſt. Infolgedeſſen gab es im erſteren Lauf eine große Anzahl von Stürzen, durch welche namentlich die Forſtmeiſter und die Wegkurve arg hergenommen wurden. Im zweiten Lauſe mußten daher die Lenker an dieſen Stellen ſehr auf Löcher achten, was natürlich die Leiſtungen verminderte. So- wohl für das Bobſleighrennen, wie auch für das Boby- rennen waren je acht Unterſchriften eingelaufen, was bei 2 Läufen 31 Starts ergab. Da die Schlittenkonkurrenzen wegen der anderen Wettkämpfe bis 12 Uhr beendet ſein mußten, be- ſchloß die Rennleitung Bobs und Bobys ohne Rückſicht auf die Konkurrenzen durcheinander ſtarten zu laſſen. Dies führte zu einem Proteſt ſämtlicher Boblenker, dem Folge gebend der Winterſportklub beide Rennen annulierte. Darüber wurde folgendes Kommunique verlautbart: „Da infolge Kumulierung der Boby- und Vobſleigh-Konkurrenzen das Einhalten der aus- geloſten Startreihenfolge nicht möglich war, und mithin die Chancen der einzelnen Fahrer willkürlich verſchoben wurden, ſieht ſich die Rennleitung veranlaßt, die zwei Rennen zu annu- lieren und ſpäter nochmals austragen zu laſſen.“ Die Reſultate der ſpäter annulierten Rennen waren: Bobsleighrennen um den Wanderpreis des Oe. W. S. C. 2 Läufe: Bob „Frauenfreſſer“ (Adametz, Baron Aichelburg, Ing. Baumann, Ing. Hamel, Dr. v. Frank) in 2 Min. 17 Sek. + 2 Min. 20 Sek. = 4 Min. 37 Sek. Erſter Bob „Lilly“ (Graf Dobrzensky, Leon Doré, Alfred Doré, Graf Lodron-Wolfert) in 2 Min. 18[FORMEL] Sek. + 2 Min. 25⅙ Sek. = 4 Min. 44 Sek. Zweiter Bob, „Satan“ (Viktor Hodek, Ballner, Paintzner) in 4 Min. 48¼ Sek. Dritter. Acht Bobs ſtarteten. Junioren-Bobyrennen um den Pokal des Herrn Konſuls Felix v. Stiaßny. 2 Länfe. Dr. Linker—Baron Sedlnitzki in 2 Mln. 46·9 Sek. 2 Min. 37·2 Sek. = 5 Min. 24·1 Sek. Erſte. Heinrich Heine (pſ)—Graf Dobrzensky, 2 Min. 49 Sek. + 2 Min. 38·2 Sek. = 5 Min. 27·2 Sek. Zweiter. Leon Doré—Baron Winterſtein in 2 Min. 43 Sek. + 2 Min. 47 Sekunden = 5 Min. 30 Sek. Dritter. Ing. Schwitzer 4. Acht ſtarteten. Der Skiſtafettenlauf. Heftige Schneeſtürme, die auf dem Drahtakogel und auf Kampalpe wüteten. verzögerten den Start zum Skiſtafettenlauf ganz beträchtlich, ſo daß die Erſten, ſtatt wie man angenommen hatte um 1 Uhr 116 Minuten erſt gegen 3 Uhr das Ziel paſſierten. Insgeſamt beteiligten ſich an dieſer Konkurrenz fünf Mannſchaften die aus je vier Perſonen zuſammengeſetzt waren, die ſich gegenſeitig an vorher beſtimm- ten Ralaispunkten abzulöſen hatten. Als Starter fungierte Herr Glocke als Zielrichter Herr Roger de Riegmatten. Das Reſultat war: Oeſterr. Winterſportklub (Dr. Junk, Rich. Gerni, Sepp Bildsbein, Rud. Gerin) in 1 Stunde 30 Minuten 25⅕ Gekunde. Erſter Verband ſteir. Skiläufer (Dr. Gödel, Stärk, Oberreder, Kutſchera) in 1 Stunde, 11 Minuten 58 Sekunden. Zweiter. Akad. Skiklub Wilhelm, Grzyroka, Witzelsberger, Dr. F. Kutſchera) 1 Stunde 12 Minuten 0⅖ Sekunden. Dritter. Oeſterr. Skiverein (Dr. v. Klein, Ambros Scholz, Weiß, Walter Godina) Vierter. Akad. Sektion des Oeſterr. Ski-Verand (Fritz Godina, Anny Bayer, Nadherny, Beruatzki). Fünfter. Skiſpringen. Das intereſſanteſte Event das Tages war das inter- nationale Skiſpringen um den Preis der Gemeinde Breitenſtein, denn an dieſer Konkurreuz nahmen die hervorragendſten inter- nationalen Vertreter dierſer ſportlichrn Disziplin teil. Was für ein vorzügliches Material hier am Start erſchien, ging ſchon aus der Beſtimmung hervor, daß Sprünge unter 25 Metern als Sturz gewertet wurden. Außer Konkurrenz ſtarteten der Norweger Thorloif Aas, der Weltrekordträger Harald Smidt und der Berufmeiſter Schneider aus St. Anton a. E. Schneider wollte im letzten Moment den Anlauf ver- längern laſſen, doch war dies nicht mehr durchführbar. Er führte denn auch darauf die für ſeine Fähigkeiten verhältnis- mäßig ſchwächeren Leiſtungen zurück. Den weiteſten Sprung des Tager er ichte Thorloif Aas, der einen geſtandenen Sprung, von 37 Metern und einen geſtürzten von 38 Metern zeigte. Harald Smith ſprang zweimal 36 Meter, hievon einen ſtehend, und Schneider erzielte zwei Sprünge von je 33 Metern. Bei der Preisverteilung erhielten Aas und Smith je einen prachtvollen Becher als Ehrengabe. Das Reſultat des Springens, das um 3 Uhr begonnen hatte, war: Simoneon (München, Note 1·93, 2 geſtandene, Sprung- weiten 32·5, 33, 30 Meter) 1. Hans Rucker (Verband ſteiri- ſcher Skiläufer, Note 2·24, 3 geſt.; 25, 31, 36·5 Meter) 2. Max Rücker (Verband ſteiriſcher Skiläufer, Note 2·29, 3 geſt.; 30, 24, 26 Meter) 3. Sepp Bidlſtein (Oeſterreichiſcher Winterſportklub, Note 2·39, 3 geſt.; 27·5, 26·6, 27·5 Meter) 4. Gregury (St. Louis, Note 2·68, 2 geſt.: 24, 25, 29 Meter) 5. Ferner ſtarteten: K. Gretler (Verband ſteiriſcher Skiläufer; Sprünge 28, 26, 23 Meter), Hauvard Schjerver (München, Sprünge 27, 27 30·5 Meter), Ambros Scholz (Oeſterreichiſcher Sportverband, 20·50 Meter). Eingeſendet. In Kirchenmalereien empfiehlt ſich die beſtrenommierte Firma Franz Fiſcher u. Sohn Dekorationsmaler, Wien, VIII. Lerchengaſſe Nr. 23, Telephon Nr. 13180, Kontra henten ſämtlicher Miniſterien, der k. k. hohen niederöſter reichiſchen Statthalterei uſw., welche ſchon viele Kirchen zu vollſten Zufriedenheit aller maßgebenden Perſönlichkeiten aus- geführt haben. Koſtenvoranſchläge werden nach Angabe der näheren Details ohne ſeparate Vergütung ausgearbeitet. _ Bälle von heute: 3. Februar: Kurſalon: Ball der Beamten der Stadt Wien. — Blumenſäle: Ball des Kondukteurvereines. — „Grünes Tor“ Ball der Zuckerbäckergehilfen. — Gſchwandner: Ball der Eger- länder Gmoa. — Pertls Drittes Café: Ball der Schuhmacher- meiſter. — „Zum Auge Gottes“: Bauernkirta des Geſangver- eines der Oberöſterreicher. — Hotel Bayriſcher Hof: Geſang- verein der k. k. Staatsbeamten. — „Geünes Tor“: „Naßwalder“- Kinderball. — Stalehner: Monſtermaskenball. — „Zum wilden Mann“: Ball des Geſangvereines der Bäcker Wiens. 5. Folge. Nachdruck verboten. Auf ſchiefer Ebene. Originalroman der „Reichspoſt“ von K. Wendt. Drittes Kapitel. Auf der Terraſſe des Gutshauſes ſaßen Frau Major Kranich und ihre Tochter beiſammen. Minni von Jager war ſo tief ermattet, daß ſie, ohne Teilnahme für ihre Umgebung zu äußern, im bequemen Korbſeſſel lehnte, die Hände im Schoß gefaltet. Tiefe Schatten lagerten unter ihren Augen, und dieſe ſelber legten deutlich Zeugnis davon ab, daß die Beſitzerin ſie in längerer Zeit zu keiner Ruhe geſchloſſen. „Die Herren bleiben lange aus,“ ſagte die Majorin, beſorgt zu ihrer gänzlich apathiſchen Tochter hinüber- blickend. Minni entgegnete nichts. Worauf die Majorin wie zur eigenen Beruhigung fortfuhr: „Ach, Kind, Du kannſt doch Gott wenigſtens danken, daß Deine Zukunft ge- ſichert iſt. Wenn Du jetzt vor dem Nichts ſtändeſt, das wäre zu hart.“ Auch hierauf erfolgte keine Antwort. Die junge Frau ſchien von ihren eigenen Gedanken dermaßen in Anſpruch genommen, daß ſie denjenigen anderer nicht zu folgen vermochte. Die Majorin begriff das. Der erſte raſende Schmerz wollte austoben; dagegen traten die kleinlichen Bedenken des Lebens einſtweilen in den Hintergrund. Und ſchließlich gab es ja auch keine Sorgen: nicht ſo, wie ſie ſie im Leben durchkämpft hatte. Es hatte ſchlim- mer für das Kind ausſehen können. Die Armut erträgt ſich nach einer Reihe von Glücksjahren weit ſchwerer, als ſie ein Menſch empfindet, der in der alten Gewohnheit verbleibt. Dieſer Gedanke hatte etwas ungemein tröſtliches für die vergrämte Frau; er wollte aber nicht nur gedacht ſein, er wollte ſich auch in Worten Luft machen. Darin lag Erleichterung, auch Genugtuung. So zu hören, wenn auch nur mit den eigenen Worten, daß die Zukunft eines Kindes in durchaus würdiger Weiſe geſichert iſt, iſt tröſtlich. Sie blickte mit einer gewiſſen Befriedigung um ſich. Wie vornehm wirkte alles auf Ludwigshof. Welche Mit- tel mußten zur Verfügung ſtehen, ſich dieſen Luxus, dieſe Eleganz, nach Wunſch und Geſchmack zu verſchaffen. Ach, ſie, die arme Soldatenfrau, hatte niemals den Segen und die Annehmlichkeit eines gediegenen Wohlſtandes gekannt. Um ſo mehr verſtand ſie denſelben zu ſchätzen. Auch Minni würde ſo empfinden, ſobald ihr Schmerz ſich gemildert. Ja, die Majorin ſah noch weiter. Ihr Kind war noch ſo jung. Es war doch ſeltſam, daß in der Stunde der Sorge um den Schwiegerſohn ſich bereits hellere Zukunfts- bilder wieder breit machten. Die Majorin ward ſich deſſen plötzlich bewußt; ſie ſchämte ſich dieſer Regung wohl, doch aber ſagte ſie ſich, daß immer und überall das Glück ihres Kindes die Ober- hand bei ihr hatte. Leo hatte in ihrem Herzen niemals ſo recht die Stelle eines Kindes eingenommen. Lag es an ihr? Lag’s an ihm? Sie hatte des Gefühls niemals Herr werden können, ihr liebliches Kind ſei zu ſchade für den reichlich oberflächlichen Mann. Seine laute Fröhlichkeit hatte nie ein Echo in ihrem Herzen erweckt. Aber ſicher hatte das an ihr gelegen, die ſie das Leben ſo furchtbar ernſt zu nehmen gelernt hatte. Hauptmann Meierſahm war mehr ein Mann nach ihrem Herzen. Und nach ihrem Ermeſſen hatte ſie einſt geglaubt, Minni würde an ſeiner Seite glücklicher geworden ſein. Darin hatte ſie ſich getäuſcht. Glücklicher als mit Leo hätte ihr Kind auch nicht mit dem Hauptmann wer- den können. Es war freilich nur ein kurzes Glück geweſen. Die Majorin wiſcht ſich verſtohlen eine Träne aus dem Auge. In dieſem Augenblick fuhr in ſchnellem Tempo ein Gefährt die lange Lindenallee, die zu dem Heerenhauſe führte, hinan. Die Majorin erhob ſich. „Minni,“ ſagte ſie zu ihrer Tochter, „die Herren ſind da.“ Landgerichtsrat Frenzel glaubte nie ſo viel hin- reißenden Liebreiz geſehen zu haben, als Minni von Jager ihm ſchmerzvoll entgegentrat. Er ſprach mit war- mer Herzlichkeit Worte des Bedauerns, jedoch einen Troſt für die Unglückliche wußte er nicht. Hätte man den Gutsherrn beſchuldigt, einen Mord ausgeführt zu haben, ſo hätte man immer noch den Fall als nicht ganz aus- ſichtslos hinſtellen können. Hier aber war er ausſichtslos. Welches Unglück ihn auch betroffen haben mochte, für die Frau war er verloren. Und es blieb nur eine Frage der Zeit, die Löſung für das ſeltſame Verſchwinden zu finden. Die Arbeit der Herren wickelte ſich hier genau in derſelben Weiſe ab, wie auf Wiſchhagen. Es wurden Verhöre angeſtellt, und da niemand bis- her auf den Einfall gekommen war, das Zimmer des Hausherrn zu unterſuchen, wurde dieſer Akt jetzt von Gerichts wegen vorgenommen. Der große Diplomaten- ſchreibtiſch war hiebei natürlich von beſonderem Inter- eſſe; doch entſprach die kurze Ueberſicht der wenigen Papiere nicht den Erwartungen. Eine Privatkorreſpondenz exiſtierte überhaupt nicht. Die die Landwirtſchaft betreffenden Geſchäfts- papiere befanden ſich in den Händen des Inſpektors. Herr von Jager ſchien ſich nicht gern mit geſchäftlichen Angelegenheiten befaßt zu haben. Die Gutsherrin konnte, was den Vermögensſtand anbelangte, gar keine Auskünfte erteilen; auch die Schwiegermutter wußte nichts Näheres darüber, er- wähnte aber, daß ihre Kinder in den beſten Verhältniſſen gelebt. Die Herren hielten ſich hier weit kürzere Zeit auf als auf Wiſchhagen. Oertliche Unterſuchungen waren auf Ludwigshof von keiner Bedeutung. Denn da das Pferd des Gutsherrn in der Nähe der Stadt aufgefunden wor- den war, blieb anzunehmen, daß jene Stelle oder deren nächſte Umgebung für Herrn von Jager in Betracht kom- men mußte. Durch den Inſpektor auf Ludwigshof, der ſeine Ant- worten reſerviert abgegeben, hatten die Herren erfahren, daß das Gut bis zur äußerſten Grenze belaſtet ſei. Ein gewiſſer Wiegand aus der Stadt, ein Haus- und Hypo- thekenmakler, hatte 25.000 Mark als letzte Hypothek in dem Gute ſtehen. Wiegand war den Herren gar wohlbekannt. Er ſtand nicht gerade in dem beſten Rufe, obgleich man dem Manne auch wiederum nichts Uebles nachſagen konnte. Das Gericht hatte ſich des öfteren mit ihm zu beſchäfti- gen gehabt, es war dem Menſchen aber doch nicht beizu- kommen geweſen. „Es könnte ſein, und die Sache hat entſchieden etwas für ſich,“ meinte der Kriminalkommiſſär auf der Heim- fahrt, „der Jager habe alles hinter ſich geworfen und ſei geflüchtet.“ „Angenommen. Was aber hat der Hauptmann mit dieſer Flucht zu tun?“ war die Entgegnung Frenzels. „Wir müßten es hier alsdann mit zwei verſchiedenen Fällen zu tun haben.“ (Fortſetzung folgt.) _

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Zitationshilfe: Reichspost. Nr. 56, Wien, 03.02.1913, S. 6. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_reichspost056_1913/6>, abgerufen am 24.11.2024.