Reichspost. Nr. 6, Wien, 08.01.1895.[Spaltenumbruch]
2. Jahrgang. Redaction, Administration, Stadtexpedition I., Schulerstr. 18. Unfrankierte Briefe werden nicht an- Ankündigungs-Bureau: Abonnements werden angenommen Erscheint täglich 6 Uhr abends [Spaltenumbruch] Wien, Dienstag 8. Jänner 1895. Reichspost. Unabhängiges Tagblatt für das christliche Volk Oesterreich-Ungarns. [Spaltenumbruch] Nr. 6. Bezugspreise: Einzelne Nummern 4 kr., per Pest Bei Abholung in unserer Admini- Für Oesterreich-Ungarn Für Deutschland Länder des Weltpostvereines Telephon 1828. [Spaltenumbruch] Stimmungsbericht aus Ungaru. Budapest, 5. Jänner 1895. Das neue Jahr beginnt gut. Am 2. d. M. wurde Die Krise spiegelt die Verworrenheit und Un- [Spaltenumbruch] Feuilleton. Wieuer Hunde-Mode. Die "Wiener Mode" hat jüngst neben den Kleider- Dadurch ist die sociale Frage auch in die Hunde- Aber erst wenn diese Thiere die Sprache erhielten, Wir stellen uns einen derartigen Dialog lebhaft Freisinnig ist seine Herrschaft, das hat sie dadurch Puffi sieht das ablehnende Verhalten Ami's und Im Gefühl seiner Erhabenheit schreitet Ami Schipsl eilte also lustig zu Puffi hin: "Servus "Der dalkerte Pintsch, der glaubt er is waß Gott Unterdessen war ein kurzbeiniger Dackel gekommen, [Spaltenumbruch]
2. Jahrgang. Redaction, Adminiſtration, Stadtexpedition I., Schulerſtr. 18. Unfrankierte Briefe werden nicht an- Ankündigungs-Bureau: Abonnements werden angenommen Erſcheint täglich 6 Uhr abends [Spaltenumbruch] Wien, Dienſtag 8. Jänner 1895. Reichspoſt. Unabhängiges Tagblatt für das chriſtliche Volk Oeſterreich-Ungarns. [Spaltenumbruch] Nr. 6. Bezugspreiſe: Einzelne Nummern 4 kr., per Peſt Bei Abholung in unſerer Admini- Für Oeſterreich-Ungarn Für Deutſchland Länder des Weltpoſtvereines Telephon 1828. [Spaltenumbruch] Stimmungsbericht aus Ungaru. Budapeſt, 5. Jänner 1895. Das neue Jahr beginnt gut. Am 2. d. M. wurde Die Kriſe ſpiegelt die Verworrenheit und Un- [Spaltenumbruch] Feuilleton. Wieuer Hunde-Mode. Die „Wiener Mode“ hat jüngſt neben den Kleider- Dadurch iſt die ſociale Frage auch in die Hunde- Aber erſt wenn dieſe Thiere die Sprache erhielten, Wir ſtellen uns einen derartigen Dialog lebhaft Freiſinnig iſt ſeine Herrſchaft, das hat ſie dadurch Puffi ſieht das ablehnende Verhalten Ami’s und Im Gefühl ſeiner Erhabenheit ſchreitet Ami Schipsl eilte alſo luſtig zu Puffi hin: „Servus „Der dalkerte Pintſch, der glaubt er is waß Gott Unterdeſſen war ein kurzbeiniger Dackel gekommen, <TEI> <text> <front> <pb facs="#f0001" n="[1]"/> <cb/> <div type="jExpedition"> <head> <hi rendition="#b">2. 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Und trotzdem gelingt es einem armen<lb/> Theologie-Profeſſor unter dem Schlachtrufe:<lb/> „Reviſion“ den liberalen Gegner, für den ſich der<lb/> ganze corrupte Verwaltungsapparat, Schulin-<lb/> ſpector, Gymnaſialdirector bis zum letzten<lb/> Straßenräumer verwenden, der den unergründlich tiefen<lb/> Säckel der Regierung zur Dispoſition hat,<lb/> mit großer Majorität zu beſiegen! Es iſt das ein<lb/> Zeichen der Zeit. Elemente wollen mitſprechen, mit-<lb/> thun, die man bis jetzt in Wirkliakeit nie befragt hat<lb/> — das <hi rendition="#g">Volk.</hi> Mögen die 413 Herren Abgeordneten<lb/> ſich den Kopf zerbrechen, ob Banffy, ob Hedervary<lb/> der Mann ſei, der es ihnen an der gedeckten Tafel<lb/> weiter zu verweilen ermöglicht, es bleibt ſich gleich,<lb/> das Volk erwacht und wird abrechnen. Die Partei<lb/> „der Unbekannten“, wie Baron Kaas ſehr richtig<lb/> vorausſagte, gibt das erſte Lebenszeichen und hat in<lb/> Leutſchau ihre Bluttaufe erhalten. Tief muß der<lb/> Ingrimm im Lande ſein, wenn in den ſonſt ſo ruhigen<lb/> ſlovakiſchen Wahlbezirken Blut fließt, wo man noch<lb/> gelegentlich der letzten Wahlen denjenigen wählte, den<lb/> der Stuhlrichter haben wollte. Es fühlen auch alle<lb/> Parteien, daß ſie von der Volkspartei das Meiſte zu<lb/> fürchten haben, und ſo grimmig ſie ſich gegenſeitig be-<lb/> kämpfen, in dem waren ſie einig, daß die Volkspartei<lb/> überflüſſig ſei. Das war ihre und die Meinung ihrer<lb/> Journale. Die „Neue Freie Preſſe“ behauptete ſogar,<lb/> Graf Zichy habe ſich mit den „ausgleichsfeindlichen<lb/> Rumänen“ verbunden. Wann und wo er es gethan,<lb/><cb/> das zu ſagen bleibt das „Journal für Gebildete“<lb/> ſchuldig. Ebenſo iſt es Erfindung, daß die Rumänen<lb/> und die Nationalitäten gegen den Ausgleich ſeien;<lb/> das Entgegengeſetzte iſt der Fall, vielleicht kann man<lb/> ihnen <hi rendition="#g">eher zu große Hinneigung zu<lb/> Wien vorwerfen,</hi> wollten doch die Rumänen<lb/> ihr Memorandum vor zwei Jahren in Wien und nicht<lb/> in Peſt Sr. Majeſtät überreichen und es wählten die<lb/> Wahlbezirke, wo die Nationalen in Majorität ſind,<lb/> ſtets Regierungsmänner. Alſo mit der Ausgleichs-<lb/> feindlichkeit der Nationalitäten iſt es nicht weit her.<lb/> Daß die Volkspartei das bisher befolgte Verhetzungs-<lb/> und Unterdrückungsſyſtem der liberalen Partei nicht<lb/> billigt, iſt klar, aber daraus zu ſolchen Concluſionen<lb/> wie denen der Herren Liberalen und ihrer Journale zu<lb/> kommen, dazu gehört ihre Logik und die Verwirrung,<lb/> in der ſie ſich befinden. Dieſes Vorgehen wird nicht<lb/> verhindern, daß endlich die Vertrauensmänner der<lb/> Katholiken vor Mitte dieſes Monates zuſammentreten<lb/> und die langerſehnte Organiſation vornehmen werden.</p><lb/> <p>Die Kriſe ſpiegelt die Verworrenheit und Un-<lb/> ſicherheit der Lage wieder. Graf Khnen ſpielt die<lb/> Rolle des „Trauminöt“. Er ſondirt, er will jetzt die<lb/> Unvorſichtigkeit, die er im Juni begangen, durch ver-<lb/> doppelte Vorſicht wett machen. Bei ihm bewährt ſich<lb/> das Sprichwort: Das Lächerliche tödtet — nicht.<lb/> Seine Rolle als nächtlicher Miniſterpräſident Ungarns<lb/> — die Herrlichkeit dauerte bekanntlich nur ſo lange,<lb/> als die Fahrt von Wien nach Peſt mit dem Nachtzug<lb/> in Anſpruch nahm — hat ſeinen Ehrgeiz nicht geſtillt.<lb/> Er iſt eben ein Glücks .... kind! Ohne Energie, weiß<lb/> er ſich den Directiven ſei er Untergebenen ſo anzu-<lb/> ſchmiegen, daß man glaubt, es ſeien ſeine ureigenſten<lb/> Ideen, die verwirklicht werden. In Agram ſtützt er<lb/> ſich auf die „Nationalitäten“, die Serben, die von der<lb/> Verbrüderung in einem Großſerbien träumen, mit<lb/> deren Hilfe er die dynaſtiſch treuen Croaten unter-<lb/> drücken läßt; einem liberalen Staatsmann iſt ſo was<lb/> nicht verwehrt. Sollte ihn das Glück zum Miniſter-<lb/> präſidenten machen, wird er die dynaſtiſchen Katholiken<lb/> in Ungarn mittelſt der Proteſtanten und Re-<lb/> formirten, denen er auch verwandtſchaftlich nahe ſtehet,<lb/> vergewaltigen. Sein Spiritusrector dürfte Koloman<lb/><cb/> Tisza ſein, dem er Alles verdankt. Der zweite Prä-<lb/> tendent iſt Baron Banffy, ein Reformirter. Rückſichts-<lb/> los und ungeſchickt, ſo war er als Obergeſpan, ſo als<lb/> Präſident des Hauſes. Er ſcheint weniger <hi rendition="#aq">persona<lb/> grata</hi> an allerhöchſter Stelle zu ſein. Grund genug,<lb/> daß er es deſtomehr bei der „alleinſeligmachenden“<lb/> liberalen Partei iſt. Er wie ſein Concurrent haben<lb/> ſchon ihre geheimen Miniſterliſten, in beiden fehlt<lb/> der junge Tisza nicht, und damit wird die Ruhe in<lb/> Ungarn hergeſtellt, darum konnte das Land nicht vor<lb/> den kirchenpolitiſchen Geſetzen bewahrt werden. „Ohne<lb/> Palatin keine Krönung“, ſo hieß es einſtens, „ohne<lb/> Hausmeier keine Regierung“ — heute. Graf Apponyi<lb/> grollt und hat zum unzähligſten Male die natio-<lb/> nalen Aſpirationen, auf die außer ihm Niemand<lb/> aſpirirt, hervorgehoben, aus der Fuſion ſcheint<lb/> Nichts zu werden, und darin hat er recht. Sich<lb/> mit einer abgewirthſchafteten Partei zu verbinden,<lb/> ſich mit dieſer Corruption zu identificiren, dazu<lb/> gehört mehr als Muth. Eine Fuſion iſt nur gelegent-<lb/> lich der Neuwahlen möglich, bei welchen ſich die guten<lb/> Elemente aller Parteien unter der Deviſe: „Nieder<lb/> mit der Corruption und Reviſion der radikalen,<lb/> Unfrieden ſtiftenden Kirchengeſetze!“ vereinigen. Nur<lb/> in den Neuwahlen liegt der Schwerpunkt der politi-<lb/> ſchen Lage, nur durch die Neuwahlen können dieſe<lb/> mehr als ungeſunden Verhältniſſe ſanirt werden, denn<lb/> es handelt ſich heute nicht darum, daß man die Herren<lb/> Abgeordneten unter einen Hut bringe, zuſammenſtelle,<lb/> ſondern, daß man das Nationalitäten- und Religions-<lb/> hader unterwühlte, durch die Corruption erbitterte<lb/> Volk befriedige, möge dabei die alleinſeligmachende<lb/> Partei in Brüche gehen oder nicht. Zur Vornahme<lb/> derſelben iſt aber keiner jener Politiker tauglich, die<lb/> ſich in letzter Zeit hervordrängten, weder Banffy noch<lb/> Khuen, noch Szlavy oder Szell, ſondern Derjenige,<lb/> der während der Neujahrsgratulationen ſich ferne<lb/> hielt — der Gutsherr von Taskony — oder<lb/> jener conſervative Staatsmann, auf den ſich die Blicke<lb/> aller conſervativen Elemente richten; <hi rendition="#g">Benjamin<lb/> Kallay.</hi> Wie immer es auch werden möge, das<lb/> Eis iſt gebrochen, die Volkspartei rührt ſich, der<lb/> erſte Schritt zum Beſſeren iſt gethan!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <head> <hi rendition="#b">Feuilleton.</hi> </head><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div xml:id="mode1" next="#mode2" type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Wieuer Hunde-Mode.</hi> </head><lb/> <p>Die „Wiener Mode“ hat jüngſt neben den Kleider-<lb/> entwürfen für Damen auch eine <hi rendition="#g">Hundemode</hi> in<lb/> Wort und Bild geſchildert. Wir ſehen da, wie unſere<lb/> lieben Vierfüßler modern <hi rendition="#aq">à la fin de siècle</hi> gekleidet<lb/> werden können, wie für verſchiedene Tageszeiten ver-<lb/> ſchiedene Toiletten gewählt werden können.</p><lb/> <p>Dadurch iſt die ſociale Frage auch in die Hunde-<lb/> welt eingedrungen, und ſo mancher bullbeißiger Pro-<lb/> letarier wird mit Neid auf das ariſtokratiſche Wind-<lb/> ſpiel blicken, das nach dem „Journal“ gekleidet iſt.<lb/> Die Dogge wird mit Verachtung den Rattler anſehen,<lb/> wenn er nicht eine Decke <hi rendition="#aq">à la</hi> Louis <hi rendition="#aq">XIV.</hi> auf dem<lb/> Leibe hat; und der Jagdhund wird ſtolz ſein neueſtes<lb/> „Jagdcoſtüm“ tragen, während der Ringſtraßen-<lb/> Dandy als vollendetes Gigeil ſpazieren wird. Ein<lb/> großer Zwieſpalt wird eintreten im Hundeleben und<lb/> diejenigen, die heute Freunde waren, werden morgen<lb/> ſtolz aneinander vorbei gehen, jeder auf ſeine Toilette<lb/> zu ſtolz, als daß er den andern eines Blickes würdigen<lb/> thäte.</p><lb/> <p>Aber erſt wenn dieſe Thiere die Sprache erhielten,<lb/> wenn ſie reden könnten, wie würde ſich da der Unter-<lb/> ſchied zeigen zwiſchen dem der oberen Zehntauſend und<lb/> dem armen Teufel von unten.</p><lb/> <p>Wir ſtellen uns einen derartigen Dialog lebhaft<lb/> vor. Scene: Der äußere Burgplatz, ein bekannter<lb/> Hunde-Rendezvous-Ort. Ein zierlicher Pintſcher<lb/> ſteigt behutſam im thaufeuchten Graſe umher. Seine<lb/> Gnädige iſt eine Hofrathswitwe, die es gerne ſieht,<lb/> wenn <hi rendition="#g">Ami</hi> zeitlich Morgens ſpazieren geht,<lb/> insbeſonders im Graſe, denn das gehört<lb/> zur Geſundheitspflege und die Frau Hofräthin iſt ſehr<lb/> beſorgt für die Geſundheit ihres „Herzens-Ami“. Es<lb/> dauert nicht lange, ſo erhält Ami Geſellſchaft. Das<lb/> Spitzhündchen der Sängerin F. iſt in aller Morgen-<lb/> frühe echappirt; dasſelbe liebt es, einen Spaziergang<lb/> zu machen, und da ſeine Herrin es nicht liebt, den<lb/><hi rendition="#g">Puffi</hi> allein herumlaufen zu laſſen, ſo benützt er<lb/><cb/> jeden Augenblick, um ins Freie zu kommen. Puffi<lb/> kennt Ami ſchon ſeit längerer Zeit und er hat ſich<lb/> ſchon recht befreundet mit mit dem lieben Pintſcherl<lb/> der Frau Hofräthin. Puffi ſpringt auf den Wieſen-<lb/> plan und erſieht ſeinen Freund: „Guten Morgen<lb/> Ami, auch ſchon hier in aller Früh?“ Aber Ami<lb/> ſieht ſtolz von den Höhen des Fortſchrittes auf den<lb/> ſimplen Spitz hinab, der ſeine Zeit nicht erkannt hat<lb/> und ſich nicht ſchämt, im bloßen Fell herumzulaufen!<lb/> Ami weiß, was ſich für den anſtändigen Hund ſchickt,<lb/> und er geht von dem Standpunkte aus: „Wie der<lb/> Hund, ſo der Herr!“ Er ſteht auf der Höhe ſeiner<lb/> Zeit und da der Sohn der Frau Hofräthin ein libe-<lb/> raler Abgeordneter iſt, ſo ſchwärmt auch Ami für<lb/> „<hi rendition="#g">Freiſinn</hi> und <hi rendition="#g">Fortſchritt.</hi>“</p><lb/> <p>Freiſinnig iſt ſeine Herrſchaft, das hat ſie dadurch<lb/> bewieſen, daß ſie ſofort die geniale Idee ergriff und<lb/> dem lieben Ami die modernſte Decke anſertigen ließ.<lb/> Puffi aber ſteht im Verdachte, ein <hi rendition="#g">Antiſe mit</hi><lb/> zu ſein, da er der <hi rendition="#g">Flora,</hi> der ſchwarzen Hündin<lb/> des Börſecomptoir Inhabers N. <hi rendition="#g">Blüthenzweig,</hi><lb/> ſtets ſchroff begegnet und nicht wie andere um ihre<lb/> Freundſchaft buhlt. Flora kommt immer auf den<lb/> Burgplatz und erzählt von den guten Biſſen, die ſie<lb/> erhält von den fetten, koſcheren Gansbeinen, die ſie<lb/> faſt ausſchließlich zur Nahrung bekommt.</p><lb/> <p>Puffi ſieht das ablehnende Verhalten Ami’s und<lb/> in Gedanken ſchleicht er davon, er weiß nicht, was<lb/> Ami plötzlich ſo ſtolz gemacht. Der Arme! Er hat<lb/> keine Ahnung, welchen Funken eine wohlſituirte,<lb/> ahnungsloſe Actiengeſellſchaft in die beſſergeſtellte<lb/> Hundewelt geworfen hat.</p><lb/> <p>Im Gefühl ſeiner Erhabenheit ſchreitet Ami<lb/> langſam im feuchten Graſe weiter, als der luſtige<lb/> „<hi rendition="#g">Greißler-Schipſl</hi> einhergallopirt kommt.<lb/> Er iſt ſo recht der Proletarier in der Hundegeſell-<lb/> ſchaft, und da er keinen Stolz und keinen Hochmuth<lb/> kennt, iſt er Puffi’s Intimus. Auch er kann die<lb/> „jüdiſche“. Flora nicht leiden, ebenſowenig wie den<lb/> „freiheitlichen“ Ami. Schipſl hat auch dem Freiheits-<lb/> hund der Hofräthin einen Spitznamen gegeben: den<lb/><hi rendition="#g">„Vormärzler“.</hi> Ami hatte nämlich früher die<lb/><cb/> Gewohnheit, der Geſellſchaft ſtets Vorträge zu halten,<lb/> die er von ſeinem Herrn, dem verſtorbenen Hofrath,<lb/> gehört hatte. Dieſe Vorträge handelten ſtets vom<lb/> Vormärz und Ami erklärte den Zuhörern, wie das<lb/> doch im Vormärz ſo ſchlecht war, keine Preß-, keine<lb/> Gedankenfreiheit, keine Conſtitution u. ſ. w. Dann<lb/> lobte er die jetzigen Verhältniſſe, bis ihn einmal<lb/> Schipſl unterbrach: „Wenn ’s auf mich ankemmet,<lb/> ſo wär’s mir gleich lieber, wir hätten den Vormärz,<lb/> denn was nützt uns Preßfreiheit und Gedankenfreiheit,<lb/> wenn wir Maulkorv- und Steuerzwang haben.“ Alle<lb/> gaben ihm Recht, nur Ami brummte <hi rendition="#g">„Reactionär“.</hi> </p><lb/> <p>Schipsl eilte alſo luſtig zu Puffi hin: „Servus<lb/> Puffi biſt a ſchon da?“ Puffi brummte ſein „Guten<lb/> Morgen“ und wollte weiter gehen, aber Schipsl hielt<lb/> ihn zurück: „Na was iſt denn das für a Manier?<lb/> Was fehlt denn Dir heut?“ Puffi machte nun ſeinem<lb/> Herzen Luft und erzählte das ſchnöde Benehmen des<lb/> „liberalen“ Ami.</p><lb/> <p>„Der dalkerte Pintſch, der glaubt er is waß Gott<lb/> wer, ſo g’ſpreizt thut er. Unſeraner is g’wiß a ſoviel<lb/> wie der verhätſchelte Dalk, der muaß rein glauben er<lb/> ſtammt vom berühmten <hi rendition="#g">trojaniſchen Hector</hi><lb/> ab!“ Zornig ſtieß Puffi dieſe Worte heraus und wer<lb/> weiß, was geſchehen wäre, wenn nicht eine weiſe<lb/> Obrigkeit einige Jahre vorher die Hundecontumaz ver-<lb/> hängt hätte, der zu Folge jeder Hund mit einem vor-<lb/> ſchrifsmäßigen Beißkorb verſehen ſein muß, widrigen-<lb/> falls der „Meiſter des Waſens“ kommt und der<lb/> Schlinge ihren Lauf läßt.</p><lb/> <p>Unterdeſſen war ein kurzbeiniger Dackel gekommen,<lb/> der ſeiner Geſinnung und der ſeines Herrn, eines<lb/> kleinen Großgrundbeſitzers gemäß, conſervativ war.<lb/> Dackel war aber ein kluger Hund, wußte daß der<lb/> Parteiſtandpunkt oft die beſten Freunde entzweit, und<lb/> deshalb betonte er ſo wenig als möglich ſeine Ge-<lb/> ſinnnung. Er war auch ſehr beliebt als der Clown<lb/> der Hundegeſellſchaft. Beſondere Fähigkeit zeigte er,<lb/> wenn es galt, Ami zu reizen, und eben wollte er<lb/> daran gehen „Herrn Ami“ ein wenig ſteigen zu laſſen,<lb/> als ihn Puffi belehrte, daß mit dem „Tellerlecker der<lb/> Hofrathskuchel“ nichts anzufangen ſei. Dackel wollte es</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [[1]/0001]
2. Jahrgang.
Redaction, Adminiſtration,
Expedition und Druckerei
VIII., Joſefſtädterſtraße 14.
Stadtexpedition I., Schulerſtr. 18.
Zeitungsbureau Weis.
Unfrankierte Briefe werden nicht an-
genommen; Manuſcripte in der Regel
nicht zurückgeſtellt. Unverſchloſſene
Reclamationen ſind portofrei.
Ankündigungs-Bureau:
VIII., Joſefſtädterſtraße 14,
ſowie bei dem Annoncenbureau für
kath.-conſerv. Blätter, Hubert
Friedl, Wien, V. 1.
Abonnements werden angenommen
außer in den Expeditionen bei
J. Heindl, I., Stephansplatz 7.
Erſcheint täglich 6 Uhr abends
mit Ausnahme der Sonn- und
Feiertage.
Wien, Dienſtag 8. Jänner 1895.
Reichspoſt.
Unabhängiges Tagblatt für das chriſtliche Volk Oeſterreich-Ungarns.
Nr. 6.
Bezugspreiſe:
Für Wien mit Zuſtellung ins Haus
ganzjährig ...... 15 fl.
vierteljährig ... 3 fl. 30 kr.
monatlich .... 1 fl. 30 kr.
wöchentlich 30 kr.
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ſtration ganzj. 12 fl., monatlich 1 fl.
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ganzjährig .... 16 fl. — kr
vierteljährig ... 4 fl. 10 kr.
monatlich .... 1 fl. 40 kr.
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vierteljährig .... 4 fl. 50 kr
oder 7½ Mark.
Länder des Weltpoſtvereines
viertelj. 6 fl. oder 10 Mark.
Telephon 1828.
Stimmungsbericht aus Ungaru.
Budapeſt, 5. Jänner 1895.
Das neue Jahr beginnt gut. Am 2. d. M. wurde
in Leutſchau der erſte Abgeordnete der katholiſchen
Volkspartei Dr. Zelenyak gewählt. Verwundert fragt
man ſich, wie das möglich ſei, nachdem alle unſere
liberalen Blätter, ja ſogar die ſtets „beſtunterrichtete“
„Neue Freie Preſſe“, dieſe Partei als geſtorben, be-
vor ſie geboren erklärt hatten, nachdem der verfloſſene
Wekerle eine conſervative Richtung in der ungariſchen
Politik ein für allemal als ausgeſchloſſen erachtete, und
die Sanctionirung der Geſetze ſelbſt den Nimbus der
Krone zu Gunſten der liberalen Partei zu verwerthen
zuließ? Und trotzdem gelingt es einem armen
Theologie-Profeſſor unter dem Schlachtrufe:
„Reviſion“ den liberalen Gegner, für den ſich der
ganze corrupte Verwaltungsapparat, Schulin-
ſpector, Gymnaſialdirector bis zum letzten
Straßenräumer verwenden, der den unergründlich tiefen
Säckel der Regierung zur Dispoſition hat,
mit großer Majorität zu beſiegen! Es iſt das ein
Zeichen der Zeit. Elemente wollen mitſprechen, mit-
thun, die man bis jetzt in Wirkliakeit nie befragt hat
— das Volk. Mögen die 413 Herren Abgeordneten
ſich den Kopf zerbrechen, ob Banffy, ob Hedervary
der Mann ſei, der es ihnen an der gedeckten Tafel
weiter zu verweilen ermöglicht, es bleibt ſich gleich,
das Volk erwacht und wird abrechnen. Die Partei
„der Unbekannten“, wie Baron Kaas ſehr richtig
vorausſagte, gibt das erſte Lebenszeichen und hat in
Leutſchau ihre Bluttaufe erhalten. Tief muß der
Ingrimm im Lande ſein, wenn in den ſonſt ſo ruhigen
ſlovakiſchen Wahlbezirken Blut fließt, wo man noch
gelegentlich der letzten Wahlen denjenigen wählte, den
der Stuhlrichter haben wollte. Es fühlen auch alle
Parteien, daß ſie von der Volkspartei das Meiſte zu
fürchten haben, und ſo grimmig ſie ſich gegenſeitig be-
kämpfen, in dem waren ſie einig, daß die Volkspartei
überflüſſig ſei. Das war ihre und die Meinung ihrer
Journale. Die „Neue Freie Preſſe“ behauptete ſogar,
Graf Zichy habe ſich mit den „ausgleichsfeindlichen
Rumänen“ verbunden. Wann und wo er es gethan,
das zu ſagen bleibt das „Journal für Gebildete“
ſchuldig. Ebenſo iſt es Erfindung, daß die Rumänen
und die Nationalitäten gegen den Ausgleich ſeien;
das Entgegengeſetzte iſt der Fall, vielleicht kann man
ihnen eher zu große Hinneigung zu
Wien vorwerfen, wollten doch die Rumänen
ihr Memorandum vor zwei Jahren in Wien und nicht
in Peſt Sr. Majeſtät überreichen und es wählten die
Wahlbezirke, wo die Nationalen in Majorität ſind,
ſtets Regierungsmänner. Alſo mit der Ausgleichs-
feindlichkeit der Nationalitäten iſt es nicht weit her.
Daß die Volkspartei das bisher befolgte Verhetzungs-
und Unterdrückungsſyſtem der liberalen Partei nicht
billigt, iſt klar, aber daraus zu ſolchen Concluſionen
wie denen der Herren Liberalen und ihrer Journale zu
kommen, dazu gehört ihre Logik und die Verwirrung,
in der ſie ſich befinden. Dieſes Vorgehen wird nicht
verhindern, daß endlich die Vertrauensmänner der
Katholiken vor Mitte dieſes Monates zuſammentreten
und die langerſehnte Organiſation vornehmen werden.
Die Kriſe ſpiegelt die Verworrenheit und Un-
ſicherheit der Lage wieder. Graf Khnen ſpielt die
Rolle des „Trauminöt“. Er ſondirt, er will jetzt die
Unvorſichtigkeit, die er im Juni begangen, durch ver-
doppelte Vorſicht wett machen. Bei ihm bewährt ſich
das Sprichwort: Das Lächerliche tödtet — nicht.
Seine Rolle als nächtlicher Miniſterpräſident Ungarns
— die Herrlichkeit dauerte bekanntlich nur ſo lange,
als die Fahrt von Wien nach Peſt mit dem Nachtzug
in Anſpruch nahm — hat ſeinen Ehrgeiz nicht geſtillt.
Er iſt eben ein Glücks .... kind! Ohne Energie, weiß
er ſich den Directiven ſei er Untergebenen ſo anzu-
ſchmiegen, daß man glaubt, es ſeien ſeine ureigenſten
Ideen, die verwirklicht werden. In Agram ſtützt er
ſich auf die „Nationalitäten“, die Serben, die von der
Verbrüderung in einem Großſerbien träumen, mit
deren Hilfe er die dynaſtiſch treuen Croaten unter-
drücken läßt; einem liberalen Staatsmann iſt ſo was
nicht verwehrt. Sollte ihn das Glück zum Miniſter-
präſidenten machen, wird er die dynaſtiſchen Katholiken
in Ungarn mittelſt der Proteſtanten und Re-
formirten, denen er auch verwandtſchaftlich nahe ſtehet,
vergewaltigen. Sein Spiritusrector dürfte Koloman
Tisza ſein, dem er Alles verdankt. Der zweite Prä-
tendent iſt Baron Banffy, ein Reformirter. Rückſichts-
los und ungeſchickt, ſo war er als Obergeſpan, ſo als
Präſident des Hauſes. Er ſcheint weniger persona
grata an allerhöchſter Stelle zu ſein. Grund genug,
daß er es deſtomehr bei der „alleinſeligmachenden“
liberalen Partei iſt. Er wie ſein Concurrent haben
ſchon ihre geheimen Miniſterliſten, in beiden fehlt
der junge Tisza nicht, und damit wird die Ruhe in
Ungarn hergeſtellt, darum konnte das Land nicht vor
den kirchenpolitiſchen Geſetzen bewahrt werden. „Ohne
Palatin keine Krönung“, ſo hieß es einſtens, „ohne
Hausmeier keine Regierung“ — heute. Graf Apponyi
grollt und hat zum unzähligſten Male die natio-
nalen Aſpirationen, auf die außer ihm Niemand
aſpirirt, hervorgehoben, aus der Fuſion ſcheint
Nichts zu werden, und darin hat er recht. Sich
mit einer abgewirthſchafteten Partei zu verbinden,
ſich mit dieſer Corruption zu identificiren, dazu
gehört mehr als Muth. Eine Fuſion iſt nur gelegent-
lich der Neuwahlen möglich, bei welchen ſich die guten
Elemente aller Parteien unter der Deviſe: „Nieder
mit der Corruption und Reviſion der radikalen,
Unfrieden ſtiftenden Kirchengeſetze!“ vereinigen. Nur
in den Neuwahlen liegt der Schwerpunkt der politi-
ſchen Lage, nur durch die Neuwahlen können dieſe
mehr als ungeſunden Verhältniſſe ſanirt werden, denn
es handelt ſich heute nicht darum, daß man die Herren
Abgeordneten unter einen Hut bringe, zuſammenſtelle,
ſondern, daß man das Nationalitäten- und Religions-
hader unterwühlte, durch die Corruption erbitterte
Volk befriedige, möge dabei die alleinſeligmachende
Partei in Brüche gehen oder nicht. Zur Vornahme
derſelben iſt aber keiner jener Politiker tauglich, die
ſich in letzter Zeit hervordrängten, weder Banffy noch
Khuen, noch Szlavy oder Szell, ſondern Derjenige,
der während der Neujahrsgratulationen ſich ferne
hielt — der Gutsherr von Taskony — oder
jener conſervative Staatsmann, auf den ſich die Blicke
aller conſervativen Elemente richten; Benjamin
Kallay. Wie immer es auch werden möge, das
Eis iſt gebrochen, die Volkspartei rührt ſich, der
erſte Schritt zum Beſſeren iſt gethan!
Feuilleton.
Wieuer Hunde-Mode.
Die „Wiener Mode“ hat jüngſt neben den Kleider-
entwürfen für Damen auch eine Hundemode in
Wort und Bild geſchildert. Wir ſehen da, wie unſere
lieben Vierfüßler modern à la fin de siècle gekleidet
werden können, wie für verſchiedene Tageszeiten ver-
ſchiedene Toiletten gewählt werden können.
Dadurch iſt die ſociale Frage auch in die Hunde-
welt eingedrungen, und ſo mancher bullbeißiger Pro-
letarier wird mit Neid auf das ariſtokratiſche Wind-
ſpiel blicken, das nach dem „Journal“ gekleidet iſt.
Die Dogge wird mit Verachtung den Rattler anſehen,
wenn er nicht eine Decke à la Louis XIV. auf dem
Leibe hat; und der Jagdhund wird ſtolz ſein neueſtes
„Jagdcoſtüm“ tragen, während der Ringſtraßen-
Dandy als vollendetes Gigeil ſpazieren wird. Ein
großer Zwieſpalt wird eintreten im Hundeleben und
diejenigen, die heute Freunde waren, werden morgen
ſtolz aneinander vorbei gehen, jeder auf ſeine Toilette
zu ſtolz, als daß er den andern eines Blickes würdigen
thäte.
Aber erſt wenn dieſe Thiere die Sprache erhielten,
wenn ſie reden könnten, wie würde ſich da der Unter-
ſchied zeigen zwiſchen dem der oberen Zehntauſend und
dem armen Teufel von unten.
Wir ſtellen uns einen derartigen Dialog lebhaft
vor. Scene: Der äußere Burgplatz, ein bekannter
Hunde-Rendezvous-Ort. Ein zierlicher Pintſcher
ſteigt behutſam im thaufeuchten Graſe umher. Seine
Gnädige iſt eine Hofrathswitwe, die es gerne ſieht,
wenn Ami zeitlich Morgens ſpazieren geht,
insbeſonders im Graſe, denn das gehört
zur Geſundheitspflege und die Frau Hofräthin iſt ſehr
beſorgt für die Geſundheit ihres „Herzens-Ami“. Es
dauert nicht lange, ſo erhält Ami Geſellſchaft. Das
Spitzhündchen der Sängerin F. iſt in aller Morgen-
frühe echappirt; dasſelbe liebt es, einen Spaziergang
zu machen, und da ſeine Herrin es nicht liebt, den
Puffi allein herumlaufen zu laſſen, ſo benützt er
jeden Augenblick, um ins Freie zu kommen. Puffi
kennt Ami ſchon ſeit längerer Zeit und er hat ſich
ſchon recht befreundet mit mit dem lieben Pintſcherl
der Frau Hofräthin. Puffi ſpringt auf den Wieſen-
plan und erſieht ſeinen Freund: „Guten Morgen
Ami, auch ſchon hier in aller Früh?“ Aber Ami
ſieht ſtolz von den Höhen des Fortſchrittes auf den
ſimplen Spitz hinab, der ſeine Zeit nicht erkannt hat
und ſich nicht ſchämt, im bloßen Fell herumzulaufen!
Ami weiß, was ſich für den anſtändigen Hund ſchickt,
und er geht von dem Standpunkte aus: „Wie der
Hund, ſo der Herr!“ Er ſteht auf der Höhe ſeiner
Zeit und da der Sohn der Frau Hofräthin ein libe-
raler Abgeordneter iſt, ſo ſchwärmt auch Ami für
„Freiſinn und Fortſchritt.“
Freiſinnig iſt ſeine Herrſchaft, das hat ſie dadurch
bewieſen, daß ſie ſofort die geniale Idee ergriff und
dem lieben Ami die modernſte Decke anſertigen ließ.
Puffi aber ſteht im Verdachte, ein Antiſe mit
zu ſein, da er der Flora, der ſchwarzen Hündin
des Börſecomptoir Inhabers N. Blüthenzweig,
ſtets ſchroff begegnet und nicht wie andere um ihre
Freundſchaft buhlt. Flora kommt immer auf den
Burgplatz und erzählt von den guten Biſſen, die ſie
erhält von den fetten, koſcheren Gansbeinen, die ſie
faſt ausſchließlich zur Nahrung bekommt.
Puffi ſieht das ablehnende Verhalten Ami’s und
in Gedanken ſchleicht er davon, er weiß nicht, was
Ami plötzlich ſo ſtolz gemacht. Der Arme! Er hat
keine Ahnung, welchen Funken eine wohlſituirte,
ahnungsloſe Actiengeſellſchaft in die beſſergeſtellte
Hundewelt geworfen hat.
Im Gefühl ſeiner Erhabenheit ſchreitet Ami
langſam im feuchten Graſe weiter, als der luſtige
„Greißler-Schipſl einhergallopirt kommt.
Er iſt ſo recht der Proletarier in der Hundegeſell-
ſchaft, und da er keinen Stolz und keinen Hochmuth
kennt, iſt er Puffi’s Intimus. Auch er kann die
„jüdiſche“. Flora nicht leiden, ebenſowenig wie den
„freiheitlichen“ Ami. Schipſl hat auch dem Freiheits-
hund der Hofräthin einen Spitznamen gegeben: den
„Vormärzler“. Ami hatte nämlich früher die
Gewohnheit, der Geſellſchaft ſtets Vorträge zu halten,
die er von ſeinem Herrn, dem verſtorbenen Hofrath,
gehört hatte. Dieſe Vorträge handelten ſtets vom
Vormärz und Ami erklärte den Zuhörern, wie das
doch im Vormärz ſo ſchlecht war, keine Preß-, keine
Gedankenfreiheit, keine Conſtitution u. ſ. w. Dann
lobte er die jetzigen Verhältniſſe, bis ihn einmal
Schipſl unterbrach: „Wenn ’s auf mich ankemmet,
ſo wär’s mir gleich lieber, wir hätten den Vormärz,
denn was nützt uns Preßfreiheit und Gedankenfreiheit,
wenn wir Maulkorv- und Steuerzwang haben.“ Alle
gaben ihm Recht, nur Ami brummte „Reactionär“.
Schipsl eilte alſo luſtig zu Puffi hin: „Servus
Puffi biſt a ſchon da?“ Puffi brummte ſein „Guten
Morgen“ und wollte weiter gehen, aber Schipsl hielt
ihn zurück: „Na was iſt denn das für a Manier?
Was fehlt denn Dir heut?“ Puffi machte nun ſeinem
Herzen Luft und erzählte das ſchnöde Benehmen des
„liberalen“ Ami.
„Der dalkerte Pintſch, der glaubt er is waß Gott
wer, ſo g’ſpreizt thut er. Unſeraner is g’wiß a ſoviel
wie der verhätſchelte Dalk, der muaß rein glauben er
ſtammt vom berühmten trojaniſchen Hector
ab!“ Zornig ſtieß Puffi dieſe Worte heraus und wer
weiß, was geſchehen wäre, wenn nicht eine weiſe
Obrigkeit einige Jahre vorher die Hundecontumaz ver-
hängt hätte, der zu Folge jeder Hund mit einem vor-
ſchrifsmäßigen Beißkorb verſehen ſein muß, widrigen-
falls der „Meiſter des Waſens“ kommt und der
Schlinge ihren Lauf läßt.
Unterdeſſen war ein kurzbeiniger Dackel gekommen,
der ſeiner Geſinnung und der ſeines Herrn, eines
kleinen Großgrundbeſitzers gemäß, conſervativ war.
Dackel war aber ein kluger Hund, wußte daß der
Parteiſtandpunkt oft die beſten Freunde entzweit, und
deshalb betonte er ſo wenig als möglich ſeine Ge-
ſinnnung. Er war auch ſehr beliebt als der Clown
der Hundegeſellſchaft. Beſondere Fähigkeit zeigte er,
wenn es galt, Ami zu reizen, und eben wollte er
daran gehen „Herrn Ami“ ein wenig ſteigen zu laſſen,
als ihn Puffi belehrte, daß mit dem „Tellerlecker der
Hofrathskuchel“ nichts anzufangen ſei. Dackel wollte es
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(2018-01-26T13:38:42Z)
grepect GmbH: Bereitstellung der Texttranskription und Textauszeichnung.
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