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Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 159. Leipzig (Sachsen), 16. April 1836.

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Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] ersten Anstalten, die unter der Leitung von Europäern,
besonders Franzosen, eröffnet wurden. An sie schloß sich
schon 1821 eine Elementarschule, in welcher einige Hun-
dert Zöglinge, sowol Türken als Araber, in Sprach-
kenntnissen, Zeichnen und Mathematik, aber mit vor-
waltender Rücksicht auf den Soldatenberuf, unterrichtet
wurden. Mit einem Militairhospitale ward eine medi-
cinische Schule verbunden, welche Regimentsärzte bil-
dete. Ebenso wurden um dieselbe Zeit theils am Bord
einiger Schiffe, theils in Alexandrien Unterrichtsanstal-
ten eröffnet, um junge Araber sowol als selbst ältere
Offiziere im Seedienste und in der Schiffahrtskunde zu
unterrichten. Doch war Alles, was Mohammed in die-
ser Beziehung that, um so weniger auf die Erhebung
des Volks berechnet, da in diesem das Bedürfniß eines
bessern Zustandes und einer höhern Bildung noch nicht
erwacht war, sondern nur auf die Befestigung seiner
Macht. Aber seine Bemühungen, europäische Bildung
zu verbreiten, werden für die Zukunft nicht unfrucht-
bar bleiben. Besonders wichtig ist in dieser Beziehung,
daß schon 1826 mehre junge Leute nach Frankreich ge-
schickt wurden, wo sie theils in den zur Leitung der
öffentlichen Verwaltung nöthigen Kenntnissen, theils für
Künste und Gewerbe sich ausbildeten. Jhnen sind bis
jetzt mehre gefolgt, und viele dieser europäisch gebildeten
Jünglinge wirken bereits in ihrer Heimat als Lehrer und
sind zum Theil auch, wie z. B. der gebildete Scheik
Refaa, als Schriftsteller in eignen Werken und in Über-
[Spaltenumbruch] setzungen aufgetreten. Jn Bulak bei Kahira ward eine
Buchdruckerei angelegt, in welcher Araber, Türken, Jta-
liener und Franzosen arbeiten. Seit 1829 erscheint hier
eine Zeitung in türkischer und arabischer Sprache.

Jm Jahre 1824 wurde Mohammed von der Pforte,
die den Übermächtigen fürchtete, zum Oberanführer ge-
gen die Griechen ernannt, und die seinem Vortheile
widerstreitende Theilnahme an diesem Kampfe ward ihm
aufgenöthigt. Sein Sohn Jbrahim landete auf Mo-
rea, um dort eine Negercolonie zu gründen, ward aber
von den Griechen geschlagen; glücklicher war er im fol-
genden Jahre und behauptete Morea, bis 1827 die Fol-
gen der Schlacht bei Navarino ihn nöthigten, das Land
zu räumen. Die Schwäche der Pforte nach dem Frie-
den von Adrianopel reizte den Pascha, seinen Plan,
sich unabhängig zu machen, durch die Eroberung Sy-
riens auszuführen. Jbrahim führte den Feldzug seit dem
October 1831 mit glücklichem Erfolge, und der Pascha,
obgleich der Sultan den Bann gegen ihn aussprach,
setzte den Krieg fort, bis der Sieg bei Konieh im De-
cember 1832 den Kampf entschied. Durch die Vermit-
telung der europäischen Mächte wurde der Friede geschlos-
sen, welcher dem Pascha das eroberte Syrien als eine
Statthalterschaft und zugleich den Besitz der Jnsel Kreta
gab. Seitdem hat er sich auch die Städte auf der
arabischen Küste und die Provinz Yemen in Arabien
unterworfen, während sein Sohn eine drohende Empö-
rung in Syrien zu bekämpfen hatte.

[Ende Spaltensatz]


[Abbildung] Das Castel von Conisborough in der englischen Grafschaft York.

Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] ersten Anstalten, die unter der Leitung von Europäern,
besonders Franzosen, eröffnet wurden. An sie schloß sich
schon 1821 eine Elementarschule, in welcher einige Hun-
dert Zöglinge, sowol Türken als Araber, in Sprach-
kenntnissen, Zeichnen und Mathematik, aber mit vor-
waltender Rücksicht auf den Soldatenberuf, unterrichtet
wurden. Mit einem Militairhospitale ward eine medi-
cinische Schule verbunden, welche Regimentsärzte bil-
dete. Ebenso wurden um dieselbe Zeit theils am Bord
einiger Schiffe, theils in Alexandrien Unterrichtsanstal-
ten eröffnet, um junge Araber sowol als selbst ältere
Offiziere im Seedienste und in der Schiffahrtskunde zu
unterrichten. Doch war Alles, was Mohammed in die-
ser Beziehung that, um so weniger auf die Erhebung
des Volks berechnet, da in diesem das Bedürfniß eines
bessern Zustandes und einer höhern Bildung noch nicht
erwacht war, sondern nur auf die Befestigung seiner
Macht. Aber seine Bemühungen, europäische Bildung
zu verbreiten, werden für die Zukunft nicht unfrucht-
bar bleiben. Besonders wichtig ist in dieser Beziehung,
daß schon 1826 mehre junge Leute nach Frankreich ge-
schickt wurden, wo sie theils in den zur Leitung der
öffentlichen Verwaltung nöthigen Kenntnissen, theils für
Künste und Gewerbe sich ausbildeten. Jhnen sind bis
jetzt mehre gefolgt, und viele dieser europäisch gebildeten
Jünglinge wirken bereits in ihrer Heimat als Lehrer und
sind zum Theil auch, wie z. B. der gebildete Scheik
Refaa, als Schriftsteller in eignen Werken und in Über-
[Spaltenumbruch] setzungen aufgetreten. Jn Bulak bei Kahira ward eine
Buchdruckerei angelegt, in welcher Araber, Türken, Jta-
liener und Franzosen arbeiten. Seit 1829 erscheint hier
eine Zeitung in türkischer und arabischer Sprache.

Jm Jahre 1824 wurde Mohammed von der Pforte,
die den Übermächtigen fürchtete, zum Oberanführer ge-
gen die Griechen ernannt, und die seinem Vortheile
widerstreitende Theilnahme an diesem Kampfe ward ihm
aufgenöthigt. Sein Sohn Jbrahim landete auf Mo-
rea, um dort eine Negercolonie zu gründen, ward aber
von den Griechen geschlagen; glücklicher war er im fol-
genden Jahre und behauptete Morea, bis 1827 die Fol-
gen der Schlacht bei Navarino ihn nöthigten, das Land
zu räumen. Die Schwäche der Pforte nach dem Frie-
den von Adrianopel reizte den Pascha, seinen Plan,
sich unabhängig zu machen, durch die Eroberung Sy-
riens auszuführen. Jbrahim führte den Feldzug seit dem
October 1831 mit glücklichem Erfolge, und der Pascha,
obgleich der Sultan den Bann gegen ihn aussprach,
setzte den Krieg fort, bis der Sieg bei Konieh im De-
cember 1832 den Kampf entschied. Durch die Vermit-
telung der europäischen Mächte wurde der Friede geschlos-
sen, welcher dem Pascha das eroberte Syrien als eine
Statthalterschaft und zugleich den Besitz der Jnsel Kreta
gab. Seitdem hat er sich auch die Städte auf der
arabischen Küste und die Provinz Yemen in Arabien
unterworfen, während sein Sohn eine drohende Empö-
rung in Syrien zu bekämpfen hatte.

[Ende Spaltensatz]


[Abbildung] Das Castel von Conisborough in der englischen Grafschaft York.
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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 159. Leipzig (Sachsen), 16. April 1836, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig159_1836/4>, abgerufen am 22.12.2024.