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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 16. Leipzig (Sachsen), 22. April 1843.

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[Beginn Spaltensatz] in ein klägliches Geheul aus, wälzten sich auf der Erde,
rauften sich die Haare und bestreuten ihr Haupt mit
Staub.

Zingha liebte bis zu ihrem Tode prächtige Kleider
und trug gewöhnlich Stoffe, die man damals im Lande
machte. Obwol sie aus Baumrinde bestanden, waren sie
doch so fein, daß ihnen der schönste Atlas Europas nicht
gleichkam. An Festtagen mußten ihr die reichsten Gold-
brocate Asiens und Europas zum Königsmantel dienen.
Dann trug sie auch eine goldene Krone, kostbare Perlen-
schnuren und goldene Ketten und Spangen an Hals,
Armen und Beinen. Ein mit rothem Sammt überzo-
gener Stab, welcher mit Perlen gestickt und mit kleinen
goldenen und silbernen Schellen versehen war, diente ihr
zum Scepter. Bisweilen, jedoch selten, kleidete sie sich
portugiesisch, um, wie sie sagte, ihren Namen Donna
Anna nicht ganz vergeblich zu führen. Sie war eine
leidenschaftliche Jägerin, und je gefährlicher die Jagd
war, desto mehr freute sie sich derselben. Jn ihren Zim-
mern waren die Häute von den Löwen und Tigern auf-
gehängt, welche sie selbst getödtet hatte.

Zu ihrer Bedienung hatte Zingha 300 Frauen, welche
immer zu zehnen um ihre Person waren und sie keinen
Augenblick aus den Augen verlieren durften.

Zingha aß immer öffentlich: eine große Matte, wie
man sie damals im Lande verfertigte, lag bei solchen
Gelegenheiten auf der Erde ausgebreitet und auf dersel-
ben eine zweite von europäischem Linnen. Sie saß auf
einem Kissen und aß nach der Sitte des Landes ohne
Messer und Gabel, nach allen Seiten große Stücke
Fleisch an ihre Offiziere und Frauen austheilend, welche
dieselben aus Respect, sie mochten Hunger haben oder
nicht, ohne das Geringste übrig zu lassen, augenblicklich
verzehren mußten. Der Pater Anton von Gaeta sah
ihr an einem gewöhnlichen Tage auf 80 Gerichte auf-
tischen. Es waren Eidechsen, Heuschrecken, große Grillen
und mit Haut und Haar gebratene Mäuse darunter.
Der Pater dankte gehorsamst, als ihm diese Leckerbissen
von der Königin angeboten wurden, und diese war ver-
ständig genug, sich deshalb nicht verletzt zu fühlen. "Jhr
Europäer, sagte sie lachend, wißt nicht, was gut schmeckt."

Bei wichtigen Gelegenheiten aß sie auch nach euro-
päischer Sitte; dann hatte sie sehr schönes Tafelgeschirr
von Gold und Silber und wurde, wie die Könige von
Spanien und Portugal, von ihren Offizieren auf den
Knien bedient. Sie that dies indessen nur selten, denn
sie war eine Feindin alles Zwangs und aller ungewöhn-
lichen Dinge.

Marställe besaß sie nicht, denn in Angola und Ma-
tamba gab es damals weder Pferde noch Maulthiere,
dafür aber hatte sie kräftige Sklaven, welche in eigenen
Hütten unterhalten wurden und unter der Leitung eines
eigenen Aufsehers standen. Sie bediente sich derselben
wie wir der Pferde, und sie waren so stark, daß sie in
einem Tage, mit schweren Lasten beladen, 12--13 deut-
sche Meilen zurücklegen konnten.

Zingha hatte in ihrer Schwester Cambo, welche eben-
falls getauft war und Donna Barbara hieß, eine ihr
sehr unähnliche Nachfolgerin. Die ihr übergebenen Zeichen
des Königthums, ein Wurfspieß, ein Bogen und Pfeile,
vermochten nicht mehr aus ihr zu machen als sie war;
die ruchlosen heidnischen Gebräuche, welche Zingha mit
vieler Mühe ausgerottet hatte, wurden wieder eingeführt,
was um so leichter war, als sie in den Herzen der Un-
terthanen noch lebten, und nach einigen Jahren waren
alle Spuren der Cultur, welche Zingha ihrem Volke zu
[Spaltenumbruch] geben gewußt hatte, wieder verwischt und das Jnnere
Afrikas war aufs neue auf viele Jahrhunderte der Hu-
manität entrissen.



Miscellen.

Jn dem Dorfe Weizendorf, bei dem Badeorte Rosenheim
in Baiern, lebt ein Bauermädchen, das seit Jahren nichts mehr
zu sich genommen hat als frisches Brunnenwasser. Die erste
Anzeige davon auf officiellem Wege gelangte durch den betref-
fenden Bezirksarzt vor ungefähr vier Monaten an das Mini-
sterium des Jnnern zu München. Dieser Arzt hatte das Mäd-
chen mit Zustimmung ihrer Ältern aus eigenem Jnteresse an
der Sache vier Wochen lang bei sich im Hause gehabt und
versichert, daß das Mädchen während dieser ganzen Zeit auf
das Aufmerksamste beobachtet worden sei und nie etwas Ande-
res genossen habe als Brunnenwasser. Das Mädchen soll
nächstens in das allgemeine Krankenhaus nach München ge-
bracht und sorgfältig beobachtet werden.



Ein Hr. van Goethem hat in einer Zuckersiederei vollstän-
dig raffinirten Brotzucker aus Rübensaft in Einem Sud pro-
ducirt, was bis jetzt für unmöglich gehalten wurde. Der so
erzeugte Zucker war von der vortrefflichsten Qualität.



Von London ist neulich das erste Billard nach China
für die englischen Ofsiziere in Hongkong abgegangen.



Literarische Anzeige.

Conversations=Lexikon.

Neunte
sehr verbesserte und vermehrte Original-Auflage.

Der erste Band ( Heft 1 -- 8, A -- Balbuena )
dieser neunten Auflage ist fertig. Sie erscheint in 15
Bänden oder 120 Heften zu dem Preise von 5 Ngr.
für das Heft in der Ausgabe auf Maschinenp.; in der
Ausgabe auf Schreibp. kostet der Band 2 Thlr., auf
Velinp. 3 Thlr.

Wie bisher, so werden auch in Zukunft monatlich
in der Regel drei Hefte erscheinen, die Auslagen für die
Anschaffung des Werks vertheilen sich somit auf drei
Jahre.

Die vollständige Lieferung in 120 Heften
wird ausdrücklich garantirt, sodaß die Subscri-
benten etwaige weitere Hefte gratis erhalten würden.

Die sehr große Theilnahme, welche diese neue Auflage
gefunden hat und welche jetzt bereits eine Auflage von

fünfundzwanzig Tausend Exemplaren

nöthig macht, ist die sprechendste Anerkennung der innern
und äußern Vorzüge, wodurch dieselbe vor frühern Auf-
lagen und allen ähnlichen Werken sich auszeichnet.

Auf den Umschlägen der einzelnen Hefte
werden
Ankündigungen abgedruckt, und der
Raum einer Zeile wird mit 10 Ngr. berechnet.

Alle Buchhandlungen liefern das Conversations-
Lexikon zu obigen Preisen. Rabatt kann nicht in
Anspruch genommen werden; Subscriben-
tensammler erhalten auf 12 Ex. 1 Freiex.

Leipzig, im April 1843.

   F. A. Brockhaus.

[Ende Spaltensatz]

Herausgegeben unter Verantwortlichkeit der Verlagshandlung F. A. Brockhaus in Leipzig.

[Beginn Spaltensatz] in ein klägliches Geheul aus, wälzten sich auf der Erde,
rauften sich die Haare und bestreuten ihr Haupt mit
Staub.

Zingha liebte bis zu ihrem Tode prächtige Kleider
und trug gewöhnlich Stoffe, die man damals im Lande
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doch so fein, daß ihnen der schönste Atlas Europas nicht
gleichkam. An Festtagen mußten ihr die reichsten Gold-
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Dann trug sie auch eine goldene Krone, kostbare Perlen-
schnuren und goldene Ketten und Spangen an Hals,
Armen und Beinen. Ein mit rothem Sammt überzo-
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goldenen und silbernen Schellen versehen war, diente ihr
zum Scepter. Bisweilen, jedoch selten, kleidete sie sich
portugiesisch, um, wie sie sagte, ihren Namen Donna
Anna nicht ganz vergeblich zu führen. Sie war eine
leidenschaftliche Jägerin, und je gefährlicher die Jagd
war, desto mehr freute sie sich derselben. Jn ihren Zim-
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Messer und Gabel, nach allen Seiten große Stücke
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und mit Haut und Haar gebratene Mäuse darunter.
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vermochten nicht mehr aus ihr zu machen als sie war;
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vieler Mühe ausgerottet hatte, wurden wieder eingeführt,
was um so leichter war, als sie in den Herzen der Un-
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Jn dem Dorfe Weizendorf, bei dem Badeorte Rosenheim
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dig raffinirten Brotzucker aus Rübensaft in Einem Sud pro-
ducirt, was bis jetzt für unmöglich gehalten wurde. Der so
erzeugte Zucker war von der vortrefflichsten Qualität.



Von London ist neulich das erste Billard nach China
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Der erste Band ( Heft 1 — 8, A — Balbuena )
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Bänden oder 120 Heften zu dem Preise von 5 Ngr.
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   F. A. Brockhaus.

[Ende Spaltensatz]

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 16. Leipzig (Sachsen), 22. April 1843, S. 128. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig016_1843/8>, abgerufen am 15.08.2024.