Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung, Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 15. Leipzig (Sachsen), 15. April 1843

Bild:
<< vorherige Seite

[Beginn Spaltensatz] wälzte sich das Flammenmeer daher, nicht nur den Ver-
schütteten einen gräßlichen, langsamen Tod bringend, son-
dern auch die Fliehenden, Kinder, Weiber, Greise, selbst
starke Männer erfassend und in den allgemeinen Tod
ziehend.

Die Stelle der Feuerspritzen, welche unter den zu-
sammengestürzten Gebäuden vergraben waren, mußten
die Kanonen vertreten, um durch Niederschießung der Ge-
bäude dem Feuer Einhalt zu thun; aber es ließ sich
durch nichts aufhalten, bis das Zerstörungswerk vollendet
war. Von den sämmtlichen Gebäuden der Stadt stand
am 12. Febr. nur die Facade der Hauptkirche noch auf-
recht mit dem Zifferblatte der Uhr, auf dem der Wei-
ser, welcher in dem Augenblicke des Erdstoßes stehen ge-
blieben war, 10 Uhr 35 Minuten zeigte.

Auf den britischen Antillen hat das Erdbeben eben-
falls sehr niederschlagende Wirkungen hervorgebracht. Jn
Basse Terre, der Hauptstadt der Jnsel St.=Christoph,
ist fast kein Privathaus unbeschädigt geblieben; die Jn-
sel Newis hat ebenfalls großen Schaden erlitten, am
übelsten aber ist es Antigua ergangen. Jn der Haupt-
stadt St.=Johns hat das Erdbeben jede Kirche, jedes
Bethaus, mit Ausnahme des hölzernen der mährischen
Brüder, zerstört oder unbrauchbar gemacht; ebenso ist es
den Privathäusern ergangen, sodaß die Bewohner auf
den Schiffen Zuflucht suchen mußten.



Federposen. *)

Die Federposen, auch Federkiele, Federspulen genannt,
welche zum ordentlichen Schreiben dienen sollen, werden
im Frühjahre von den Bauern gesammelt und an die
Federposenfabrikanten ( Posenschraper ) verkauft. Am besten
sind diejenigen, welche den Gänsen einzeln zur Mauser-
zeit, im Mai und Juni, von selbst ausfallen; alle Fe-
dern der übrigen Jahreszeiten taugen nicht zu Schreib-
federn, ebenso wenig diejenigen, welche man mit Gewalt
aus den Flügeln der todten Gänse zieht.

Kein Gänseflügel hat mehr als fünf zum Schreiben
dienliche Federn. Die Eckpose ist die kürzeste, härteste
und rundeste, aber auch die schlechteste. Sie heißt die
Ortpose; auf sie folgen zwei andere, welche die Schlacht-
posen genannt werden. Diese behaupten den Vorzug
vor allen andern; die zwei sogenannten Breitfedern,
welche auf die Schlachtposen folgen, stehen ihnen an
Güte weit nach, sind aber doch viel besser als die Eck-
pose. Um die Schlachtposen zu erkennen, muß man auf
die Beschaffenheit der schmalen Seite der Feder achten;
bei den Schlachtposen hat die schmale Seite der Fahne
nach unten zu von Natur einen auswärts gekehrten
Ausschnitt.

Für die rechte Hand, mit der wir schreiben, schicken
sich die Federn des linken Flügels besser als die des
rechten, weil sie sich bequemer halten lassen. Man er-
kennt sie daran, daß, wenn man sie aufschneidet und ih-
ren Rücken nach unten hält, die Öffnung nicht gegen
die rechte, sondern gegen die linke Seite von der gera-
den Linie abweicht.

Der Fabrikant gibt den Kielen mittels heißen San-
des oder heißer Asche, wodurch alles in ihnen befindliche
Fett herausgezogen wird, Glanz und Härte, bisweilen
auch zugleich zwei oder mehre Streifen. Nach dieser
Behandlung heißen sie gezogene Spulen. Eine gut ge-
zogene Schreibfeder darf weder zu hart noch zu weich
[Spaltenumbruch] sein; man wählt diejenigen, welche an der Spitze etwas
nachgeben, wenn man sie zwischen dem Daumen und
Zeigefinger drückt.

Die nach englischer Art gezogenen sind durchgehends
klar, sodaß die Seele inwendig los ist und hin und her
läuft, wenn man sie schüttelt; die holländischen bestehen
in lauter großen Posen, die nur an der Stelle ganz
klar sind, wo man die Spalte an der Schreibfeder macht.
Die hamburger sogenannten Seespulen, die von Vielen
für die besten Federspulen gehalten werden, werden meist
durch heiße Asche zugerichtet, und das ist der Grund,
warum sie oft Zähne bekommen. Die Asche hat näm-
lich selten die gehörige Temperatur, sie ist meist entweder
zu heiß oder zu kalt. Jm erstern Falle wird die Spule
zu schnell weich, was die Feder statt hart zähe macht
und beim Spalten keinen freien Aufsprung zuläßt; im
letztern Falle erweicht die Spule nicht genug, die Wärme
durchdringt nicht alle Theilchen derselben und die Feder
bleibt auch hier zähe.

Am besten thut man, wenn man die Schreibfedern
vorsichtig über Kohlenfeuer behandelt. Die brennenden
Kohlen dürfen keine Flamme geben, denn diese würde
die Feder verbrennen; beim Halten über das Kohlenfeuer
muß man die Feder schnell hin und her bewegen und
oft vom Feuer nehmen, um zu fühlen, ob sie durchaus
und in gleichem Grade erweicht sei. Jst dies der Fall,
so nimmt man den Kiel mit abwärts gekehrtem Rücken
in die linke Hand, hält sie auf das mit einem wollenen
Lappen bedeckte Knie oder auf einen mit Tuch bedeckten
Tisch, drückt mit dem Rücken eines breiten Messers oben
auf den Anfang des Rohrs, zieht den Kiel rückwärts
darunter weg und gibt ihm seine vorige runde Gestalt
wieder, indem man ihn einige Male durch ein Tuch an-
haltend hindurchzieht. Es streift sich dabei das äußere
Häutchen ab, von dem Zusammendrücken aber entstehen
durchsichtige Striemen.

Wer sehr harte Spulen liebt, kann dieselben zwei-
mal ziehen und sie das erste Mal auf dem Rücken, das
zweite Mal auf einer Seite mit einem Messer überstrei-
chen; nur darf das nicht gleich hintereinander geschehen,
sondern die Feder muß erkalten, ehe sie zum zweiten
Male gezogen wird.

Einige pflegen die Kiele bis an die Fahne in heiße
Asche oder heißen Sand zu stecken, dann in kalte Lauge
zu tauchen, wieder aufs neue in heiße Asche zu stecken
und dann auf die bereits angegebene Art zu verfahren.

Rabatz in Prag legt die Kiele 40 Stunden in rei-
nes Wasser, steckt dann jeden Kiel 3 Minuten in stark
erhitzten weißen Sand, zieht ihn mit einer Klinge in
seiner ganzen Länge ab, legt ihn wieder 18 Stunden in
Wasser, dann wieder in heißen Sand und polirt ihn
endlich durch Reiben mit Flanell.

Die Federkielfabrikanten binden die Federn gewöhn-
lich zu 25, 50 oder 100 Stück in ein Bund zusam-
men. Die Farbe des Bindfadens bezeichnet die Güte
der Gebinde. Die erste und theuerste Sorte heißt " ex-
tra
großes Gut"; sie ist mit einem rothfarbenen Bande
umwunden und besteht aus lauter großen ausgesuchten
Posen. Auf diese Sorte folgt "groß Gut" mit grünem
und rothem Hanf umwickelt, auf diese eine Mittelsorte,
roth und grün umwickelt, auf diese "Meß extra ", kurzge-
bunden roth; auf diese der steife Kleingelbband, klein
Blauband, klein Roth, weitläufig gebunden, und zuletzt
die Ortposen, als die schlechtesten von allen.

Jn Canstanjen's Fabrik zu Düsseldorf wird die Fe-
derkielfabrikation ins Große getrieben. Man sortirt hier
die Federn mittels einer eigenen Wage in 54 Sorten
oder Schweren. Das Bewickeln der Federn geschieht
[Ende Spaltensatz]

*) Vgl. Nr. 226 der alten Folge des Pfennig=Magazins.

[Beginn Spaltensatz] wälzte sich das Flammenmeer daher, nicht nur den Ver-
schütteten einen gräßlichen, langsamen Tod bringend, son-
dern auch die Fliehenden, Kinder, Weiber, Greise, selbst
starke Männer erfassend und in den allgemeinen Tod
ziehend.

Die Stelle der Feuerspritzen, welche unter den zu-
sammengestürzten Gebäuden vergraben waren, mußten
die Kanonen vertreten, um durch Niederschießung der Ge-
bäude dem Feuer Einhalt zu thun; aber es ließ sich
durch nichts aufhalten, bis das Zerstörungswerk vollendet
war. Von den sämmtlichen Gebäuden der Stadt stand
am 12. Febr. nur die Façade der Hauptkirche noch auf-
recht mit dem Zifferblatte der Uhr, auf dem der Wei-
ser, welcher in dem Augenblicke des Erdstoßes stehen ge-
blieben war, 10 Uhr 35 Minuten zeigte.

Auf den britischen Antillen hat das Erdbeben eben-
falls sehr niederschlagende Wirkungen hervorgebracht. Jn
Basse Terre, der Hauptstadt der Jnsel St.=Christoph,
ist fast kein Privathaus unbeschädigt geblieben; die Jn-
sel Newis hat ebenfalls großen Schaden erlitten, am
übelsten aber ist es Antigua ergangen. Jn der Haupt-
stadt St.=Johns hat das Erdbeben jede Kirche, jedes
Bethaus, mit Ausnahme des hölzernen der mährischen
Brüder, zerstört oder unbrauchbar gemacht; ebenso ist es
den Privathäusern ergangen, sodaß die Bewohner auf
den Schiffen Zuflucht suchen mußten.



Federposen. *)

Die Federposen, auch Federkiele, Federspulen genannt,
welche zum ordentlichen Schreiben dienen sollen, werden
im Frühjahre von den Bauern gesammelt und an die
Federposenfabrikanten ( Posenschraper ) verkauft. Am besten
sind diejenigen, welche den Gänsen einzeln zur Mauser-
zeit, im Mai und Juni, von selbst ausfallen; alle Fe-
dern der übrigen Jahreszeiten taugen nicht zu Schreib-
federn, ebenso wenig diejenigen, welche man mit Gewalt
aus den Flügeln der todten Gänse zieht.

Kein Gänseflügel hat mehr als fünf zum Schreiben
dienliche Federn. Die Eckpose ist die kürzeste, härteste
und rundeste, aber auch die schlechteste. Sie heißt die
Ortpose; auf sie folgen zwei andere, welche die Schlacht-
posen genannt werden. Diese behaupten den Vorzug
vor allen andern; die zwei sogenannten Breitfedern,
welche auf die Schlachtposen folgen, stehen ihnen an
Güte weit nach, sind aber doch viel besser als die Eck-
pose. Um die Schlachtposen zu erkennen, muß man auf
die Beschaffenheit der schmalen Seite der Feder achten;
bei den Schlachtposen hat die schmale Seite der Fahne
nach unten zu von Natur einen auswärts gekehrten
Ausschnitt.

Für die rechte Hand, mit der wir schreiben, schicken
sich die Federn des linken Flügels besser als die des
rechten, weil sie sich bequemer halten lassen. Man er-
kennt sie daran, daß, wenn man sie aufschneidet und ih-
ren Rücken nach unten hält, die Öffnung nicht gegen
die rechte, sondern gegen die linke Seite von der gera-
den Linie abweicht.

Der Fabrikant gibt den Kielen mittels heißen San-
des oder heißer Asche, wodurch alles in ihnen befindliche
Fett herausgezogen wird, Glanz und Härte, bisweilen
auch zugleich zwei oder mehre Streifen. Nach dieser
Behandlung heißen sie gezogene Spulen. Eine gut ge-
zogene Schreibfeder darf weder zu hart noch zu weich
[Spaltenumbruch] sein; man wählt diejenigen, welche an der Spitze etwas
nachgeben, wenn man sie zwischen dem Daumen und
Zeigefinger drückt.

Die nach englischer Art gezogenen sind durchgehends
klar, sodaß die Seele inwendig los ist und hin und her
läuft, wenn man sie schüttelt; die holländischen bestehen
in lauter großen Posen, die nur an der Stelle ganz
klar sind, wo man die Spalte an der Schreibfeder macht.
Die hamburger sogenannten Seespulen, die von Vielen
für die besten Federspulen gehalten werden, werden meist
durch heiße Asche zugerichtet, und das ist der Grund,
warum sie oft Zähne bekommen. Die Asche hat näm-
lich selten die gehörige Temperatur, sie ist meist entweder
zu heiß oder zu kalt. Jm erstern Falle wird die Spule
zu schnell weich, was die Feder statt hart zähe macht
und beim Spalten keinen freien Aufsprung zuläßt; im
letztern Falle erweicht die Spule nicht genug, die Wärme
durchdringt nicht alle Theilchen derselben und die Feder
bleibt auch hier zähe.

Am besten thut man, wenn man die Schreibfedern
vorsichtig über Kohlenfeuer behandelt. Die brennenden
Kohlen dürfen keine Flamme geben, denn diese würde
die Feder verbrennen; beim Halten über das Kohlenfeuer
muß man die Feder schnell hin und her bewegen und
oft vom Feuer nehmen, um zu fühlen, ob sie durchaus
und in gleichem Grade erweicht sei. Jst dies der Fall,
so nimmt man den Kiel mit abwärts gekehrtem Rücken
in die linke Hand, hält sie auf das mit einem wollenen
Lappen bedeckte Knie oder auf einen mit Tuch bedeckten
Tisch, drückt mit dem Rücken eines breiten Messers oben
auf den Anfang des Rohrs, zieht den Kiel rückwärts
darunter weg und gibt ihm seine vorige runde Gestalt
wieder, indem man ihn einige Male durch ein Tuch an-
haltend hindurchzieht. Es streift sich dabei das äußere
Häutchen ab, von dem Zusammendrücken aber entstehen
durchsichtige Striemen.

Wer sehr harte Spulen liebt, kann dieselben zwei-
mal ziehen und sie das erste Mal auf dem Rücken, das
zweite Mal auf einer Seite mit einem Messer überstrei-
chen; nur darf das nicht gleich hintereinander geschehen,
sondern die Feder muß erkalten, ehe sie zum zweiten
Male gezogen wird.

Einige pflegen die Kiele bis an die Fahne in heiße
Asche oder heißen Sand zu stecken, dann in kalte Lauge
zu tauchen, wieder aufs neue in heiße Asche zu stecken
und dann auf die bereits angegebene Art zu verfahren.

Rabatz in Prag legt die Kiele 40 Stunden in rei-
nes Wasser, steckt dann jeden Kiel 3 Minuten in stark
erhitzten weißen Sand, zieht ihn mit einer Klinge in
seiner ganzen Länge ab, legt ihn wieder 18 Stunden in
Wasser, dann wieder in heißen Sand und polirt ihn
endlich durch Reiben mit Flanell.

Die Federkielfabrikanten binden die Federn gewöhn-
lich zu 25, 50 oder 100 Stück in ein Bund zusam-
men. Die Farbe des Bindfadens bezeichnet die Güte
der Gebinde. Die erste und theuerste Sorte heißt „ ex-
tra
großes Gut“; sie ist mit einem rothfarbenen Bande
umwunden und besteht aus lauter großen ausgesuchten
Posen. Auf diese Sorte folgt „groß Gut“ mit grünem
und rothem Hanf umwickelt, auf diese eine Mittelsorte,
roth und grün umwickelt, auf diese „Meß extra “, kurzge-
bunden roth; auf diese der steife Kleingelbband, klein
Blauband, klein Roth, weitläufig gebunden, und zuletzt
die Ortposen, als die schlechtesten von allen.

Jn Canstanjen's Fabrik zu Düsseldorf wird die Fe-
derkielfabrikation ins Große getrieben. Man sortirt hier
die Federn mittels einer eigenen Wage in 54 Sorten
oder Schweren. Das Bewickeln der Federn geschieht
[Ende Spaltensatz]

*) Vgl. Nr. 226 der alten Folge des Pfennig=Magazins.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jArticle" n="1">
        <p><pb facs="#f0007" n="119"/><fw type="pageNum" place="top">119</fw><cb type="start"/>
wälzte sich das Flammenmeer daher, nicht nur den Ver-<lb/>
schütteten einen gräßlichen, langsamen Tod bringend, son-<lb/>
dern auch die Fliehenden, Kinder, Weiber, Greise, selbst<lb/>
starke Männer erfassend und in den allgemeinen Tod<lb/>
ziehend.</p><lb/>
        <p>Die Stelle der Feuerspritzen, welche unter den zu-<lb/>
sammengestürzten Gebäuden vergraben waren, mußten<lb/>
die Kanonen vertreten, um durch Niederschießung der Ge-<lb/>
bäude dem Feuer Einhalt zu thun; aber es ließ sich<lb/>
durch nichts aufhalten, bis das Zerstörungswerk vollendet<lb/>
war. Von den sämmtlichen Gebäuden der Stadt stand<lb/>
am 12. Febr. nur die Fa<hi rendition="#aq">ç</hi>ade der Hauptkirche noch auf-<lb/>
recht mit dem Zifferblatte der Uhr, auf dem der Wei-<lb/>
ser, welcher in dem Augenblicke des Erdstoßes stehen ge-<lb/>
blieben war, 10 Uhr 35 Minuten zeigte.</p><lb/>
        <p>Auf den britischen Antillen hat das Erdbeben eben-<lb/>
falls sehr niederschlagende Wirkungen hervorgebracht. Jn<lb/>
Basse Terre, der Hauptstadt der Jnsel St.=Christoph,<lb/>
ist fast kein Privathaus unbeschädigt geblieben; die Jn-<lb/>
sel Newis hat ebenfalls großen Schaden erlitten, am<lb/>
übelsten aber ist es Antigua ergangen. Jn der Haupt-<lb/>
stadt St.=Johns hat das Erdbeben jede Kirche, jedes<lb/>
Bethaus, mit Ausnahme des hölzernen der mährischen<lb/>
Brüder, zerstört oder unbrauchbar gemacht; ebenso ist es<lb/>
den Privathäusern ergangen, sodaß die Bewohner auf<lb/>
den Schiffen Zuflucht suchen mußten.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div type="jArticle" n="1">
        <head><hi rendition="#fr">Federposen</hi>. <note place="foot" n="*)">Vgl. Nr. 226 der alten Folge des Pfennig=Magazins.</note></head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>ie Federposen, auch Federkiele, Federspulen genannt,<lb/>
welche zum ordentlichen Schreiben dienen sollen, werden<lb/>
im Frühjahre von den Bauern gesammelt und an die<lb/>
Federposenfabrikanten ( Posenschraper ) verkauft. Am besten<lb/>
sind diejenigen, welche den Gänsen einzeln zur Mauser-<lb/>
zeit, im Mai und Juni, von selbst ausfallen; alle Fe-<lb/>
dern der übrigen Jahreszeiten taugen nicht zu Schreib-<lb/>
federn, ebenso wenig diejenigen, welche man mit Gewalt<lb/>
aus den Flügeln der todten Gänse zieht.</p><lb/>
        <p>Kein Gänseflügel hat mehr als fünf zum Schreiben<lb/>
dienliche Federn. Die Eckpose ist die kürzeste, härteste<lb/>
und rundeste, aber auch die schlechteste. Sie heißt die<lb/>
Ortpose; auf sie folgen zwei andere, welche die Schlacht-<lb/>
posen genannt werden. Diese behaupten den Vorzug<lb/>
vor allen andern; die zwei sogenannten Breitfedern,<lb/>
welche auf die Schlachtposen folgen, stehen ihnen an<lb/>
Güte weit nach, sind aber doch viel besser als die Eck-<lb/>
pose. Um die Schlachtposen zu erkennen, muß man auf<lb/>
die Beschaffenheit der schmalen Seite der Feder achten;<lb/>
bei den Schlachtposen hat die schmale Seite der Fahne<lb/>
nach unten zu von Natur einen auswärts gekehrten<lb/>
Ausschnitt.</p><lb/>
        <p>Für die rechte Hand, mit der wir schreiben, schicken<lb/>
sich die Federn des linken Flügels besser als die des<lb/>
rechten, weil sie sich bequemer halten lassen. Man er-<lb/>
kennt sie daran, daß, wenn man sie aufschneidet und ih-<lb/>
ren Rücken nach unten hält, die Öffnung nicht gegen<lb/>
die rechte, sondern gegen die linke Seite von der gera-<lb/>
den Linie abweicht.</p><lb/>
        <p>Der Fabrikant gibt den Kielen mittels heißen San-<lb/>
des oder heißer Asche, wodurch alles in ihnen befindliche<lb/>
Fett herausgezogen wird, Glanz und Härte, bisweilen<lb/>
auch zugleich zwei oder mehre Streifen. Nach dieser<lb/>
Behandlung heißen sie gezogene Spulen. Eine gut ge-<lb/>
zogene Schreibfeder darf weder zu hart noch zu weich<lb/><cb n="2"/>
sein; man wählt diejenigen, welche an der Spitze etwas<lb/>
nachgeben, wenn man sie zwischen dem Daumen und<lb/>
Zeigefinger drückt.</p><lb/>
        <p>Die nach englischer Art gezogenen sind durchgehends<lb/>
klar, sodaß die Seele inwendig los ist und hin und her<lb/>
läuft, wenn man sie schüttelt; die holländischen bestehen<lb/>
in lauter großen Posen, die nur an der Stelle ganz<lb/>
klar sind, wo man die Spalte an der Schreibfeder macht.<lb/>
Die hamburger sogenannten Seespulen, die von Vielen<lb/>
für die besten Federspulen gehalten werden, werden meist<lb/>
durch heiße Asche zugerichtet, und das ist der Grund,<lb/>
warum sie oft Zähne bekommen. Die Asche hat näm-<lb/>
lich selten die gehörige Temperatur, sie ist meist entweder<lb/>
zu heiß oder zu kalt. Jm erstern Falle wird die Spule<lb/>
zu schnell weich, was die Feder statt hart zähe macht<lb/>
und beim Spalten keinen freien Aufsprung zuläßt; im<lb/>
letztern Falle erweicht die Spule nicht genug, die Wärme<lb/>
durchdringt nicht alle Theilchen derselben und die Feder<lb/>
bleibt auch hier zähe.</p><lb/>
        <p>Am besten thut man, wenn man die Schreibfedern<lb/>
vorsichtig über Kohlenfeuer behandelt. Die brennenden<lb/>
Kohlen dürfen keine Flamme geben, denn diese würde<lb/>
die Feder verbrennen; beim Halten über das Kohlenfeuer<lb/>
muß man die Feder schnell hin und her bewegen und<lb/>
oft vom Feuer nehmen, um zu fühlen, ob sie durchaus<lb/>
und in gleichem Grade erweicht sei. Jst dies der Fall,<lb/>
so nimmt man den Kiel mit abwärts gekehrtem Rücken<lb/>
in die linke Hand, hält sie auf das mit einem wollenen<lb/>
Lappen bedeckte Knie oder auf einen mit Tuch bedeckten<lb/>
Tisch, drückt mit dem Rücken eines breiten Messers oben<lb/>
auf den Anfang des Rohrs, zieht den Kiel rückwärts<lb/>
darunter weg und gibt ihm seine vorige runde Gestalt<lb/>
wieder, indem man ihn einige Male durch ein Tuch an-<lb/>
haltend hindurchzieht. Es streift sich dabei das äußere<lb/>
Häutchen ab, von dem Zusammendrücken aber entstehen<lb/>
durchsichtige Striemen.</p><lb/>
        <p>Wer sehr harte Spulen liebt, kann dieselben zwei-<lb/>
mal ziehen und sie das erste Mal auf dem Rücken, das<lb/>
zweite Mal auf einer Seite mit einem Messer überstrei-<lb/>
chen; nur darf das nicht gleich hintereinander geschehen,<lb/>
sondern die Feder muß erkalten, ehe sie zum zweiten<lb/>
Male gezogen wird.</p><lb/>
        <p>Einige pflegen die Kiele bis an die Fahne in heiße<lb/>
Asche oder heißen Sand zu stecken, dann in kalte Lauge<lb/>
zu tauchen, wieder aufs neue in heiße Asche zu stecken<lb/>
und dann auf die bereits angegebene Art zu verfahren.</p><lb/>
        <p>Rabatz in Prag legt die Kiele 40 Stunden in rei-<lb/>
nes Wasser, steckt dann jeden Kiel 3 Minuten in stark<lb/>
erhitzten weißen Sand, zieht ihn mit einer Klinge in<lb/>
seiner ganzen Länge ab, legt ihn wieder 18 Stunden in<lb/>
Wasser, dann wieder in heißen Sand und polirt ihn<lb/>
endlich durch Reiben mit Flanell.</p><lb/>
        <p>Die Federkielfabrikanten binden die Federn gewöhn-<lb/>
lich zu 25, 50 oder 100 Stück in ein Bund zusam-<lb/>
men. Die Farbe des Bindfadens bezeichnet die Güte<lb/>
der Gebinde. Die erste und theuerste Sorte heißt &#x201E; <hi rendition="#aq">ex-<lb/>
tra</hi> großes Gut&#x201C;; sie ist mit einem rothfarbenen Bande<lb/>
umwunden und besteht aus lauter großen ausgesuchten<lb/>
Posen. Auf diese Sorte folgt &#x201E;groß Gut&#x201C; mit grünem<lb/>
und rothem Hanf umwickelt, auf diese eine Mittelsorte,<lb/>
roth und grün umwickelt, auf diese &#x201E;Meß <hi rendition="#aq">extra</hi> &#x201C;, kurzge-<lb/>
bunden roth; auf diese der steife Kleingelbband, klein<lb/>
Blauband, klein Roth, weitläufig gebunden, und zuletzt<lb/>
die Ortposen, als die schlechtesten von allen.</p><lb/>
        <p>Jn Canstanjen's Fabrik zu Düsseldorf wird die Fe-<lb/>
derkielfabrikation ins Große getrieben. Man sortirt hier<lb/>
die Federn mittels einer eigenen Wage in 54 Sorten<lb/>
oder Schweren. Das Bewickeln der Federn geschieht<lb/><cb type="end"/>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[119/0007] 119 wälzte sich das Flammenmeer daher, nicht nur den Ver- schütteten einen gräßlichen, langsamen Tod bringend, son- dern auch die Fliehenden, Kinder, Weiber, Greise, selbst starke Männer erfassend und in den allgemeinen Tod ziehend. Die Stelle der Feuerspritzen, welche unter den zu- sammengestürzten Gebäuden vergraben waren, mußten die Kanonen vertreten, um durch Niederschießung der Ge- bäude dem Feuer Einhalt zu thun; aber es ließ sich durch nichts aufhalten, bis das Zerstörungswerk vollendet war. Von den sämmtlichen Gebäuden der Stadt stand am 12. Febr. nur die Façade der Hauptkirche noch auf- recht mit dem Zifferblatte der Uhr, auf dem der Wei- ser, welcher in dem Augenblicke des Erdstoßes stehen ge- blieben war, 10 Uhr 35 Minuten zeigte. Auf den britischen Antillen hat das Erdbeben eben- falls sehr niederschlagende Wirkungen hervorgebracht. Jn Basse Terre, der Hauptstadt der Jnsel St.=Christoph, ist fast kein Privathaus unbeschädigt geblieben; die Jn- sel Newis hat ebenfalls großen Schaden erlitten, am übelsten aber ist es Antigua ergangen. Jn der Haupt- stadt St.=Johns hat das Erdbeben jede Kirche, jedes Bethaus, mit Ausnahme des hölzernen der mährischen Brüder, zerstört oder unbrauchbar gemacht; ebenso ist es den Privathäusern ergangen, sodaß die Bewohner auf den Schiffen Zuflucht suchen mußten. Federposen. *) Die Federposen, auch Federkiele, Federspulen genannt, welche zum ordentlichen Schreiben dienen sollen, werden im Frühjahre von den Bauern gesammelt und an die Federposenfabrikanten ( Posenschraper ) verkauft. Am besten sind diejenigen, welche den Gänsen einzeln zur Mauser- zeit, im Mai und Juni, von selbst ausfallen; alle Fe- dern der übrigen Jahreszeiten taugen nicht zu Schreib- federn, ebenso wenig diejenigen, welche man mit Gewalt aus den Flügeln der todten Gänse zieht. Kein Gänseflügel hat mehr als fünf zum Schreiben dienliche Federn. Die Eckpose ist die kürzeste, härteste und rundeste, aber auch die schlechteste. Sie heißt die Ortpose; auf sie folgen zwei andere, welche die Schlacht- posen genannt werden. Diese behaupten den Vorzug vor allen andern; die zwei sogenannten Breitfedern, welche auf die Schlachtposen folgen, stehen ihnen an Güte weit nach, sind aber doch viel besser als die Eck- pose. Um die Schlachtposen zu erkennen, muß man auf die Beschaffenheit der schmalen Seite der Feder achten; bei den Schlachtposen hat die schmale Seite der Fahne nach unten zu von Natur einen auswärts gekehrten Ausschnitt. Für die rechte Hand, mit der wir schreiben, schicken sich die Federn des linken Flügels besser als die des rechten, weil sie sich bequemer halten lassen. Man er- kennt sie daran, daß, wenn man sie aufschneidet und ih- ren Rücken nach unten hält, die Öffnung nicht gegen die rechte, sondern gegen die linke Seite von der gera- den Linie abweicht. Der Fabrikant gibt den Kielen mittels heißen San- des oder heißer Asche, wodurch alles in ihnen befindliche Fett herausgezogen wird, Glanz und Härte, bisweilen auch zugleich zwei oder mehre Streifen. Nach dieser Behandlung heißen sie gezogene Spulen. Eine gut ge- zogene Schreibfeder darf weder zu hart noch zu weich sein; man wählt diejenigen, welche an der Spitze etwas nachgeben, wenn man sie zwischen dem Daumen und Zeigefinger drückt. Die nach englischer Art gezogenen sind durchgehends klar, sodaß die Seele inwendig los ist und hin und her läuft, wenn man sie schüttelt; die holländischen bestehen in lauter großen Posen, die nur an der Stelle ganz klar sind, wo man die Spalte an der Schreibfeder macht. Die hamburger sogenannten Seespulen, die von Vielen für die besten Federspulen gehalten werden, werden meist durch heiße Asche zugerichtet, und das ist der Grund, warum sie oft Zähne bekommen. Die Asche hat näm- lich selten die gehörige Temperatur, sie ist meist entweder zu heiß oder zu kalt. Jm erstern Falle wird die Spule zu schnell weich, was die Feder statt hart zähe macht und beim Spalten keinen freien Aufsprung zuläßt; im letztern Falle erweicht die Spule nicht genug, die Wärme durchdringt nicht alle Theilchen derselben und die Feder bleibt auch hier zähe. Am besten thut man, wenn man die Schreibfedern vorsichtig über Kohlenfeuer behandelt. Die brennenden Kohlen dürfen keine Flamme geben, denn diese würde die Feder verbrennen; beim Halten über das Kohlenfeuer muß man die Feder schnell hin und her bewegen und oft vom Feuer nehmen, um zu fühlen, ob sie durchaus und in gleichem Grade erweicht sei. Jst dies der Fall, so nimmt man den Kiel mit abwärts gekehrtem Rücken in die linke Hand, hält sie auf das mit einem wollenen Lappen bedeckte Knie oder auf einen mit Tuch bedeckten Tisch, drückt mit dem Rücken eines breiten Messers oben auf den Anfang des Rohrs, zieht den Kiel rückwärts darunter weg und gibt ihm seine vorige runde Gestalt wieder, indem man ihn einige Male durch ein Tuch an- haltend hindurchzieht. Es streift sich dabei das äußere Häutchen ab, von dem Zusammendrücken aber entstehen durchsichtige Striemen. Wer sehr harte Spulen liebt, kann dieselben zwei- mal ziehen und sie das erste Mal auf dem Rücken, das zweite Mal auf einer Seite mit einem Messer überstrei- chen; nur darf das nicht gleich hintereinander geschehen, sondern die Feder muß erkalten, ehe sie zum zweiten Male gezogen wird. Einige pflegen die Kiele bis an die Fahne in heiße Asche oder heißen Sand zu stecken, dann in kalte Lauge zu tauchen, wieder aufs neue in heiße Asche zu stecken und dann auf die bereits angegebene Art zu verfahren. Rabatz in Prag legt die Kiele 40 Stunden in rei- nes Wasser, steckt dann jeden Kiel 3 Minuten in stark erhitzten weißen Sand, zieht ihn mit einer Klinge in seiner ganzen Länge ab, legt ihn wieder 18 Stunden in Wasser, dann wieder in heißen Sand und polirt ihn endlich durch Reiben mit Flanell. Die Federkielfabrikanten binden die Federn gewöhn- lich zu 25, 50 oder 100 Stück in ein Bund zusam- men. Die Farbe des Bindfadens bezeichnet die Güte der Gebinde. Die erste und theuerste Sorte heißt „ ex- tra großes Gut“; sie ist mit einem rothfarbenen Bande umwunden und besteht aus lauter großen ausgesuchten Posen. Auf diese Sorte folgt „groß Gut“ mit grünem und rothem Hanf umwickelt, auf diese eine Mittelsorte, roth und grün umwickelt, auf diese „Meß extra “, kurzge- bunden roth; auf diese der steife Kleingelbband, klein Blauband, klein Roth, weitläufig gebunden, und zuletzt die Ortposen, als die schlechtesten von allen. Jn Canstanjen's Fabrik zu Düsseldorf wird die Fe- derkielfabrikation ins Große getrieben. Man sortirt hier die Federn mittels einer eigenen Wage in 54 Sorten oder Schweren. Das Bewickeln der Federn geschieht *) Vgl. Nr. 226 der alten Folge des Pfennig=Magazins.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription
Peter Fankhauser: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.

Weitere Informationen:

Siehe Dokumentation




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig015_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig015_1843/7
Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung, Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 15. Leipzig (Sachsen), 15. April 1843, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig015_1843/7>, abgerufen am 06.06.2024.