Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 10. Leipzig (Sachsen), 11. März 1843.[Beginn Spaltensatz]
schäumenden Wogen aber sah er trotz der Finsterniß ei- Der dritte Matrose war auf immer verschwunden. Alles Das geschah mitten in einer dicken Finster- Ramilly und sein Sohn dachten nun an die Lei- Diesmal schien nichts die unglücklichen Schiffbrü- Ein Todesschweigen begleitet diese neue muthige Nun war das Schiff gerettet. Einige Stunden darauf lief es, vom Sturme ge- Wasserstände der Elbe. Der außerordentlich niedrige Wasserstand, welcher im Der Wasserstand des Jahres 1842, welcher bis auf Die über die niedrigsten Wasserstände vorhandenen [Ende Spaltensatz] [Beginn Spaltensatz]
schäumenden Wogen aber sah er trotz der Finsterniß ei- Der dritte Matrose war auf immer verschwunden. Alles Das geschah mitten in einer dicken Finster- Ramilly und sein Sohn dachten nun an die Lei- Diesmal schien nichts die unglücklichen Schiffbrü- Ein Todesschweigen begleitet diese neue muthige Nun war das Schiff gerettet. Einige Stunden darauf lief es, vom Sturme ge- Wasserstände der Elbe. Der außerordentlich niedrige Wasserstand, welcher im Der Wasserstand des Jahres 1842, welcher bis auf Die über die niedrigsten Wasserstände vorhandenen [Ende Spaltensatz] <TEI> <text> <body> <div type="jArticle" n="1"> <p><pb facs="#f0003" n="75"/><fw type="pageNum" place="top">75</fw><cb type="start"/> schäumenden Wogen aber sah er trotz der Finsterniß ei-<lb/> nen schwarzen Punkt, der nichts Anderes sein konnte<lb/> als einer der vom Verdeck verschwundenen Menschen.<lb/> Obgleich er noch nicht ordentlich schwimmen konnte, be-<lb/> dachte er doch nicht lange, was zu thun sei, sondern<lb/> befestigte sich blitzschnell an ein Tau und stürzte sich in<lb/> das brausende Meer, ein zweites Tau für den kühnen<lb/> Schwimmer in der Hand haltend, der mit Riesenkraft<lb/> den Wogen entgegenarbeitete, die ihn vom Schiffe ent-<lb/> fernen wollten. Der Himmel unterstützte den Muth<lb/> des Einen, wie die Kraft des Andern. Mit Mannes-<lb/> kraft schleuderte der muthige Junge dem Unglücklichen,<lb/> der nahe daran war unterzugehen, das Seil zu und<lb/> dieser ergriff es, den Rest seiner Kräfte zusammenneh-<lb/> mend, und kam daran in dem Augenblick an das Schiff,<lb/> wo jener mittelst des Taues, das ihn an das Schiff<lb/> band, eben wieder hinaufgeklettert war. Jetzt erkannte<lb/> der junge Ramilly seinen Vater, der sich an dem Hin-<lb/> tertheil des Schiffs anklammerte; aber von den gemach-<lb/> ten Anstrengungen erschöpft, von der Kälte erstarrt, von<lb/> dem Wasser, das seine großen Fischerstiefeln füllte, mit<lb/> Centnergewalt niedergezogen, konnte er trotz der Unter-<lb/> stützung des Sohnes den Rand des Schiffes nicht er-<lb/> langen und war in Gefahr, wenn nicht bald Hülfe er-<lb/> schien, ins Meer zurückzusinken und, von allen Kräften<lb/> verlassen, rettungslos unterzugehen. Jn diesem Augen-<lb/> blicke läßt sich von einer andern Seite ein Hülferuf hö-<lb/> ren. Neue Hoffnung, neuer Muth zuckt durch die Seele<lb/> des Knaben. Er bringt ein Seil unter die Arme des<lb/> Vaters, bindet ihn damit fest an das Schiff und stürzt<lb/> sich auf's neue ins Meer, wo er den Hülferuf vernom-<lb/> men. Er kommt auch hier noch zu rechter Zeit. Eine<lb/> Welle hatte einen der Matrosen in die Nähe des Schif-<lb/> fes zurückgeworfen, aber von allen Kräften verlassen,<lb/> war er nicht im Stande, das Schiff heranzuklimmen,<lb/> und wollte eben untersinken, als ihm der Knabe das<lb/> Rettungstau zuwarf und ihn vollends an das Fahrzeug<lb/> zog. Nachdem er ihn, wie den Vater, an den Rand<lb/> des Schiffes gebunden hatte und sicher war, daß der<lb/> arme Mann nicht untersinken konnte, sprach er ihm<lb/> Muth zu, eilte dann wieder zu seinem Vater, und machte<lb/> neue Anstrengungen, ihn über den Bord ins Schiff<lb/> herein zu bringen. Eine gewaltige Welle unterstützte<lb/> ihn dies Mal, und er war so glücklich, den Vater auf<lb/> das Verdeck zu schwenken. Nun rafften Beide ihre letz-<lb/> ten Kräfte zusammen und brachten auch den Matrosen<lb/> Baptist, der bereits fast völlig leblos war, glücklich auf<lb/> das Verdeck.</p><lb/> <p>Der dritte Matrose war auf immer verschwunden.</p><lb/> <p>Alles Das geschah mitten in einer dicken Finster-<lb/> niß und bei einem vom Sturme furchtbar aufgewühl-<lb/> ten Meere.</p><lb/> <p>Ramilly und sein Sohn dachten nun an die Lei-<lb/> tung des Schiffes und nach unerhörten Anstrengungen<lb/> waren sie so glücklich, es wieder in Gang zu bringen.<lb/> Der Vater eilte zum Steuerruder, dessen vom Sturme<lb/> weggerissenen Helmstock er eiligst wieder ersetzte, während<lb/> sein Sohn mit dem wieder zu sich gekommenen Matro-<lb/> sen Baptist in den Schiffsraum stieg, um den Ballast<lb/> und die Ladung auf die andere Seite zu bringen und<lb/> dadurch die so gefährlich geneigte Barke wieder aufzu-<lb/> richten. Von dieser mühsamen Arbeit bluteten dem ar-<lb/> men Jungen die Hände, als wären sie mit Glasscher-<lb/> ben zerrissen; aber die Gefahr war noch nicht zu Ende.<lb/> Ein dicker Rauch, aus welchem alsbald Flammen her-<lb/> ausschlugen, kam aus der Kajüte, und verkündigte dem<lb/> alten Ramilly, welcher, ohne sein Schiff sogleich um-<lb/> schlagen zu sehen, seinen Posten nicht verlassen konnte,<lb/><cb n="2"/> daß das Feuer in der Kajüte sei und bereits bedeutende<lb/> Fortschritte mache.</p><lb/> <p>Diesmal schien nichts die unglücklichen Schiffbrü-<lb/> chigen retten zu können, aber der unerschrockene Knabe<lb/> hat seinem Werke noch nicht die Krone aufgesetzt und<lb/> sein besonnener Muth ist ebenso groß als die zu über-<lb/> windende neue Gefahr. Auf das Geschrei des Vaters<lb/> kommt er aufs Verdeck und in einem Augenblicke über-<lb/> legend, was zu thun sei, füllt er einen Wassereimer,<lb/> den der Sturm auf dem Fahrzeuge gelassen, und gießt<lb/> ihn geschickt auf die Stelle, wo der Brand am stärksten<lb/> scheint; dann fliegt er in die Kajüte, um es mit dem<lb/> neuen furchtbaren Feinde aufzunehmen. Er wirft die<lb/> Kleider und die Gegenstände, welche das Feuer ergriffen<lb/> hat, auf einen Haufen, legt sich darauf, um es unter<lb/> seinen nassen und vom Meerwasser noch triefenden Klei-<lb/> dern zu ersticken.</p><lb/> <p>Ein Todesschweigen begleitet diese neue muthige<lb/> That. Die Kajüte ist mit erstickendem Rauche ange-<lb/> füllt. Der Vater ruft ihn, er antwortet nicht. Schon<lb/> will der Vater das Steuerruder verlassen und das Fahr-<lb/> zeug seinem Schicksale überlassen, als der muthige Sohn,<lb/> halb erstickt und kaum einen Laut hervorzubringen im<lb/> Stande, mit den brennenden Sachen auf dem Verdecke<lb/> erscheint und sie ins Meer wirft.</p><lb/> <p>Nun war das Schiff gerettet.</p><lb/> <p>Einige Stunden darauf lief es, vom Sturme ge-<lb/> trieben, mit einem Manne weniger als beim Auslau-<lb/> fen, mit verdorbener Ladung und verlorenen Netzen<lb/> im Hafen von Cherbourg ein, aber dafür brachte es ei-<lb/> nen Knaben zurück, in welchem sich jener unerschrockene<lb/> Muth, jene kostbare Ruhe offenbart hatte, welche nur<lb/> wenige erwachsene Männer in der Gefahr behaupten, ei-<lb/> nen Knaben, der durch eine seltene Entschlossenheit zwei-<lb/> mal die Schiffbrüchigen gerettet hatte.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="1"> <head> <hi rendition="#fr">Wasserstände der Elbe.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">D</hi>er außerordentlich niedrige Wasserstand, welcher im<lb/> Jahre 1842 auch bei dem Elbstrome stattfand und<lb/> in dessen Folge an mehren Stellen des Strombettes<lb/> Steine mit eingehauener Bezeichnung zum Vorschein<lb/> kamen, hat in Sachsen Veranlassung zu amtlichen Er-<lb/> mittelungen und zur Vergleichung der niedrigsten bekann-<lb/> ten Wasserstände gegeben. 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schäumenden Wogen aber sah er trotz der Finsterniß ei-
nen schwarzen Punkt, der nichts Anderes sein konnte
als einer der vom Verdeck verschwundenen Menschen.
Obgleich er noch nicht ordentlich schwimmen konnte, be-
dachte er doch nicht lange, was zu thun sei, sondern
befestigte sich blitzschnell an ein Tau und stürzte sich in
das brausende Meer, ein zweites Tau für den kühnen
Schwimmer in der Hand haltend, der mit Riesenkraft
den Wogen entgegenarbeitete, die ihn vom Schiffe ent-
fernen wollten. Der Himmel unterstützte den Muth
des Einen, wie die Kraft des Andern. Mit Mannes-
kraft schleuderte der muthige Junge dem Unglücklichen,
der nahe daran war unterzugehen, das Seil zu und
dieser ergriff es, den Rest seiner Kräfte zusammenneh-
mend, und kam daran in dem Augenblick an das Schiff,
wo jener mittelst des Taues, das ihn an das Schiff
band, eben wieder hinaufgeklettert war. Jetzt erkannte
der junge Ramilly seinen Vater, der sich an dem Hin-
tertheil des Schiffs anklammerte; aber von den gemach-
ten Anstrengungen erschöpft, von der Kälte erstarrt, von
dem Wasser, das seine großen Fischerstiefeln füllte, mit
Centnergewalt niedergezogen, konnte er trotz der Unter-
stützung des Sohnes den Rand des Schiffes nicht er-
langen und war in Gefahr, wenn nicht bald Hülfe er-
schien, ins Meer zurückzusinken und, von allen Kräften
verlassen, rettungslos unterzugehen. Jn diesem Augen-
blicke läßt sich von einer andern Seite ein Hülferuf hö-
ren. Neue Hoffnung, neuer Muth zuckt durch die Seele
des Knaben. Er bringt ein Seil unter die Arme des
Vaters, bindet ihn damit fest an das Schiff und stürzt
sich auf's neue ins Meer, wo er den Hülferuf vernom-
men. Er kommt auch hier noch zu rechter Zeit. Eine
Welle hatte einen der Matrosen in die Nähe des Schif-
fes zurückgeworfen, aber von allen Kräften verlassen,
war er nicht im Stande, das Schiff heranzuklimmen,
und wollte eben untersinken, als ihm der Knabe das
Rettungstau zuwarf und ihn vollends an das Fahrzeug
zog. Nachdem er ihn, wie den Vater, an den Rand
des Schiffes gebunden hatte und sicher war, daß der
arme Mann nicht untersinken konnte, sprach er ihm
Muth zu, eilte dann wieder zu seinem Vater, und machte
neue Anstrengungen, ihn über den Bord ins Schiff
herein zu bringen. Eine gewaltige Welle unterstützte
ihn dies Mal, und er war so glücklich, den Vater auf
das Verdeck zu schwenken. Nun rafften Beide ihre letz-
ten Kräfte zusammen und brachten auch den Matrosen
Baptist, der bereits fast völlig leblos war, glücklich auf
das Verdeck.
Der dritte Matrose war auf immer verschwunden.
Alles Das geschah mitten in einer dicken Finster-
niß und bei einem vom Sturme furchtbar aufgewühl-
ten Meere.
Ramilly und sein Sohn dachten nun an die Lei-
tung des Schiffes und nach unerhörten Anstrengungen
waren sie so glücklich, es wieder in Gang zu bringen.
Der Vater eilte zum Steuerruder, dessen vom Sturme
weggerissenen Helmstock er eiligst wieder ersetzte, während
sein Sohn mit dem wieder zu sich gekommenen Matro-
sen Baptist in den Schiffsraum stieg, um den Ballast
und die Ladung auf die andere Seite zu bringen und
dadurch die so gefährlich geneigte Barke wieder aufzu-
richten. Von dieser mühsamen Arbeit bluteten dem ar-
men Jungen die Hände, als wären sie mit Glasscher-
ben zerrissen; aber die Gefahr war noch nicht zu Ende.
Ein dicker Rauch, aus welchem alsbald Flammen her-
ausschlugen, kam aus der Kajüte, und verkündigte dem
alten Ramilly, welcher, ohne sein Schiff sogleich um-
schlagen zu sehen, seinen Posten nicht verlassen konnte,
daß das Feuer in der Kajüte sei und bereits bedeutende
Fortschritte mache.
Diesmal schien nichts die unglücklichen Schiffbrü-
chigen retten zu können, aber der unerschrockene Knabe
hat seinem Werke noch nicht die Krone aufgesetzt und
sein besonnener Muth ist ebenso groß als die zu über-
windende neue Gefahr. Auf das Geschrei des Vaters
kommt er aufs Verdeck und in einem Augenblicke über-
legend, was zu thun sei, füllt er einen Wassereimer,
den der Sturm auf dem Fahrzeuge gelassen, und gießt
ihn geschickt auf die Stelle, wo der Brand am stärksten
scheint; dann fliegt er in die Kajüte, um es mit dem
neuen furchtbaren Feinde aufzunehmen. Er wirft die
Kleider und die Gegenstände, welche das Feuer ergriffen
hat, auf einen Haufen, legt sich darauf, um es unter
seinen nassen und vom Meerwasser noch triefenden Klei-
dern zu ersticken.
Ein Todesschweigen begleitet diese neue muthige
That. Die Kajüte ist mit erstickendem Rauche ange-
füllt. Der Vater ruft ihn, er antwortet nicht. Schon
will der Vater das Steuerruder verlassen und das Fahr-
zeug seinem Schicksale überlassen, als der muthige Sohn,
halb erstickt und kaum einen Laut hervorzubringen im
Stande, mit den brennenden Sachen auf dem Verdecke
erscheint und sie ins Meer wirft.
Nun war das Schiff gerettet.
Einige Stunden darauf lief es, vom Sturme ge-
trieben, mit einem Manne weniger als beim Auslau-
fen, mit verdorbener Ladung und verlorenen Netzen
im Hafen von Cherbourg ein, aber dafür brachte es ei-
nen Knaben zurück, in welchem sich jener unerschrockene
Muth, jene kostbare Ruhe offenbart hatte, welche nur
wenige erwachsene Männer in der Gefahr behaupten, ei-
nen Knaben, der durch eine seltene Entschlossenheit zwei-
mal die Schiffbrüchigen gerettet hatte.
Wasserstände der Elbe.
Der außerordentlich niedrige Wasserstand, welcher im
Jahre 1842 auch bei dem Elbstrome stattfand und
in dessen Folge an mehren Stellen des Strombettes
Steine mit eingehauener Bezeichnung zum Vorschein
kamen, hat in Sachsen Veranlassung zu amtlichen Er-
mittelungen und zur Vergleichung der niedrigsten bekann-
ten Wasserstände gegeben. Das Ergebniß läßt sich in
Nachstehendem zusammenfassen.
Der Wasserstand des Jahres 1842, welcher bis auf
2 Ellen 6 Zoll unter den Nullpunkt an der dresdner
Elbbrücke herabging, ist, den vorgefundenen Merkmalen
zufolge, der niedrigste bekannte Wasserstand der Elbe.
Die über die niedrigsten Wasserstände vorhandenen
genauen Merkmale ergeben, daß der des Jahres 1616
noch um3 1 / 2 Zoll, der von 1707 um4 1 / 2 Zoll, der
von 1761 um5 1 / 2 Zoll, der von 1790 um 6 Zoll,
der von 1811 um6 1 / 2 Zoll, der von 1636 um 8 Zoll,
der von 1800 um 8 Zoll, der von 1834 um 8 Zoll,
der von 1835 um 8 Zoll, der von 1836 um 8 Zoll,
der von 1635 um 9 Zoll, der von 1746 um 10 Zoll,
der von 1705 um 11 Zoll, der von 1782 um 11
Zoll, der von 1794 um 11 Zoll, der von 1789 um
14 Zoll, der von 1615 um17 1 / 2 Zoll die Stromhöhe
des Jahres 1842 überstiegen hat.
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Peter Fankhauser:
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