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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 10. Leipzig (Sachsen), 11. März 1843.

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[Beginn Spaltensatz] kam. Der Zamorin nahm ihn freundlich auf und er-
laubte ihm, in der Nähe eine Factorei zu gründen. Aber
die maurischen Kaufleute hetzten die Einwohner so lange
gegen die Portugiesen auf, bis die portugiesische Factorei
gestürmt wurde. Cabral glaubte das rächen zu müssen.
Er verbrannte fünf maurische Schiffe im Hafen und
beschoß die Stadt drei Tage lang. Dann fuhr er ab
und besuchte den nicht weit davon wohnenden König
von Kochim ( Kotschin ) , der mit dem Zamorin von Ca-
licut in Fehde lag und daher Cabral um so freundlicher
aufnahm. Obgleich Cabral die Hälfte seiner Schiffe
beim Cap der guten Hoffnung verloren hatte, so hatte
er dennoch mit dem Reste derselben so wichtige Dinge
in Jndien ausgerichtet, daß Emanuel bei seiner Rück-
kehr nur noch lüsterner wurde, sich in Ostindien festzu-
setzen und einen regelmäßigen Handel mit diesem herr-
lichen Lande anzuknüpfen.

Jetzt ( 1503 ) erhielt Albuquerque, der sich frühzeitig
in Schiffahrten an der afrikanischen Küste versucht und
durch seine Kühnheit die Aufmerksamkeit Emanuel's auf
sich gezogen hatte, eine kleine Flotte, um Eduard Pe-
reira, welcher, von Cabral in einem hölzernen Fort mit
zwei Schiffen und 150 Mann an der Küste zurückgelas-
sen, von 50,000 Eingeborenen belagert wurde, eiligst
Hülfe zu bringen. Er erfüllte die Erwartungen des
Königs im umfassendsten Sinne, denn ankommen und
das Fort Kodschir entsetzen war Eins, aber er begnügte
sich nicht damit, sondern gründete zu Kulan eine neue
Niederlassung und befestigte die eingedrungene portugie-
sische Macht durch die Kraft seines Schwertes und mehr
noch durch die Weisheit seines Benehmens. Siegreich
kehrte er nach Portugal zurück. Don Almeida wurde
nun mit 36 Schiffen als erster Vicekönig nach Jn-
dien geschickt. Er verband Ceylon durch Handelsbünd-
nisse mit Portugal und beförderte, wie vor ihm Albu-
querque, durch Klugheit und Tapferkeit die portugiesische
Sache in Jndien, machte sich aber später durch Will-
kür und schlechte Disciplin bei den Jndianern verhaßt.
Sein Plan ging auf die gänzliche Sperrung des persi-
schen und arabischen Meerbusens, worüber es zu einem
Kriege mit dem ägyptischen Sultan Kansu kam, den
schon längst die eifersüchtigen Venetianer, ebenso wie die
beleidigten Jndianer gegen die Portugiesen gereizt hatten.

Nun ( 1507 ) erhielt Albuquerque abermals eine Flotte,
mit welcher er Almeida unterstützen sollte. Er sperrte
vor allen Dingen durch Eroberung von Socotora, ei-
ner Jnsel am Eingange des arabischen Meerbusens, den
alten Handelsweg nach Europa, segelte hierauf mit ei-
ner Flotte von nicht mehr als sieben Schiffen und 500
Mann nach dem persischen Meerbusen und wagte hier
einen Kampf gegen 30,000 Mann und 400 Schiffe,
der so glücklich ausfiel, daß er Kalajate, Kuriate, Mus-
cate und Ormus, den allgemeinen Stapelplatz persischer,
arabischer und ägyptischer Kaufleute, eroberte.

Der bisherige König von Ormus hatte dem Per-
serschah Tribut bezahlt, ein Umstand, welcher letztern
bewog, auch die Portugiesen dazu anzuhalten, aber Al-
buquerque schickte ihm Degenspitzen und Kanonenkugeln
mit der Antwort: "das sei die Münze, mit welcher die
Portugiesen Tribut zu zahlen pflegten."

Schon hatte Albuquerque auf der Jnsel ein Fort
erbaut, welches die Stadt mit ihrem Hafen beherrschte,
als ihn eine Meuterei unter den Seinen und ein Streit
mit dem Vicekönig Almeida nöthigte, die Jnsel wieder
zu verlassen, aber beim Weggehen schwur er, sich den
Bart nicht eher scheeren zu lassen, als bis Ormus wie-
der in seiner Hand sei.

Die Belagerung des von ihm auf der Jnsel Soco-
[Spaltenumbruch] tora erbauten Forts rief ihn zunächst nach dieser Jnsel.
Das Fort war bald entsetzt. Die Kränkung, die er in
Ormus erfahren, wurde jetzt durch eine hohe Ehre wie-
der gut gemacht. Almeida wurde zurückberufen und Al-
buquerque wurde sein Nachfolger. Als Vicekönig konnte
er nun über eine bedeutend größere Macht verfügen.
Sein erstes Unternehmen in der neuen Würde war ein
Versuch, sich Kalkutta's zu bemächtigen, aber dieser Ver-
such mislang durch die Übereilung eines seiner Feldherren.
Besser gelang 1510 das Unternehmen auf Goa, den
schönsten und sichersten Hafen von Hindostan, im Ge-
biete des Königs von Dekkan. Zwar wurde er auch
hier wieder verdrängt, aber bald kehrte er mit Übermacht
zurück, stürmte die Stadt zum zweiten Male und machte
sie zum Hauptsitze der portugiesischen Macht in Jndien.
Von hier aus breitete er seine Eroberungen nach Ma-
lakka und den portugiesischen Handel nach den Gewürz-
inseln, nach China und Japan aus. Bald wurde die
portugiesische Herrschaft von den sämmtlichen Königen
auf der Küste von Malakka und seit 1514 auch von
Kalkutta anerkannt. Jm J. 1512 drang ein Theil
seiner Flotte unter dem Portugiesen Magelhaens, der
später in spanische Dienste trat und in diesen die erste
Reise um die Welt machte, bis zu den Molukken vor
und kam, mit den feinsten Gewürzen der Welt beladen,
zu Albuquerque zurück.

Dieser gedachte jetzt wieder seines Schwurs wegen
Ormus; sein schneeweißer Bart war, seit er den Schwur
gethan, so lang geworden, daß er bis zum Gürtel reichte.
Jm J. 1515 rückte er vor die Stadt und beschloß mit
der zweiten Eroberung derselben die Reihe der glänzen-
den Thaten, die er mit ihrer ersten Eroberung begon-
nen hatte; denn als er nach Goa zurücksegeln wollte,
erhielt er von Emanuel, der dem entfernten Statthalter
mistraute, seine Entlassung. Diese Kränkung wurde
dadurch noch erhöht, daß Lopez Loarez, ein elender
Mensch, den er zur Strafe nach Portugal zurückgeschickt
hatte, sein Nachfolger wurde. Den Tod im Herzen,
empfahl er Emanuel in einem letzten Briefe seinen Sohn
und segelte darauf nach Goa, um den Sitz seiner aus-
gebreiteten Wirksamkeit noch einmal zu sehen. Hier starb
er in seinem Schiffe auf der Rhede des Hafens den
16. September 1515.

Er war ein Mann von schöner Gestalt und freund-
lichen Zügen, furchtbaren Blickes nur dann, wenn er
zürnte, und hatte sich bei den Jndiern durch Mäßig-
keit, Gewissenhaftigkeit und Uneigennützigkeit einen sol-
chen Ruf erworben, daß sie noch viele Jahre nachher
zu seiner Grabstätte in Goa wallfahrteten und mit Weh-
muth seinen Schatten anriefen, er möge sie vor der
Barbarei der Statthalter und der blutdürstigen Bekeh-
rungssucht der Geistlichen bewahren.



Seltene Entschlossenheit eines Knaben.

Am 23. Nov. des vergangenen Jahres trieb bei einem
schrecklichen Wetter ein Fischerfahrzeug mit einem rei-
chen Fange beladen, ungefähr anderthalb Meilen nörd-
lich von der Jnsel Aurigny, als es ein heftiger Wind-
stoß auf die Seite warf und die drei Menschen, die
darauf waren, fortriß. Durch einen glücklichen Zufall
war der Schiffsjunge auf Befehl seines Vaters, Ra-
milly, welchem das Schiff gehörte, eben in die Kajüte
geeilt, um für denselben etwas zu holen. Als er
wieder auf das Verdeck kam, waren alle Menschen und
das ganze Fischergeräth verschwunden, inmitten der
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] kam. Der Zamorin nahm ihn freundlich auf und er-
laubte ihm, in der Nähe eine Factorei zu gründen. Aber
die maurischen Kaufleute hetzten die Einwohner so lange
gegen die Portugiesen auf, bis die portugiesische Factorei
gestürmt wurde. Cabral glaubte das rächen zu müssen.
Er verbrannte fünf maurische Schiffe im Hafen und
beschoß die Stadt drei Tage lang. Dann fuhr er ab
und besuchte den nicht weit davon wohnenden König
von Kochim ( Kotschin ) , der mit dem Zamorin von Ca-
licut in Fehde lag und daher Cabral um so freundlicher
aufnahm. Obgleich Cabral die Hälfte seiner Schiffe
beim Cap der guten Hoffnung verloren hatte, so hatte
er dennoch mit dem Reste derselben so wichtige Dinge
in Jndien ausgerichtet, daß Emanuel bei seiner Rück-
kehr nur noch lüsterner wurde, sich in Ostindien festzu-
setzen und einen regelmäßigen Handel mit diesem herr-
lichen Lande anzuknüpfen.

Jetzt ( 1503 ) erhielt Albuquerque, der sich frühzeitig
in Schiffahrten an der afrikanischen Küste versucht und
durch seine Kühnheit die Aufmerksamkeit Emanuel's auf
sich gezogen hatte, eine kleine Flotte, um Eduard Pe-
reira, welcher, von Cabral in einem hölzernen Fort mit
zwei Schiffen und 150 Mann an der Küste zurückgelas-
sen, von 50,000 Eingeborenen belagert wurde, eiligst
Hülfe zu bringen. Er erfüllte die Erwartungen des
Königs im umfassendsten Sinne, denn ankommen und
das Fort Kodschir entsetzen war Eins, aber er begnügte
sich nicht damit, sondern gründete zu Kulan eine neue
Niederlassung und befestigte die eingedrungene portugie-
sische Macht durch die Kraft seines Schwertes und mehr
noch durch die Weisheit seines Benehmens. Siegreich
kehrte er nach Portugal zurück. Don Almeida wurde
nun mit 36 Schiffen als erster Vicekönig nach Jn-
dien geschickt. Er verband Ceylon durch Handelsbünd-
nisse mit Portugal und beförderte, wie vor ihm Albu-
querque, durch Klugheit und Tapferkeit die portugiesische
Sache in Jndien, machte sich aber später durch Will-
kür und schlechte Disciplin bei den Jndianern verhaßt.
Sein Plan ging auf die gänzliche Sperrung des persi-
schen und arabischen Meerbusens, worüber es zu einem
Kriege mit dem ägyptischen Sultan Kansu kam, den
schon längst die eifersüchtigen Venetianer, ebenso wie die
beleidigten Jndianer gegen die Portugiesen gereizt hatten.

Nun ( 1507 ) erhielt Albuquerque abermals eine Flotte,
mit welcher er Almeida unterstützen sollte. Er sperrte
vor allen Dingen durch Eroberung von Socotora, ei-
ner Jnsel am Eingange des arabischen Meerbusens, den
alten Handelsweg nach Europa, segelte hierauf mit ei-
ner Flotte von nicht mehr als sieben Schiffen und 500
Mann nach dem persischen Meerbusen und wagte hier
einen Kampf gegen 30,000 Mann und 400 Schiffe,
der so glücklich ausfiel, daß er Kalajate, Kuriate, Mus-
cate und Ormus, den allgemeinen Stapelplatz persischer,
arabischer und ägyptischer Kaufleute, eroberte.

Der bisherige König von Ormus hatte dem Per-
serschah Tribut bezahlt, ein Umstand, welcher letztern
bewog, auch die Portugiesen dazu anzuhalten, aber Al-
buquerque schickte ihm Degenspitzen und Kanonenkugeln
mit der Antwort: „das sei die Münze, mit welcher die
Portugiesen Tribut zu zahlen pflegten.“

Schon hatte Albuquerque auf der Jnsel ein Fort
erbaut, welches die Stadt mit ihrem Hafen beherrschte,
als ihn eine Meuterei unter den Seinen und ein Streit
mit dem Vicekönig Almeida nöthigte, die Jnsel wieder
zu verlassen, aber beim Weggehen schwur er, sich den
Bart nicht eher scheeren zu lassen, als bis Ormus wie-
der in seiner Hand sei.

Die Belagerung des von ihm auf der Jnsel Soco-
[Spaltenumbruch] tora erbauten Forts rief ihn zunächst nach dieser Jnsel.
Das Fort war bald entsetzt. Die Kränkung, die er in
Ormus erfahren, wurde jetzt durch eine hohe Ehre wie-
der gut gemacht. Almeida wurde zurückberufen und Al-
buquerque wurde sein Nachfolger. Als Vicekönig konnte
er nun über eine bedeutend größere Macht verfügen.
Sein erstes Unternehmen in der neuen Würde war ein
Versuch, sich Kalkutta's zu bemächtigen, aber dieser Ver-
such mislang durch die Übereilung eines seiner Feldherren.
Besser gelang 1510 das Unternehmen auf Goa, den
schönsten und sichersten Hafen von Hindostan, im Ge-
biete des Königs von Dekkan. Zwar wurde er auch
hier wieder verdrängt, aber bald kehrte er mit Übermacht
zurück, stürmte die Stadt zum zweiten Male und machte
sie zum Hauptsitze der portugiesischen Macht in Jndien.
Von hier aus breitete er seine Eroberungen nach Ma-
lakka und den portugiesischen Handel nach den Gewürz-
inseln, nach China und Japan aus. Bald wurde die
portugiesische Herrschaft von den sämmtlichen Königen
auf der Küste von Malakka und seit 1514 auch von
Kalkutta anerkannt. Jm J. 1512 drang ein Theil
seiner Flotte unter dem Portugiesen Magelhaens, der
später in spanische Dienste trat und in diesen die erste
Reise um die Welt machte, bis zu den Molukken vor
und kam, mit den feinsten Gewürzen der Welt beladen,
zu Albuquerque zurück.

Dieser gedachte jetzt wieder seines Schwurs wegen
Ormus; sein schneeweißer Bart war, seit er den Schwur
gethan, so lang geworden, daß er bis zum Gürtel reichte.
Jm J. 1515 rückte er vor die Stadt und beschloß mit
der zweiten Eroberung derselben die Reihe der glänzen-
den Thaten, die er mit ihrer ersten Eroberung begon-
nen hatte; denn als er nach Goa zurücksegeln wollte,
erhielt er von Emanuel, der dem entfernten Statthalter
mistraute, seine Entlassung. Diese Kränkung wurde
dadurch noch erhöht, daß Lopez Loarez, ein elender
Mensch, den er zur Strafe nach Portugal zurückgeschickt
hatte, sein Nachfolger wurde. Den Tod im Herzen,
empfahl er Emanuel in einem letzten Briefe seinen Sohn
und segelte darauf nach Goa, um den Sitz seiner aus-
gebreiteten Wirksamkeit noch einmal zu sehen. Hier starb
er in seinem Schiffe auf der Rhede des Hafens den
16. September 1515.

Er war ein Mann von schöner Gestalt und freund-
lichen Zügen, furchtbaren Blickes nur dann, wenn er
zürnte, und hatte sich bei den Jndiern durch Mäßig-
keit, Gewissenhaftigkeit und Uneigennützigkeit einen sol-
chen Ruf erworben, daß sie noch viele Jahre nachher
zu seiner Grabstätte in Goa wallfahrteten und mit Weh-
muth seinen Schatten anriefen, er möge sie vor der
Barbarei der Statthalter und der blutdürstigen Bekeh-
rungssucht der Geistlichen bewahren.



Seltene Entschlossenheit eines Knaben.

Am 23. Nov. des vergangenen Jahres trieb bei einem
schrecklichen Wetter ein Fischerfahrzeug mit einem rei-
chen Fange beladen, ungefähr anderthalb Meilen nörd-
lich von der Jnsel Aurigny, als es ein heftiger Wind-
stoß auf die Seite warf und die drei Menschen, die
darauf waren, fortriß. Durch einen glücklichen Zufall
war der Schiffsjunge auf Befehl seines Vaters, Ra-
milly, welchem das Schiff gehörte, eben in die Kajüte
geeilt, um für denselben etwas zu holen. Als er
wieder auf das Verdeck kam, waren alle Menschen und
das ganze Fischergeräth verschwunden, inmitten der
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Als Vicekönig konnte er nun über eine bedeutend größere Macht verfügen. Sein erstes Unternehmen in der neuen Würde war ein Versuch, sich Kalkutta's zu bemächtigen, aber dieser Ver- such mislang durch die Übereilung eines seiner Feldherren. Besser gelang 1510 das Unternehmen auf Goa, den schönsten und sichersten Hafen von Hindostan, im Ge- biete des Königs von Dekkan. Zwar wurde er auch hier wieder verdrängt, aber bald kehrte er mit Übermacht zurück, stürmte die Stadt zum zweiten Male und machte sie zum Hauptsitze der portugiesischen Macht in Jndien. Von hier aus breitete er seine Eroberungen nach Ma- lakka und den portugiesischen Handel nach den Gewürz- inseln, nach China und Japan aus. Bald wurde die portugiesische Herrschaft von den sämmtlichen Königen auf der Küste von Malakka und seit 1514 auch von Kalkutta anerkannt. Jm J. 1512 drang ein Theil seiner Flotte unter dem Portugiesen Magelhaens, der später in spanische Dienste trat und in diesen die erste Reise um die Welt machte, bis zu den Molukken vor und kam, mit den feinsten Gewürzen der Welt beladen, zu Albuquerque zurück. Dieser gedachte jetzt wieder seines Schwurs wegen Ormus; sein schneeweißer Bart war, seit er den Schwur gethan, so lang geworden, daß er bis zum Gürtel reichte. Jm J. 1515 rückte er vor die Stadt und beschloß mit der zweiten Eroberung derselben die Reihe der glänzen- den Thaten, die er mit ihrer ersten Eroberung begon- nen hatte; denn als er nach Goa zurücksegeln wollte, erhielt er von Emanuel, der dem entfernten Statthalter mistraute, seine Entlassung. Diese Kränkung wurde dadurch noch erhöht, daß Lopez Loarez, ein elender Mensch, den er zur Strafe nach Portugal zurückgeschickt hatte, sein Nachfolger wurde. Den Tod im Herzen, empfahl er Emanuel in einem letzten Briefe seinen Sohn und segelte darauf nach Goa, um den Sitz seiner aus- gebreiteten Wirksamkeit noch einmal zu sehen. Hier starb er in seinem Schiffe auf der Rhede des Hafens den 16. September 1515. Er war ein Mann von schöner Gestalt und freund- lichen Zügen, furchtbaren Blickes nur dann, wenn er zürnte, und hatte sich bei den Jndiern durch Mäßig- keit, Gewissenhaftigkeit und Uneigennützigkeit einen sol- chen Ruf erworben, daß sie noch viele Jahre nachher zu seiner Grabstätte in Goa wallfahrteten und mit Weh- muth seinen Schatten anriefen, er möge sie vor der Barbarei der Statthalter und der blutdürstigen Bekeh- rungssucht der Geistlichen bewahren. Seltene Entschlossenheit eines Knaben. Am 23. Nov. des vergangenen Jahres trieb bei einem schrecklichen Wetter ein Fischerfahrzeug mit einem rei- chen Fange beladen, ungefähr anderthalb Meilen nörd- lich von der Jnsel Aurigny, als es ein heftiger Wind- stoß auf die Seite warf und die drei Menschen, die darauf waren, fortriß. Durch einen glücklichen Zufall war der Schiffsjunge auf Befehl seines Vaters, Ra- milly, welchem das Schiff gehörte, eben in die Kajüte geeilt, um für denselben etwas zu holen. Als er wieder auf das Verdeck kam, waren alle Menschen und das ganze Fischergeräth verschwunden, inmitten der

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Neue Folge, Erster Jahrgang, Nr. 10. Leipzig (Sachsen), 11. März 1843, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig010_1843/2>, abgerufen am 24.11.2024.