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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 47. Prag, 1835.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] zerschlagen, und ihn zu betäuben. Jn Deutschland
gab es gerichtliche Kämpfe mit Kolben. Noch war
der Streithammer, die Streitaxt, die Dop-
pelaxt
( rückwärts mit einem schneidenden Halb-
mond ) im Gebrauche. Dolche trugen nur Knappen,
Pferde = und Fußknechte; die Ritter führten den
Dolch der Barmherzigkeit ( la misericorde ) , um
dem aus dem Sattel Gehobenen die Kehle zu
durchstechen. Messerwerfen galt für unritterlich.
Der Schild war vielgestaltig: rund, eirund, ge-
viereckt; die böhmische Pawese ( Setztartsche )
konnte mit ihrem Stachel in die Erde gestoßen wer-
den, und den ganzen Mann verbergen. Der Schild
überhaupt bestand aus Holz mit einem metallnen Reife,
war mit Leder überzogen, bemahlt, oder hatte auch
das Wappen mit Holz eingezeichnet; zuweilen waren
Edelsteine eingelegt, die bei Turnieren natürlich
abfielen und aufgelesen werden mußten. Weil er
unbequem, trugen ihn die Knappen dem Herrn nach.
Jn den Burgsälen zierte er die Wand. Die Blech-
handschuhe
wurden bei Belehnungen, Herausfor-
derungen, Versprechen als symbolische Zeichen ge-
braucht. So war die Bewaffnung des Ritters ein
eisernes Haus, in dem beständig zu wohnen, der
Ungeübte, wie Ottokar von Horneck bemerkt,
Kraft und Verstand verlieren mußte. Zur Jagd
bediente man sich der Handbogen, Pfeile, Armbrüste;
im ehrlichen Kampfe galt die letzte Waffe für un-
ritterlich, und ihr Gebrauch wurde auch auf der
zweiten lateranensischen Synode 1139 verboten. Für
den bewaffneten Ritter gehörte ein Streithengst
( destrier, weil ihn der Knappe an seiner Rechten
führte ) , der auch zum großen Theile in Eisen ge-
hüllt war; einfärbige waren beliebt, um nicht so
leicht erkannt zu werden. Es fehlte nicht, daß die
Pferde reich mit Gold, Silber und ( an 500! ) Schel-
len geschmückt wurden. Gold in den Kleidern und
Waffen und kostbares Pelzwerk sollten allein die
Ritter tragen dürfen. Kamen sie in fremde Burgen,
so wurden sie von Jungfrauen entkleidet, welche die
auf dem Rücken zugezogenen Kleider aufschnürten,
und bequeme, weite Mäntel brachten. Mäntel,
Rosse, Waffen wurden auch den Fremdlingen zum
Geschenke gegeben. Als Kaiser Albrecht und Kö-
nig Philipp von Frankreich wegen der Vermäh-
lung ihrer Kinder zusammen kamen, überglänzten
die deutschen Ritter die französischen weit, weil sie
mit Hermelin ihre Kleider gefüttert hatten. Man
trug häufig Scharlach, und schmückte sich gern mit
Ketten. Durch das ganze Mittelalter zieht sich der
Gebrauch der Kränze ( Schapel ) , die gewöhnlich
von Drath geflochten, mit frischen und gemahlten
Blumen, Flittergold, echten und unechten Steinen
und Perlen verziert waren. Kaiser Maximilian
wird in seiner Jugend mit Kränzlein abgebildet,
und Kaiser Albrecht gab am Tage seiner Ermor-
dung seinem Neffen und Mörder den schönsten Kranz
von Salbei und Raute, als er sie unter seine Gäste
austheilte. Ulrich von Lichtenstein gibt viel
Aufschluß über die Kleidung seiner Zeit. Neben
großer Pracht herrschte auch oft viel Armuth, wie
die Sage von den sieben Herbersteinern erzählt,
die zusammen nur eine Hose hatten, nnd von den
neun Fräulein Herberstein, die bei ihrer Vermäh-
lung eine nach der andern denselben Mantel trugen.
Der Meistersänger Neithart schildert die Bauern
um Wien in reicher Kleidung von Seide und Tuch,
die Knappen in gestickten Gewändern mit breiten
[Spaltenumbruch] Halskrausen, hohen Gürteln, Schuhen mit Kränz-
chen und einem breiten Schwerte. Man trug auch
Schnabelschuhe mit Schellen. Wichtig für die Klei-
dung des 16ten Jahrhunderts sind die Lebensbe-
schreibungen des Mathäus und Veit Konrad
Schwarz
( Vater und Sohn ) , die sich malen ließen,
um die wechselnden Trachten auf die Nachwelt zu
bringen.



Lebensart in Egypten.

Die Egyptier, welche Vermögen oder einträg-
liche Stellen besitzen, leben kostbar; aber alle mit
Ausnahme der Türken nehmen den Schein von Un-
gezwungenheit an. Sie halten drei Mahlzeiten des
Tags; ihr Mittagsessen ist um 12 Uhr, ihr Abend-
essen nach Sonnenuntergang. Sie laden Niemand
zum Mittags = oder Abendmahl ein; wer gerade zur
Essenszeit kommt, wird eingeladen, und dann halten
sie die Weigerung für eine Beleidigung. Die Frauen
speisen für sich abgesondert in ihren Wohnzimmern.
Die Egyptier speisen zuweilen mit ihren Frauen,
aber es ist dieß nicht immer üblich.

Wägen sind nicht Luxussachen der Egyptier,
der Pascha allein hat deren zwei oder drei, und dieß
erst seit Kurzem. Die Großen wie die Reichen rei-
ten nur. Die Maulthiere und Esel sind von einigen
vorgezogen. Sie haben immer ein Gefolge. Die
Leute von gemeinem Stande begnügen sich mit der
einfachsten, gröbsten Nahrung; ihre beste Mahlzeit
ist Abends nach der Arbeit, wozu sie mit despotischer
Strenge angehalten werden. Die Meisten essen nur
zweimal des Jahres Fleisch, am Beirams= und Cur-
bairamsfeste. Das Nilwasser ist ihr gewöhnliches
Getränk; die Reichen trinken Sorbet und Kaffee.
Der Sorbet wird von Wasser, Zucker und getrockne-
ten Früchten, als Datteln, Trauben, Feigen u. s. w.
bereitet. Sie brauchen auch oft Limonade, und heim-
lich verschmähen sie auch nicht den stärkenden Geist,
der aus den Datteln extrahirt wird. Das Tabak-
rauchen ist in Egypten allgemein üblich; der Egyptier
ruht aus, wenn er sein Pfeifchen schmaucht; so oft
er über etwas nachzudenken hat, muß er Tabaks-
dunst aufsteigen lassen; er spricht, macht Geschäfte
und wortwechselt sogar, ohne seinem Bedürfnisse des
Rauchens auf einen Augenblick zu entsagen. Diese
Leidenschaft vermehrt das Elend der armen Klasse.
Ein Araber, der des Tags 20 Paras verdient, kauft
sich eiligst Tabak, bevor er noch an die Bedürfnisse
seiner Frau und Kinder denkt, und diese Ausgabe
kostet ihn ein Drittheil von dem, was er gewonnen
hat. Ein anderer allgemeiner Gebrauch in Egypten
ist, sich zwei Stunden nach dem Mittagsessen nie-
derzulegen. Herren und Sklaven, Arme und Reiche,
Alle halten in diesem Lande das Mittagsschläfchen.
Die Hitze in Egypten, die größer ist als in Jndien
und Jtalien, macht eine Ruhezeit zwischen dem Mor-
gen und Abend nothwendig.     R.



Verbrauch der Blutegel in Frankreich.

Nach einer Uebersicht, die Moreau de Jonnes
in der Sitzung der Akademie der Wissenschaften, im
Mai 1834, vorlegte, betrug die Einfuhr von Blut-
egeln in Frankreich im Jahre 1817 nicht mehr als
5,900 Stück, im kleinsten Werthe auf 177 Franks
geschätzt. Jm Jahre 1825 betrug sie über 9 Mil-
lionen, in einem Werthe von 271,000 Fr.; im Jahre
[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] zerschlagen, und ihn zu betäuben. Jn Deutschland
gab es gerichtliche Kämpfe mit Kolben. Noch war
der Streithammer, die Streitaxt, die Dop-
pelaxt
( rückwärts mit einem schneidenden Halb-
mond ) im Gebrauche. Dolche trugen nur Knappen,
Pferde = und Fußknechte; die Ritter führten den
Dolch der Barmherzigkeit ( la misericorde ) , um
dem aus dem Sattel Gehobenen die Kehle zu
durchstechen. Messerwerfen galt für unritterlich.
Der Schild war vielgestaltig: rund, eirund, ge-
viereckt; die böhmische Pawese ( Setztartsche )
konnte mit ihrem Stachel in die Erde gestoßen wer-
den, und den ganzen Mann verbergen. Der Schild
überhaupt bestand aus Holz mit einem metallnen Reife,
war mit Leder überzogen, bemahlt, oder hatte auch
das Wappen mit Holz eingezeichnet; zuweilen waren
Edelsteine eingelegt, die bei Turnieren natürlich
abfielen und aufgelesen werden mußten. Weil er
unbequem, trugen ihn die Knappen dem Herrn nach.
Jn den Burgsälen zierte er die Wand. Die Blech-
handschuhe
wurden bei Belehnungen, Herausfor-
derungen, Versprechen als symbolische Zeichen ge-
braucht. So war die Bewaffnung des Ritters ein
eisernes Haus, in dem beständig zu wohnen, der
Ungeübte, wie Ottokar von Horneck bemerkt,
Kraft und Verstand verlieren mußte. Zur Jagd
bediente man sich der Handbogen, Pfeile, Armbrüste;
im ehrlichen Kampfe galt die letzte Waffe für un-
ritterlich, und ihr Gebrauch wurde auch auf der
zweiten lateranensischen Synode 1139 verboten. Für
den bewaffneten Ritter gehörte ein Streithengst
( destrier, weil ihn der Knappe an seiner Rechten
führte ) , der auch zum großen Theile in Eisen ge-
hüllt war; einfärbige waren beliebt, um nicht so
leicht erkannt zu werden. Es fehlte nicht, daß die
Pferde reich mit Gold, Silber und ( an 500! ) Schel-
len geschmückt wurden. Gold in den Kleidern und
Waffen und kostbares Pelzwerk sollten allein die
Ritter tragen dürfen. Kamen sie in fremde Burgen,
so wurden sie von Jungfrauen entkleidet, welche die
auf dem Rücken zugezogenen Kleider aufschnürten,
und bequeme, weite Mäntel brachten. Mäntel,
Rosse, Waffen wurden auch den Fremdlingen zum
Geschenke gegeben. Als Kaiser Albrecht und Kö-
nig Philipp von Frankreich wegen der Vermäh-
lung ihrer Kinder zusammen kamen, überglänzten
die deutschen Ritter die französischen weit, weil sie
mit Hermelin ihre Kleider gefüttert hatten. Man
trug häufig Scharlach, und schmückte sich gern mit
Ketten. Durch das ganze Mittelalter zieht sich der
Gebrauch der Kränze ( Schapel ) , die gewöhnlich
von Drath geflochten, mit frischen und gemahlten
Blumen, Flittergold, echten und unechten Steinen
und Perlen verziert waren. Kaiser Maximilian
wird in seiner Jugend mit Kränzlein abgebildet,
und Kaiser Albrecht gab am Tage seiner Ermor-
dung seinem Neffen und Mörder den schönsten Kranz
von Salbei und Raute, als er sie unter seine Gäste
austheilte. Ulrich von Lichtenstein gibt viel
Aufschluß über die Kleidung seiner Zeit. Neben
großer Pracht herrschte auch oft viel Armuth, wie
die Sage von den sieben Herbersteinern erzählt,
die zusammen nur eine Hose hatten, nnd von den
neun Fräulein Herberstein, die bei ihrer Vermäh-
lung eine nach der andern denselben Mantel trugen.
Der Meistersänger Neithart schildert die Bauern
um Wien in reicher Kleidung von Seide und Tuch,
die Knappen in gestickten Gewändern mit breiten
[Spaltenumbruch] Halskrausen, hohen Gürteln, Schuhen mit Kränz-
chen und einem breiten Schwerte. Man trug auch
Schnabelschuhe mit Schellen. Wichtig für die Klei-
dung des 16ten Jahrhunderts sind die Lebensbe-
schreibungen des Mathäus und Veit Konrad
Schwarz
( Vater und Sohn ) , die sich malen ließen,
um die wechselnden Trachten auf die Nachwelt zu
bringen.



Lebensart in Egypten.

Die Egyptier, welche Vermögen oder einträg-
liche Stellen besitzen, leben kostbar; aber alle mit
Ausnahme der Türken nehmen den Schein von Un-
gezwungenheit an. Sie halten drei Mahlzeiten des
Tags; ihr Mittagsessen ist um 12 Uhr, ihr Abend-
essen nach Sonnenuntergang. Sie laden Niemand
zum Mittags = oder Abendmahl ein; wer gerade zur
Essenszeit kommt, wird eingeladen, und dann halten
sie die Weigerung für eine Beleidigung. Die Frauen
speisen für sich abgesondert in ihren Wohnzimmern.
Die Egyptier speisen zuweilen mit ihren Frauen,
aber es ist dieß nicht immer üblich.

Wägen sind nicht Luxussachen der Egyptier,
der Pascha allein hat deren zwei oder drei, und dieß
erst seit Kurzem. Die Großen wie die Reichen rei-
ten nur. Die Maulthiere und Esel sind von einigen
vorgezogen. Sie haben immer ein Gefolge. Die
Leute von gemeinem Stande begnügen sich mit der
einfachsten, gröbsten Nahrung; ihre beste Mahlzeit
ist Abends nach der Arbeit, wozu sie mit despotischer
Strenge angehalten werden. Die Meisten essen nur
zweimal des Jahres Fleisch, am Beirams= und Cur-
bairamsfeste. Das Nilwasser ist ihr gewöhnliches
Getränk; die Reichen trinken Sorbet und Kaffee.
Der Sorbet wird von Wasser, Zucker und getrockne-
ten Früchten, als Datteln, Trauben, Feigen u. s. w.
bereitet. Sie brauchen auch oft Limonade, und heim-
lich verschmähen sie auch nicht den stärkenden Geist,
der aus den Datteln extrahirt wird. Das Tabak-
rauchen ist in Egypten allgemein üblich; der Egyptier
ruht aus, wenn er sein Pfeifchen schmaucht; so oft
er über etwas nachzudenken hat, muß er Tabaks-
dunst aufsteigen lassen; er spricht, macht Geschäfte
und wortwechselt sogar, ohne seinem Bedürfnisse des
Rauchens auf einen Augenblick zu entsagen. Diese
Leidenschaft vermehrt das Elend der armen Klasse.
Ein Araber, der des Tags 20 Paras verdient, kauft
sich eiligst Tabak, bevor er noch an die Bedürfnisse
seiner Frau und Kinder denkt, und diese Ausgabe
kostet ihn ein Drittheil von dem, was er gewonnen
hat. Ein anderer allgemeiner Gebrauch in Egypten
ist, sich zwei Stunden nach dem Mittagsessen nie-
derzulegen. Herren und Sklaven, Arme und Reiche,
Alle halten in diesem Lande das Mittagsschläfchen.
Die Hitze in Egypten, die größer ist als in Jndien
und Jtalien, macht eine Ruhezeit zwischen dem Mor-
gen und Abend nothwendig.     R.



Verbrauch der Blutegel in Frankreich.

Nach einer Uebersicht, die Moreau de Jonnes
in der Sitzung der Akademie der Wissenschaften, im
Mai 1834, vorlegte, betrug die Einfuhr von Blut-
egeln in Frankreich im Jahre 1817 nicht mehr als
5,900 Stück, im kleinsten Werthe auf 177 Franks
geschätzt. Jm Jahre 1825 betrug sie über 9 Mil-
lionen, in einem Werthe von 271,000 Fr.; im Jahre
[Ende Spaltensatz]

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Das Nilwasser ist ihr gewöhnliches Getränk; die Reichen trinken Sorbet und Kaffee. Der Sorbet wird von Wasser, Zucker und getrockne- ten Früchten, als Datteln, Trauben, Feigen u. s. w. bereitet. Sie brauchen auch oft Limonade, und heim- lich verschmähen sie auch nicht den stärkenden Geist, der aus den Datteln extrahirt wird. Das Tabak- rauchen ist in Egypten allgemein üblich; der Egyptier ruht aus, wenn er sein Pfeifchen schmaucht; so oft er über etwas nachzudenken hat, muß er Tabaks- dunst aufsteigen lassen; er spricht, macht Geschäfte und wortwechselt sogar, ohne seinem Bedürfnisse des Rauchens auf einen Augenblick zu entsagen. Diese Leidenschaft vermehrt das Elend der armen Klasse. Ein Araber, der des Tags 20 Paras verdient, kauft sich eiligst Tabak, bevor er noch an die Bedürfnisse seiner Frau und Kinder denkt, und diese Ausgabe kostet ihn ein Drittheil von dem, was er gewonnen hat. Ein anderer allgemeiner Gebrauch in Egypten ist, sich zwei Stunden nach dem Mittagsessen nie- derzulegen. Herren und Sklaven, Arme und Reiche, Alle halten in diesem Lande das Mittagsschläfchen. Die Hitze in Egypten, die größer ist als in Jndien und Jtalien, macht eine Ruhezeit zwischen dem Mor- gen und Abend nothwendig. R. Verbrauch der Blutegel in Frankreich. Nach einer Uebersicht, die Moreau de Jonnes in der Sitzung der Akademie der Wissenschaften, im Mai 1834, vorlegte, betrug die Einfuhr von Blut- egeln in Frankreich im Jahre 1817 nicht mehr als 5,900 Stück, im kleinsten Werthe auf 177 Franks geschätzt. Jm Jahre 1825 betrug sie über 9 Mil- lionen, in einem Werthe von 271,000 Fr.; im Jahre

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 47. Prag, 1835, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama47_1835/7>, abgerufen am 24.11.2024.