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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 47. Prag, 1835.

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Panorama des Universums.

[Abbildung]
Der kastalische Quell.
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Von all dem Großen und Merkwürdigen, wel-
ches die berühmte Stadt Delphi am Fuße des
Parnasses enthielt, ist wohl das einzige, was noch
gleich ehedem besteht, der kastalische Quell.
Sein Wasser, klar und lieblich zu trinken, entspru-
delt am Fuße des Parnaß, einem mit Epheu um-
rankten Felsen, und ergießt sich in ein Becken, das
ein großer Platanus umschattet; von hier aus nimmt
er seinen Lauf durch eine Schlucht des Thals dem Plisius
zu. Spon, doch ein Arzt, so wie er von diesem Quell
getrunken, fühlte sich so begeistert, daß er auf der Stelle
zwei griechische Strophen dichtete; Chandler erfuhr
dasselbe; aber es scheint, daß der Zauber sich nicht
mehr auf Dichter von Beruf wirksam zeigt. "Zu
Kastri " schreibt Lord Byron -- "tranken wir
wohl von ein Dutzend Quellen, unter denen einige
nicht die lautersten waren, das Wasser, ehe wir ge-
nügend entscheiden konnten, welches die wahre kasta-
lische Quelle sey, und diese selbst hatte einen wider-
wärtigen Geschmack, was ich dem geschmolzenen
Schnee zuschreibe." Bei der Quelle glaubt man
das Bad der Pythonissa zu erkennen; einige
Stufen führen in dasselbe hinab. Gegenwärtig dient
ihr Wasser zu dem alltäglichsten Gebrauch, und der
Reisende ergötzt sich höchstens an dem Anblick hüb-
scher schlanken Mädchen, die hier ihren Wasserbedarf
[Spaltenumbruch] holen. Der Flecken Kastri ( wie Delphi gegen-
wärtig heißt ) zählt nicht ganz 100 Häuser, und dazu
sind die meisten nichts als elende Hütten mit einem
einzigen Wohnzimmer; die besten haben ein Stockwerk,
wo die Familie wohnt, während der Raum zu ebener
Erde, wie beinahe in ganz Griechenland in Stall und
Fruchtkammer abgetheilt ist. Die Kastrioten, ein armes
friedliches Völklein, lassen sich wenig außer ihrem
Thale sehen, und werden auch wenig von Fremden
heimgesucht. Sie sind von Abkunft Arnauten, spre-
chen meistentheils griechisch und albanisch, und kön-
nen, trotz ihrer Armuth, lesen und schreiben. Die
Maulbeer = und Olivenbäume ihres kleinen Thales
kündigen an, daß Seide und Oel der Hauptertrag
desselben sey. Doch wird auch Getreide gebaut, und
zwar auf jenen antiken Terrassen, die ursprüng-
lich freilich nicht zu diesem Zwecke aufgeführt wur-
den. Auf dem Abhange des Parnaß liegt ein klei-
nes Kloster, dessen Mönche, vom Anbau einiger
Felder und von Almosen lebend, immer Brod, Käse,
Oliven, Wein und ein Zimmer ohne Sesseln und
Tisch für die Reisenden bereit halten. Unweit dieses
kleinen Gebäudes, wo man einige Bruchstücke des
Alterthums, Metopen ( Zwischentiefen der Dorischen
Säulenordnung ) , Altäre, Jnschriften u. dgl. sieht,
liegen große Steinblöcke, die sich zu einer frühern
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Panorama des Universums.

[Abbildung]
Der kastalische Quell.
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Von all dem Großen und Merkwürdigen, wel-
ches die berühmte Stadt Delphi am Fuße des
Parnasses enthielt, ist wohl das einzige, was noch
gleich ehedem besteht, der kastalische Quell.
Sein Wasser, klar und lieblich zu trinken, entspru-
delt am Fuße des Parnaß, einem mit Epheu um-
rankten Felsen, und ergießt sich in ein Becken, das
ein großer Platanus umschattet; von hier aus nimmt
er seinen Lauf durch eine Schlucht des Thals dem Plisius
zu. Spon, doch ein Arzt, so wie er von diesem Quell
getrunken, fühlte sich so begeistert, daß er auf der Stelle
zwei griechische Strophen dichtete; Chandler erfuhr
dasselbe; aber es scheint, daß der Zauber sich nicht
mehr auf Dichter von Beruf wirksam zeigt. „Zu
Kastri “ schreibt Lord Byron — „tranken wir
wohl von ein Dutzend Quellen, unter denen einige
nicht die lautersten waren, das Wasser, ehe wir ge-
nügend entscheiden konnten, welches die wahre kasta-
lische Quelle sey, und diese selbst hatte einen wider-
wärtigen Geschmack, was ich dem geschmolzenen
Schnee zuschreibe.“ Bei der Quelle glaubt man
das Bad der Pythonissa zu erkennen; einige
Stufen führen in dasselbe hinab. Gegenwärtig dient
ihr Wasser zu dem alltäglichsten Gebrauch, und der
Reisende ergötzt sich höchstens an dem Anblick hüb-
scher schlanken Mädchen, die hier ihren Wasserbedarf
[Spaltenumbruch] holen. Der Flecken Kastri ( wie Delphi gegen-
wärtig heißt ) zählt nicht ganz 100 Häuser, und dazu
sind die meisten nichts als elende Hütten mit einem
einzigen Wohnzimmer; die besten haben ein Stockwerk,
wo die Familie wohnt, während der Raum zu ebener
Erde, wie beinahe in ganz Griechenland in Stall und
Fruchtkammer abgetheilt ist. Die Kastrioten, ein armes
friedliches Völklein, lassen sich wenig außer ihrem
Thale sehen, und werden auch wenig von Fremden
heimgesucht. Sie sind von Abkunft Arnauten, spre-
chen meistentheils griechisch und albanisch, und kön-
nen, trotz ihrer Armuth, lesen und schreiben. Die
Maulbeer = und Olivenbäume ihres kleinen Thales
kündigen an, daß Seide und Oel der Hauptertrag
desselben sey. Doch wird auch Getreide gebaut, und
zwar auf jenen antiken Terrassen, die ursprüng-
lich freilich nicht zu diesem Zwecke aufgeführt wur-
den. Auf dem Abhange des Parnaß liegt ein klei-
nes Kloster, dessen Mönche, vom Anbau einiger
Felder und von Almosen lebend, immer Brod, Käse,
Oliven, Wein und ein Zimmer ohne Sesseln und
Tisch für die Reisenden bereit halten. Unweit dieses
kleinen Gebäudes, wo man einige Bruchstücke des
Alterthums, Metopen ( Zwischentiefen der Dorischen
Säulenordnung ) , Altäre, Jnschriften u. dgl. sieht,
liegen große Steinblöcke, die sich zu einer frühern
[Ende Spaltensatz]

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[373/0005] Panorama des Universums. [Abbildung] Der kastalische Quell. Von all dem Großen und Merkwürdigen, wel- ches die berühmte Stadt Delphi am Fuße des Parnasses enthielt, ist wohl das einzige, was noch gleich ehedem besteht, der kastalische Quell. Sein Wasser, klar und lieblich zu trinken, entspru- delt am Fuße des Parnaß, einem mit Epheu um- rankten Felsen, und ergießt sich in ein Becken, das ein großer Platanus umschattet; von hier aus nimmt er seinen Lauf durch eine Schlucht des Thals dem Plisius zu. Spon, doch ein Arzt, so wie er von diesem Quell getrunken, fühlte sich so begeistert, daß er auf der Stelle zwei griechische Strophen dichtete; Chandler erfuhr dasselbe; aber es scheint, daß der Zauber sich nicht mehr auf Dichter von Beruf wirksam zeigt. „Zu Kastri “ schreibt Lord Byron — „tranken wir wohl von ein Dutzend Quellen, unter denen einige nicht die lautersten waren, das Wasser, ehe wir ge- nügend entscheiden konnten, welches die wahre kasta- lische Quelle sey, und diese selbst hatte einen wider- wärtigen Geschmack, was ich dem geschmolzenen Schnee zuschreibe.“ Bei der Quelle glaubt man das Bad der Pythonissa zu erkennen; einige Stufen führen in dasselbe hinab. Gegenwärtig dient ihr Wasser zu dem alltäglichsten Gebrauch, und der Reisende ergötzt sich höchstens an dem Anblick hüb- scher schlanken Mädchen, die hier ihren Wasserbedarf holen. Der Flecken Kastri ( wie Delphi gegen- wärtig heißt ) zählt nicht ganz 100 Häuser, und dazu sind die meisten nichts als elende Hütten mit einem einzigen Wohnzimmer; die besten haben ein Stockwerk, wo die Familie wohnt, während der Raum zu ebener Erde, wie beinahe in ganz Griechenland in Stall und Fruchtkammer abgetheilt ist. Die Kastrioten, ein armes friedliches Völklein, lassen sich wenig außer ihrem Thale sehen, und werden auch wenig von Fremden heimgesucht. Sie sind von Abkunft Arnauten, spre- chen meistentheils griechisch und albanisch, und kön- nen, trotz ihrer Armuth, lesen und schreiben. Die Maulbeer = und Olivenbäume ihres kleinen Thales kündigen an, daß Seide und Oel der Hauptertrag desselben sey. Doch wird auch Getreide gebaut, und zwar auf jenen antiken Terrassen, die ursprüng- lich freilich nicht zu diesem Zwecke aufgeführt wur- den. Auf dem Abhange des Parnaß liegt ein klei- nes Kloster, dessen Mönche, vom Anbau einiger Felder und von Almosen lebend, immer Brod, Käse, Oliven, Wein und ein Zimmer ohne Sesseln und Tisch für die Reisenden bereit halten. Unweit dieses kleinen Gebäudes, wo man einige Bruchstücke des Alterthums, Metopen ( Zwischentiefen der Dorischen Säulenordnung ) , Altäre, Jnschriften u. dgl. sieht, liegen große Steinblöcke, die sich zu einer frühern

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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 47. Prag, 1835, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama47_1835/5>, abgerufen am 24.11.2024.