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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 42. Prag, 1834.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] der Bevölkerung durch die Luft, die man athmet
und die Töne, die sie wieder gibt, von einem ganz
andern System der Dinge, und gleichsam von einer
andern Natur überzeugt. Beim Eintritt in Alexan-
drien kommt man durch enge und krumme Straßen.
Jn diesen Straßen, die mehr langen, an den Seiten
mit kleinen Krambuden besetzten Winkelgassen gleich
sehen, drängt sich eine Menschenmasse von allen
Farben, halbnackte Kinder, Frauen, Männer, und
da und dort Reiter auf stolzen Pferden. Der Rei-
sende sieht an der Tracht der Einwohner, an ihren
Sitten und Gebräuchen, und an den langen Reihen
Kameelen, denen er von Zeit zu Zeit begegnet, daß
er nunmehr auf orientalischem Boden steht.

Kaum ist man ans Land gestiegen, so kommt
eine Menge von Eselstreibern herbei, und bieten
zum Wegtragen des Gepäckes und selbst der Per-
sonen ihre Dienste an. Gewöhnlich reitet man in
diesem Lande auf Eseln; dieses Thier hat einen
sichern Schritt, hält sehr gut die Fatiguen aus,
und man bedient sich seiner vortheilhaft auf den
Excursionen in die Umgegenden von Alexandrien. Für
den Transport braucht man auch Lastträger. Diese
Leute sprechen gewöhnlich mehrere fremde Sprachen,
was sie ihrem fast täglichen Umgange mit den Euro-
päern, und den Schiffen, die die Caravanen machen,
verdanken. Der Türke, der Grieche, der Franzose und
Jtaliener sind ihnen gleichmäßig vertraut. Wenn
auch diese verschiedenen Dialekte in ihrem Munde
verdorben werden, so versteht man sie doch bald gut.
Für die englische Sprache zeigen sie, was merk-
würdig ist, die meiste Geschicklichkeit. Da sie von
allen Reisenden gebraucht werden, so kann man sich
bei ihnen am zuverlässigsten über Alles, was man
zu wissen braucht, erkundigen. Sie können die
Konsulate der verschiedenen Stationen und die vor-
züglichsten europäischen Komptoirs; sie verstehen sich
auf die Formalitäten bei der Mauth und der Civil-
Administration der Marine. Jhre Lokalkenntnisse
sind trefflich, aber man muß sich vor ihrer Streit-
sucht und Unehrlichkeit in Acht nehmen, und immer
erst den Preis für ihre Dienste im Voraus festsetzen.

Der Fremde, der keinem Handelshause empfohlen
ist, kehrt in Wirthshäusern ein, wo er um einen
mäßigen Preis Wohnung und Kost erhält. Er darf
jedoch nicht auf europäische Gemächlichkeit rechnen;
in Aegypten muß man dem Luxus und sogar dem
Anstand entsagen, und der Aufenthalt in Alexandrien
ist gleichsam der erste Schritt in die Wüste. -- Jst
der Reisende mit diesen Erfordernissen im Reinen,
so muß er sich dem Konsul seiner Nation vorstellen,
und seinen Schutz ansprechen. Der Konsul ist als
Bevollmächtigter seines Souveräns, den er vertritt,
der Beschützer seiner Landsleute, der Richter über
ihre Streithändel und Vertheidiger ihrer Rechte.
in den Kanzleien erhält man gewöhnlich sehr nütz-
liche Jnformationen, wovon man aber nur mit
Klugheit Gebrauch machen darf. Die meisten Kon-
suln haben ihren Residenzort nie verlassen; wenn
sie einige Ausflüge wagen, so sind sie von einem
zahlreichen Gefolge begleitet, und von dem Schutze
umrungen, den ihnen ihr Charakter garantirt; sie
können daher weder von den mancherlei Bedürfnissen
eines Reisenden, noch von den Hilfsquellen und
nöthigen Vorsichtsmaßregeln dieses Landes Einsicht
nehmen; dennoch ist der Schutz eines Konsuls gegen-
über den fremdeu Authoritäten oft von Nutzen.
[Spaltenumbruch] Wenn der Fremde seine Pflicht gegen den Konsul
seiner Nation erfüllt hat, so läßt er sich dem Pascha
vorstellen, falls er sich in Alexandrien befindet. Diese
Vorstellung geschieht durch die Vermittlung eines
Kanzlers und Dolmetschers des Konsulats; es hat
dabei keine Förmlichkeit Statt, und wenn etwa der
Pascha einige Fragen an den Fremden stellen sollte,
so ist es am besten, genau und kurz darauf zu ant-
worten. Da die Hauptabsicht dieses Besuches ge-
wöhnlich ist, einen Firman zu erhalten, um ins
Jnnere des Landes reisen zu können, so wird das
Gesuch von dem Kanzler des Konsulats vorgetragen.
Der Pascha bewilligt ohne Anstand den Firman,
der in arabischer Sprache geschrieben, und mit dem
großen Siegel des Pascha versehen wird. Mit
diesem Documente versehen, durchreiset man ganz
Egypten mit Sicherheit.

Die Europäer, welche Egypten besuchen, thun
immer wohl, wenn sie gleich bei ihrer Ankunft die
Landeskleidung annehmen. Der türkische Turban
und Pelz schützen vor vielem Ungemach, dem man
mit dem schönsten Londoner und Pariser Kleide nicht
entgehen könnte; achtet man nicht auf die Lokal-
sitten, so ist man in Gefahr, Gegenstand des Spot-
tes zu werden. Nach den Ansichten der Orientalen
erfordert die Würde des Mannes, daß er sehr weite
Kleider und einen Bart trage. Bei ihnen ist die
Kleidung nach der verschiedenen Stellung in der
Gesellschaft und nach den religiösen Bekenntnissen
verschieden; wenn man Jemand sieht, so weiß man
aus der Farbe seines Turbans und seiner Fußbe-
kleidung, ob er ein Sklave oder Herr ist, Christ,
Jude oder Muselmann. Zum Beispiel die Raya's,
nämlich alle diejenigen, die dem Pascha Abgabe
zahlen ohne Muselmann zu seyn, tragen einen blauen
Turban, und diese Raya's erkennen wieder unter
sich, ob sie zum koptischen oder griechischen Ritus
gehören, ob sie Maroniten oder von einer andern
Sekte der Syrier, Armenier oder Juden sind.

Der Turban der Muselmänner ist weiß oder
roth. An den verschiedenen Modifikationen dieses
Turbans erkennt man den Charakter dessen, der ihn
trägt. -- Die Franken haben das Recht, einen
rothen oder weißen Turban zu tragen. Mit 7 oder
800 Piaster verschafft man sich eine einfache, aber
anständige türkische Kleidung. Die Hauptsache ist,
daß die Kleider so zu einander passen, daß man
nicht an einem Ende einem Soldaten und am
andern einem Kaufmanne gleich sieht. -- Jeder
kann Waffen tragen, wie er will; aber unter den
Türken ist es üblich nur einen Säbel zu tragen,
wozu man auf der Reise noch Pistolen und einen
Dolch nimmt. Die Pfeife gehört nothwendig zur
türkischen Tracht; wenn man sich aber nach der
Art der Beduinen kleidet, so trägt man sie nicht,
wornach man sich, sobald man in die Wüste geht,
zu richten hat. Was immer für eine Tracht man
auch annehmen möge, immer muß man die Verklei-
dung zu verlarven wissen. Daher muß man unter
dem Pelz der Türken Anstand und Würde zeigen;
kleidet man sich als einen Beduinen, so darf man
wegen der weiten Beinkleider nicht verlegen seyn,
und nach ihrer Sitte den Milay und Barakan um
sich schlagen. Der Barakan ist eine Art von wol-
lener Decke, der Milay ein Gewebe von Baumwolle.
-- Wenn der Fremde in Egypten sich nach der
Landestracht und Sitte richtet, und dazu etwas
Arabisch versteht, so kann er mit den angesehenen
[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] der Bevölkerung durch die Luft, die man athmet
und die Töne, die sie wieder gibt, von einem ganz
andern System der Dinge, und gleichsam von einer
andern Natur überzeugt. Beim Eintritt in Alexan-
drien kommt man durch enge und krumme Straßen.
Jn diesen Straßen, die mehr langen, an den Seiten
mit kleinen Krambuden besetzten Winkelgassen gleich
sehen, drängt sich eine Menschenmasse von allen
Farben, halbnackte Kinder, Frauen, Männer, und
da und dort Reiter auf stolzen Pferden. Der Rei-
sende sieht an der Tracht der Einwohner, an ihren
Sitten und Gebräuchen, und an den langen Reihen
Kameelen, denen er von Zeit zu Zeit begegnet, daß
er nunmehr auf orientalischem Boden steht.

Kaum ist man ans Land gestiegen, so kommt
eine Menge von Eselstreibern herbei, und bieten
zum Wegtragen des Gepäckes und selbst der Per-
sonen ihre Dienste an. Gewöhnlich reitet man in
diesem Lande auf Eseln; dieses Thier hat einen
sichern Schritt, hält sehr gut die Fatiguen aus,
und man bedient sich seiner vortheilhaft auf den
Excursionen in die Umgegenden von Alexandrien. Für
den Transport braucht man auch Lastträger. Diese
Leute sprechen gewöhnlich mehrere fremde Sprachen,
was sie ihrem fast täglichen Umgange mit den Euro-
päern, und den Schiffen, die die Caravanen machen,
verdanken. Der Türke, der Grieche, der Franzose und
Jtaliener sind ihnen gleichmäßig vertraut. Wenn
auch diese verschiedenen Dialekte in ihrem Munde
verdorben werden, so versteht man sie doch bald gut.
Für die englische Sprache zeigen sie, was merk-
würdig ist, die meiste Geschicklichkeit. Da sie von
allen Reisenden gebraucht werden, so kann man sich
bei ihnen am zuverlässigsten über Alles, was man
zu wissen braucht, erkundigen. Sie können die
Konsulate der verschiedenen Stationen und die vor-
züglichsten europäischen Komptoirs; sie verstehen sich
auf die Formalitäten bei der Mauth und der Civil-
Administration der Marine. Jhre Lokalkenntnisse
sind trefflich, aber man muß sich vor ihrer Streit-
sucht und Unehrlichkeit in Acht nehmen, und immer
erst den Preis für ihre Dienste im Voraus festsetzen.

Der Fremde, der keinem Handelshause empfohlen
ist, kehrt in Wirthshäusern ein, wo er um einen
mäßigen Preis Wohnung und Kost erhält. Er darf
jedoch nicht auf europäische Gemächlichkeit rechnen;
in Aegypten muß man dem Luxus und sogar dem
Anstand entsagen, und der Aufenthalt in Alexandrien
ist gleichsam der erste Schritt in die Wüste. — Jst
der Reisende mit diesen Erfordernissen im Reinen,
so muß er sich dem Konsul seiner Nation vorstellen,
und seinen Schutz ansprechen. Der Konsul ist als
Bevollmächtigter seines Souveräns, den er vertritt,
der Beschützer seiner Landsleute, der Richter über
ihre Streithändel und Vertheidiger ihrer Rechte.
in den Kanzleien erhält man gewöhnlich sehr nütz-
liche Jnformationen, wovon man aber nur mit
Klugheit Gebrauch machen darf. Die meisten Kon-
suln haben ihren Residenzort nie verlassen; wenn
sie einige Ausflüge wagen, so sind sie von einem
zahlreichen Gefolge begleitet, und von dem Schutze
umrungen, den ihnen ihr Charakter garantirt; sie
können daher weder von den mancherlei Bedürfnissen
eines Reisenden, noch von den Hilfsquellen und
nöthigen Vorsichtsmaßregeln dieses Landes Einsicht
nehmen; dennoch ist der Schutz eines Konsuls gegen-
über den fremdeu Authoritäten oft von Nutzen.
[Spaltenumbruch] Wenn der Fremde seine Pflicht gegen den Konsul
seiner Nation erfüllt hat, so läßt er sich dem Pascha
vorstellen, falls er sich in Alexandrien befindet. Diese
Vorstellung geschieht durch die Vermittlung eines
Kanzlers und Dolmetschers des Konsulats; es hat
dabei keine Förmlichkeit Statt, und wenn etwa der
Pascha einige Fragen an den Fremden stellen sollte,
so ist es am besten, genau und kurz darauf zu ant-
worten. Da die Hauptabsicht dieses Besuches ge-
wöhnlich ist, einen Firman zu erhalten, um ins
Jnnere des Landes reisen zu können, so wird das
Gesuch von dem Kanzler des Konsulats vorgetragen.
Der Pascha bewilligt ohne Anstand den Firman,
der in arabischer Sprache geschrieben, und mit dem
großen Siegel des Pascha versehen wird. Mit
diesem Documente versehen, durchreiset man ganz
Egypten mit Sicherheit.

Die Europäer, welche Egypten besuchen, thun
immer wohl, wenn sie gleich bei ihrer Ankunft die
Landeskleidung annehmen. Der türkische Turban
und Pelz schützen vor vielem Ungemach, dem man
mit dem schönsten Londoner und Pariser Kleide nicht
entgehen könnte; achtet man nicht auf die Lokal-
sitten, so ist man in Gefahr, Gegenstand des Spot-
tes zu werden. Nach den Ansichten der Orientalen
erfordert die Würde des Mannes, daß er sehr weite
Kleider und einen Bart trage. Bei ihnen ist die
Kleidung nach der verschiedenen Stellung in der
Gesellschaft und nach den religiösen Bekenntnissen
verschieden; wenn man Jemand sieht, so weiß man
aus der Farbe seines Turbans und seiner Fußbe-
kleidung, ob er ein Sklave oder Herr ist, Christ,
Jude oder Muselmann. Zum Beispiel die Raya's,
nämlich alle diejenigen, die dem Pascha Abgabe
zahlen ohne Muselmann zu seyn, tragen einen blauen
Turban, und diese Raya's erkennen wieder unter
sich, ob sie zum koptischen oder griechischen Ritus
gehören, ob sie Maroniten oder von einer andern
Sekte der Syrier, Armenier oder Juden sind.

Der Turban der Muselmänner ist weiß oder
roth. An den verschiedenen Modifikationen dieses
Turbans erkennt man den Charakter dessen, der ihn
trägt. — Die Franken haben das Recht, einen
rothen oder weißen Turban zu tragen. Mit 7 oder
800 Piaster verschafft man sich eine einfache, aber
anständige türkische Kleidung. Die Hauptsache ist,
daß die Kleider so zu einander passen, daß man
nicht an einem Ende einem Soldaten und am
andern einem Kaufmanne gleich sieht. — Jeder
kann Waffen tragen, wie er will; aber unter den
Türken ist es üblich nur einen Säbel zu tragen,
wozu man auf der Reise noch Pistolen und einen
Dolch nimmt. Die Pfeife gehört nothwendig zur
türkischen Tracht; wenn man sich aber nach der
Art der Beduinen kleidet, so trägt man sie nicht,
wornach man sich, sobald man in die Wüste geht,
zu richten hat. Was immer für eine Tracht man
auch annehmen möge, immer muß man die Verklei-
dung zu verlarven wissen. Daher muß man unter
dem Pelz der Türken Anstand und Würde zeigen;
kleidet man sich als einen Beduinen, so darf man
wegen der weiten Beinkleider nicht verlegen seyn,
und nach ihrer Sitte den Milay und Barakan um
sich schlagen. Der Barakan ist eine Art von wol-
lener Decke, der Milay ein Gewebe von Baumwolle.
— Wenn der Fremde in Egypten sich nach der
Landestracht und Sitte richtet, und dazu etwas
Arabisch versteht, so kann er mit den angesehenen
[Ende Spaltensatz]

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Sie können die Konsulate der verschiedenen Stationen und die vor- züglichsten europäischen Komptoirs; sie verstehen sich auf die Formalitäten bei der Mauth und der Civil- Administration der Marine. Jhre Lokalkenntnisse sind trefflich, aber man muß sich vor ihrer Streit- sucht und Unehrlichkeit in Acht nehmen, und immer erst den Preis für ihre Dienste im Voraus festsetzen. Der Fremde, der keinem Handelshause empfohlen ist, kehrt in Wirthshäusern ein, wo er um einen mäßigen Preis Wohnung und Kost erhält. Er darf jedoch nicht auf europäische Gemächlichkeit rechnen; in Aegypten muß man dem Luxus und sogar dem Anstand entsagen, und der Aufenthalt in Alexandrien ist gleichsam der erste Schritt in die Wüste. — Jst der Reisende mit diesen Erfordernissen im Reinen, so muß er sich dem Konsul seiner Nation vorstellen, und seinen Schutz ansprechen. 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An den verschiedenen Modifikationen dieses Turbans erkennt man den Charakter dessen, der ihn trägt. — Die Franken haben das Recht, einen rothen oder weißen Turban zu tragen. Mit 7 oder 800 Piaster verschafft man sich eine einfache, aber anständige türkische Kleidung. Die Hauptsache ist, daß die Kleider so zu einander passen, daß man nicht an einem Ende einem Soldaten und am andern einem Kaufmanne gleich sieht. — Jeder kann Waffen tragen, wie er will; aber unter den Türken ist es üblich nur einen Säbel zu tragen, wozu man auf der Reise noch Pistolen und einen Dolch nimmt. Die Pfeife gehört nothwendig zur türkischen Tracht; wenn man sich aber nach der Art der Beduinen kleidet, so trägt man sie nicht, wornach man sich, sobald man in die Wüste geht, zu richten hat. Was immer für eine Tracht man auch annehmen möge, immer muß man die Verklei- dung zu verlarven wissen. Daher muß man unter dem Pelz der Türken Anstand und Würde zeigen; kleidet man sich als einen Beduinen, so darf man wegen der weiten Beinkleider nicht verlegen seyn, und nach ihrer Sitte den Milay und Barakan um sich schlagen. Der Barakan ist eine Art von wol- lener Decke, der Milay ein Gewebe von Baumwolle. — Wenn der Fremde in Egypten sich nach der Landestracht und Sitte richtet, und dazu etwas Arabisch versteht, so kann er mit den angesehenen

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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 42. Prag, 1834, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama42_1834/6>, abgerufen am 01.06.2024.