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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 35. Prag, 1834.

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Panorama des Universums
[Beginn Spaltensatz] niae ) , die sich an der Seite des Kerkers befanden,
wurden die Leichname der Missethäter herabgewor-
fen, um das Volk, das sich auf dem Foro versam-
melte, in Schrecken zu erhalten. Hier wurde der
Kaiser Tiberius nach seiner Ermordung hinge-
worfen nnd Vitellius in Stücke zerrissen, wie es
Sueton erzählt. Der fromme Glaube behauptet,
daß der selige Petrus zu Nero's Zeiten über
9 Monat in diesem Kerker an der Kette gelegen;
man zeigt noch jetzt eine kleine Säule, an welcher
er angekettet gewesen, und einen Wasserquell, den
der Heilige wunderbar hervorspringen lassen, um
die Gefangenwärter Processo und Martiniano
nebst 47 andern Gefangenen zu taufen, die alle den
Märtyrertod gestorben sind. Rechts von dem Triumph-
bogen findet sich noch ein Ueberreste vom Tempel
des Jupiter tonans, den August aus Dank-
barkeit baute, weil ein Blitzstrahl, der im Kriege
in Spanien auf einem nächtlichen Marsch in Can-
tabrien, dem heutigen Biskaja, einen Sklaven, der
mit der Leuchte voranging, tödtete, ihn aber nicht
beschädigte. Er besteht aus drei Colonnen des Por-
ticus, korinthischer Ordnung, von griechischem Mar-
mor, und auf dem Fries sind mehrere Opfergefäße en
Basrelief, und eine, vom geflügelten Blitz durch-
bohrte Priestermütze abgebildet.

Nicht weit davon ist der Ueberrest des Tempels
der Concordia ( Eintracht ) zu sehen, den der
Diktator Furius Camillus, welcher unschuldig
aus Rom verbannt, aber wieder zurückberufen
wurde, und die Gallier schlug, zum Andenken der
Aussöhnung zwischen den Patriziern und Plebejern
erbaute. Er wurde durch den Brand vernichtet,
aber vom Senat wieder erbaut.

Nur der Porticus ist davon übrig, der von
acht Säulen von orientalischem Granit, jonischer
Ordnung getragen wird, und nach der Chiesa di
St. Luka Fronte macht; auf dem Fries sind einige
Basreliefs eingegrabon



Karlsbad.
( Beschluß. )

Die Bewohner von Karlsbad sind betriebsam
und kunstfertig, reinlich, dienstwillig und gefällig
gegen die Fremden, und was sich nicht mit der
Sorge für die Kurgäste beschäftigt, treibt ein Ge-
werbe. Jm Sommer kommen Putzmacherinen, Ga-
lanterie- Buch=, und Kunsthändler und andere Kauf-
leute aus Wien und Prag, und bevölkern die
Gewölber der Wiese und der anstoßenden Straßen,
so daß Karlsbad die ganze Kurzeit hindurch das
Ansehen einer fortwährenden Messe darbeut. Da-
zwischen haben die Einheimischen ihre Ausstellung
der sogenannten Karlsbader Waaren, von denen
wohl selten ein Brunnengast versäumt, etwas zum
Andenken für sich oder seine Freunde mitzunehmen.
Die vorzüglichsten derselben sind die Stahlwaaren,
welche sich durch eingelegte Arbeit und zierliche
Form auszeichnen, und zum Theil den englischen
gleichkommen; dazu gehören sowohl die Feuergewehre
von besonderer Güte, als die von diesen ganz ver-
schiedenen Waffen der Damen, die Haar - Näh-
Strick- und Stecknadeln, welche in alle Theile Eu-
ropa 's, etwa England ausgenommen, zu wandern
pflegen. Die Zinngießer, welche ihren Arbeiten eine
bedeutende Weiße zu geben wissen, liefern geschmack-
volle Waaren. Die Sprudelsteine und andere Ge-
[Spaltenumbruch] genstände, Blumen, kleine hölzerne und thönerne
Figuren, Federn, Tannenzapfen, Eierschalen u. s. w.,
die man im heißen Sprudelwasser überziehen läßt,
haben die gewerbfleißigen Karlsbader auf Ausbil-
dung und Erheiterung dieser Jndustrie geführt; so
verfertigen die Töpfer Vasen in antiker Form, und
legen selbe, nachdem sie das erstemal gebrannt sind,
in den Sprudel, wo sie, mit Sinter überzogen, ein
wahrhaft alterthümliches Ansehen erhalten. Die
Thee= und Kaffeekannen und Maschinen nebst andern
Blechwaaren sind gut und dauerhaft. Auch die
Tischler machen recht brave Arbeiten: kleine Tische,
Nähkästchen, Toiletten, Chatouillen, zum Theil mit
artiger eingelegter Arbeit, welche manchmal ganze
Landschaften vorstellt. Jn Karlsbads Umgebun-
gen findet der Freund der Botanik eine ziem-
lich mannichfaltige Flora, eine noch reichere
Ausbeute dürften die Liebhaber der Oryktognosie
( Mineralienkunde ) und Geognosie ( Gebirgskunde ) zu
hoffen haben, auf welche Goethe bereits in einem
eigenen kleinen Werkchen ( Sammlung zur Kenntniß
der Gebirge von und um Karlsbad. 1807 ) vor-
bereitete.

Einen deutlichen Beweis von der wachsenden
Theilnahme an den Karlsbader Heilquellen bietet
die Uebersicht der Kurgäste seit ungefähr 50 Jahren
dar. Jm Jahre 1785 zählte die Badeliste 445 Num-
mern oder Partheien -- 1795, 634 -- 1805, 725
-- 1815, 1302 -- 1825, 1660. Seit den letzten
Jahren sind die Kurlisten genauer verfaßt, und zei-
gen nicht allein die Partheien, sondern auch die
Gesammtzahl der Personen an, und so finden wir:

1828 -- 2127Nummernund3722Personen
1829 -- 2302----4382--
1830 -- 2448----4503--
1831 -- 1805----3409--
1832 -- 2063----3633--

( der geringere Besuch dieser beiden Jahre hatte wahr-
scheinlich seinen Grund in der Furcht vor der Cholera )

1833 -- 2933 Nummern und 5291 Personen

1834 ( bis Ende August ) 3230 Nummern und 6060
Personen. Trotz dieses in so großer Progression
( Fortschreitung ) zunehmenden Besuches von Karls-
bad
kann doch hier nicht leicht ein Mangel an
Unterkommen für die Kurgäste Statt finden, da
eben jener die Baulust der Bewohner ermuthigt,
und mit jedem Jahre neue stattliche und bequeme
Gebäude zur Aufnahme der Fremden erstehen. Wenn
in allen Zeiten große Sorgfalt für die Verschöne-
rungen und Verbesserungen Karlsbads getragen
wurde, und die Bewohner der Brunnenstadt, nebst
dem österreichischen Herrscherstamm, die Namen Jo-
hann
und Rudolph von Chotek, Clam=Gal-
las, Divoff, Findlater, Jlinsky
u. m. a.
als die Wohlthäter des Kurorts dankbar nennen,
so gehören doch die letztern Jahre unter die segen-
reichsten Epochen Karlsbads. Schon im Jahre
1826 schenkte der damalige Gouverneur von Böhmen
Graf Franz von Kolowrat=Liebsteinsky der
Brunnenstadt ein besonderes Augenmerk, untersuchte
mit tiefem Scharfblick alle Verhältnisse derselben,
wie die Mittel ihren Flor zu erhöhen, die Wohl-
thaten, die sie jährlich an Tausenden von Leidenden
ausübt, zu vermehren, und auf seine Anordnung
wurden mehrere Verbesserungen sogleich unternom-
men, andere vorbereitet. Sein Nachfolger Graf
Karl von Chotek bereiste schon im Jahre 1827
die böhmischen Bäder, und seine Anwesenheit war
[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums
[Beginn Spaltensatz] niae ) , die sich an der Seite des Kerkers befanden,
wurden die Leichname der Missethäter herabgewor-
fen, um das Volk, das sich auf dem Foro versam-
melte, in Schrecken zu erhalten. Hier wurde der
Kaiser Tiberius nach seiner Ermordung hinge-
worfen nnd Vitellius in Stücke zerrissen, wie es
Sueton erzählt. Der fromme Glaube behauptet,
daß der selige Petrus zu Nero's Zeiten über
9 Monat in diesem Kerker an der Kette gelegen;
man zeigt noch jetzt eine kleine Säule, an welcher
er angekettet gewesen, und einen Wasserquell, den
der Heilige wunderbar hervorspringen lassen, um
die Gefangenwärter Processo und Martiniano
nebst 47 andern Gefangenen zu taufen, die alle den
Märtyrertod gestorben sind. Rechts von dem Triumph-
bogen findet sich noch ein Ueberreste vom Tempel
des Jupiter tonans, den August aus Dank-
barkeit baute, weil ein Blitzstrahl, der im Kriege
in Spanien auf einem nächtlichen Marsch in Can-
tabrien, dem heutigen Biskaja, einen Sklaven, der
mit der Leuchte voranging, tödtete, ihn aber nicht
beschädigte. Er besteht aus drei Colonnen des Por-
ticus, korinthischer Ordnung, von griechischem Mar-
mor, und auf dem Fries sind mehrere Opfergefäße en
Basrelief, und eine, vom geflügelten Blitz durch-
bohrte Priestermütze abgebildet.

Nicht weit davon ist der Ueberrest des Tempels
der Concordia ( Eintracht ) zu sehen, den der
Diktator Furius Camillus, welcher unschuldig
aus Rom verbannt, aber wieder zurückberufen
wurde, und die Gallier schlug, zum Andenken der
Aussöhnung zwischen den Patriziern und Plebejern
erbaute. Er wurde durch den Brand vernichtet,
aber vom Senat wieder erbaut.

Nur der Porticus ist davon übrig, der von
acht Säulen von orientalischem Granit, jonischer
Ordnung getragen wird, und nach der Chiesa di
St. Luka Fronte macht; auf dem Fries sind einige
Basreliefs eingegrabon



Karlsbad.
( Beschluß. )

Die Bewohner von Karlsbad sind betriebsam
und kunstfertig, reinlich, dienstwillig und gefällig
gegen die Fremden, und was sich nicht mit der
Sorge für die Kurgäste beschäftigt, treibt ein Ge-
werbe. Jm Sommer kommen Putzmacherinen, Ga-
lanterie- Buch=, und Kunsthändler und andere Kauf-
leute aus Wien und Prag, und bevölkern die
Gewölber der Wiese und der anstoßenden Straßen,
so daß Karlsbad die ganze Kurzeit hindurch das
Ansehen einer fortwährenden Messe darbeut. Da-
zwischen haben die Einheimischen ihre Ausstellung
der sogenannten Karlsbader Waaren, von denen
wohl selten ein Brunnengast versäumt, etwas zum
Andenken für sich oder seine Freunde mitzunehmen.
Die vorzüglichsten derselben sind die Stahlwaaren,
welche sich durch eingelegte Arbeit und zierliche
Form auszeichnen, und zum Theil den englischen
gleichkommen; dazu gehören sowohl die Feuergewehre
von besonderer Güte, als die von diesen ganz ver-
schiedenen Waffen der Damen, die Haar - Näh-
Strick- und Stecknadeln, welche in alle Theile Eu-
ropa 's, etwa England ausgenommen, zu wandern
pflegen. Die Zinngießer, welche ihren Arbeiten eine
bedeutende Weiße zu geben wissen, liefern geschmack-
volle Waaren. Die Sprudelsteine und andere Ge-
[Spaltenumbruch] genstände, Blumen, kleine hölzerne und thönerne
Figuren, Federn, Tannenzapfen, Eierschalen u. s. w.,
die man im heißen Sprudelwasser überziehen läßt,
haben die gewerbfleißigen Karlsbader auf Ausbil-
dung und Erheiterung dieser Jndustrie geführt; so
verfertigen die Töpfer Vasen in antiker Form, und
legen selbe, nachdem sie das erstemal gebrannt sind,
in den Sprudel, wo sie, mit Sinter überzogen, ein
wahrhaft alterthümliches Ansehen erhalten. Die
Thee= und Kaffeekannen und Maschinen nebst andern
Blechwaaren sind gut und dauerhaft. Auch die
Tischler machen recht brave Arbeiten: kleine Tische,
Nähkästchen, Toiletten, Chatouillen, zum Theil mit
artiger eingelegter Arbeit, welche manchmal ganze
Landschaften vorstellt. Jn Karlsbads Umgebun-
gen findet der Freund der Botanik eine ziem-
lich mannichfaltige Flora, eine noch reichere
Ausbeute dürften die Liebhaber der Oryktognosie
( Mineralienkunde ) und Geognosie ( Gebirgskunde ) zu
hoffen haben, auf welche Goethe bereits in einem
eigenen kleinen Werkchen ( Sammlung zur Kenntniß
der Gebirge von und um Karlsbad. 1807 ) vor-
bereitete.

Einen deutlichen Beweis von der wachsenden
Theilnahme an den Karlsbader Heilquellen bietet
die Uebersicht der Kurgäste seit ungefähr 50 Jahren
dar. Jm Jahre 1785 zählte die Badeliste 445 Num-
mern oder Partheien — 1795, 634 — 1805, 725
— 1815, 1302 — 1825, 1660. Seit den letzten
Jahren sind die Kurlisten genauer verfaßt, und zei-
gen nicht allein die Partheien, sondern auch die
Gesammtzahl der Personen an, und so finden wir:

1828 — 2127Nummernund3722Personen
1829 — 23024382
1830 — 24484503
1831 — 18053409
1832 — 20633633

( der geringere Besuch dieser beiden Jahre hatte wahr-
scheinlich seinen Grund in der Furcht vor der Cholera )

1833 — 2933 Nummern und 5291 Personen

1834 ( bis Ende August ) 3230 Nummern und 6060
Personen. Trotz dieses in so großer Progression
( Fortschreitung ) zunehmenden Besuches von Karls-
bad
kann doch hier nicht leicht ein Mangel an
Unterkommen für die Kurgäste Statt finden, da
eben jener die Baulust der Bewohner ermuthigt,
und mit jedem Jahre neue stattliche und bequeme
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in allen Zeiten große Sorgfalt für die Verschöne-
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wurde, und die Bewohner der Brunnenstadt, nebst
dem österreichischen Herrscherstamm, die Namen Jo-
hann
und Rudolph von Chotek, Clam=Gal-
las, Divoff, Findlater, Jlinsky
u. m. a.
als die Wohlthäter des Kurorts dankbar nennen,
so gehören doch die letztern Jahre unter die segen-
reichsten Epochen Karlsbads. Schon im Jahre
1826 schenkte der damalige Gouverneur von Böhmen
Graf Franz von Kolowrat=Liebsteinsky der
Brunnenstadt ein besonderes Augenmerk, untersuchte
mit tiefem Scharfblick alle Verhältnisse derselben,
wie die Mittel ihren Flor zu erhöhen, die Wohl-
thaten, die sie jährlich an Tausenden von Leidenden
ausübt, zu vermehren, und auf seine Anordnung
wurden mehrere Verbesserungen sogleich unternom-
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Karl von Chotek bereiste schon im Jahre 1827
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[Ende Spaltensatz]

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Rechts von dem Triumph- bogen findet sich noch ein Ueberreste vom Tempel des Jupiter tonans, den August aus Dank- barkeit baute, weil ein Blitzstrahl, der im Kriege in Spanien auf einem nächtlichen Marsch in Can- tabrien, dem heutigen Biskaja, einen Sklaven, der mit der Leuchte voranging, tödtete, ihn aber nicht beschädigte. Er besteht aus drei Colonnen des Por- ticus, korinthischer Ordnung, von griechischem Mar- mor, und auf dem Fries sind mehrere Opfergefäße en Basrelief, und eine, vom geflügelten Blitz durch- bohrte Priestermütze abgebildet. Nicht weit davon ist der Ueberrest des Tempels der Concordia ( Eintracht ) zu sehen, den der Diktator Furius Camillus, welcher unschuldig aus Rom verbannt, aber wieder zurückberufen wurde, und die Gallier schlug, zum Andenken der Aussöhnung zwischen den Patriziern und Plebejern erbaute. Er wurde durch den Brand vernichtet, aber vom Senat wieder erbaut. Nur der Porticus ist davon übrig, der von acht Säulen von orientalischem Granit, jonischer Ordnung getragen wird, und nach der Chiesa di St. Luka Fronte macht; auf dem Fries sind einige Basreliefs eingegrabon Karlsbad. ( Beschluß. ) Die Bewohner von Karlsbad sind betriebsam und kunstfertig, reinlich, dienstwillig und gefällig gegen die Fremden, und was sich nicht mit der Sorge für die Kurgäste beschäftigt, treibt ein Ge- werbe. Jm Sommer kommen Putzmacherinen, Ga- lanterie- Buch=, und Kunsthändler und andere Kauf- leute aus Wien und Prag, und bevölkern die Gewölber der Wiese und der anstoßenden Straßen, so daß Karlsbad die ganze Kurzeit hindurch das Ansehen einer fortwährenden Messe darbeut. Da- zwischen haben die Einheimischen ihre Ausstellung der sogenannten Karlsbader Waaren, von denen wohl selten ein Brunnengast versäumt, etwas zum Andenken für sich oder seine Freunde mitzunehmen. Die vorzüglichsten derselben sind die Stahlwaaren, welche sich durch eingelegte Arbeit und zierliche Form auszeichnen, und zum Theil den englischen gleichkommen; dazu gehören sowohl die Feuergewehre von besonderer Güte, als die von diesen ganz ver- schiedenen Waffen der Damen, die Haar - Näh- Strick- und Stecknadeln, welche in alle Theile Eu- ropa 's, etwa England ausgenommen, zu wandern pflegen. Die Zinngießer, welche ihren Arbeiten eine bedeutende Weiße zu geben wissen, liefern geschmack- volle Waaren. Die Sprudelsteine und andere Ge- genstände, Blumen, kleine hölzerne und thönerne Figuren, Federn, Tannenzapfen, Eierschalen u. s. w., die man im heißen Sprudelwasser überziehen läßt, haben die gewerbfleißigen Karlsbader auf Ausbil- dung und Erheiterung dieser Jndustrie geführt; so verfertigen die Töpfer Vasen in antiker Form, und legen selbe, nachdem sie das erstemal gebrannt sind, in den Sprudel, wo sie, mit Sinter überzogen, ein wahrhaft alterthümliches Ansehen erhalten. Die Thee= und Kaffeekannen und Maschinen nebst andern Blechwaaren sind gut und dauerhaft. Auch die Tischler machen recht brave Arbeiten: kleine Tische, Nähkästchen, Toiletten, Chatouillen, zum Theil mit artiger eingelegter Arbeit, welche manchmal ganze Landschaften vorstellt. Jn Karlsbads Umgebun- gen findet der Freund der Botanik eine ziem- lich mannichfaltige Flora, eine noch reichere Ausbeute dürften die Liebhaber der Oryktognosie ( Mineralienkunde ) und Geognosie ( Gebirgskunde ) zu hoffen haben, auf welche Goethe bereits in einem eigenen kleinen Werkchen ( Sammlung zur Kenntniß der Gebirge von und um Karlsbad. 1807 ) vor- bereitete. Einen deutlichen Beweis von der wachsenden Theilnahme an den Karlsbader Heilquellen bietet die Uebersicht der Kurgäste seit ungefähr 50 Jahren dar. Jm Jahre 1785 zählte die Badeliste 445 Num- mern oder Partheien — 1795, 634 — 1805, 725 — 1815, 1302 — 1825, 1660. Seit den letzten Jahren sind die Kurlisten genauer verfaßt, und zei- gen nicht allein die Partheien, sondern auch die Gesammtzahl der Personen an, und so finden wir: 1828 — 2127 Nummern und 3722 Personen 1829 — 2302 — — 4382 — 1830 — 2448 — — 4503 — 1831 — 1805 — — 3409 — 1832 — 2063 — — 3633 — ( der geringere Besuch dieser beiden Jahre hatte wahr- scheinlich seinen Grund in der Furcht vor der Cholera ) 1833 — 2933 Nummern und 5291 Personen 1834 ( bis Ende August ) 3230 Nummern und 6060 Personen. Trotz dieses in so großer Progression ( Fortschreitung ) zunehmenden Besuches von Karls- bad kann doch hier nicht leicht ein Mangel an Unterkommen für die Kurgäste Statt finden, da eben jener die Baulust der Bewohner ermuthigt, und mit jedem Jahre neue stattliche und bequeme Gebäude zur Aufnahme der Fremden erstehen. Wenn in allen Zeiten große Sorgfalt für die Verschöne- rungen und Verbesserungen Karlsbads getragen wurde, und die Bewohner der Brunnenstadt, nebst dem österreichischen Herrscherstamm, die Namen Jo- hann und Rudolph von Chotek, Clam=Gal- las, Divoff, Findlater, Jlinsky u. m. a. als die Wohlthäter des Kurorts dankbar nennen, so gehören doch die letztern Jahre unter die segen- reichsten Epochen Karlsbads. Schon im Jahre 1826 schenkte der damalige Gouverneur von Böhmen Graf Franz von Kolowrat=Liebsteinsky der Brunnenstadt ein besonderes Augenmerk, untersuchte mit tiefem Scharfblick alle Verhältnisse derselben, wie die Mittel ihren Flor zu erhöhen, die Wohl- thaten, die sie jährlich an Tausenden von Leidenden ausübt, zu vermehren, und auf seine Anordnung wurden mehrere Verbesserungen sogleich unternom- men, andere vorbereitet. Sein Nachfolger Graf Karl von Chotek bereiste schon im Jahre 1827 die böhmischen Bäder, und seine Anwesenheit war

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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 35. Prag, 1834, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama35_1834/6>, abgerufen am 06.06.2024.