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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 25. Prag, 1834.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] bringt, oder einen andern Bothen; sie drücken aus,
daß man Eile habe, daß man in Geschäften komme,
und bedeuten: " Jch muß hinein. "

Ein dreimaliges Pochen verkündet den Herrn
oder die Frau vom Hause, oder Jemanden, der
häufig ins Haus kommt; es drückt das gebietende
Wort: " Aufgemacht! " aus.

Vier derbe Schläge kündigen eine Person von
vornehmem Stande, unmittelbar unter dem Adel,
an, die angefahren kommt; sie bedeuten: " Jch
will hinein.
"

Werden die vier Schläge zweimal derb und
in der Manier des staccato wiederholt, so ist dies
das untrügliche Zeichen, das ein einheimischer Lord
oder eine Lady, ein reicher Nabob, ein russischer
Fürst, oder eine andere Person von hohem Range
außen stehe; sie bedeuten: " Jch erweise Jhnen
durch meinen Besuch ungemein viel Ehre.
"

J. S.



Die Ueberschwemmungen des Nils in Aegypten.

Der Nil ist der einzige Fluß dieses Landes,
er durchschneidet seine ganze Länge von Süden nach
Norden, wo er sich, wie bekannt, in die mittelländi-
sche See ergießt. Die jährlichen Regen in Aethio-
pien, welche das Anschwellen des Nils herbeiführen,
beginnen Mitte Juni, und das Wasser nimmt bis
Ende September zu. Sobald es seine größte Höhe
erreicht hat, werden die Schleußen in den großen
Kanal, der durch Cairo fließt, geöffnet, und das
Wasser mittelst desselben den Gärten und Feldern
mitgetheilt. Gewöhmlich steigt das Wasser zwanzig
Fuß hoch, und kehrt eben so langsam, als es an-
schwoll, zu seinem niedrigen Stande zurück. Der
Tag, an welchem der Nil gedachte Höhe erreicht,
wird seit undenklich alter Zeit mit Freudenfesten,
Gastmählern, Feuerwerken und andern Zeichen der
öffentlichen Freude gefeuert. An diesem lang erwar-
teten Tage des allgemeinen Vergnügens und der
künftigen Hoffnung werden die Schleußen zahlloser
Kanäle geöffnet, um das die Fruchtbarkeit des Bo-
dens erweckende Nilwasser in alle Theile des Lan-
des zu leiten. Diese Fluth, so weit sie sich erstreckt,
verbreitet durch die Zurücklassung des Schlammes
eine unglaubliche Fruchtbarkeit über dieses Land.
Weizen, Korn, Gerste wachsen hier in solcher Uep-
pigkeit, daß der Grundbesitzer die Kraft des Bodens
nach der Fluth zuweilen mit Sand schwächen muß,
um Samen und nicht bloß leeres Stroh zu erzeugen.
Alle erdenklichen Arten von Garten= und Feldfrüch-
ten kommen hier in sechs bis acht Wochen zur Reife.
Der unangebaute Boden erzeugt die üppigsten Weiden
für das Nutzvieh. Zur Zeit der Ueberschwemmung steht
ganz Aegypten unter Wasser, so zwar, daß man in
den meisten Gegenden nur die Spitzen der Wald-
und Obstbäume, untermischt mit Städten nnd Dör-
fern, die entweder auf natürlichen oder künstlichen
Erhöhungen erbaut worden sind, emporragen siehet.
Jn der trockenen Jahrszeit schmücken diese paradie-
sische Gefilde die schönsten Gärten, Fruchtfelder und
Wiesen, die sämmtlich nach dieser Umwandlung mit
zahlreichen Heerden lebhaft bevölkert sind. [unleserliches Material - 3 Zeichen fehlen]Man
genießt dann unter dem heitersten Himmel die rein-
ste und gesundeste Luft, die von den reichen, die
ganze Gegend durchwürzenden Pomeranzen, Limonien,
Zitronen und allen Gattungen von Fruchtbäumen
geschwängert wird. Sobald die Gartenfrüchte, Me-
lonen, Zuckerrohr und andere Gewächse auf den
[Spaltenumbruch] Feldern Wasser bedürfen, so wird solches vermit-
telst Cisternen oder Reservoirs durch schmale Kanäle
denselben in die Gärten und Felder, nach dem ehe-
maligen Gebrauch der Römer, zugeleitet, und die
üppigste Fruchtbarkeit dadurch erzwungen. Ohne die
schon oben gedachten Fruchtbäume wachsen hier
Datteln, Wein, Feigen, Palmbäume u. s. w. auf
eine schwelgerische Weise, und von letztern wird
durch die Gährung ein eben so angenehmer als ge-
sunder Wein bereitet. Die gemeinen Menschen leben
in der trockenen Jahreszeit größtentheils von Gur-
ken, und spüren keine Unannehmlichkeit von dieser
Nahrung.     N.



Sätze aus der Lebensweisheit.

Die große Schwierigkeit bei der Erziehung der
Kinder ist, sie in der Unterwürfigkeit zu erhalten,
ohne ihren Charakter herabzuwürdigen.

Die tugendhaftesten Eutschlüsse faßt der Mensch
gewöhnlich, wenn er eben keine Gelegenheit hat,
sie auszuführen. Wäre es mit guten Entschlüssen
gethan, wie wenige Lasterhafte gäbe es!



Der Häring ( Clupea harengus ) .

Dieser wichtige und nutzbare Fisch, ein Haupt-
erwerbsquell von Tausenden, die sich mit dem Fang
desselben beschäftigen, wird am meisten in der Nord-
und Ostsee gefangen; doch sind die Letzteren kleiner
als die Erstern. Der gewöhnliche Häring ist auf
dem Rücken bläulich grau, auf dem Bauche silber-
farb. Der Kopf ist verhältnißmäßig klein, doch das
Auge groß. Die kurze Zunge ist sehr spitzig und,
wie der Mund, mit spitzigen Zähnen bewaffnet. Oft
findet man Häringe von goldschillernden Kopfe und
röthlichen Seiten. Dies ist eine Spielart, die so-
genannten Häringskönige, die man in früherer Zeit
wohl für eine eigene Gattung hielt. Auch behanp-
tete man sonst, der Häring sey nur im Eismeere
heimisch, komme aber jährlich zu bestimmten Zeiten
und von den Seehunden, Seemöven und andern
Verfolgern gejagt, in unermeßlichen Schaaren nach
den nördlichen Küsten von Amerika und Europa.
Ohne die Wanderungen der Häringe in Abrede zu
stellen, zeigen doch neuere Beobachtungen, daß die
Häringe in der Ostsee das ganze Jahr hindurch ge-
funden werden. Jm Ausfluße der Elbe, wo die
Häringe vorher selten oder gar nicht vorgekommen
waren, zeigten sich im Jahre 1799 eine große An-
zahl derselben. Die Häringe kommen nicht zu glei-
cher Zeit an alle Küsten; an den amerikanischen
laichen sie schon vom Januar bis April, in der
Ostsee und an Norwegen theils im Frühjahr, theils
im Sommer, und im Herbst erscheint noch eine Art
mit Rogen und Milch, die also dann noch nicht ge-
laicht hat. Von allen Fischen vermehrt sich der
Häring am stärksten. Man fand in einem einzigen
Rogen 68,656 Eier, und glaubt, daß er zweimal
im Jahre laiche. Daher kommt auch die ungeheure
Zahl derselben, welche in den Meeren erscheint.
Zwischen Grönland und dem Nordcap sind auf einer
Strecke von 200 Meilen zwei Drittel des Meeres
mit diesen Fischen so bedeckt, daß sie im dichten Ge-
dränge die Schuppen verletzen, und den Lauf der
Schiffe hemmen. Man schöpft sie dort mit großen
Kellen sehr bequem aus dem Wasser. Die Häringe
nähren sich von Fischbrut, Wasserinsekten und Ge-
würmen, vorzüglich von gewissen kleinen Krebsen
[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] bringt, oder einen andern Bothen; sie drücken aus,
daß man Eile habe, daß man in Geschäften komme,
und bedeuten: „ Jch muß hinein.

Ein dreimaliges Pochen verkündet den Herrn
oder die Frau vom Hause, oder Jemanden, der
häufig ins Haus kommt; es drückt das gebietende
Wort: „ Aufgemacht! “ aus.

Vier derbe Schläge kündigen eine Person von
vornehmem Stande, unmittelbar unter dem Adel,
an, die angefahren kommt; sie bedeuten: „ Jch
will hinein.

Werden die vier Schläge zweimal derb und
in der Manier des staccato wiederholt, so ist dies
das untrügliche Zeichen, das ein einheimischer Lord
oder eine Lady, ein reicher Nabob, ein russischer
Fürst, oder eine andere Person von hohem Range
außen stehe; sie bedeuten: „ Jch erweise Jhnen
durch meinen Besuch ungemein viel Ehre.

J. S.



Die Ueberschwemmungen des Nils in Aegypten.

Der Nil ist der einzige Fluß dieses Landes,
er durchschneidet seine ganze Länge von Süden nach
Norden, wo er sich, wie bekannt, in die mittelländi-
sche See ergießt. Die jährlichen Regen in Aethio-
pien, welche das Anschwellen des Nils herbeiführen,
beginnen Mitte Juni, und das Wasser nimmt bis
Ende September zu. Sobald es seine größte Höhe
erreicht hat, werden die Schleußen in den großen
Kanal, der durch Cairo fließt, geöffnet, und das
Wasser mittelst desselben den Gärten und Feldern
mitgetheilt. Gewöhmlich steigt das Wasser zwanzig
Fuß hoch, und kehrt eben so langsam, als es an-
schwoll, zu seinem niedrigen Stande zurück. Der
Tag, an welchem der Nil gedachte Höhe erreicht,
wird seit undenklich alter Zeit mit Freudenfesten,
Gastmählern, Feuerwerken und andern Zeichen der
öffentlichen Freude gefeuert. An diesem lang erwar-
teten Tage des allgemeinen Vergnügens und der
künftigen Hoffnung werden die Schleußen zahlloser
Kanäle geöffnet, um das die Fruchtbarkeit des Bo-
dens erweckende Nilwasser in alle Theile des Lan-
des zu leiten. Diese Fluth, so weit sie sich erstreckt,
verbreitet durch die Zurücklassung des Schlammes
eine unglaubliche Fruchtbarkeit über dieses Land.
Weizen, Korn, Gerste wachsen hier in solcher Uep-
pigkeit, daß der Grundbesitzer die Kraft des Bodens
nach der Fluth zuweilen mit Sand schwächen muß,
um Samen und nicht bloß leeres Stroh zu erzeugen.
Alle erdenklichen Arten von Garten= und Feldfrüch-
ten kommen hier in sechs bis acht Wochen zur Reife.
Der unangebaute Boden erzeugt die üppigsten Weiden
für das Nutzvieh. Zur Zeit der Ueberschwemmung steht
ganz Aegypten unter Wasser, so zwar, daß man in
den meisten Gegenden nur die Spitzen der Wald-
und Obstbäume, untermischt mit Städten nnd Dör-
fern, die entweder auf natürlichen oder künstlichen
Erhöhungen erbaut worden sind, emporragen siehet.
Jn der trockenen Jahrszeit schmücken diese paradie-
sische Gefilde die schönsten Gärten, Fruchtfelder und
Wiesen, die sämmtlich nach dieser Umwandlung mit
zahlreichen Heerden lebhaft bevölkert sind. [unleserliches Material – 3 Zeichen fehlen]Man
genießt dann unter dem heitersten Himmel die rein-
ste und gesundeste Luft, die von den reichen, die
ganze Gegend durchwürzenden Pomeranzen, Limonien,
Zitronen und allen Gattungen von Fruchtbäumen
geschwängert wird. Sobald die Gartenfrüchte, Me-
lonen, Zuckerrohr und andere Gewächse auf den
[Spaltenumbruch] Feldern Wasser bedürfen, so wird solches vermit-
telst Cisternen oder Reservoirs durch schmale Kanäle
denselben in die Gärten und Felder, nach dem ehe-
maligen Gebrauch der Römer, zugeleitet, und die
üppigste Fruchtbarkeit dadurch erzwungen. Ohne die
schon oben gedachten Fruchtbäume wachsen hier
Datteln, Wein, Feigen, Palmbäume u. s. w. auf
eine schwelgerische Weise, und von letztern wird
durch die Gährung ein eben so angenehmer als ge-
sunder Wein bereitet. Die gemeinen Menschen leben
in der trockenen Jahreszeit größtentheils von Gur-
ken, und spüren keine Unannehmlichkeit von dieser
Nahrung.     N.



Sätze aus der Lebensweisheit.

Die große Schwierigkeit bei der Erziehung der
Kinder ist, sie in der Unterwürfigkeit zu erhalten,
ohne ihren Charakter herabzuwürdigen.

Die tugendhaftesten Eutschlüsse faßt der Mensch
gewöhnlich, wenn er eben keine Gelegenheit hat,
sie auszuführen. Wäre es mit guten Entschlüssen
gethan, wie wenige Lasterhafte gäbe es!



Der Häring ( Clupea harengus ) .

Dieser wichtige und nutzbare Fisch, ein Haupt-
erwerbsquell von Tausenden, die sich mit dem Fang
desselben beschäftigen, wird am meisten in der Nord-
und Ostsee gefangen; doch sind die Letzteren kleiner
als die Erstern. Der gewöhnliche Häring ist auf
dem Rücken bläulich grau, auf dem Bauche silber-
farb. Der Kopf ist verhältnißmäßig klein, doch das
Auge groß. Die kurze Zunge ist sehr spitzig und,
wie der Mund, mit spitzigen Zähnen bewaffnet. Oft
findet man Häringe von goldschillernden Kopfe und
röthlichen Seiten. Dies ist eine Spielart, die so-
genannten Häringskönige, die man in früherer Zeit
wohl für eine eigene Gattung hielt. Auch behanp-
tete man sonst, der Häring sey nur im Eismeere
heimisch, komme aber jährlich zu bestimmten Zeiten
und von den Seehunden, Seemöven und andern
Verfolgern gejagt, in unermeßlichen Schaaren nach
den nördlichen Küsten von Amerika und Europa.
Ohne die Wanderungen der Häringe in Abrede zu
stellen, zeigen doch neuere Beobachtungen, daß die
Häringe in der Ostsee das ganze Jahr hindurch ge-
funden werden. Jm Ausfluße der Elbe, wo die
Häringe vorher selten oder gar nicht vorgekommen
waren, zeigten sich im Jahre 1799 eine große An-
zahl derselben. Die Häringe kommen nicht zu glei-
cher Zeit an alle Küsten; an den amerikanischen
laichen sie schon vom Januar bis April, in der
Ostsee und an Norwegen theils im Frühjahr, theils
im Sommer, und im Herbst erscheint noch eine Art
mit Rogen und Milch, die also dann noch nicht ge-
laicht hat. Von allen Fischen vermehrt sich der
Häring am stärksten. Man fand in einem einzigen
Rogen 68,656 Eier, und glaubt, daß er zweimal
im Jahre laiche. Daher kommt auch die ungeheure
Zahl derselben, welche in den Meeren erscheint.
Zwischen Grönland und dem Nordcap sind auf einer
Strecke von 200 Meilen zwei Drittel des Meeres
mit diesen Fischen so bedeckt, daß sie im dichten Ge-
dränge die Schuppen verletzen, und den Lauf der
Schiffe hemmen. Man schöpft sie dort mit großen
Kellen sehr bequem aus dem Wasser. Die Häringe
nähren sich von Fischbrut, Wasserinsekten und Ge-
würmen, vorzüglich von gewissen kleinen Krebsen
[Ende Spaltensatz]

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Der Nil ist der einzige Fluß dieses Landes, er durchschneidet seine ganze Länge von Süden nach Norden, wo er sich, wie bekannt, in die mittelländi- sche See ergießt. Die jährlichen Regen in Aethio- pien, welche das Anschwellen des Nils herbeiführen, beginnen Mitte Juni, und das Wasser nimmt bis Ende September zu. Sobald es seine größte Höhe erreicht hat, werden die Schleußen in den großen Kanal, der durch Cairo fließt, geöffnet, und das Wasser mittelst desselben den Gärten und Feldern mitgetheilt. Gewöhmlich steigt das Wasser zwanzig Fuß hoch, und kehrt eben so langsam, als es an- schwoll, zu seinem niedrigen Stande zurück. Der Tag, an welchem der Nil gedachte Höhe erreicht, wird seit undenklich alter Zeit mit Freudenfesten, Gastmählern, Feuerwerken und andern Zeichen der öffentlichen Freude gefeuert. 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Ohne die Wanderungen der Häringe in Abrede zu stellen, zeigen doch neuere Beobachtungen, daß die Häringe in der Ostsee das ganze Jahr hindurch ge- funden werden. Jm Ausfluße der Elbe, wo die Häringe vorher selten oder gar nicht vorgekommen waren, zeigten sich im Jahre 1799 eine große An- zahl derselben. Die Häringe kommen nicht zu glei- cher Zeit an alle Küsten; an den amerikanischen laichen sie schon vom Januar bis April, in der Ostsee und an Norwegen theils im Frühjahr, theils im Sommer, und im Herbst erscheint noch eine Art mit Rogen und Milch, die also dann noch nicht ge- laicht hat. Von allen Fischen vermehrt sich der Häring am stärksten. Man fand in einem einzigen Rogen 68,656 Eier, und glaubt, daß er zweimal im Jahre laiche. Daher kommt auch die ungeheure Zahl derselben, welche in den Meeren erscheint. Zwischen Grönland und dem Nordcap sind auf einer Strecke von 200 Meilen zwei Drittel des Meeres mit diesen Fischen so bedeckt, daß sie im dichten Ge- dränge die Schuppen verletzen, und den Lauf der Schiffe hemmen. Man schöpft sie dort mit großen Kellen sehr bequem aus dem Wasser. Die Häringe nähren sich von Fischbrut, Wasserinsekten und Ge- würmen, vorzüglich von gewissen kleinen Krebsen

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Peter Fankhauser: Automatische Transformation von TUSTEP nach TEI P5 (DTA-Basisformat).
Deutsches Textarchiv: Metadatenerfassung
Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und Volltext-Transkription
Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
Rahel Hartz: Artikelstrukturierung

Weitere Informationen:

Dieser Text wurde aus dem TUSTEP-Format nach TEI-P5 konvertiert und anschließend in das DTA-Basisformat überführt.




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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 25. Prag, 1834, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama25_1834/7>, abgerufen am 28.07.2024.