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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 25. Prag, 1834.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz]

Der alten Burg gegenüber liegt an einem Hü-
gel das neue Schloß, und bildet mit seinen glän-
zenden und kostbar verzierten freundlichen Gemächern
und der ausgezeichneten Sammlung von Gemählden,
Kupferstichen, Handzeichnungen und andern Kunst-
schätzen, wie dem schönen weitläufigen Garten zu
jener einen interessanten Gegensatz der Gegenwart
mit der ernstern Vorzeit. Auf dem Thurm der Schloß-
kapelle ist eine Camera obscura *) angebracht, welche
ein allerliebstes Panorama der reich mit allen
Schönheiten ausgestatteten Landschaft darbietet.

Wenn auch Lichtenstein nicht, wie Manche,
von dem Namen verleitet, behaupten, das Stamm-
schloß des erlauchten fürstlichen Geschlechtes ist, so
war doch diese Veste bis in das letzte Viertel des
14ten Jahrhunderts ein Besitzthum der Familie
Lichtenstein, und man dürfte jene vielleicht als das
Stammhaus der österreicher Linie annehmen. Noch
im Jahre 1375 war die Burg ein Eigenthum des
mächtigen Johann von Lichtenstein, Hofmeisters
Herzog Albert III. und insgemein nur der " gewal-
tige Hofmeister" genannt. Dieser gerieth mit Pil-
gram,
einem seiner Verwandten, in Streit, weil er ihm
ein kostbares mit Perlen gesticktes Kleid verweigerte,
das Jener aus der Verlassenschaft seiner Schwester,
einer verwitweten Frau von Lichtenstein, in An-
spruch nahm. Mit andern Großen vereinigt, deren
Neid die Macht und das Ansehen Johanns längst
auf sich gezogen, fand Pilgram Gelegenheit, ihm
allerhand Ungerechtigkeiten aufzubürden, und bei
dem Herzog also zu verläumden, daß dieser ihn auf
dem Landtage zu Gmunden gefangen nehmen, und
23 seiner Schlösser -- unter welchen auch Lichten-
stein
-- und Häuser in Wien einziehen ließ.

Jm Jahre 1381 kauften es die Grafen Cilly
vom Hofe, und besaßen dasselbe bis 1456, wo der
unglückliche Ulrich Cilly ein schrecklicheres Schick-
sal, als Johann Lichtenstein, erfuhr. Nun ging
Lichtenstein von Hand zu Hand, bis es endlich im
Anfange des gegenwärtigen Jahrhunderts von dem
Fürsten Stanislaus Poniatowsky erkauft
wurde, der sich die Verschönerung des neuen Schlos-
ses und Gartens sehr angelegen seyn ließ.

Die Veste Lichtenstein ist oft belagert wor-
den, und im Anfange des 17ten Jahrhunderts nah-
men selbe die ungarischen Rebellen, unter Anführung
des Botschkay, zugleich mit der Burg Mödling
ein, und zogen von hier in die Umgebungen auf
Raub und Verheerung aus. Bartholomäus Graf
von Khevenhüller eroberte beide Vesten wieder,
und nahm den größten Theil der Aufrührer gefan-
gen. Aber 1683 bei der zweiten türkischen Belage-
rung Wiens wurde Lichtenstein mit vielen
andern benachbarten Orten verwüstet, und steht seit
jener Zeit öde. Noch 11 Jahre vor dieser Belage-
rung war sie in vollkommenem Zustande und ( wie
eine Abbildung Vischers von 1672 zeigt ) mit einem
Dache versehen.



Mäuse und Ratten.

Es ist bekannt, daß man in Gegenden, wo es
keine Katzen gibt, um sich vor dem Schaden zu be-
[Spaltenumbruch] wahren, welchen Ratten und Mäuse anrichten, eine
Anzahl Thiere dieser Gattungen längere Zeit in
einem verschlossenen Gefäße mit einander einzusper-
ren pflegt, bis die stärkste Maus oder Ratte die
übrigen zu Tode gebissen, und sich so sehr an diese
Nahrung gewohnt hat, daß sie, aus ihrem Kerker
entlassen, den Dienst einer Hauskatze aus freiem
Willen versieht. Wie schnell die Ratten dazu
zu bringen sind, ihres Gleichen zu verzehren,
beweist folgende Thatsache ( Jesse Gleanings ) :
"Hr. Magendie war einst selbst nach Mont-
faucon gegangen, um sich daselbst, behufs damit
anzustellender Versuche, zwölf Ratten zu holen;
diese that er zusammen in einen Kasten. Als
er aber nach Hause kam, und den Kasten öff-
nete, fand er nur noch drei Ratten, indem die
übrigen von den noch lebenden aufgefressen, und
nur noch die Schwänze und Knochen von ihnen
übrig waren. So unglaublich dies scheint, so ver-
sichert man doch, es aus Hrn. Magendie's Munde
selbst zu haben.     E.



Mittel, die Flachsseide in Kleefeldern
auszurotten.

Man kann ein Feld mit Luzerner = Klee leicht
von der eingeschlichenen Flachsseide reinigen, wenn
man den Klee im Frühjahre, wo er fünf bis 6 Zoll
Höhe erreicht hat, so kurz als möglich abmähen
läßt, und dies Verfahren 2 bis 3mal im Jahre
wiederholt. J. S.



Bewährtes Mittel, die Fruchtbarkeit der
Weinrebe zu erhöhen.

Auf ein Weinrebengeländer, das bereits Früchte
trägt, nehme man 4 Unzen zerstoßenen Alaun, ver-
menge diese mit 4 Schaufeln Thonerde, und gieße
so lange Wasser hinzu, bis die Flüssigkeit hinlänglich
dünn ist; mit dieser benetze man nun die vorher
entblößten Wurzeln des Stockes. Wenn man die
Grube, die zu dieser Vorrichtung geöffnet worden,
wieder ausfüllt, muß man Acht haben, daß die obere
Erde zu unterst komme. Zur Vorbereitung des
Weingartens wähle man einen schönen heitern Tag
zu Ende des Winters.

Durch dieses bisher geheim gehaltene Verfahren
hat ein Privatmann in Frankreich einen Wandre-
benstock vor seinem Hause dergestalt fruchtbar ge-
macht, daß er alljährlich die Bewunderung der
Landleute alldort erregte, welche die außerordentliche
Schönheit sowohl als die ungeheure Menge der
Trauben in Entzücken versetzte. J. S.



Das Thürklopfen in England.

Die großen Einfahrt = Thore an den Häusern
sind in London selten, und bleiben eben so ver-
schlossen, wie die Thüren. Die Art und Weise des
Anklopfens bezeichnet den Rang, den Stand desje-
nigen, der klopfet. Einmal zu wenig pochen, hieße
sich erniedrigen; einmal zu viel, wäre eine Anma-
maßung, eine übermüthige Beleidigung.

Ein einziger Schlag zeigt den Milchmann, den
Kohlenhändler, den Diener des Hauses, einen Bettler
an; er bedeutet: " Jch möchte gerne hinein.

Zwei Schläge bezeichnen den Briefträger, eine
Person, die eine Visiten = oder Einladungskarte
[Ende Spaltensatz]

*) Wörtlich übersetzt: "Finstere Kammer". Ein optischer
Kasten, in welchem sich die äußern Gegenstände auf einem
Blatte Papier, das auf dem Boden liegt, verkleinert
abbilden.
Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz]

Der alten Burg gegenüber liegt an einem Hü-
gel das neue Schloß, und bildet mit seinen glän-
zenden und kostbar verzierten freundlichen Gemächern
und der ausgezeichneten Sammlung von Gemählden,
Kupferstichen, Handzeichnungen und andern Kunst-
schätzen, wie dem schönen weitläufigen Garten zu
jener einen interessanten Gegensatz der Gegenwart
mit der ernstern Vorzeit. Auf dem Thurm der Schloß-
kapelle ist eine Camera obscura *) angebracht, welche
ein allerliebstes Panorama der reich mit allen
Schönheiten ausgestatteten Landschaft darbietet.

Wenn auch Lichtenstein nicht, wie Manche,
von dem Namen verleitet, behaupten, das Stamm-
schloß des erlauchten fürstlichen Geschlechtes ist, so
war doch diese Veste bis in das letzte Viertel des
14ten Jahrhunderts ein Besitzthum der Familie
Lichtenstein, und man dürfte jene vielleicht als das
Stammhaus der österreicher Linie annehmen. Noch
im Jahre 1375 war die Burg ein Eigenthum des
mächtigen Johann von Lichtenstein, Hofmeisters
Herzog Albert III. und insgemein nur der „ gewal-
tige Hofmeister“ genannt. Dieser gerieth mit Pil-
gram,
einem seiner Verwandten, in Streit, weil er ihm
ein kostbares mit Perlen gesticktes Kleid verweigerte,
das Jener aus der Verlassenschaft seiner Schwester,
einer verwitweten Frau von Lichtenstein, in An-
spruch nahm. Mit andern Großen vereinigt, deren
Neid die Macht und das Ansehen Johanns längst
auf sich gezogen, fand Pilgram Gelegenheit, ihm
allerhand Ungerechtigkeiten aufzubürden, und bei
dem Herzog also zu verläumden, daß dieser ihn auf
dem Landtage zu Gmunden gefangen nehmen, und
23 seiner Schlösser — unter welchen auch Lichten-
stein
— und Häuser in Wien einziehen ließ.

Jm Jahre 1381 kauften es die Grafen Cilly
vom Hofe, und besaßen dasselbe bis 1456, wo der
unglückliche Ulrich Cilly ein schrecklicheres Schick-
sal, als Johann Lichtenstein, erfuhr. Nun ging
Lichtenstein von Hand zu Hand, bis es endlich im
Anfange des gegenwärtigen Jahrhunderts von dem
Fürsten Stanislaus Poniatowsky erkauft
wurde, der sich die Verschönerung des neuen Schlos-
ses und Gartens sehr angelegen seyn ließ.

Die Veste Lichtenstein ist oft belagert wor-
den, und im Anfange des 17ten Jahrhunderts nah-
men selbe die ungarischen Rebellen, unter Anführung
des Botschkay, zugleich mit der Burg Mödling
ein, und zogen von hier in die Umgebungen auf
Raub und Verheerung aus. Bartholomäus Graf
von Khevenhüller eroberte beide Vesten wieder,
und nahm den größten Theil der Aufrührer gefan-
gen. Aber 1683 bei der zweiten türkischen Belage-
rung Wiens wurde Lichtenstein mit vielen
andern benachbarten Orten verwüstet, und steht seit
jener Zeit öde. Noch 11 Jahre vor dieser Belage-
rung war sie in vollkommenem Zustande und ( wie
eine Abbildung Vischers von 1672 zeigt ) mit einem
Dache versehen.



Mäuse und Ratten.

Es ist bekannt, daß man in Gegenden, wo es
keine Katzen gibt, um sich vor dem Schaden zu be-
[Spaltenumbruch] wahren, welchen Ratten und Mäuse anrichten, eine
Anzahl Thiere dieser Gattungen längere Zeit in
einem verschlossenen Gefäße mit einander einzusper-
ren pflegt, bis die stärkste Maus oder Ratte die
übrigen zu Tode gebissen, und sich so sehr an diese
Nahrung gewohnt hat, daß sie, aus ihrem Kerker
entlassen, den Dienst einer Hauskatze aus freiem
Willen versieht. Wie schnell die Ratten dazu
zu bringen sind, ihres Gleichen zu verzehren,
beweist folgende Thatsache ( Jesse Gleanings ) :
„Hr. Magendie war einst selbst nach Mont-
faucon gegangen, um sich daselbst, behufs damit
anzustellender Versuche, zwölf Ratten zu holen;
diese that er zusammen in einen Kasten. Als
er aber nach Hause kam, und den Kasten öff-
nete, fand er nur noch drei Ratten, indem die
übrigen von den noch lebenden aufgefressen, und
nur noch die Schwänze und Knochen von ihnen
übrig waren. So unglaublich dies scheint, so ver-
sichert man doch, es aus Hrn. Magendie's Munde
selbst zu haben.     E.



Mittel, die Flachsseide in Kleefeldern
auszurotten.

Man kann ein Feld mit Luzerner = Klee leicht
von der eingeschlichenen Flachsseide reinigen, wenn
man den Klee im Frühjahre, wo er fünf bis 6 Zoll
Höhe erreicht hat, so kurz als möglich abmähen
läßt, und dies Verfahren 2 bis 3mal im Jahre
wiederholt. J. S.



Bewährtes Mittel, die Fruchtbarkeit der
Weinrebe zu erhöhen.

Auf ein Weinrebengeländer, das bereits Früchte
trägt, nehme man 4 Unzen zerstoßenen Alaun, ver-
menge diese mit 4 Schaufeln Thonerde, und gieße
so lange Wasser hinzu, bis die Flüssigkeit hinlänglich
dünn ist; mit dieser benetze man nun die vorher
entblößten Wurzeln des Stockes. Wenn man die
Grube, die zu dieser Vorrichtung geöffnet worden,
wieder ausfüllt, muß man Acht haben, daß die obere
Erde zu unterst komme. Zur Vorbereitung des
Weingartens wähle man einen schönen heitern Tag
zu Ende des Winters.

Durch dieses bisher geheim gehaltene Verfahren
hat ein Privatmann in Frankreich einen Wandre-
benstock vor seinem Hause dergestalt fruchtbar ge-
macht, daß er alljährlich die Bewunderung der
Landleute alldort erregte, welche die außerordentliche
Schönheit sowohl als die ungeheure Menge der
Trauben in Entzücken versetzte. J. S.



Das Thürklopfen in England.

Die großen Einfahrt = Thore an den Häusern
sind in London selten, und bleiben eben so ver-
schlossen, wie die Thüren. Die Art und Weise des
Anklopfens bezeichnet den Rang, den Stand desje-
nigen, der klopfet. Einmal zu wenig pochen, hieße
sich erniedrigen; einmal zu viel, wäre eine Anma-
maßung, eine übermüthige Beleidigung.

Ein einziger Schlag zeigt den Milchmann, den
Kohlenhändler, den Diener des Hauses, einen Bettler
an; er bedeutet: „ Jch möchte gerne hinein.

Zwei Schläge bezeichnen den Briefträger, eine
Person, die eine Visiten = oder Einladungskarte
[Ende Spaltensatz]

*) Wörtlich übersetzt: „Finstere Kammer“. Ein optischer
Kasten, in welchem sich die äußern Gegenstände auf einem
Blatte Papier, das auf dem Boden liegt, verkleinert
abbilden.
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Durch dieses bisher geheim gehaltene Verfahren hat ein Privatmann in Frankreich einen Wandre- benstock vor seinem Hause dergestalt fruchtbar ge- macht, daß er alljährlich die Bewunderung der Landleute alldort erregte, welche die außerordentliche Schönheit sowohl als die ungeheure Menge der Trauben in Entzücken versetzte. J. S. Das Thürklopfen in England. Die großen Einfahrt = Thore an den Häusern sind in London selten, und bleiben eben so ver- schlossen, wie die Thüren. Die Art und Weise des Anklopfens bezeichnet den Rang, den Stand desje- nigen, der klopfet. Einmal zu wenig pochen, hieße sich erniedrigen; einmal zu viel, wäre eine Anma- maßung, eine übermüthige Beleidigung. Ein einziger Schlag zeigt den Milchmann, den Kohlenhändler, den Diener des Hauses, einen Bettler an; er bedeutet: „ Jch möchte gerne hinein. Zwei Schläge bezeichnen den Briefträger, eine Person, die eine Visiten = oder Einladungskarte *) Wörtlich übersetzt: „Finstere Kammer“. 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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 25. Prag, 1834, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama25_1834/6>, abgerufen am 07.06.2024.