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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 22. Prag, 1836.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz]

Unsre Gesellschaft hatte sich bis auf achtzehn
Personen vermehrt; wir aßen und tranken nach
Herzenslnst. Jndessen ging nur ein einziges Glas
herum. Nachher ward geraucht und Guitarre ge-
spielt. Unser Wirth saß dabei auf einem Tische,
und hatte ein Rohr von wenigstens sechs Fuß.
Endlich wurden in zwei großen Zimmern die Hang-
matten aufgehängt, und jeder nahm von einer Besitz,
wie es ihm einfiel.

Am andern Morgen fand die Musterung Statt,
es mochten an drei Kompagnien Ordenanzas oder
Landwehr seyn. Die Leute erschienen meistens nur
in gewöhnlicher Kleidung, waren aber fast alle mit
guten Flinten verfehen. Zu Mittag hatten wir ein
sehr glänzendes Mahl; der Hausherr bediente den
Kapitan = Mor in eigener Person. Es gab eine
Menge Gerichte, alles in ungeheuern Massen, wie
es hier Sitte ist. Jeder langte zu, wovon er wollte,
oft über drei bis vier Personen hinweg. Dabei
schnappte einer dem andern die besten Bissen vom
Teller, wobei das Tischtuch nicht übel zugerichtet
ward. Allein darum bekümmert sich niemand hier.
Getrunken ward ebenfalls tüchtig, wiewohl für sechs
bis sieben Personen immer nur ein einziges Glas
vorhanden war.

Am folgenden Tage ging es nach Bom Jar-
din.
Dieß ist ein ansehnliches Dorf von ungefähr
fünfhundert Einwohnern, anderthalb starke Stunden
von Pindoba. Es liegt am Abhange einer steilen
Anhöhe; das benachbarte Land gilt für das beste
zum Baumwollenbau. Jch wohnte der Messe bei,
und war nicht wenig über die anwesende Menge er-
staunt. Allein ich hörte, daß gerade in den Wal-
dungen sehr viel Meiereien verborgen sind, deren
Bevölkerung nicht unbedeutend ist.

Um nach Recife zurückzukehren, schlugen wir
Nachmittags eine andere Strasse ein. Auf dieser
sahen wir einen Theil der Waldung in Feuer stehen.
Dieß ist im Sommer keine Seltenheit. Die Land-
leute nehmen nämlich Brände aus den Häusern, um
ihre Pfeifen anzuzünden, und werfen sie ohne wei-
ters in das Gebüsch. Dieses entzündet sich augen-
blicklich, die Flamme läuft Stunden weit fort, und
schlägt oft über die Wipfel empor. Selbst wenn
das Feuer endlich aufhört, glimmt es noch lange
unter der Asche fort, und wird vom ersten Luftzuge
wieden angefacht.

So kamen wir nach Limoeiro am Capibaribo,
das ebenfalls ein ansehnliches Dorf von sechs hun-
dert Einwohnern ist. Es besteht indessen nur aus
einer einzigen Strasse, die an dem andern Ende,
von der Kirche und Pfarrwohnung geschlossen ist.
Die Einwohner treiben ansehnlichen Handel mit dem
Jnnern, weßhalb wöchentlich ein großer Markt ge-
halten wird. Es fehlt dann nicht an Schlägereien,
die jedoch selten von Mordthaten begleitet sind. --
Ohne weitere Abentheuer langten wir nach einer
Abwesenheit von acht Tagen wieder in Pernam-
buco
an.



Miscellen.

Jn dem Kohlenlager von Dalmarnok wurde
kürzlich in einer Tiefe von 500 Fuß unter dem
[Spaltenumbruch] Boden ein Jnsekt, eine Art Fliege, versteinert ge-
funden, zugleich mit dem Stängel einer Pflanze von
der Koylenformation, dem Calamites dubius. Dieß
ist die erste Entdeckung eines Jnsekts in dieser For-
mation. Man hält sie für eine erloschene Art der
Gattung Limnobia.



Als bei der Belagerung von Oporto der
Mangel in der Stadt immer größer wurde, gelang
es dem Capitain Lucre trotz Kugeln und Bomben,
eine Ladung Schweine ans Land zu setzen, und die
vierfüssigen Hülfstruppen wurden mit großer Freude
von der anglo = portugiesischen Legion empfangen und
begrüßt.



Zu Konstantinopel war diesen Winter die
Kälte ungewöhnlich heftig, so daß gegen 200 Schä-
fer und 70 bis 80,000 Schafe vor Kälte umkamen.
Aehnliches geschah zu Smyrna und in der Um-
gegend.



Ein Herr Paraire hat der französischen Aka-
demie der Wissenschafteu angezeigt, daß er vermit-
telst einer gewissen Zubereitung des Papiers die
Schrift mit gewöhnlicher Tinte, nur mit Aenderung
der Farbe unauslöschlich machen könne. Er ver-
langt Untersuchung der Sache, und erklärte sich be-
reit, wenn das Resultat seiner Erwartung ent-
spreche, der Akademie sein Verfahren mitzutheilen.



Jn England wendet man in neuerer Zeit statt
der Roßhaare und Wolle für die Matratzen der
Matrosen und Soldaten den faserigen Ueberzug der
Kokosnuß an, den man coir nennt.



Dem Andenken Washingtons soll ein rie-
senhaftes Denkmal in der nach ihm benannten
Stadt gesetzt werden. Sammler sind in allen Staa-
ten der Union angestellt, jeder darf aber nur einen
Dollar beitragen.



Der Sonntag in London.

Mehr als in den Hauptstädten des festen Lan-
des wird in London auf die unbedingte Heiligung
des Sonntages gehalten. Viele unschuldige Arbeiten
geben an diesem Tage den anglicanischen Protestan-
ten ein Aergerniß, und man muß sich deren enthal-
ten, wenn man nicht in die Gefahr gerathen will,
für einen Gottesläugner gehalten zu werden, oder
gar Strafe zu zahlen. Deshalb ist auch der Sonn-
tag für manchen Fremden der langweiligste Tag der
Woche, der zwar im Sommer die Zuflucht hat, auf
das Land oder in einen Thee=Garten zu gehen, die
rund um die Hauptstadt angelegt sind; doch im
Winter muß man sich zu Hause einschließen, oder
in einem Clubb oder Lesezimmer sich durch die Zei-
tungen durcharbeiten, und die politischen Angelegen-
heiten verhandeln.



[Ende Spaltensatz]

Druck und Verlag von Gottlieb Haase Söhne in Prag. -- Redaktion von W. A. Gerle.

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz]

Unsre Gesellschaft hatte sich bis auf achtzehn
Personen vermehrt; wir aßen und tranken nach
Herzenslnst. Jndessen ging nur ein einziges Glas
herum. Nachher ward geraucht und Guitarre ge-
spielt. Unser Wirth saß dabei auf einem Tische,
und hatte ein Rohr von wenigstens sechs Fuß.
Endlich wurden in zwei großen Zimmern die Hang-
matten aufgehängt, und jeder nahm von einer Besitz,
wie es ihm einfiel.

Am andern Morgen fand die Musterung Statt,
es mochten an drei Kompagnien Ordenanzas oder
Landwehr seyn. Die Leute erschienen meistens nur
in gewöhnlicher Kleidung, waren aber fast alle mit
guten Flinten verfehen. Zu Mittag hatten wir ein
sehr glänzendes Mahl; der Hausherr bediente den
Kapitan = Mor in eigener Person. Es gab eine
Menge Gerichte, alles in ungeheuern Massen, wie
es hier Sitte ist. Jeder langte zu, wovon er wollte,
oft über drei bis vier Personen hinweg. Dabei
schnappte einer dem andern die besten Bissen vom
Teller, wobei das Tischtuch nicht übel zugerichtet
ward. Allein darum bekümmert sich niemand hier.
Getrunken ward ebenfalls tüchtig, wiewohl für sechs
bis sieben Personen immer nur ein einziges Glas
vorhanden war.

Am folgenden Tage ging es nach Bom Jar-
din.
Dieß ist ein ansehnliches Dorf von ungefähr
fünfhundert Einwohnern, anderthalb starke Stunden
von Pindoba. Es liegt am Abhange einer steilen
Anhöhe; das benachbarte Land gilt für das beste
zum Baumwollenbau. Jch wohnte der Messe bei,
und war nicht wenig über die anwesende Menge er-
staunt. Allein ich hörte, daß gerade in den Wal-
dungen sehr viel Meiereien verborgen sind, deren
Bevölkerung nicht unbedeutend ist.

Um nach Recife zurückzukehren, schlugen wir
Nachmittags eine andere Strasse ein. Auf dieser
sahen wir einen Theil der Waldung in Feuer stehen.
Dieß ist im Sommer keine Seltenheit. Die Land-
leute nehmen nämlich Brände aus den Häusern, um
ihre Pfeifen anzuzünden, und werfen sie ohne wei-
ters in das Gebüsch. Dieses entzündet sich augen-
blicklich, die Flamme läuft Stunden weit fort, und
schlägt oft über die Wipfel empor. Selbst wenn
das Feuer endlich aufhört, glimmt es noch lange
unter der Asche fort, und wird vom ersten Luftzuge
wieden angefacht.

So kamen wir nach Limoeiro am Capibaribo,
das ebenfalls ein ansehnliches Dorf von sechs hun-
dert Einwohnern ist. Es besteht indessen nur aus
einer einzigen Strasse, die an dem andern Ende,
von der Kirche und Pfarrwohnung geschlossen ist.
Die Einwohner treiben ansehnlichen Handel mit dem
Jnnern, weßhalb wöchentlich ein großer Markt ge-
halten wird. Es fehlt dann nicht an Schlägereien,
die jedoch selten von Mordthaten begleitet sind. —
Ohne weitere Abentheuer langten wir nach einer
Abwesenheit von acht Tagen wieder in Pernam-
buco
an.



Miscellen.

Jn dem Kohlenlager von Dalmarnok wurde
kürzlich in einer Tiefe von 500 Fuß unter dem
[Spaltenumbruch] Boden ein Jnsekt, eine Art Fliege, versteinert ge-
funden, zugleich mit dem Stängel einer Pflanze von
der Koylenformation, dem Calamites dubius. Dieß
ist die erste Entdeckung eines Jnsekts in dieser For-
mation. Man hält sie für eine erloschene Art der
Gattung Limnobia.



Als bei der Belagerung von Oporto der
Mangel in der Stadt immer größer wurde, gelang
es dem Capitain Lucre trotz Kugeln und Bomben,
eine Ladung Schweine ans Land zu setzen, und die
vierfüssigen Hülfstruppen wurden mit großer Freude
von der anglo = portugiesischen Legion empfangen und
begrüßt.



Zu Konstantinopel war diesen Winter die
Kälte ungewöhnlich heftig, so daß gegen 200 Schä-
fer und 70 bis 80,000 Schafe vor Kälte umkamen.
Aehnliches geschah zu Smyrna und in der Um-
gegend.



Ein Herr Paraire hat der französischen Aka-
demie der Wissenschafteu angezeigt, daß er vermit-
telst einer gewissen Zubereitung des Papiers die
Schrift mit gewöhnlicher Tinte, nur mit Aenderung
der Farbe unauslöschlich machen könne. Er ver-
langt Untersuchung der Sache, und erklärte sich be-
reit, wenn das Resultat seiner Erwartung ent-
spreche, der Akademie sein Verfahren mitzutheilen.



Jn England wendet man in neuerer Zeit statt
der Roßhaare und Wolle für die Matratzen der
Matrosen und Soldaten den faserigen Ueberzug der
Kokosnuß an, den man coir nennt.



Dem Andenken Washingtons soll ein rie-
senhaftes Denkmal in der nach ihm benannten
Stadt gesetzt werden. Sammler sind in allen Staa-
ten der Union angestellt, jeder darf aber nur einen
Dollar beitragen.



Der Sonntag in London.

Mehr als in den Hauptstädten des festen Lan-
des wird in London auf die unbedingte Heiligung
des Sonntages gehalten. Viele unschuldige Arbeiten
geben an diesem Tage den anglicanischen Protestan-
ten ein Aergerniß, und man muß sich deren enthal-
ten, wenn man nicht in die Gefahr gerathen will,
für einen Gottesläugner gehalten zu werden, oder
gar Strafe zu zahlen. Deshalb ist auch der Sonn-
tag für manchen Fremden der langweiligste Tag der
Woche, der zwar im Sommer die Zuflucht hat, auf
das Land oder in einen Thee=Garten zu gehen, die
rund um die Hauptstadt angelegt sind; doch im
Winter muß man sich zu Hause einschließen, oder
in einem Clubb oder Lesezimmer sich durch die Zei-
tungen durcharbeiten, und die politischen Angelegen-
heiten verhandeln.



[Ende Spaltensatz]

Druck und Verlag von Gottlieb Haase Söhne in Prag. — Redaktion von W. A. Gerle.

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[176/0009] Panorama des Universums. Unsre Gesellschaft hatte sich bis auf achtzehn Personen vermehrt; wir aßen und tranken nach Herzenslnst. Jndessen ging nur ein einziges Glas herum. Nachher ward geraucht und Guitarre ge- spielt. Unser Wirth saß dabei auf einem Tische, und hatte ein Rohr von wenigstens sechs Fuß. Endlich wurden in zwei großen Zimmern die Hang- matten aufgehängt, und jeder nahm von einer Besitz, wie es ihm einfiel. Am andern Morgen fand die Musterung Statt, es mochten an drei Kompagnien Ordenanzas oder Landwehr seyn. Die Leute erschienen meistens nur in gewöhnlicher Kleidung, waren aber fast alle mit guten Flinten verfehen. Zu Mittag hatten wir ein sehr glänzendes Mahl; der Hausherr bediente den Kapitan = Mor in eigener Person. Es gab eine Menge Gerichte, alles in ungeheuern Massen, wie es hier Sitte ist. Jeder langte zu, wovon er wollte, oft über drei bis vier Personen hinweg. Dabei schnappte einer dem andern die besten Bissen vom Teller, wobei das Tischtuch nicht übel zugerichtet ward. Allein darum bekümmert sich niemand hier. Getrunken ward ebenfalls tüchtig, wiewohl für sechs bis sieben Personen immer nur ein einziges Glas vorhanden war. Am folgenden Tage ging es nach Bom Jar- din. Dieß ist ein ansehnliches Dorf von ungefähr fünfhundert Einwohnern, anderthalb starke Stunden von Pindoba. Es liegt am Abhange einer steilen Anhöhe; das benachbarte Land gilt für das beste zum Baumwollenbau. Jch wohnte der Messe bei, und war nicht wenig über die anwesende Menge er- staunt. Allein ich hörte, daß gerade in den Wal- dungen sehr viel Meiereien verborgen sind, deren Bevölkerung nicht unbedeutend ist. Um nach Recife zurückzukehren, schlugen wir Nachmittags eine andere Strasse ein. Auf dieser sahen wir einen Theil der Waldung in Feuer stehen. Dieß ist im Sommer keine Seltenheit. Die Land- leute nehmen nämlich Brände aus den Häusern, um ihre Pfeifen anzuzünden, und werfen sie ohne wei- ters in das Gebüsch. Dieses entzündet sich augen- blicklich, die Flamme läuft Stunden weit fort, und schlägt oft über die Wipfel empor. Selbst wenn das Feuer endlich aufhört, glimmt es noch lange unter der Asche fort, und wird vom ersten Luftzuge wieden angefacht. So kamen wir nach Limoeiro am Capibaribo, das ebenfalls ein ansehnliches Dorf von sechs hun- dert Einwohnern ist. Es besteht indessen nur aus einer einzigen Strasse, die an dem andern Ende, von der Kirche und Pfarrwohnung geschlossen ist. Die Einwohner treiben ansehnlichen Handel mit dem Jnnern, weßhalb wöchentlich ein großer Markt ge- halten wird. Es fehlt dann nicht an Schlägereien, die jedoch selten von Mordthaten begleitet sind. — Ohne weitere Abentheuer langten wir nach einer Abwesenheit von acht Tagen wieder in Pernam- buco an. Miscellen. Jn dem Kohlenlager von Dalmarnok wurde kürzlich in einer Tiefe von 500 Fuß unter dem Boden ein Jnsekt, eine Art Fliege, versteinert ge- funden, zugleich mit dem Stängel einer Pflanze von der Koylenformation, dem Calamites dubius. Dieß ist die erste Entdeckung eines Jnsekts in dieser For- mation. Man hält sie für eine erloschene Art der Gattung Limnobia. Als bei der Belagerung von Oporto der Mangel in der Stadt immer größer wurde, gelang es dem Capitain Lucre trotz Kugeln und Bomben, eine Ladung Schweine ans Land zu setzen, und die vierfüssigen Hülfstruppen wurden mit großer Freude von der anglo = portugiesischen Legion empfangen und begrüßt. Zu Konstantinopel war diesen Winter die Kälte ungewöhnlich heftig, so daß gegen 200 Schä- fer und 70 bis 80,000 Schafe vor Kälte umkamen. Aehnliches geschah zu Smyrna und in der Um- gegend. 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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 22. Prag, 1836, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama22_1836/9>, abgerufen am 23.11.2024.