Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 22. Prag, 1836.Panorama des Universums. [Beginn Spaltensatz]
Hinten hängt das Haar in mehreren mit buntenBändern durchwirkten Flechten herab, die in Rosen ausgehen. Bei vollem Putze werden diese Flechten eben so leicht als künstlich aufgescheitelt, und mit Perlen und Diamanten verziert. Von Puder weiß man nichts; nur bejahrte Frauen machen Gebrauch davon. Die übrige Tracht ist völlig englisch; nur hier Frauenzimmer von diesen Klassen pflegen selten Was die Männer anlangt, so scheinen sie im Die Umgebungen von Rio Janeiro endlich Eine Reise in Brasilien. Jch verließ Pernambuco -- sagt ein neuer Diese Hütten sind mit Cocosblättern bedeckt, Bald ward indessen die Landschaft wilder, wir Es ist ein ganz eigenes Gefühl, wenn man aus Der Eigenthümer dieser Pflanzung war ein Sie saß mit ihren beiden Töchtern in einem Die Mutter war siebenzig, die jüngste Tochter Um fünf Uhr Abends setzten wir unsere Reise Am andern Morgen brachen wir in aller Frühe Die Gegend war sehr gut angebaut; wir ka- Panorama des Universums. [Beginn Spaltensatz]
Hinten hängt das Haar in mehreren mit buntenBändern durchwirkten Flechten herab, die in Rosen ausgehen. Bei vollem Putze werden diese Flechten eben so leicht als künstlich aufgescheitelt, und mit Perlen und Diamanten verziert. Von Puder weiß man nichts; nur bejahrte Frauen machen Gebrauch davon. Die übrige Tracht ist völlig englisch; nur hier Frauenzimmer von diesen Klassen pflegen selten Was die Männer anlangt, so scheinen sie im Die Umgebungen von Rio Janeiro endlich Eine Reise in Brasilien. Jch verließ Pernambuco — sagt ein neuer Diese Hütten sind mit Cocosblättern bedeckt, Bald ward indessen die Landschaft wilder, wir Es ist ein ganz eigenes Gefühl, wenn man aus Der Eigenthümer dieser Pflanzung war ein Sie saß mit ihren beiden Töchtern in einem Die Mutter war siebenzig, die jüngste Tochter Um fünf Uhr Abends setzten wir unsere Reise Am andern Morgen brachen wir in aller Frühe Die Gegend war sehr gut angebaut; wir ka- <TEI> <text> <body> <div type="jArticle" n="1"> <p><pb facs="#f0008" n="175"/><fw type="header" place="top"><hi rendition="#g">Panorama des Universums.</hi></fw><cb type="start"/> Hinten hängt das Haar in mehreren mit bunten<lb/> Bändern durchwirkten Flechten herab, die in Rosen<lb/> ausgehen. Bei vollem Putze werden diese Flechten<lb/> eben so leicht als künstlich aufgescheitelt, und mit<lb/> Perlen und Diamanten verziert. Von Puder weiß<lb/> man nichts; nur bejahrte Frauen machen Gebrauch<lb/> davon.</p><lb/> <p>Die übrige Tracht ist völlig englisch; nur hier<lb/> und da wird noch ein Rest der brasilianischen be-<lb/> merkt. Dieß ist leichter, schwarzseidener Mantel,<lb/> der auf dem Rücken zusammengeht, und in eine<lb/> lange Schleppe herabfällt, die von einem Bedienten<lb/> getragen wird. Der häusliche Anzug ist äußerst<lb/> niedlich, Röcke und Leibchen sind von dem feinsten<lb/> Musselin.</p><lb/> <p>Frauenzimmer von diesen Klassen pflegen selten<lb/> zu Fuß zu gehen. Jn der Regel bedienen sie sich<lb/> der sogenannten „ <hi rendition="#g">Cadeirinhas.</hi> “ Dieses sind<lb/> zierliche hinten ausgeschweifte, vorn mit einer Fuß-<lb/> lehne, oben mit einem Himmel, und rings herum<lb/> mit Vorhängen versehene Tragsessel. Die Vorhänge<lb/> werden nach Belieben aufgeschlagen oder zugezogen,<lb/> und sind meistens von karmosinrothem Taffet, reich<lb/> mit Goldfranzen besetzt.</p><lb/> <p>Was die Männer anlangt, so scheinen sie im<lb/> Allgemeinen — auch hier die höheren Klassen allein<lb/> betrachtet — sehr wohl gebildet und unterrichtet zu<lb/> seyn. Die englische Tracht hat auch bei ihuen die<lb/> alte brasilianische verdrängt, nur selten wird man<lb/> noch einige Reste davon gewahr. Junge Männer,<lb/> die gern Guitarre spielen, lassen sich an einigen<lb/> Fingern der rechten Hand die Nägel wachsen; Jagd<lb/> und Spiel werden übrigens leidenschaftlich geliebt.</p><lb/> <p>Die Umgebungen von <hi rendition="#g">Rio Janeiro</hi> endlich<lb/> sind sehr angenehm, und bieten mancherlei Spazier-<lb/> gänge dar. 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Die Hangmatten, die Netze und<lb/> Kürbisflaschen, die an den Sparren hängen, der<lb/> braune Geselle, der sein Pferd sattelt, das kleine<lb/> Gärtchen mit den Jasminstauden, die Gitterfenster,<lb/> worauf die Trinkgefäße stehen, und hinter denen sich<lb/> ein schüchternes Mädchen verbirgt, — Alles sieht<lb/> echt brasiilianisch aus.</p><lb/> <p>Bald ward indessen die Landschaft wilder, wir<lb/> fanden weder Häuser noch Anbau mehr, und hatten<lb/> auf beiden Seiten des Weges dichten Wald. Desto<lb/> angenehmer aber wurden wir überrascht, als wir<lb/> gegen Mittag die Zuckerpflanzung de los Paulistas<lb/> vor uns sahen.</p><lb/> <p>Es ist ein ganz eigenes Gefühl, wenn man aus<lb/> dem schmalen, einengenden, düstern Waldweg auf<lb/><cb n="2"/> einmal in eine weite, freie, lichte Ebene tritt. Die<lb/> Luft, die vorher heiß und drückend war, wird nun<lb/> plötzlich frisch und kühlend. Man erblickt das lange<lb/> einstöckige Wohnhaus, mit seinem tief herabgehenden<lb/> Wetterdache, die Kapelle mit ihrem großen hölzer-<lb/> nen Kreuze, die Zuckermühle, die auf allen Seiten<lb/> offen, auf steinernen Pfeilern ruht; die Negerhütten,<lb/> die sich in einer langen Reihe hinziehen; die Woh-<lb/> nung des Kaplans mit seinem Garten, und den<lb/> hohen Mangobäumen dahinter, die Rindviehheerde<lb/> an einem Bache gelagert, endlich die Zucker = und<lb/> Maniokfelder selbst — alles auf einer ausgedehnten<lb/> Fläche zerstreut, und mit einem breiten Graben ein-<lb/> gefaßt.</p><lb/> <p>Der Eigenthümer dieser Pflanzung war ein<lb/> naher Verwandter des Kapitan = Mor, und ein fast<lb/> achtzigjähriger Greis. Er konnte uns Krankheits-<lb/> halber nicht selbst empfangen; wir stiegen daher bei<lb/> seinem Sohne, dem Geistlichen ab, machten jedoch<lb/> der Frau von Hause sogleich einen Besuch.</p><lb/> <p>Sie saß mit ihren beiden Töchtern in einem<lb/> großen Saale, von einer Menge Negerkinder um-<lb/> ringt. Diese tummelten sich mitten unter den Hun-<lb/> den, nach Herzenslust auf dem Boden herum, was<lb/> sämmtlichen Damen sehr viel Spaß zu machen<lb/> schien.</p><lb/> <p>Die Mutter war siebenzig, die jüngste Tochter<lb/> fünfzig, der Bruder ein und sechzig Jahr alt. Er<lb/> sagte uns, nach dem Tode des letzten Familienglie-<lb/> des, sey allen ihren Negern — siebenzig zusammen,<lb/> die Freiheit bestimmt. Man habe sie aber auch<lb/> durch eine passende Erziehung, Erlernung von Hand-<lb/> werken u. s. w. dazu vorzubereiten gesucht.</p><lb/> <p>Um fünf Uhr Abends setzten wir unsere Reise<lb/> weiter fort. Es war Ende Januars, also mitten<lb/> im brasilianischen Sommer, allein der Seewind<lb/> kühlte die Luft sehr angenehm ab. Wir kamen bei<lb/> mehreren Zuckerpflanzungen vorbei. Eine derselben,<lb/> Utringa de Baixo genannt, liegt in einem Kessel<lb/> mit waldigen Anhöhen umringt. Es führt ein ein-<lb/> ziger schmaler Fußsteig dahin; so scheint sie von<lb/> der ganzen Welt getrennt. Durch diese Waldungen<lb/> ging es nun bis zu der eigenen Besitzung des Ka-<lb/> pitan = Mor. Das Wohnhaus war groß, das Ge-<lb/> räthe ein Jahrhundert alt. Man trug eine Menge<lb/> Gerichte auf; alles ward nach brasilianischer Art,<lb/> ohne alle Ordnung, unter und über einander gesetzt.</p><lb/> <p>Am andern Morgen brachen wir in aller Frühe<lb/> auf. Wir hatten eine starke Tagreise bis zu der<lb/> Baumwollenpflanzung <hi rendition="#g">Pindoba.</hi> Diese war näm-<lb/> lich zum Sammelplatze für die Musterung der Di-<lb/> striktsmannschaft bestimmt. Unterweges gesellten sich<lb/> bereits mehrere Offiziers zu uns. Sie trugen die<lb/> gewöhnliche Uniform, dunkelblau mit roth, wozu<lb/> ein runder Hut mit kurzen Federn kam. Jndessen<lb/> nahmen sich die weiten Nankinpantalons bei den<lb/> enganschließenden Stiefeln nicht gerade zum besten<lb/> aus.</p><lb/> <p>Die Gegend war sehr gut angebaut; wir ka-<lb/> men bei mehreren Zuckerpflanzungen vorbei. Jn der<lb/> von Sta. Cruz ward Mittag gemacht. Hinter der-<lb/> selben fängt der Baumwollenstrich an. Abends um<lb/> sechs Uhr erreichten wir die Pflanzung <hi rendition="#g">Pindoba;</hi><lb/> deren Eigenthümer uns an der Thür empfing. Er<lb/> war im Schlafrock und Pantoffeln, und hatte bloß<lb/> Hemd und Unterhosen an — nach brasilianischer<lb/> Sitte ein Zeichen von Wohlhabenheit.</p><lb/> <cb type="end"/> </div> </body> </text> </TEI> [175/0008]
Panorama des Universums.
Hinten hängt das Haar in mehreren mit bunten
Bändern durchwirkten Flechten herab, die in Rosen
ausgehen. Bei vollem Putze werden diese Flechten
eben so leicht als künstlich aufgescheitelt, und mit
Perlen und Diamanten verziert. Von Puder weiß
man nichts; nur bejahrte Frauen machen Gebrauch
davon.
Die übrige Tracht ist völlig englisch; nur hier
und da wird noch ein Rest der brasilianischen be-
merkt. Dieß ist leichter, schwarzseidener Mantel,
der auf dem Rücken zusammengeht, und in eine
lange Schleppe herabfällt, die von einem Bedienten
getragen wird. Der häusliche Anzug ist äußerst
niedlich, Röcke und Leibchen sind von dem feinsten
Musselin.
Frauenzimmer von diesen Klassen pflegen selten
zu Fuß zu gehen. Jn der Regel bedienen sie sich
der sogenannten „ Cadeirinhas. “ Dieses sind
zierliche hinten ausgeschweifte, vorn mit einer Fuß-
lehne, oben mit einem Himmel, und rings herum
mit Vorhängen versehene Tragsessel. Die Vorhänge
werden nach Belieben aufgeschlagen oder zugezogen,
und sind meistens von karmosinrothem Taffet, reich
mit Goldfranzen besetzt.
Was die Männer anlangt, so scheinen sie im
Allgemeinen — auch hier die höheren Klassen allein
betrachtet — sehr wohl gebildet und unterrichtet zu
seyn. Die englische Tracht hat auch bei ihuen die
alte brasilianische verdrängt, nur selten wird man
noch einige Reste davon gewahr. Junge Männer,
die gern Guitarre spielen, lassen sich an einigen
Fingern der rechten Hand die Nägel wachsen; Jagd
und Spiel werden übrigens leidenschaftlich geliebt.
Die Umgebungen von Rio Janeiro endlich
sind sehr angenehm, und bieten mancherlei Spazier-
gänge dar. Schon die neuen Vorstädte mit ihren
Gärten und Grasplätzen sind sehr einladend, und
gewähren eine Art städtischen Landaufenthalt.
Eine Reise in Brasilien.
Jch verließ Pernambuco — sagt ein neuer
Reisender — in Gesellschaft eines Kapitan = Mor,
der seinen Distrikt zu bereisen Willens war. Wir
brachen mit dem schönsten Morgen auf, kamen bald
durch Olinda, und eilten endlich in die Landschaft
hinein. Man sieht viel Wald, viel Maniokfelder,
die man sogleich an ihrem dunkeln Grün erkennt,
und eine Menge Bauernhütten, malerisch zwischen
Baumgruppen verstreut.
Diese Hütten sind mit Cocosblättern bedeckt,
und haben ein hervorspringendes Wetterdach mit
einer Art Vorflur. Die Hangmatten, die Netze und
Kürbisflaschen, die an den Sparren hängen, der
braune Geselle, der sein Pferd sattelt, das kleine
Gärtchen mit den Jasminstauden, die Gitterfenster,
worauf die Trinkgefäße stehen, und hinter denen sich
ein schüchternes Mädchen verbirgt, — Alles sieht
echt brasiilianisch aus.
Bald ward indessen die Landschaft wilder, wir
fanden weder Häuser noch Anbau mehr, und hatten
auf beiden Seiten des Weges dichten Wald. Desto
angenehmer aber wurden wir überrascht, als wir
gegen Mittag die Zuckerpflanzung de los Paulistas
vor uns sahen.
Es ist ein ganz eigenes Gefühl, wenn man aus
dem schmalen, einengenden, düstern Waldweg auf
einmal in eine weite, freie, lichte Ebene tritt. Die
Luft, die vorher heiß und drückend war, wird nun
plötzlich frisch und kühlend. Man erblickt das lange
einstöckige Wohnhaus, mit seinem tief herabgehenden
Wetterdache, die Kapelle mit ihrem großen hölzer-
nen Kreuze, die Zuckermühle, die auf allen Seiten
offen, auf steinernen Pfeilern ruht; die Negerhütten,
die sich in einer langen Reihe hinziehen; die Woh-
nung des Kaplans mit seinem Garten, und den
hohen Mangobäumen dahinter, die Rindviehheerde
an einem Bache gelagert, endlich die Zucker = und
Maniokfelder selbst — alles auf einer ausgedehnten
Fläche zerstreut, und mit einem breiten Graben ein-
gefaßt.
Der Eigenthümer dieser Pflanzung war ein
naher Verwandter des Kapitan = Mor, und ein fast
achtzigjähriger Greis. Er konnte uns Krankheits-
halber nicht selbst empfangen; wir stiegen daher bei
seinem Sohne, dem Geistlichen ab, machten jedoch
der Frau von Hause sogleich einen Besuch.
Sie saß mit ihren beiden Töchtern in einem
großen Saale, von einer Menge Negerkinder um-
ringt. Diese tummelten sich mitten unter den Hun-
den, nach Herzenslust auf dem Boden herum, was
sämmtlichen Damen sehr viel Spaß zu machen
schien.
Die Mutter war siebenzig, die jüngste Tochter
fünfzig, der Bruder ein und sechzig Jahr alt. Er
sagte uns, nach dem Tode des letzten Familienglie-
des, sey allen ihren Negern — siebenzig zusammen,
die Freiheit bestimmt. Man habe sie aber auch
durch eine passende Erziehung, Erlernung von Hand-
werken u. s. w. dazu vorzubereiten gesucht.
Um fünf Uhr Abends setzten wir unsere Reise
weiter fort. Es war Ende Januars, also mitten
im brasilianischen Sommer, allein der Seewind
kühlte die Luft sehr angenehm ab. Wir kamen bei
mehreren Zuckerpflanzungen vorbei. Eine derselben,
Utringa de Baixo genannt, liegt in einem Kessel
mit waldigen Anhöhen umringt. Es führt ein ein-
ziger schmaler Fußsteig dahin; so scheint sie von
der ganzen Welt getrennt. Durch diese Waldungen
ging es nun bis zu der eigenen Besitzung des Ka-
pitan = Mor. Das Wohnhaus war groß, das Ge-
räthe ein Jahrhundert alt. Man trug eine Menge
Gerichte auf; alles ward nach brasilianischer Art,
ohne alle Ordnung, unter und über einander gesetzt.
Am andern Morgen brachen wir in aller Frühe
auf. Wir hatten eine starke Tagreise bis zu der
Baumwollenpflanzung Pindoba. Diese war näm-
lich zum Sammelplatze für die Musterung der Di-
striktsmannschaft bestimmt. Unterweges gesellten sich
bereits mehrere Offiziers zu uns. Sie trugen die
gewöhnliche Uniform, dunkelblau mit roth, wozu
ein runder Hut mit kurzen Federn kam. Jndessen
nahmen sich die weiten Nankinpantalons bei den
enganschließenden Stiefeln nicht gerade zum besten
aus.
Die Gegend war sehr gut angebaut; wir ka-
men bei mehreren Zuckerpflanzungen vorbei. Jn der
von Sta. Cruz ward Mittag gemacht. Hinter der-
selben fängt der Baumwollenstrich an. Abends um
sechs Uhr erreichten wir die Pflanzung Pindoba;
deren Eigenthümer uns an der Thür empfing. Er
war im Schlafrock und Pantoffeln, und hatte bloß
Hemd und Unterhosen an — nach brasilianischer
Sitte ein Zeichen von Wohlhabenheit.
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Susanne Haaf, Rahel Hartz, Nicole Postelt: Nachkorrektur und Vervollständigung der TEI/DTABf-Annotation
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