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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 3. Prag, 1834.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz]

[Abbildung]
Madonna des Rafael Sanzio von
Urbino.

Wie Mozart in der Musik, so glänzt der
jugendliche Rafael in der Malerei als größter
Meister aller Zeiten und Länder, wie als unerreichtes
Vorbild in seiner Kunst, und es wird gewiß unsern
Lesern nicht unangenehm seyn, durch eine Copie eines
seiner interessantesten Gemälde, *) an sein schönes
Wirken erinnert zu werden.

Rafael, der Sohn eines unbedeutenden Malers,
Giovanni Sanzio, wurde 1483 zu Urbino ge-
boren, und genoß den Unterricht seines Vaters, bis
er einst ohne dessen Beihilfe eine Madonna mit dem
Jesuskinde auf die Hofwand des väterlichen Hauses
malte, welche dem alten Sanzio deutlich bewies,
daß ihn der Geist seines Sohnes bereits überflügelt
hatte. Das Gemälde wurde sammt dem Stück Wand,
worauf es gemalt war, in ein Zimmer des Hauses
übertragen, wo es noch zu sehen ist, und Rafael
wurde ein Schüler Peruginos, den er bald erreichte,
[Spaltenumbruch] so daß die Arbeiten, welche der jugendliche Künstler
zwischen dem 15ten und 18ten Jahre vollendete, von
jenen seines Meisters nur schwer zu unterscheiden
waren.

Florenz mit seinen Künstlern und Kunstschätzen
belebte Rafaels Kunstsinn noch mehr, und, nachdem
er hier die vorzüglichsten Werke der Malerei seiner
großen Vorgänger studirt und freundschaftliche Ver-
bindungen mit den ersten Meistern in seiner Kunst
geschlossen hatte, malte er in Urbino ( wohin ihn
der Tod seiner Eltern zur Ordnung der Erbschafts-
angelegenheiten berief ) und in Perugia mehrere
Werke, die ihm bereits einen hohen Rang unter den
Malern seiner Zeit erwarben; doch erreichte er die
Höhe seiner Kunst erst bei einem zweiten Aufenthalt
in Florenz und machte vorzüglich durch Fra Bar-
tolomeo
große Fortschritte im Colorit.

Rafael hatte kaum das 25te Jahr erreicht,
als ihn Papst Julius II., welcher eben den Bau
der Peterskirche und die Verschönerung des Vaticani-
schen Pallastes beschlossen hatte, nach Rom berief.
Der heilige Vater empfing den jugendlichen Maler
mit ausgezeichneter Huld, die Künstler Roms mit
einer Achtung, die an Verehrung gränzte. Schon
seine ersten Arbeiten, die er hier ans Licht treten
ließ, entsprachen dem Geschmack des Papstes so sehr,
daß er die Frescogemälde anderer Künstler im Vatican
vernichten ließ, um Rafaels Pinsel einen größeren
Spielraum zu gewähren, welcher nach und nach eine
große Zahl von Meisterstücken vollendete, welche theils
viele Palläste Roms zu Kunsttempeln umgestaltet,
theils seinen Ruhm mit sich in alle Länder Europens
getragen haben. Der Papst, entzückt über sein künst-
lerisches Wirken, ernannte ihn zum Oberaufseher über
alle Verschönerungen des Vaticanischen Pallastes und
überhäufte ihn mit Ehrenbezeigungen. Außerdem
verfertigte Rafael die Zeichnungen zu mehreren
Kirchen und Pallästen in Rom und andern Städten
Jtaliens, und, auf Befehl Leo X., jene zu den welt-
berühmten Tapeten für eins der Zimmer im Vatican,
welche später alljährlich am Fronleichnamsfeste aus-
gestellt worden, leider aber in der neuern[unleserliches Material] Zeit zer-
streut wurden.

Wenn man die ungeheure Anzahl der Gemälde
betrachtet, welche von der Hand dieses Meisters her-
rühren, sollte man versucht werden, zu glauben, er
müsse ein hohes Alter erreicht haben, und doch raffte
der Tod diese Zierde der Malerkunst schon im 37ten
Jahre dahin. Rafaels letztes, nicht ganz von seiner
Hand vollendetes Werk "die Verklärung Christi" be-
findet sich im Vatican, und wird als das größte
Meisterstück christlicher Kunst anerkannt. Die Anord-
nung ist so edel, die Zeichnung so vollendet, der
Ausdruck so erhaben als ernst, in den Charakteren
herrscht die größte Mannigfaltigkeit, und selbst das
Colorit, so weit es von Rafael herrührt, übertrifft
alle seine frühern Werke. Das Haupt des Erlösers,
in welchem man den Verein all dieser Eigenschaften
am meisten bewundert, soll seine letzte Arbeit ge-
wesen seyn.

So groß Rafael als Künstler, so liebenswürdig
war er als Mensch, und seine Anspruchslosigkeit,
Herzlichkeit und die Schönheit seiner Gestalt gewannen
ihm alle Herzen, so daß vielleicht nie ein großer Mei-
ster von seinen Kunstgenossen weniger angefeindet
wurde, wozu auch der Umstand beigetragen haben
mag, daß er so hoch über ihnen stand, daß selbst der
Neid es nicht wagte, seine unsterblichen Werke anzu-
[Ende Spaltensatz]

*) Eine sehr gelungene Copie dieses Bildes von Karl van
Mander befindet sich in der königl. sächsischen Gemälde-
Gallerie zu Dresden, welche ebenfalls durch die berühmte
"Verklärung der heiligen Jungfrau" -- das schönste von
Rafaels Bildern in Deutschland -- geschmückt ist.
Panorama des Universums.
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[Abbildung]
Madonna des Rafael Sanzio von
Urbino.

Wie Mozart in der Musik, so glänzt der
jugendliche Rafael in der Malerei als größter
Meister aller Zeiten und Länder, wie als unerreichtes
Vorbild in seiner Kunst, und es wird gewiß unsern
Lesern nicht unangenehm seyn, durch eine Copie eines
seiner interessantesten Gemälde, *) an sein schönes
Wirken erinnert zu werden.

Rafael, der Sohn eines unbedeutenden Malers,
Giovanni Sanzio, wurde 1483 zu Urbino ge-
boren, und genoß den Unterricht seines Vaters, bis
er einst ohne dessen Beihilfe eine Madonna mit dem
Jesuskinde auf die Hofwand des väterlichen Hauses
malte, welche dem alten Sanzio deutlich bewies,
daß ihn der Geist seines Sohnes bereits überflügelt
hatte. Das Gemälde wurde sammt dem Stück Wand,
worauf es gemalt war, in ein Zimmer des Hauses
übertragen, wo es noch zu sehen ist, und Rafael
wurde ein Schüler Peruginos, den er bald erreichte,
[Spaltenumbruch] so daß die Arbeiten, welche der jugendliche Künstler
zwischen dem 15ten und 18ten Jahre vollendete, von
jenen seines Meisters nur schwer zu unterscheiden
waren.

Florenz mit seinen Künstlern und Kunstschätzen
belebte Rafaels Kunstsinn noch mehr, und, nachdem
er hier die vorzüglichsten Werke der Malerei seiner
großen Vorgänger studirt und freundschaftliche Ver-
bindungen mit den ersten Meistern in seiner Kunst
geschlossen hatte, malte er in Urbino ( wohin ihn
der Tod seiner Eltern zur Ordnung der Erbschafts-
angelegenheiten berief ) und in Perugia mehrere
Werke, die ihm bereits einen hohen Rang unter den
Malern seiner Zeit erwarben; doch erreichte er die
Höhe seiner Kunst erst bei einem zweiten Aufenthalt
in Florenz und machte vorzüglich durch Fra Bar-
tolomeo
große Fortschritte im Colorit.

Rafael hatte kaum das 25te Jahr erreicht,
als ihn Papst Julius II., welcher eben den Bau
der Peterskirche und die Verschönerung des Vaticani-
schen Pallastes beschlossen hatte, nach Rom berief.
Der heilige Vater empfing den jugendlichen Maler
mit ausgezeichneter Huld, die Künstler Roms mit
einer Achtung, die an Verehrung gränzte. Schon
seine ersten Arbeiten, die er hier ans Licht treten
ließ, entsprachen dem Geschmack des Papstes so sehr,
daß er die Frescogemälde anderer Künstler im Vatican
vernichten ließ, um Rafaels Pinsel einen größeren
Spielraum zu gewähren, welcher nach und nach eine
große Zahl von Meisterstücken vollendete, welche theils
viele Palläste Roms zu Kunsttempeln umgestaltet,
theils seinen Ruhm mit sich in alle Länder Europens
getragen haben. Der Papst, entzückt über sein künst-
lerisches Wirken, ernannte ihn zum Oberaufseher über
alle Verschönerungen des Vaticanischen Pallastes und
überhäufte ihn mit Ehrenbezeigungen. Außerdem
verfertigte Rafael die Zeichnungen zu mehreren
Kirchen und Pallästen in Rom und andern Städten
Jtaliens, und, auf Befehl Leo X., jene zu den welt-
berühmten Tapeten für eins der Zimmer im Vatican,
welche später alljährlich am Fronleichnamsfeste aus-
gestellt worden, leider aber in der neuern[unleserliches Material] Zeit zer-
streut wurden.

Wenn man die ungeheure Anzahl der Gemälde
betrachtet, welche von der Hand dieses Meisters her-
rühren, sollte man versucht werden, zu glauben, er
müsse ein hohes Alter erreicht haben, und doch raffte
der Tod diese Zierde der Malerkunst schon im 37ten
Jahre dahin. Rafaels letztes, nicht ganz von seiner
Hand vollendetes Werk „die Verklärung Christi“ be-
findet sich im Vatican, und wird als das größte
Meisterstück christlicher Kunst anerkannt. Die Anord-
nung ist so edel, die Zeichnung so vollendet, der
Ausdruck so erhaben als ernst, in den Charakteren
herrscht die größte Mannigfaltigkeit, und selbst das
Colorit, so weit es von Rafael herrührt, übertrifft
alle seine frühern Werke. Das Haupt des Erlösers,
in welchem man den Verein all dieser Eigenschaften
am meisten bewundert, soll seine letzte Arbeit ge-
wesen seyn.

So groß Rafael als Künstler, so liebenswürdig
war er als Mensch, und seine Anspruchslosigkeit,
Herzlichkeit und die Schönheit seiner Gestalt gewannen
ihm alle Herzen, so daß vielleicht nie ein großer Mei-
ster von seinen Kunstgenossen weniger angefeindet
wurde, wozu auch der Umstand beigetragen haben
mag, daß er so hoch über ihnen stand, daß selbst der
Neid es nicht wagte, seine unsterblichen Werke anzu-
[Ende Spaltensatz]

*) Eine sehr gelungene Copie dieses Bildes von Karl van
Mander befindet sich in der königl. sächsischen Gemälde-
Gallerie zu Dresden, welche ebenfalls durch die berühmte
„Verklärung der heiligen Jungfrau“ — das schönste von
Rafaels Bildern in Deutschland — geschmückt ist.
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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 3. Prag, 1834, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama03_1834/4>, abgerufen am 21.11.2024.