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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 3. Prag, 1834.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] Drüsen herkommt, doch ohne Anzeichen von Wasser-
sucht. Trotz seiner Unterleibsleiden ging er sehr
leicht und schnell von einer Quelle zur andern, und
trank des Morgens 30 und Abends 10 Becher. Der
Unterleib blieb in beiden Jahren unverändert, doch
besserte sich sein gelber Teint sowohl, als seine Kräfte,
Appetit und Schlaf zunahmen.

Ein Kranker des Hrn. Dr. de Carro, welcher
täglich 20 bis 22 Becher ( immer zwei nacheinander )
trank, versicherte seinem Arzte, wenn er ihm noch
mehr zu trinken auftrüge, er würde sich gern dem
Ausspruche fügen, und wisse selbst nicht, wie weit er
es bringen könnte. Dr. de Carro nahm mit dem
guten Willen vorlieb, und die große Wassermenge
schadete dem Appetit des Kranken nicht, der oft des
Abends noch ein paar Becher -- außer den 22 des
Morgens -- zu sich nahm.



Thierische Klugheit.

Jn den unermeßlichen Wäldern Nordamerikas
wird von den Jndianern das Musethier ( der amerika-
nische Hirsch ) mit solcher rastlosen Ausdauer gejagt,
daß es alle Kraft des Jnstinkts anwendet, um seine
Existenz zu wahren. Tauner, ein Weißer, der dreißig
Jahre in den Forsten lebte, beschreibt die außerordent-
liche Wachsamkeit des Musethiers folgendermaßen:
Wenn während des heftigsten Sturmes, im unaufhörli-
chem Getöse des Windes, des Donners und der stürzen-
den Baumstämme, ein Mann, entweder mit der Hand
oder mit dem Fuße nur den allerschwächsten dürren
Zweig des Waldes bricht, das Musethier wird es
hören; und obgleich es nicht gerade immer in Bewe-
gung ist, so hört es doch auf zu fressen und richtet
seine Aufmerksamkeit auf jedes Geräusch. Wenn nach
Verlauf von ungefähr einer Stunde der Mann weder
durch eine Bewegung noch sonst durch Lärm sich kund
gibt, so fängt das Thier gewöhnlich wieder an zu
fressen, vergißt aber nicht was es gehört hat und ist
auf mehrere Stunden lang wachsamer als früher.



Einfluß des Himmelstrich's auf die
Sterblichkeit
.

Nach den Berechnungen des gelehrten Staats-
kenners Moreau de Jonne's stirbt jährlich Eine
Person in Jtalien, Griechenland und der Türkei auf
30 -- in den Niederlanden, Frankreich und Preußen
auf 39 -- in Oesterreich, der Schweiz, Portugal
und Spanien auf 40 -- im europäischen Rußland
und Pohlen auf 44 -- in den kleinern deutschen
Staaten, Dänemark und Schweden auf 45 -- in
Norwegen auf 48 -- in Jsland auf 53 -- in Eng-
land auf 58 -- in Schottland und Jrland auf 59.

Diese Uebersicht bestätigt die alte Ansicht, daß
ein kalter, selbst strenger Himmelstrich im Allgemeinen
die Lebensdauer der Menschen begünstigt, sie zeigt
aber noch deutlicher den wohlthätigen Einfluß, wel-
chen die Nachbarschaft des Meeres -- selbst wo eine
minder strenge Kälte herrscht -- auf die Verlängerung
des Lebens ausübt. Die geringste Sterblichkeit findet
sich auf den Jnseln, und nach diesen in den Ländern,
welche am nördlichsten gelegen sind. Die südlichen
Länder, deren natürliche Beschaffenheit dem Gedeihen
des menschlichen Geschlechtes so vortheilhaft scheint,
sind im Gegentheile diejenigen, wo das Leben den
[Spaltenumbruch] meisten Gefahren ausgesetzt ist, und so bietet Jtalien
im Verhältniß zweimal so viel Todesfälle dar, als
Schottland und Jrland.



Wiesen und Gärten auf Dächern.

Jn Schweden ist es nichts Seltenes auf dem
Lande und selbst in kleinen Städten, niedrige Häuser
zu finden, deren Dach, mit Gras bewachsen, einer
Ziege zum Unterhalt dient. Jn Norwegen pflanzt
man sogar Bäume auf den Rasenplatz, welcher das
Dach bildet, so, daß ein Dorf, aus der Ferne an-
gesehen, ziemlich einem kleinen Walde gleicht. Auch
Küchengärten sieht man dort häufig oberhalb der
Häuser.



Wölfe in Ostindien.

Jn der Stadt Agra und deren Umgebungen sind
in den letzten 4 Jahren mehr als 1000 Kinder von den
Wölfen zerrissen und verzehrt worden. Zwar hat die
Regierung einen Preis auf die Einlieferung jedes Wolfs
gesetzt; aber ein alter eingewurzelter Aberglaube ver-
nichtet die Wohlthat dieser Anordnung. Der Jndier
glaubt nämlich, jedes Dorf oder Stadt, wo das Blut
eines Wolfes vergossen wird, müsse aussterben, und
die Geister der aufgefressenen Kinder würden denjenigen
verfolgen, der einen Wolf zu tödten wagte. Diese
ungereimte Einbildung hat sich in manchen Theilen
Ostindiens so festgesetzt, daß die Bewohner, wenn
sie einen Wolf fangen, sich damit begnügen, ihm eine
Glocke an den Hals zu hängen, damit das Läuten bei
seiner Annäherung die bedrohten Menschen warne.



Die eiserne Jungfrau.

Man hat von vielen ähnlichen Mordmaschinen
im Mittelalter gelefen, aber die Geschichte der alten
Völker zeigt uns, daß schon die Griechen eine solche
Maschine besessen hatten. Es wird erzählt, daß der
Tyrann Nabis während seiner 14jährigen gewalt-
thätigen Herrschaft über die Lacedämonier sich einer
solchen eisernen Dame als Foltermaschine bedient habe.
"Mit einer seiner Torturen" heißt es, "verband Nabis
zugleich Spott und Schmerz in einer Folter, die nur
er zu erfinden fähig war."

Er ließ eine Figur verfertigen, die seiner Gemah-
lin, Apega, vollkommen ähnlich war.

Diese stellte er in seinem Audienzsaale auf.
Wenn er einige Bürger vorfordern ließ, um Geld
von ihnen zu erpressen, so machte er den Anfang damit,
ihnen die dringende Verlegenheit des Staats vorzustel-
len, um sie dadurch zu veranlassen, sich von selbst zu
Beiträgen zu erbieten.

Dann zeigte er ihnen die Figur seiner Gemahlin
-- die mit ausgebreiteten Armen da stand -- und
sagte: " Apega! bitte sie inständig, sich des allgemeinen
Wohls anzunehmen." -- Wenn sie dann noch widerstan-
den, so mußten sie sich der Figur nähern, und ihr
Gesicht wurde gegen ihren Busen gedrückt, der mit
spitzen, eisernen unter ihren Kleidern verborgenen
Stacheln besetzt war. Dann schloß die nachgemachte
Apega, vermittelst einiger Springfedern, ihre Arme,
und drückte das Gesicht des Bürgers so lange, bis er
versprochen hatte, Alles herzugeben.



[Ende Spaltensatz]

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz] Drüsen herkommt, doch ohne Anzeichen von Wasser-
sucht. Trotz seiner Unterleibsleiden ging er sehr
leicht und schnell von einer Quelle zur andern, und
trank des Morgens 30 und Abends 10 Becher. Der
Unterleib blieb in beiden Jahren unverändert, doch
besserte sich sein gelber Teint sowohl, als seine Kräfte,
Appetit und Schlaf zunahmen.

Ein Kranker des Hrn. Dr. de Carro, welcher
täglich 20 bis 22 Becher ( immer zwei nacheinander )
trank, versicherte seinem Arzte, wenn er ihm noch
mehr zu trinken auftrüge, er würde sich gern dem
Ausspruche fügen, und wisse selbst nicht, wie weit er
es bringen könnte. Dr. de Carro nahm mit dem
guten Willen vorlieb, und die große Wassermenge
schadete dem Appetit des Kranken nicht, der oft des
Abends noch ein paar Becher — außer den 22 des
Morgens — zu sich nahm.



Thierische Klugheit.

Jn den unermeßlichen Wäldern Nordamerikas
wird von den Jndianern das Musethier ( der amerika-
nische Hirsch ) mit solcher rastlosen Ausdauer gejagt,
daß es alle Kraft des Jnstinkts anwendet, um seine
Existenz zu wahren. Tauner, ein Weißer, der dreißig
Jahre in den Forsten lebte, beschreibt die außerordent-
liche Wachsamkeit des Musethiers folgendermaßen:
Wenn während des heftigsten Sturmes, im unaufhörli-
chem Getöse des Windes, des Donners und der stürzen-
den Baumstämme, ein Mann, entweder mit der Hand
oder mit dem Fuße nur den allerschwächsten dürren
Zweig des Waldes bricht, das Musethier wird es
hören; und obgleich es nicht gerade immer in Bewe-
gung ist, so hört es doch auf zu fressen und richtet
seine Aufmerksamkeit auf jedes Geräusch. Wenn nach
Verlauf von ungefähr einer Stunde der Mann weder
durch eine Bewegung noch sonst durch Lärm sich kund
gibt, so fängt das Thier gewöhnlich wieder an zu
fressen, vergißt aber nicht was es gehört hat und ist
auf mehrere Stunden lang wachsamer als früher.



Einfluß des Himmelstrich's auf die
Sterblichkeit
.

Nach den Berechnungen des gelehrten Staats-
kenners Moreau de Jonne's stirbt jährlich Eine
Person in Jtalien, Griechenland und der Türkei auf
30 — in den Niederlanden, Frankreich und Preußen
auf 39 — in Oesterreich, der Schweiz, Portugal
und Spanien auf 40 — im europäischen Rußland
und Pohlen auf 44 — in den kleinern deutschen
Staaten, Dänemark und Schweden auf 45 — in
Norwegen auf 48 — in Jsland auf 53 — in Eng-
land auf 58 — in Schottland und Jrland auf 59.

Diese Uebersicht bestätigt die alte Ansicht, daß
ein kalter, selbst strenger Himmelstrich im Allgemeinen
die Lebensdauer der Menschen begünstigt, sie zeigt
aber noch deutlicher den wohlthätigen Einfluß, wel-
chen die Nachbarschaft des Meeres — selbst wo eine
minder strenge Kälte herrscht — auf die Verlängerung
des Lebens ausübt. Die geringste Sterblichkeit findet
sich auf den Jnseln, und nach diesen in den Ländern,
welche am nördlichsten gelegen sind. Die südlichen
Länder, deren natürliche Beschaffenheit dem Gedeihen
des menschlichen Geschlechtes so vortheilhaft scheint,
sind im Gegentheile diejenigen, wo das Leben den
[Spaltenumbruch] meisten Gefahren ausgesetzt ist, und so bietet Jtalien
im Verhältniß zweimal so viel Todesfälle dar, als
Schottland und Jrland.



Wiesen und Gärten auf Dächern.

Jn Schweden ist es nichts Seltenes auf dem
Lande und selbst in kleinen Städten, niedrige Häuser
zu finden, deren Dach, mit Gras bewachsen, einer
Ziege zum Unterhalt dient. Jn Norwegen pflanzt
man sogar Bäume auf den Rasenplatz, welcher das
Dach bildet, so, daß ein Dorf, aus der Ferne an-
gesehen, ziemlich einem kleinen Walde gleicht. Auch
Küchengärten sieht man dort häufig oberhalb der
Häuser.



Wölfe in Ostindien.

Jn der Stadt Agra und deren Umgebungen sind
in den letzten 4 Jahren mehr als 1000 Kinder von den
Wölfen zerrissen und verzehrt worden. Zwar hat die
Regierung einen Preis auf die Einlieferung jedes Wolfs
gesetzt; aber ein alter eingewurzelter Aberglaube ver-
nichtet die Wohlthat dieser Anordnung. Der Jndier
glaubt nämlich, jedes Dorf oder Stadt, wo das Blut
eines Wolfes vergossen wird, müsse aussterben, und
die Geister der aufgefressenen Kinder würden denjenigen
verfolgen, der einen Wolf zu tödten wagte. Diese
ungereimte Einbildung hat sich in manchen Theilen
Ostindiens so festgesetzt, daß die Bewohner, wenn
sie einen Wolf fangen, sich damit begnügen, ihm eine
Glocke an den Hals zu hängen, damit das Läuten bei
seiner Annäherung die bedrohten Menschen warne.



Die eiserne Jungfrau.

Man hat von vielen ähnlichen Mordmaschinen
im Mittelalter gelefen, aber die Geschichte der alten
Völker zeigt uns, daß schon die Griechen eine solche
Maschine besessen hatten. Es wird erzählt, daß der
Tyrann Nabis während seiner 14jährigen gewalt-
thätigen Herrschaft über die Lacedämonier sich einer
solchen eisernen Dame als Foltermaschine bedient habe.
„Mit einer seiner Torturen“ heißt es, „verband Nabis
zugleich Spott und Schmerz in einer Folter, die nur
er zu erfinden fähig war.“

Er ließ eine Figur verfertigen, die seiner Gemah-
lin, Apega, vollkommen ähnlich war.

Diese stellte er in seinem Audienzsaale auf.
Wenn er einige Bürger vorfordern ließ, um Geld
von ihnen zu erpressen, so machte er den Anfang damit,
ihnen die dringende Verlegenheit des Staats vorzustel-
len, um sie dadurch zu veranlassen, sich von selbst zu
Beiträgen zu erbieten.

Dann zeigte er ihnen die Figur seiner Gemahlin
— die mit ausgebreiteten Armen da stand — und
sagte: „ Apega! bitte sie inständig, sich des allgemeinen
Wohls anzunehmen.“ — Wenn sie dann noch widerstan-
den, so mußten sie sich der Figur nähern, und ihr
Gesicht wurde gegen ihren Busen gedrückt, der mit
spitzen, eisernen unter ihren Kleidern verborgenen
Stacheln besetzt war. Dann schloß die nachgemachte
Apega, vermittelst einiger Springfedern, ihre Arme,
und drückte das Gesicht des Bürgers so lange, bis er
versprochen hatte, Alles herzugeben.



[Ende Spaltensatz]
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Wenn nach Verlauf von ungefähr einer Stunde der Mann weder durch eine Bewegung noch sonst durch Lärm sich kund gibt, so fängt das Thier gewöhnlich wieder an zu fressen, vergißt aber nicht was es gehört hat und ist auf mehrere Stunden lang wachsamer als früher. Einfluß des Himmelstrich's auf die Sterblichkeit. Nach den Berechnungen des gelehrten Staats- kenners Moreau de Jonne's stirbt jährlich Eine Person in Jtalien, Griechenland und der Türkei auf 30 — in den Niederlanden, Frankreich und Preußen auf 39 — in Oesterreich, der Schweiz, Portugal und Spanien auf 40 — im europäischen Rußland und Pohlen auf 44 — in den kleinern deutschen Staaten, Dänemark und Schweden auf 45 — in Norwegen auf 48 — in Jsland auf 53 — in Eng- land auf 58 — in Schottland und Jrland auf 59. Diese Uebersicht bestätigt die alte Ansicht, daß ein kalter, selbst strenger Himmelstrich im Allgemeinen die Lebensdauer der Menschen begünstigt, sie zeigt aber noch deutlicher den wohlthätigen Einfluß, wel- chen die Nachbarschaft des Meeres — selbst wo eine minder strenge Kälte herrscht — auf die Verlängerung des Lebens ausübt. Die geringste Sterblichkeit findet sich auf den Jnseln, und nach diesen in den Ländern, welche am nördlichsten gelegen sind. Die südlichen Länder, deren natürliche Beschaffenheit dem Gedeihen des menschlichen Geschlechtes so vortheilhaft scheint, sind im Gegentheile diejenigen, wo das Leben den meisten Gefahren ausgesetzt ist, und so bietet Jtalien im Verhältniß zweimal so viel Todesfälle dar, als Schottland und Jrland. Wiesen und Gärten auf Dächern. Jn Schweden ist es nichts Seltenes auf dem Lande und selbst in kleinen Städten, niedrige Häuser zu finden, deren Dach, mit Gras bewachsen, einer Ziege zum Unterhalt dient. 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Diese ungereimte Einbildung hat sich in manchen Theilen Ostindiens so festgesetzt, daß die Bewohner, wenn sie einen Wolf fangen, sich damit begnügen, ihm eine Glocke an den Hals zu hängen, damit das Läuten bei seiner Annäherung die bedrohten Menschen warne. Die eiserne Jungfrau. Man hat von vielen ähnlichen Mordmaschinen im Mittelalter gelefen, aber die Geschichte der alten Völker zeigt uns, daß schon die Griechen eine solche Maschine besessen hatten. Es wird erzählt, daß der Tyrann Nabis während seiner 14jährigen gewalt- thätigen Herrschaft über die Lacedämonier sich einer solchen eisernen Dame als Foltermaschine bedient habe. „Mit einer seiner Torturen“ heißt es, „verband Nabis zugleich Spott und Schmerz in einer Folter, die nur er zu erfinden fähig war.“ Er ließ eine Figur verfertigen, die seiner Gemah- lin, Apega, vollkommen ähnlich war. Diese stellte er in seinem Audienzsaale auf. 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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 3. Prag, 1834, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama03_1834/3>, abgerufen am 09.06.2024.