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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 2. Prag, 1835.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz]
Der Maskenball in Madrid.

Das Amphitheater, welches der König von
Spanien 1767 anlegte, ist ein großes ovales Ge-
bäude, in welchem alle Woche, so lange der Fa-
sching dauert, zweimal öffentliche Bälle gegeben
werden. Die Gallerien von drei Reihen Logen
übereinander, können wohl 5 -- 6000 Menschen
fassen und auf dem eigentlichen Tanzplatz bewegen
sich über 300 Paar auf einmal zusammen, ohne
einander zu belästigen. Für anderthalb Thaler kann
Jeder an diesem allgemeinen Vergnügen Theil neh-
men, nur darf er nicht unanständig, aber auch nicht
zu prächtig und reich gekleidet erscheinen. Gold und
Silber anzulegen, ist nicht erlaubt, und die Damen
dürfen nur einen Ring am Finger, sonst aber keine
Art von Juwelen tragen. Alles duzt sich, der Un-
terschied der Stände, scheint aufgehoben, wenigstens
darf er nicht geltend gemacht werden.

Um 9 Uhr Abends fängt der Tanz an, und
endet Früh Punkt 6, ohne auch nur eine Minute
langen Stillstand; denn vier Tanzmeister und 40
Musikanten wechseln beständig mit einander ab, und
an Tanzlustigen fehlt es unter 6 -- 7000 müßigen
Frohsinnigen nie. Um Ordnung und Sittlichkeit zu
erhalten, ist ein kleines Buch: " Bayle de Masca-
ras
" gedruckt, welches alle, im Amphitheater zu
beobachtende Regeln enthält. Wer demungeachtet
dagegen sündigt, wird in ein besonderes, dazu ein-
gerichtetes Zimmer gesperrt, und bleibt dann für
diese Nacht unter Aufsicht der Garde. An den vier
Ecken dieses großen Saals, führen breite Treppen
nach den Logen, oder auch in große Zimmer, wo
alle nur mögliche Erfrischungen von dunkelbraun
gekleideten Aufwärtern aufs geschwindeste, und um
die billigsten Preise kredenzt werden. Der Profit
von dem, was die Masken verzehren, reicht jedes-
mal zu, die Unkosten des Balls zu bestreiten; denn
das Eintrittsgeld verwendet man, zweckmäßig genug,
auf die Erhaltung und Ausbesserung der Spazier-
gänge um die Stadt.

Der gewöhnliche Lieblingstanz ist auch hier,
wie in Spanien überhaupt, meist der Fandango,
welchen oft 6 -- 700 Personen mit einander tan-
zen. So bald man nur Miene dazu macht, eilt
Alles aus den Logen herbei, und sucht Theil daran
zu nehmen, oder sieht wenigstens, wenn es zu spät
kömmt, mit dem wärmsten Enthusiasmus zu,
schnippt, klatscht und winkt den Tänzern seinen
herzlichen Beifall.     H.



Das selbstspielende Fortepiano.

Der Fabrikant musikalischer Jnstrumente zu Lon-
don Thomas Hall Rolfe hat ein Jnstrument
erfunden, und ein Patent darauf erhalten, welches
er selbst spielendes Fortepiano nennt ( selfacting
Pianoforte
) und dessen Patentbeschreibung einen
ganzen Band anfüllt, ohne dennoch ganz verständlich
zu seyn. Nach einer beurtheilenden Notiz im: " Lon-
don Journal of Arts
" ist dieses sogenannte selbst-
spielende Fortepiano nichts weiter, als eine große
Drehorgel, d. h. ein Jnstrument, dessen Tasten durch
eine kreisende Trommel in Bewegung gesetzt werden,
indem in dem Umfange dieser Trommel Drathstifte
angebracht sind, welche beim Umtreiben derselben
auf die Tasten wirken, und die Hämmer zum An-
schlagen an die Saiten veranlassen. Der Patent-
träger glaubt durch seine Erfindung die vorzüglich-
[Spaltenumbruch] sten Fehler und Unvollkommenheiten der bisherigen
selbstspielenden Pianoforte's zu beseitigen, und diese
Fehler sind: die Schwierigkeit der Verschiebung der
Trommel zum Behufe der Abänderung der Töne;
die Schwierigkeit der Abstufung der Töne vom Piano
zum Forte, und endlich das Eintönige, das noth-
wendig aus der plötzlichen Wirkung der Dämpfer
erfolgt. Seine Erfindungen lassen sich daher haupt-
sächlich unter diese drei Punkte bringen, und betreffen:
1 ) eine einfache und bequeme Methode, die Trom-
mel seitwärts zu verschieben, um neue Drathstifte in
Thätigkeit zu bringen; 2 ) eine verbesserte Methode,
die Töne des Forte und des Piano durch eine Hilfs-
trommel und Aushilfshebel hervorzubringen, und end-
lich 3 ) in der Anbringung einer dritten Reihe von
Dämpfern an dem selbstthätigen Theile des Jnstru-
ments, welche Dämpfer mit den übrigen Dämpfern
nicht in Verbindung stehen.



Geistesgegenwart.

Ein Bauer aus dem Dorfe Olyn bei Kalu-
ßy
in Galizien, kehrte von einem benachbarten Dorfe
zurück. Sein Weg führt ihn in halbstündiger Ent-
fernung von einem großen Walde vorbei. Auf ein-
mal steht er aus demselben mit großem Geschrei
einen Schwarm wilder Thiere auf sich zukommen.
Er erblickt ein Heuschober oder eine sogenannte Trift
( wie man sie nach polnischer Sitte auf freiem Felde
stehen läßt ) klettert hinauf und erreicht glücklich den
Gipfel. Auf einmal flüchtet sich ein Bär von wil-
den Schweinen gejagt, zum nämlichen Heuschober,
den diese mit schrecklichen Geschrei umzingelten. Auch
der Bär klimmt hinan und wirft zugleich ein Bün-
del Heu nach dem andern hinab, den die Schweine
zerzausen. Endlich, immer höher kletternd, nähert er
sich dem Bauer, der mit raschem Entschlnß auf den
Bären stürzt, und ihn rücklings herabwirft, welcher
dann vor Schrecken wieder dem Walde zuflieht, mit
fürchterlichem Geschrei von den wilden Schweinen
verfolgt. Aber der Bauer -- war gerettet.



Gebräuche in Mexiko.

Jn Mexiko ist das Tabakrauchen bei den Da-
men allgemein in Gebrauch; sie nehmen ein golde-
nes Büchschen aus dem Busen, bieten erst dem Gaste
eine Papiercigarre, und zünden dann die ihre an,
und lassen sich solche gut schmecken. Ein anderer,
der europäischen Sitte abweichender Gebrauch ist die
Stellung der Stühle in den Empfangs = und Gesell-
schaftszimmern. Sie stehen alle an der Wand, die
Stuhl an Stuhl besetzt ist, und werden nicht herbei-
gezogen, um die Unterhaltung vertraulicher zu ma-
chen, sondern ein jeder setzt sich dahin, wo der Stuhl
stehet, mithin an die Wand, wodurch denn die Spre-
cher oft sehr weit auseinander kommen, und die
Conversation schwerfällig gemacht wird. Noch auf-
fallender für einen Europäer ist die Nothwendigkeit,
der gemäß der Kettenhund auf dem Dache seinen
Stand hat, und dort Haus und Hof treu bewacht.
Dieß geschieht nämlich um der flachen Dächer
willen, welche das Uebersteigen von einem Hause
ins andere, und somit das Berauben von oben
herab
sehr leicht machen, während man von un-
ten
her, wo der Eingang wohl verwahrt ist, und
der Pförtner diesen bewacht, nichts befürchtet.

    J. J. P.



[Ende Spaltensatz]
Panorama des Universums.
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Der Maskenball in Madrid.

Das Amphitheater, welches der König von
Spanien 1767 anlegte, ist ein großes ovales Ge-
bäude, in welchem alle Woche, so lange der Fa-
sching dauert, zweimal öffentliche Bälle gegeben
werden. Die Gallerien von drei Reihen Logen
übereinander, können wohl 5 — 6000 Menschen
fassen und auf dem eigentlichen Tanzplatz bewegen
sich über 300 Paar auf einmal zusammen, ohne
einander zu belästigen. Für anderthalb Thaler kann
Jeder an diesem allgemeinen Vergnügen Theil neh-
men, nur darf er nicht unanständig, aber auch nicht
zu prächtig und reich gekleidet erscheinen. Gold und
Silber anzulegen, ist nicht erlaubt, und die Damen
dürfen nur einen Ring am Finger, sonst aber keine
Art von Juwelen tragen. Alles duzt sich, der Un-
terschied der Stände, scheint aufgehoben, wenigstens
darf er nicht geltend gemacht werden.

Um 9 Uhr Abends fängt der Tanz an, und
endet Früh Punkt 6, ohne auch nur eine Minute
langen Stillstand; denn vier Tanzmeister und 40
Musikanten wechseln beständig mit einander ab, und
an Tanzlustigen fehlt es unter 6 — 7000 müßigen
Frohsinnigen nie. Um Ordnung und Sittlichkeit zu
erhalten, ist ein kleines Buch: „ Bayle de Masca-
ras
“ gedruckt, welches alle, im Amphitheater zu
beobachtende Regeln enthält. Wer demungeachtet
dagegen sündigt, wird in ein besonderes, dazu ein-
gerichtetes Zimmer gesperrt, und bleibt dann für
diese Nacht unter Aufsicht der Garde. An den vier
Ecken dieses großen Saals, führen breite Treppen
nach den Logen, oder auch in große Zimmer, wo
alle nur mögliche Erfrischungen von dunkelbraun
gekleideten Aufwärtern aufs geschwindeste, und um
die billigsten Preise kredenzt werden. Der Profit
von dem, was die Masken verzehren, reicht jedes-
mal zu, die Unkosten des Balls zu bestreiten; denn
das Eintrittsgeld verwendet man, zweckmäßig genug,
auf die Erhaltung und Ausbesserung der Spazier-
gänge um die Stadt.

Der gewöhnliche Lieblingstanz ist auch hier,
wie in Spanien überhaupt, meist der Fandango,
welchen oft 6 — 700 Personen mit einander tan-
zen. So bald man nur Miene dazu macht, eilt
Alles aus den Logen herbei, und sucht Theil daran
zu nehmen, oder sieht wenigstens, wenn es zu spät
kömmt, mit dem wärmsten Enthusiasmus zu,
schnippt, klatscht und winkt den Tänzern seinen
herzlichen Beifall.     H.



Das selbstspielende Fortepiano.

Der Fabrikant musikalischer Jnstrumente zu Lon-
don Thomas Hall Rolfe hat ein Jnstrument
erfunden, und ein Patent darauf erhalten, welches
er selbst spielendes Fortepiano nennt ( selfacting
Pianoforte
) und dessen Patentbeschreibung einen
ganzen Band anfüllt, ohne dennoch ganz verständlich
zu seyn. Nach einer beurtheilenden Notiz im: „ Lon-
don Journal of Arts
“ ist dieses sogenannte selbst-
spielende Fortepiano nichts weiter, als eine große
Drehorgel, d. h. ein Jnstrument, dessen Tasten durch
eine kreisende Trommel in Bewegung gesetzt werden,
indem in dem Umfange dieser Trommel Drathstifte
angebracht sind, welche beim Umtreiben derselben
auf die Tasten wirken, und die Hämmer zum An-
schlagen an die Saiten veranlassen. Der Patent-
träger glaubt durch seine Erfindung die vorzüglich-
[Spaltenumbruch] sten Fehler und Unvollkommenheiten der bisherigen
selbstspielenden Pianoforte's zu beseitigen, und diese
Fehler sind: die Schwierigkeit der Verschiebung der
Trommel zum Behufe der Abänderung der Töne;
die Schwierigkeit der Abstufung der Töne vom Piano
zum Forte, und endlich das Eintönige, das noth-
wendig aus der plötzlichen Wirkung der Dämpfer
erfolgt. Seine Erfindungen lassen sich daher haupt-
sächlich unter diese drei Punkte bringen, und betreffen:
1 ) eine einfache und bequeme Methode, die Trom-
mel seitwärts zu verschieben, um neue Drathstifte in
Thätigkeit zu bringen; 2 ) eine verbesserte Methode,
die Töne des Forte und des Piano durch eine Hilfs-
trommel und Aushilfshebel hervorzubringen, und end-
lich 3 ) in der Anbringung einer dritten Reihe von
Dämpfern an dem selbstthätigen Theile des Jnstru-
ments, welche Dämpfer mit den übrigen Dämpfern
nicht in Verbindung stehen.



Geistesgegenwart.

Ein Bauer aus dem Dorfe Olyn bei Kalu-
ßy
in Galizien, kehrte von einem benachbarten Dorfe
zurück. Sein Weg führt ihn in halbstündiger Ent-
fernung von einem großen Walde vorbei. Auf ein-
mal steht er aus demselben mit großem Geschrei
einen Schwarm wilder Thiere auf sich zukommen.
Er erblickt ein Heuschober oder eine sogenannte Trift
( wie man sie nach polnischer Sitte auf freiem Felde
stehen läßt ) klettert hinauf und erreicht glücklich den
Gipfel. Auf einmal flüchtet sich ein Bär von wil-
den Schweinen gejagt, zum nämlichen Heuschober,
den diese mit schrecklichen Geschrei umzingelten. Auch
der Bär klimmt hinan und wirft zugleich ein Bün-
del Heu nach dem andern hinab, den die Schweine
zerzausen. Endlich, immer höher kletternd, nähert er
sich dem Bauer, der mit raschem Entschlnß auf den
Bären stürzt, und ihn rücklings herabwirft, welcher
dann vor Schrecken wieder dem Walde zuflieht, mit
fürchterlichem Geschrei von den wilden Schweinen
verfolgt. Aber der Bauer — war gerettet.



Gebräuche in Mexiko.

Jn Mexiko ist das Tabakrauchen bei den Da-
men allgemein in Gebrauch; sie nehmen ein golde-
nes Büchschen aus dem Busen, bieten erst dem Gaste
eine Papiercigarre, und zünden dann die ihre an,
und lassen sich solche gut schmecken. Ein anderer,
der europäischen Sitte abweichender Gebrauch ist die
Stellung der Stühle in den Empfangs = und Gesell-
schaftszimmern. Sie stehen alle an der Wand, die
Stuhl an Stuhl besetzt ist, und werden nicht herbei-
gezogen, um die Unterhaltung vertraulicher zu ma-
chen, sondern ein jeder setzt sich dahin, wo der Stuhl
stehet, mithin an die Wand, wodurch denn die Spre-
cher oft sehr weit auseinander kommen, und die
Conversation schwerfällig gemacht wird. Noch auf-
fallender für einen Europäer ist die Nothwendigkeit,
der gemäß der Kettenhund auf dem Dache seinen
Stand hat, und dort Haus und Hof treu bewacht.
Dieß geschieht nämlich um der flachen Dächer
willen, welche das Uebersteigen von einem Hause
ins andere, und somit das Berauben von oben
herab
sehr leicht machen, während man von un-
ten
her, wo der Eingang wohl verwahrt ist, und
der Pförtner diesen bewacht, nichts befürchtet.

    J. J. P.



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Um 9 Uhr Abends fängt der Tanz an, und endet Früh Punkt 6, ohne auch nur eine Minute langen Stillstand; denn vier Tanzmeister und 40 Musikanten wechseln beständig mit einander ab, und an Tanzlustigen fehlt es unter 6 — 7000 müßigen Frohsinnigen nie. Um Ordnung und Sittlichkeit zu erhalten, ist ein kleines Buch: „ Bayle de Masca- ras “ gedruckt, welches alle, im Amphitheater zu beobachtende Regeln enthält. Wer demungeachtet dagegen sündigt, wird in ein besonderes, dazu ein- gerichtetes Zimmer gesperrt, und bleibt dann für diese Nacht unter Aufsicht der Garde. An den vier Ecken dieses großen Saals, führen breite Treppen nach den Logen, oder auch in große Zimmer, wo alle nur mögliche Erfrischungen von dunkelbraun gekleideten Aufwärtern aufs geschwindeste, und um die billigsten Preise kredenzt werden. Der Profit von dem, was die Masken verzehren, reicht jedes- mal zu, die Unkosten des Balls zu bestreiten; denn das Eintrittsgeld verwendet man, zweckmäßig genug, auf die Erhaltung und Ausbesserung der Spazier- gänge um die Stadt. Der gewöhnliche Lieblingstanz ist auch hier, wie in Spanien überhaupt, meist der Fandango, welchen oft 6 — 700 Personen mit einander tan- zen. So bald man nur Miene dazu macht, eilt Alles aus den Logen herbei, und sucht Theil daran zu nehmen, oder sieht wenigstens, wenn es zu spät kömmt, mit dem wärmsten Enthusiasmus zu, schnippt, klatscht und winkt den Tänzern seinen herzlichen Beifall. H. Das selbstspielende Fortepiano. Der Fabrikant musikalischer Jnstrumente zu Lon- don Thomas Hall Rolfe hat ein Jnstrument erfunden, und ein Patent darauf erhalten, welches er selbst spielendes Fortepiano nennt ( selfacting Pianoforte ) und dessen Patentbeschreibung einen ganzen Band anfüllt, ohne dennoch ganz verständlich zu seyn. 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Seine Erfindungen lassen sich daher haupt- sächlich unter diese drei Punkte bringen, und betreffen: 1 ) eine einfache und bequeme Methode, die Trom- mel seitwärts zu verschieben, um neue Drathstifte in Thätigkeit zu bringen; 2 ) eine verbesserte Methode, die Töne des Forte und des Piano durch eine Hilfs- trommel und Aushilfshebel hervorzubringen, und end- lich 3 ) in der Anbringung einer dritten Reihe von Dämpfern an dem selbstthätigen Theile des Jnstru- ments, welche Dämpfer mit den übrigen Dämpfern nicht in Verbindung stehen. Geistesgegenwart. Ein Bauer aus dem Dorfe Olyn bei Kalu- ßy in Galizien, kehrte von einem benachbarten Dorfe zurück. Sein Weg führt ihn in halbstündiger Ent- fernung von einem großen Walde vorbei. Auf ein- mal steht er aus demselben mit großem Geschrei einen Schwarm wilder Thiere auf sich zukommen. Er erblickt ein Heuschober oder eine sogenannte Trift ( wie man sie nach polnischer Sitte auf freiem Felde stehen läßt ) klettert hinauf und erreicht glücklich den Gipfel. Auf einmal flüchtet sich ein Bär von wil- den Schweinen gejagt, zum nämlichen Heuschober, den diese mit schrecklichen Geschrei umzingelten. Auch der Bär klimmt hinan und wirft zugleich ein Bün- del Heu nach dem andern hinab, den die Schweine zerzausen. Endlich, immer höher kletternd, nähert er sich dem Bauer, der mit raschem Entschlnß auf den Bären stürzt, und ihn rücklings herabwirft, welcher dann vor Schrecken wieder dem Walde zuflieht, mit fürchterlichem Geschrei von den wilden Schweinen verfolgt. Aber der Bauer — war gerettet. Gebräuche in Mexiko. Jn Mexiko ist das Tabakrauchen bei den Da- men allgemein in Gebrauch; sie nehmen ein golde- nes Büchschen aus dem Busen, bieten erst dem Gaste eine Papiercigarre, und zünden dann die ihre an, und lassen sich solche gut schmecken. Ein anderer, der europäischen Sitte abweichender Gebrauch ist die Stellung der Stühle in den Empfangs = und Gesell- schaftszimmern. Sie stehen alle an der Wand, die Stuhl an Stuhl besetzt ist, und werden nicht herbei- gezogen, um die Unterhaltung vertraulicher zu ma- chen, sondern ein jeder setzt sich dahin, wo der Stuhl stehet, mithin an die Wand, wodurch denn die Spre- cher oft sehr weit auseinander kommen, und die Conversation schwerfällig gemacht wird. Noch auf- fallender für einen Europäer ist die Nothwendigkeit, der gemäß der Kettenhund auf dem Dache seinen Stand hat, und dort Haus und Hof treu bewacht. Dieß geschieht nämlich um der flachen Dächer willen, welche das Uebersteigen von einem Hause ins andere, und somit das Berauben von oben herab sehr leicht machen, während man von un- ten her, wo der Eingang wohl verwahrt ist, und der Pförtner diesen bewacht, nichts befürchtet. J. J. P.

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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 2. Prag, 1835, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama02_1835/3>, abgerufen am 22.11.2024.