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[N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

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Die Geognosie als Wissenschaft, als Lehre der
Mineralogie, so wie vom Innern des Planeten, zählt
kaum 40 Jahre, und verdankt ihr Studium den grund-
lichen Forschungen und genauen Untersuchungen eines
Werner's, dem Lehrer von den Formationen. Der
Name Geognosie bezeichnete früher keine Wissen-
schaft, sondern Spiele dichterischer Einbildungskraft,
denn noch vor einem halben Jahrhundert wurde sie so be-
handelt wie in der jonischen und pythagoräischen Schule.
Sie enthielt Fabeln und Mythen, die theils unter
vielen verschiedenen Völkern gleichartig verbreitet
sind, oder auch theilweise mit einander im Widerspruche
stehen. So hat der Indus und das Innere von
Asien seine eigene Sagen, und andrer hat uns wieder
die Biebel aufbewahrt. Bei dem allgemeinen Schiff-
bruch der Völker, sind die Reflexionen davon zerstreut
unter ihnen geblieben. Die Zeit ist vorüber, wo man
die Geognosie als Sage betrachtete. Vorurtheils freie
Beobachtungen sind an ihre Stelle getreten, und
Hypothesen haben ihre Stelle der Theorie eingeräumt.

Von diesen Mythen gehe ich nun zu den Gebirgs-
arten selbst über, welche mit den Vulkanen des
Innere in Verbindung stehen.

Die Geognoſie als Wiſſenſchaft, als Lehre der
Mineralogie, ſo wie vom Innern des Planeten, zählt
kaum 40 Jahre, und verdankt ihr Studium den grund-
lichen Forſchungen und genauen Unterſuchungen eines
Werner’s, dem Lehrer von den Formationen. Der
Name Geognoſie bezeichnete früher keine Wiſſen-
ſchaft, ſondern Spiele dichteriſcher Einbildungskraft,
denn noch vor einem halben Jahrhundert wurde ſie ſo be-
handelt wie in der joniſchen und pythagoräiſchen Schule.
Sie enthielt Fabeln und Mythen, die theils unter
vielen verſchiedenen Völkern gleichartig verbreitet
ſind, oder auch theilweiſe mit einander im Widerſpruche
ſtehen. So hat der Indus und das Innere von
Aſien ſeine eigene Sagen, und andrer hat uns wieder
die Biebel aufbewahrt. Bei dem allgemeinen Schiff-
bruch der Völker, ſind die Reflexionen davon zerſtreut
unter ihnen geblieben. Die Zeit iſt vorüber, wo man
die Geognoſie als Sage betrachtete. Vorurtheils freie
Beobachtungen ſind an ihre Stelle getreten, und
Hypotheſen haben ihre Stelle der Theorie eingeräumt.

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arten ſelbſt über, welche mit den Vulkanen des
Innere in Verbindung ſtehen.

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[218./0224] Die Geognoſie als Wiſſenſchaft, als Lehre der Mineralogie, ſo wie vom Innern des Planeten, zählt kaum 40 Jahre, und verdankt ihr Studium den grund- lichen Forſchungen und genauen Unterſuchungen eines Werner’s, dem Lehrer von den Formationen. Der Name Geognoſie bezeichnete früher keine Wiſſen- ſchaft, ſondern Spiele dichteriſcher Einbildungskraft, denn noch vor einem halben Jahrhundert wurde ſie ſo be- handelt wie in der joniſchen und pythagoräiſchen Schule. Sie enthielt Fabeln und Mythen, die theils unter vielen verſchiedenen Völkern gleichartig verbreitet ſind, oder auch theilweiſe mit einander im Widerſpruche ſtehen. So hat der Indus und das Innere von Aſien ſeine eigene Sagen, und andrer hat uns wieder die Biebel aufbewahrt. Bei dem allgemeinen Schiff- bruch der Völker, ſind die Reflexionen davon zerſtreut unter ihnen geblieben. Die Zeit iſt vorüber, wo man die Geognoſie als Sage betrachtete. Vorurtheils freie Beobachtungen ſind an ihre Stelle getreten, und Hypotheſen haben ihre Stelle der Theorie eingeräumt. Von dieſen Mythen gehe ich nun zu den Gebirgs- arten ſelbſt über, welche mit den Vulkanen des Innere in Verbindung ſtehen.

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Zitationshilfe: [N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 218.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828/224>, abgerufen am 26.11.2024.