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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 223. Köln, 16. Februar 1849.

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zeigt, pures, ächtes Gold sei. Der Kapitän endet damit, daß er mir seine Absicht kund gibt, in eigener Person einen Ausflug an Ort und Stelle zu machen. Nach seiner Entfernung sagte uns Bradley, daß Malcolm vorhabe, sich gerade nach der Colonie Sacramento zu begeben, und da die "amerikanische Fourche" sich in der Nähe befände, so würden wir wohl thun, ihn auf seiner Reise zu begleiten. Es ist dies 100 - 120 engl. Meilen (30 bis 40 franz. Meilen) von San Francisco."

Der Verfasser bricht hiermit die Note in seinem Tagebuche ab, und wie ein Reisender, der bei der Niederschreibung solcher Noten wenig auf die Kunst der Uebergänge bedacht ist, finden wir erst unter dem Datum vom 10. Mai das Tagebuch weitergeführt.

"Gestern und heute ist von weiter nichts die Rede gewesen, als von der Mine, der "Goldlage", wie man hier zu Lande sagt. Vier Personen sind heute wieder angekommen mit beträchtlichen Quantitäten von diesem Metalle. Der erste Alkade, so wie alle Kaufleute von hier haben es geprüft. Bradley ließ uns einen Goldkern von einer viertel Unze sehen, den er für 3 und einen halben Dollar gekauft hatte. Was mich anbetrifft, so zweifle ich nicht mehr, daß es gutes, ächtes Gold ist. Einige Personen, sagt man, sind schon abgereist, um die Mine selbst zu untersuchen. Nach der Zeitung, die hier am Orte erscheint, haben sie sich sogar mit Arbeitswerkzeugen, Schaufeln und Haken versehen, um auf eigene Rechnung zu arbeiten. Ich glaube jedoch, daß dies ihnen verboten wird, da der Kapitän schon an Hrn. Mason geschrieben hat, um die Bevollmächtigung zu erhalten, im Namen der Regierung, Besitz von der Mine zu nehmen, die, sagt er, Staatseigenthum sei.

"13. Mai." Die Sache ist abgemacht: nächsten Mittwoch reisen wir ab nach dem Thale von Sacramento. Ich weiß nicht -- aber ich habe starke Anfälle von dem gelben Mineralfieber, das hier die herrschende Krankheit geworden, und ich warte auf den nächsten Mittwoch mit wahrer Ungeduld.

"17. Mai." Das ganze Land ist toll geworden. Die Handwerker lassen ihre Arbeit im Stiche und ziehen aus. Auf einer Promenade durch die Stadt bemerkte ich, daß von über 50 neuen Bauten, die man aufzuführen im Begriffe war, kaum noch an einem halben Dutzend fortgearbeitet wird. Ich zählte über 18 geschlossene Häuser. Die früheren Bewohner sind zur Goldquelle hin. Schickt der Oberst Mason wirklich, wie es allgemein hier heißt, Truppen an die "amerikanische Fourche", so haben diese armen Leute ihre Zeit und Mühe verloren."

Trotz ihrer immer steigenden Ungeduld, können unsere Leute ihre Reise noch nicht antreten. Der Sattler, der ihnen die nöthigen Gegenstände zu einer Excursion in ein noch wenig erforschtes Land liefern sollte, verliert nacheinander alle seine Arbeiter, die ohne Weiteres nach dem "Golddistrikte" hinlaufen, und so vertröstet er seine Kundschaft von einem Tage zum andern. Während sich so unsere Freunde in die Nothwendigkeit versetzt sehen, auf den Sattler zu warten, vermehrt sich ihre Gesellschaft um eine neue Person; es ist dies ein Spanier, Namens Don Louis Palo, bei dem sie in Monterey vor noch nicht 14 Tagen zu Mittag gespeist hatten, und der damals so wenig an die Goldminen dachte, daß er darauf und daran war, sein Vermögen zu liquidiren, um nach Europa zurückzukehren.

"22. Mai." Neue Ungelegenheit: der Sattler hat sein Wort noch nicht gehalten. Während Malcolm, Bradley und ich im Fluchen gegen ihn begriffen waren, wer kömmt auf uns zu? Don Louis Palo. Das Goldfieber hatte sich bis nach Monterey hingezogen, und er hat sich entschlossen, nach der Mine zu gehen, um zu arbeiten, wie die Andern. Er hat als Bedienten bei sich einen Indianer, Namens Jose, und war klug genug, Alles, was er etwa nöthig gebrauchen kann, mitzunehmen. Er behauptet, daß Alles, was man von Truppensendungen von Seiten des Obersten Mason sagt, eine Fabel sei. Viele Soldaten aus der Garnison von Monterey seien zwar hin nach der "amerikanischen Fourche", aber es seien dies schlechtweg Deserteurs, die dahin gegangen, um für ihre eigene Rechnung zu arbeiten.

So viel scheint gewiß, daß man Gold auf einer Fläche von mehrern engl. Meilen gefunden. Diese letzte Nachricht bestimmt uns vollends, ein Gleiches zu thun wie Don Louis, d. h. fortzugehen und selbst zu arbeiten wie Handlanger.

Allerdings, wenn vier Personen, die in der Gesellschaft einen gewissen Rang einnehmen, auf und davon laufen, um ihre Glückspläne auf vielleicht ganz absurde Gerüchte zu bauen, so mag man Ursache genug haben, sie für Narren anzusehen. Wenn man aber vor seinen Augen tagtäglich Tausende von Menschen mit denselben Plänen abziehen sieht, so ist es unmöglich, vom Beispiele nicht hingerissen zu werden.

Wir hielten demnach eine längere Berathung, um unsern Schlachtplan definitiv festzustellen, und während wir noch im Berathen begriffen waren, hatten wir die Freude, unsern Freund Macphail zu uns kommen zu sehen, um mit in unser Unternehmen einzutreten. Es wurde also folgendes allgemein beschlossen: Jeder sollte sich mit zwei Pferden versehen, eins für sich, und das andere, um seine Effekten zu tragen, so wie einen Theil des gemeinsamen Gepäckes. Außerdem mußte Jeder sich mit Gewehr, Pistolen, u. s. w. versehen, und wenn es anginge, auch mit einem Zelte, so wie mit Schaufeln, Hacken, einem guten Beile, Decken, Kaffee, Zucker, Branntwein, Messern, Gabeln, Tellern, Töpfen, kurz mit allen den Gegenständen, die man zum Leben im Feldlager gebraucht.

"Gegen 4 Uhr, nachdem wir den ganzen Tag dem Sattler nicht von der Seite gewichen, erhielten wir endlich unsere Koffer, Sättel u. s. w. Als ich gegen Abend zu ihm zurückkehren wollte, um eine kleine Aenderung an der Equipage vornehmen zu lassen, fand ich das Haus verschlossen, und auf der Thüre stand grschrieben: "nach der Mine abgereist."

Den 24. Mai endlich reisen unsere Freunde ab, und gelangen

[Deutschland]

Wie haltlos und unklar die Phantasterei des Slavenkongresses war, das beweisen seine Früchte. Das Bombardement einer Stadt wie Prag würde jede andere Nation mit dem unauslöschlichsten Haß gegen die Unterdrücker erfüllt haben. Was thaten die Czechen? Sie küßten die Ruthe, die sie bis aufs Blut gezüchtigt, die schworen begeistert zu der Fahne, unter der ihre Brüder niedergemetzelt, ihre Weiber geschändet worden waren. Der Prager Straßenkampf war der Wendepunkt für die östreichischen demokratischen Panslavisten. Um die Aussicht auf ihre elende "nationale Selbstständigkeit" verkauften sie die Demokratie, die Revolution an die östreichische Gesammtmonarchie, an "das Centrum," "die systematische Durchführung des Despotismus im Herzen Europa's," wie Bakunin p. 29 selbst sagt. Und für diesen feigen, niederträchtigen Verrath an der Revolution werden wir einst blutige Rache an den Slaven nehmen.

Daß sie von der Contrerevolution nichtsdestoweniger geprellt worden sind, daß weder an ein "slavisches Oestreich" noch an einen "Föderativstaat mit gleichberechtigten Nationen" und am allerwenigsten an demokratische Institutionen für die östreichischen Slaven zu denken ist, das ist diesen Verräthern endlich klar geworden. Jellachich, der kein größerer Schurke ist als die meisten übrigen Demokraten der östreichischen Slaven, bereut bitter, wie man ihn exploitirt hat, und Stratimirovich, um sich nicht länger exploitiren zu lassen, hat den offenen Aufstand gegen Oestreich proklamirt. Die Slovanska Lipa-Vereine stehen überall der Regierung wieder gegenüber und machen täglich neue schmerzliche Erfahrungen darüber, in welche Falle sie sich haben locken lassen. Aber es ist jetzt zu spät; in ihrer eigenen Heimath ohne Macht gegen die von ihnen selbst reorganisirte östreichische Soldateska, zurückgestoßen von den Deutschen und Magyaren, die sie verrathen haben, zurückgestoßen von dem revolutionären Europa, werden sie denselben Militärdespotismus zu ertragen haben, den sie den Wienern und Magyaren aufbürden halfen. "Seid unterwürfig dem Kaiser, damit die kaiserlichen Truppen Euch nicht behandeln als seiet Ihr rebellische Magyaren" -- in diesen Worten des Patriarchen Rajachich ist es ausgesprochen, was sie zunächst zu erwarten haben.

Wie ganz anders haben die Polen gehandelt! Seit achtzig Jahren unterdrückt, geknechtet, ausgesogen, haben sie sich stets auf die Seite der Revolution gestellt, haben die Revolutionirung Polen's mit der Unabhängigkeit Polen's für unzertrennlich erklärt. In Paris, in Wien, in Berlin, in Italien, in Ungarn haben die Polen bei allen Revolutionen und Revolutionskriegen mitgekämpft, unbekümmert ob sie gegen Deutsche, gegen Slaven, gegen Magyaren, ja ob sie gegen Polen kämpften. Die Polen sind die einzige slavische Nation, die von allen panslavistischen Gelüsten frei ist. Aber sie haben auch sehr gute Gründe dazu: sie sind hauptsächlich von ihren eignen slavischen sogenannten Brüdern unterjocht worden, und bei dem Polen geht der Russenhaß noch vor den Deutschenhaß, und mit vollem Recht. Daher aber, weil die Befreiung Polen's von der Revolution unzertrennlich, weil Pole und Revolutionär identische Worte geworden sind, daher ist den Polen auch die Sympathie von ganz Europa, und die Wiederherstellung ihrer Nationalität ebenso sicher, wie den Czechen, Kroaten und Russen der Haß von ganz Europa und der blutigste Revolutionskrieg des ganzen Westens gegen sie.

Die östreichischen Panslavisten sollten einsehen, daß alle ihre Wünsche, soweit sie überhaupt erfüllbar, in der Herstellung der "östreichischen Gesammtmonarchie" unter russischem Schutz erfüllt sind. Zerfällt Oestreich, so steht ihnen der revolutionäre Terrorismus der Deutschen und Magyaren bevor, keineswegs aber, wie sie sich einbilden, die Befreiung sämmtlicher unter Oestreich's Scepter geknechteten Nationen. Sie müssen daher wünschen, daß Oestreich zusammenbleibe, ja, daß Galizien bei Oestreich bleibe, damit die Slaven die Majorität im Staat behalten. Die panslavistischen Interessen stehen hier also schon der Wiederherstellung Polen's direkt entgegen; denn ein Polen ohne Galizien, ein Polen das nicht von der Ostsee bis an die Karpathen geht, ist kein Polen. Darum aber ist ein "slavisches Oestreich" immer noch ebenfalls ein bloßer Traum; denn ohne die Suprematie der Deutschen und Magyaren, ohne die beiden Centren Wien und Budapesth fällt Oestreich wiederum auseinander, wie seine ganze Geschichte bis auf die letzten Monate beweist. Die Realisirung des Panslavismus würde sich demnach auf das russische Patronat über Oestreich beschränken müssen. Die offen reaktionären Panslavisten hatten daher ganz Recht, wenn sie sich an die Erhaltung der Gesammtmonarchie anklammerten; es war das einzige Mittel, irgend Etwas zu retten. Die sogenannten demokratischen Panslavisten waren aber in einem argen Dilemma: entweder Aufgebung der Revolution und wenigstens theilweise Rettung der Nationalität durch die Gesammtmonarchie, oder Aufgebung der Nationalität und Rettung der Revolution durch den Zerfall der Gesammtmonarchie. Damals hing das Schicksal der osteuropäischen Revolution von der Stellung der Czechen und Südslaven ab; wir werden es ihnen nicht vergessen, daß sie im entscheidenden Augenblick um ihrer kleinlichen Nationalhoffnungen willen die Revolution an Petersburg und Olmütz verrathen haben!

Was würde man dazu sagen, wenn die demokratische Partei in Deutschland ihr Programm mit der Rückforderung von Elsaß, Lothringen und von dem, in jeder Beziehung zu Frankreich gehörigen Belgien eröffneten, unter dem Vorwande, daß dort die Majorität der Bevölkerung germanisch ist? Wie lächerlich würden sich die deutschen Demokraten machen, wollten sie eine pangermanistische deutsch-dänisch-schwedisch-englisch-holländische Allianz zur "Befreiung" aller deutschredenden Länder herstellen! Die deutsche Demokratie ist glücklicherweise über diese Phantastereien hinaus. Die deutschen Studenten von 1817 und 1830 trugen sich mit dergleichen reaktionären Schwärmereien herum und werden heute in ganz Deutschland nach Verdienst gewürdigt. Die deutsche Revolution kam erst zu Stande, die deutsche Nation fing erst an etwas zu werden, als man sich vollständig von diesen Futilitäten befreit hatte.

Ebenso kindisch und reaktionär wie der Pangermanismus ist aber auch der Panslavismus. Wenn man die Geschichte der panslavistischen Bewegung des letzten Frühjahrs in Prag nachliest, so meint man dreißig Jahre zurück versetzt zu sein: trikolore Bänder, altfränkische Kostüme, altslavische Messen, vollständige Restauration der Zeit und der Sitten der Urwälder; die Swornost eine komplete Burschenschaft, der Slavenkongreß eine neue Auflage des Wartburgfestes; dieselben Phrasen, dieselbe Schwärmerei, derselbe Jammer nachher: "Wir hatten gebauet ein stattliches Haus" u. s. w. Wer dies berühmte Lied in slavische Prosa übersetzt lesen will, der lese Bakunin's Broschüre.

Gerade wie bei den deutschen Burschenschäftlern auf die Dauer die entschiedenste kontrerevolutionäre Gesinnung und der wüthendste Franzosenhaß und das bornirteste Nationalgefühl hervortrat, wie sie später Alle zu Verräthern an der Sache wurden, für die zu schwärmen sie vorgegeben -- gerade so, nur rascher, weil das Jahr 1848 ein Revolutionsjahr war, löste sich bei den demokratischen Panslavisten der demokratische Schein sehr bald in fanatischen Deutschen- und Magyarenhaß, in indirekte Opposition gegen die Wiederherstellung Polens (Lubomirski), und in direkten Anschluß an die Kontrerevolution auf.

Und wenn einzelne aufrichtige slavische Demokraten jetzt den österreichischen Slaven zurufen, sie sollten sich der Revolution anschließen, die österreichische Gesammtmonarchie als ihren Hauptfeind ansehen, ja im Interesse der Revolution mit den Magyaren halten, so erinnern sie an die Henne, die am Rand des Teichs umherläuft in Verzweiflung über die jungen Enten, die sie selbst ausgebrütet und die ihr nun plötzlich auf ein wildfremdes Element entweichen, wohin sie ihnen nicht folgen kann.

Machen wir uns übrigens keine Illusionen. Bei allen Panslavisten geht die Nationalität, d. h. die phantastische, allgemeinslavische Nationalität vor der Revolution. Die Panslavisten wollen sich der Revolution anschließen unter der Bedingung, daß es ihnen gestattet werde, alle Slaven ohne Ausnahme, ohne Rücksicht auf die materiellsten Nothwendigkeiten in selbstständige slavische Staaten zu konstituiren. Hätten wir Deutschen dieselben phantastischen Bedingungen stellen wollen, wir wären im März weit gekommen! Die Revolution aber läßt sich keine Bedingungen stellen. Entweder ist man revolutionär, und acceptirt die Folgen der Revolution, sie seien welche sie wollen, oder man wird der Contrerevolution in die Arme gejagt und findet sich, vielleicht ganz wider Wissen und Willen, eines Morgens Arm in Arm mit Nikolaus und Windischgrätz.

Wir und die Magyaren sollen den östreichischen Slaven ihre Selbstständigkeit garantiren -- so verlangt Bakunin, und Leute von dem Kaliber eines Ruge sind kapabel, ihm solche Versprechungen unter vier Augen wirklich gemacht zu haben. Man verlangt von uns und den übrigen revolutionären Nationen Europa's, wir sollen den Heerden der Contrerevolution dicht an unsrer Thür eine ungehinderte Existenz, freies Verschwörungs- und Waffenrech gegen die Revolution garantiren; wir sollen mitten im Herzen von Deutschland ein kontrerevolutionäres czechisches Reich konstituiren, die Macht der deutschen, polnischen und magyarischen Revolutionen durch dazwischen geschobne russische Vorposten an der Elbe, den Karpathen und der Donau brechen!

Wir denken nicht daran. Auf die sentimentalen Brüderschaftsphrasen, die uns hier im Namen der contrerevolutionärsten Nationen Europa's dargeboten werden, antworten wir: daß der Russenhaß die erste revolutionäre Leidenschaft bei den Deutschen war und noch ist; daß seit der Revolution der Czechen- und Kroatenhaß hinzugekommen ist, und daß wir, in Gemeinschaft mit Polen und Magyaren, nur durch den entschiedensten Terrorismus gegen diese slavischen Völker die Revolution sicher stellen können. Wir wissen jetzt, wo die Feinde der Revolution konzentrirt sind: in Rußland und den östreichischen Slavenländern; und keine Phrasen, keine Anweisungen auf eine unbestimmte demokratische Zukunft dieser Länder werden uns abhalten, unsere Feinde als Feinde zu behandeln.

Und wenn Bakunin endlich ausruft: "Wahrlich, nichts einbüßen soll der Slave, sondern gewinnen soll er! Wahrlich, leben soll er! Und wir werden leben. So lange uns der kleinste Theil unsrer Rechte bestritten wird, so lange ein einziges Glied von unsrem gesammten Leibe abgetrennt oder losgerissen gehalten wird, so lange werden wir bis aufs Blut, werden wir unerbittlich auf Tod und Leben kämpfen, bis das Slaventhum endlich groß und frei und unabhängig in der Welt dasteht" -- wenn der revolutionäre Panslavismus diese Stelle ernstlich meint, und wo es sich um die phantastisch-slavische Nationalität handelt, die Revolution ganz aus dem Spiele läßt, dann wissen wir auch was wir zu thun haben.

Dann Kampf, "unerbittlichen Kampf auf Leben und Tod" mit dem revolutionsverrätherischen Slaventhum; Vernichtungskampf und rücksichtslosen Terrorismus -- nicht im Interesse Deutschlands, sondern im Interesse der Revolution!

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* Köln, 15. Febr.

Es gehen uns einige nähere Mittheilungen über den Expostsekretär Gödsche, Redakteur des Feuilletons der "Neuen Preußischen Zeitung", zu. *)

Gödsche redigirte früher in Düsseldorf das Kreisblatt und war fleißiger Mitarbeiter am "Rheinischen Beobachter". Er war in den Prozeß der Gräfin Hatzfeldt verwickelt und mit Herrn von Stockum innig liirt; er mußte damals, auf einen Wink von oben, freiwillig ausscheiden. Uebrigens würden die in jenem Prozesse an's Licht gezogenen Briefgeschichten zur nähern Würdigung des Gödsche auszubeuten sein. Nachdem Gödsche aus dem Postdienste entfernt war, wurde er sofort zur Expedirung reaktionärer Flugblätter verwandt. Gödsche hatte fast in jedem Postbureau Bekannte, fand aber nur wenige, die seine Aufträge ausführten.

Ein genauer Freund dieses Obercolporteurs der Partei "mit Gott für König und Vaterland," ist der Postsekretär Ritter, der im vorigen Sommer von Hamm aus die westphälischen Gegenden mit skandalösen Flugblättern überschwemmte. In Hamm verbreitete er solche höchsteigenhändig, indem er sie den fremden Zeitungen beilegte und den Leuten, welche Briefe abholten, in die Hand drückte. Der Chef des Hamm'schen Postamtes ist ein alter Major, der die Stelle bloß als Civilversorgung inne hat. Der eigentliche Dirigent, der auch die Verfügungen des Majors gegenzeichnete, war aber Herr Ritter. Gleichwohl traten die jüngern Postsekretäre im Hammer Wochenblatte gegen diese ritterliche Amtsüberschreitung entschieden auf. Herr Ritter antwortete in demselben Blatte: Er habe sich bei der Verbreitung der Flugblätter nichts Böses gedacht, das Publikum wolle stets etwas Neues hören und nur um diesem gefällig zu sein, habe er die Blätter verbreitet.

Die Kölner Postbeamten beantragten hierauf beim Ministerium für Handel und Gewerbe, in Erwägung, daß Ritter 1) seine Amtsbefugniß überschritten, 2) dem Befehle des Herrn Kühlwetter, wonach kein Beamter reaktionäre Tendenzen an den Tag legen solle, insbesondere zuwiderhandle, die Entfernung des Ritter aus dem Staatsdienste, gaben auch der Frankfurter Nationalversammlung von dem Treiben des Ritter Kenntniß. Auf die ganze Denunciation erfolgte nichts, als daß der Regierungsrath Bergmann aus Arnsberg und der Landrath v. Vincke in Hamm (Bruder des Ritters) den Auftrag erhielten, den Ritter zu vernehmen. Wie derselbe sich mit beiden Herren vereinbart hat, ist uns zwar unbekannt geblieben. Das aber wissen wir, daß er zunächst im Auftrage des Generalpostamtes verschiedene Commissorien ausführte, welche ihm außer seinem Gehalte täglich 3 Thlr. 10 Sgr. einbrachten und daß er dann am 9. d. Mts. seinen Einzug in Köln hielt. Auch hier versieht er ein Commissorium. -- Welches? Auch hier genießt er die Gehaltszulage von 1 Thlr. 10 Sgr. Wird vielleicht die Denunciation der hiesigen Postbeamten dadurch beantwortet, daß man sie jetzt durch den Denuncirten selbst beaufsichtigen läßt?

144 Bonn, 15. Febr.

Morgen, Freitag den 16. früh 9 Uhr, haben wir schon wieder einen politischen Prozeß, und zwar diesmal einen doppelten gegen Eine Person; beide aber sonderbarer Weise vor dem Zuchtpolizeigericht statt vor Assisen. Der Abgeordnete für die Kreise Bonn und Sieg, Professor Kinkel, Redakteur der social-demokratischen "Neuen Bonner Zeitung" und ihres Beiblattes "Spartacus", ist von Seiten des Mainzer Commandanten (des aus den bekannten Fiscus-Untersuchungen der preuß. Nationalversammlung berühmten Gratiflkations-Beziehers Hüser) wegen eines Artikels in der frühern Bonner Zeitung, der die grauenvolle Tödtung durch preußische Soldaten auf der Mainzer Brücke erzählte, der Calumnie gegen die damals in Mainz gestandenen preuß. Soldaten angeschuldigt. Die Vertheidigung wird darthun, daß diese Soldaten im Dienst waren, daß also, wenn eine Calumnie denkbar wäre ohne Bezeichnung eines bestimmten Individuums, jedenfalls der Prozeß vor Geschworene gehört, weil er ein politischer ist. Der andere Prozeß bezieht sich auf Steuerverweigerung. Kinkel hatte in einer von den Offizieren der Bonner Bürgerwehr damals (am 9. Nov.) einberufenen Versammlung der Wehrmänner den Antrag gestellt, die Thore zum Zweck der Steuerverweigerung mit Bürgerwehr zu besetzen. Er brachte auch diesen Antrag gegen ganz wenige Stimmen durch, um so mehr, da er ausdrücklich hervorhob, daß bereits durch Volkstumulte das Leben und die Gesundheit der Steuerbeamten gefährdet sei. Die Behörden verordneten damals die Verhaftung des Angeschuldigten, setzten also offenbar voraus, daß ein politischer Prozeß, somit eine Geschworenensache, vorliege. Aber man besann sich -- und statt des Prozesses wegen Steuerverweigerung, mit dem man vor rheinischen Geschworenen nicht durchkonnte, beschuldigte man den Angeklagten, weil er eine Berathung des gesetzlichen Organs der Bürgerwehr zum Schutz der Volksrechte angeregt hatte, jetzt der -- Aufforderung zu gewaltthätigem Angriff auf die Steuerbeamten, somit einer Correctionellsache! Jedenfalls wird der Competenzkonflikt erhoben werden. Kinkel hat für die rechtliche Seite der Frage den Advokaten Schneider II. zu seinem Rechtsbeistand gewählt, wird sich aber die Ehre nicht nehmen lassen, seine Sache in beiden Prozessen auch selbst zu ver-

*) Wir benutzen diese Gelegenheit, um auf eine Erklärung der Redaktion über den Gödsche in Nro 219 zurückzukommen. Wir finden bei näherer Ansicht, daß Gödsche von Düsseldorf, nicht von Berlin aus sich zum Mitarbeiter der "N. Rh. Ztg." anbot. Herr Gödsche schickte sogar Proben ein. A. d. R.

zeigt, pures, ächtes Gold sei. Der Kapitän endet damit, daß er mir seine Absicht kund gibt, in eigener Person einen Ausflug an Ort und Stelle zu machen. Nach seiner Entfernung sagte uns Bradley, daß Malcolm vorhabe, sich gerade nach der Colonie Sacramento zu begeben, und da die „amerikanische Fourche“ sich in der Nähe befände, so würden wir wohl thun, ihn auf seiner Reise zu begleiten. Es ist dies 100 - 120 engl. Meilen (30 bis 40 franz. Meilen) von San Francisco.“

Der Verfasser bricht hiermit die Note in seinem Tagebuche ab, und wie ein Reisender, der bei der Niederschreibung solcher Noten wenig auf die Kunst der Uebergänge bedacht ist, finden wir erst unter dem Datum vom 10. Mai das Tagebuch weitergeführt.

„Gestern und heute ist von weiter nichts die Rede gewesen, als von der Mine, der „Goldlage“, wie man hier zu Lande sagt. Vier Personen sind heute wieder angekommen mit beträchtlichen Quantitäten von diesem Metalle. Der erste Alkade, so wie alle Kaufleute von hier haben es geprüft. Bradley ließ uns einen Goldkern von einer viertel Unze sehen, den er für 3 und einen halben Dollar gekauft hatte. Was mich anbetrifft, so zweifle ich nicht mehr, daß es gutes, ächtes Gold ist. Einige Personen, sagt man, sind schon abgereist, um die Mine selbst zu untersuchen. Nach der Zeitung, die hier am Orte erscheint, haben sie sich sogar mit Arbeitswerkzeugen, Schaufeln und Haken versehen, um auf eigene Rechnung zu arbeiten. Ich glaube jedoch, daß dies ihnen verboten wird, da der Kapitän schon an Hrn. Mason geschrieben hat, um die Bevollmächtigung zu erhalten, im Namen der Regierung, Besitz von der Mine zu nehmen, die, sagt er, Staatseigenthum sei.

„13. Mai.“ Die Sache ist abgemacht: nächsten Mittwoch reisen wir ab nach dem Thale von Sacramento. Ich weiß nicht — aber ich habe starke Anfälle von dem gelben Mineralfieber, das hier die herrschende Krankheit geworden, und ich warte auf den nächsten Mittwoch mit wahrer Ungeduld.

„17. Mai.“ Das ganze Land ist toll geworden. Die Handwerker lassen ihre Arbeit im Stiche und ziehen aus. Auf einer Promenade durch die Stadt bemerkte ich, daß von über 50 neuen Bauten, die man aufzuführen im Begriffe war, kaum noch an einem halben Dutzend fortgearbeitet wird. Ich zählte über 18 geschlossene Häuser. Die früheren Bewohner sind zur Goldquelle hin. Schickt der Oberst Mason wirklich, wie es allgemein hier heißt, Truppen an die „amerikanische Fourche“, so haben diese armen Leute ihre Zeit und Mühe verloren.“

Trotz ihrer immer steigenden Ungeduld, können unsere Leute ihre Reise noch nicht antreten. Der Sattler, der ihnen die nöthigen Gegenstände zu einer Excursion in ein noch wenig erforschtes Land liefern sollte, verliert nacheinander alle seine Arbeiter, die ohne Weiteres nach dem „Golddistrikte“ hinlaufen, und so vertröstet er seine Kundschaft von einem Tage zum andern. Während sich so unsere Freunde in die Nothwendigkeit versetzt sehen, auf den Sattler zu warten, vermehrt sich ihre Gesellschaft um eine neue Person; es ist dies ein Spanier, Namens Don Louis Palo, bei dem sie in Monterey vor noch nicht 14 Tagen zu Mittag gespeist hatten, und der damals so wenig an die Goldminen dachte, daß er darauf und daran war, sein Vermögen zu liquidiren, um nach Europa zurückzukehren.

„22. Mai.“ Neue Ungelegenheit: der Sattler hat sein Wort noch nicht gehalten. Während Malcolm, Bradley und ich im Fluchen gegen ihn begriffen waren, wer kömmt auf uns zu? Don Louis Palo. Das Goldfieber hatte sich bis nach Monterey hingezogen, und er hat sich entschlossen, nach der Mine zu gehen, um zu arbeiten, wie die Andern. Er hat als Bedienten bei sich einen Indianer, Namens José, und war klug genug, Alles, was er etwa nöthig gebrauchen kann, mitzunehmen. Er behauptet, daß Alles, was man von Truppensendungen von Seiten des Obersten Mason sagt, eine Fabel sei. Viele Soldaten aus der Garnison von Monterey seien zwar hin nach der „amerikanischen Fourche“, aber es seien dies schlechtweg Deserteurs, die dahin gegangen, um für ihre eigene Rechnung zu arbeiten.

So viel scheint gewiß, daß man Gold auf einer Fläche von mehrern engl. Meilen gefunden. Diese letzte Nachricht bestimmt uns vollends, ein Gleiches zu thun wie Don Louis, d. h. fortzugehen und selbst zu arbeiten wie Handlanger.

Allerdings, wenn vier Personen, die in der Gesellschaft einen gewissen Rang einnehmen, auf und davon laufen, um ihre Glückspläne auf vielleicht ganz absurde Gerüchte zu bauen, so mag man Ursache genug haben, sie für Narren anzusehen. Wenn man aber vor seinen Augen tagtäglich Tausende von Menschen mit denselben Plänen abziehen sieht, so ist es unmöglich, vom Beispiele nicht hingerissen zu werden.

Wir hielten demnach eine längere Berathung, um unsern Schlachtplan definitiv festzustellen, und während wir noch im Berathen begriffen waren, hatten wir die Freude, unsern Freund Macphail zu uns kommen zu sehen, um mit in unser Unternehmen einzutreten. Es wurde also folgendes allgemein beschlossen: Jeder sollte sich mit zwei Pferden versehen, eins für sich, und das andere, um seine Effekten zu tragen, so wie einen Theil des gemeinsamen Gepäckes. Außerdem mußte Jeder sich mit Gewehr, Pistolen, u. s. w. versehen, und wenn es anginge, auch mit einem Zelte, so wie mit Schaufeln, Hacken, einem guten Beile, Decken, Kaffee, Zucker, Branntwein, Messern, Gabeln, Tellern, Töpfen, kurz mit allen den Gegenständen, die man zum Leben im Feldlager gebraucht.

„Gegen 4 Uhr, nachdem wir den ganzen Tag dem Sattler nicht von der Seite gewichen, erhielten wir endlich unsere Koffer, Sättel u. s. w. Als ich gegen Abend zu ihm zurückkehren wollte, um eine kleine Aenderung an der Equipage vornehmen zu lassen, fand ich das Haus verschlossen, und auf der Thüre stand grschrieben: „nach der Mine abgereist.“

Den 24. Mai endlich reisen unsere Freunde ab, und gelangen

[Deutschland]

Wie haltlos und unklar die Phantasterei des Slavenkongresses war, das beweisen seine Früchte. Das Bombardement einer Stadt wie Prag würde jede andere Nation mit dem unauslöschlichsten Haß gegen die Unterdrücker erfüllt haben. Was thaten die Czechen? Sie küßten die Ruthe, die sie bis aufs Blut gezüchtigt, die schworen begeistert zu der Fahne, unter der ihre Brüder niedergemetzelt, ihre Weiber geschändet worden waren. Der Prager Straßenkampf war der Wendepunkt für die östreichischen demokratischen Panslavisten. Um die Aussicht auf ihre elende „nationale Selbstständigkeit“ verkauften sie die Demokratie, die Revolution an die östreichische Gesammtmonarchie, an „das Centrum,“ „die systematische Durchführung des Despotismus im Herzen Europa's,“ wie Bakunin p. 29 selbst sagt. Und für diesen feigen, niederträchtigen Verrath an der Revolution werden wir einst blutige Rache an den Slaven nehmen.

Daß sie von der Contrerevolution nichtsdestoweniger geprellt worden sind, daß weder an ein „slavisches Oestreich“ noch an einen „Föderativstaat mit gleichberechtigten Nationen“ und am allerwenigsten an demokratische Institutionen für die östreichischen Slaven zu denken ist, das ist diesen Verräthern endlich klar geworden. Jellachich, der kein größerer Schurke ist als die meisten übrigen Demokraten der östreichischen Slaven, bereut bitter, wie man ihn exploitirt hat, und Stratimirovich, um sich nicht länger exploitiren zu lassen, hat den offenen Aufstand gegen Oestreich proklamirt. Die Slovanska Lipa-Vereine stehen überall der Regierung wieder gegenüber und machen täglich neue schmerzliche Erfahrungen darüber, in welche Falle sie sich haben locken lassen. Aber es ist jetzt zu spät; in ihrer eigenen Heimath ohne Macht gegen die von ihnen selbst reorganisirte östreichische Soldateska, zurückgestoßen von den Deutschen und Magyaren, die sie verrathen haben, zurückgestoßen von dem revolutionären Europa, werden sie denselben Militärdespotismus zu ertragen haben, den sie den Wienern und Magyaren aufbürden halfen. „Seid unterwürfig dem Kaiser, damit die kaiserlichen Truppen Euch nicht behandeln als seiet Ihr rebellische Magyaren“ — in diesen Worten des Patriarchen Rajachich ist es ausgesprochen, was sie zunächst zu erwarten haben.

Wie ganz anders haben die Polen gehandelt! Seit achtzig Jahren unterdrückt, geknechtet, ausgesogen, haben sie sich stets auf die Seite der Revolution gestellt, haben die Revolutionirung Polen's mit der Unabhängigkeit Polen's für unzertrennlich erklärt. In Paris, in Wien, in Berlin, in Italien, in Ungarn haben die Polen bei allen Revolutionen und Revolutionskriegen mitgekämpft, unbekümmert ob sie gegen Deutsche, gegen Slaven, gegen Magyaren, ja ob sie gegen Polen kämpften. Die Polen sind die einzige slavische Nation, die von allen panslavistischen Gelüsten frei ist. Aber sie haben auch sehr gute Gründe dazu: sie sind hauptsächlich von ihren eignen slavischen sogenannten Brüdern unterjocht worden, und bei dem Polen geht der Russenhaß noch vor den Deutschenhaß, und mit vollem Recht. Daher aber, weil die Befreiung Polen's von der Revolution unzertrennlich, weil Pole und Revolutionär identische Worte geworden sind, daher ist den Polen auch die Sympathie von ganz Europa, und die Wiederherstellung ihrer Nationalität ebenso sicher, wie den Czechen, Kroaten und Russen der Haß von ganz Europa und der blutigste Revolutionskrieg des ganzen Westens gegen sie.

Die östreichischen Panslavisten sollten einsehen, daß alle ihre Wünsche, soweit sie überhaupt erfüllbar, in der Herstellung der „östreichischen Gesammtmonarchie“ unter russischem Schutz erfüllt sind. Zerfällt Oestreich, so steht ihnen der revolutionäre Terrorismus der Deutschen und Magyaren bevor, keineswegs aber, wie sie sich einbilden, die Befreiung sämmtlicher unter Oestreich's Scepter geknechteten Nationen. Sie müssen daher wünschen, daß Oestreich zusammenbleibe, ja, daß Galizien bei Oestreich bleibe, damit die Slaven die Majorität im Staat behalten. Die panslavistischen Interessen stehen hier also schon der Wiederherstellung Polen's direkt entgegen; denn ein Polen ohne Galizien, ein Polen das nicht von der Ostsee bis an die Karpathen geht, ist kein Polen. Darum aber ist ein „slavisches Oestreich“ immer noch ebenfalls ein bloßer Traum; denn ohne die Suprematie der Deutschen und Magyaren, ohne die beiden Centren Wien und Budapesth fällt Oestreich wiederum auseinander, wie seine ganze Geschichte bis auf die letzten Monate beweist. Die Realisirung des Panslavismus würde sich demnach auf das russische Patronat über Oestreich beschränken müssen. Die offen reaktionären Panslavisten hatten daher ganz Recht, wenn sie sich an die Erhaltung der Gesammtmonarchie anklammerten; es war das einzige Mittel, irgend Etwas zu retten. Die sogenannten demokratischen Panslavisten waren aber in einem argen Dilemma: entweder Aufgebung der Revolution und wenigstens theilweise Rettung der Nationalität durch die Gesammtmonarchie, oder Aufgebung der Nationalität und Rettung der Revolution durch den Zerfall der Gesammtmonarchie. Damals hing das Schicksal der osteuropäischen Revolution von der Stellung der Czechen und Südslaven ab; wir werden es ihnen nicht vergessen, daß sie im entscheidenden Augenblick um ihrer kleinlichen Nationalhoffnungen willen die Revolution an Petersburg und Olmütz verrathen haben!

Was würde man dazu sagen, wenn die demokratische Partei in Deutschland ihr Programm mit der Rückforderung von Elsaß, Lothringen und von dem, in jeder Beziehung zu Frankreich gehörigen Belgien eröffneten, unter dem Vorwande, daß dort die Majorität der Bevölkerung germanisch ist? Wie lächerlich würden sich die deutschen Demokraten machen, wollten sie eine pangermanistische deutsch-dänisch-schwedisch-englisch-holländische Allianz zur „Befreiung“ aller deutschredenden Länder herstellen! Die deutsche Demokratie ist glücklicherweise über diese Phantastereien hinaus. Die deutschen Studenten von 1817 und 1830 trugen sich mit dergleichen reaktionären Schwärmereien herum und werden heute in ganz Deutschland nach Verdienst gewürdigt. Die deutsche Revolution kam erst zu Stande, die deutsche Nation fing erst an etwas zu werden, als man sich vollständig von diesen Futilitäten befreit hatte.

Ebenso kindisch und reaktionär wie der Pangermanismus ist aber auch der Panslavismus. Wenn man die Geschichte der panslavistischen Bewegung des letzten Frühjahrs in Prag nachliest, so meint man dreißig Jahre zurück versetzt zu sein: trikolore Bänder, altfränkische Kostüme, altslavische Messen, vollständige Restauration der Zeit und der Sitten der Urwälder; die Swornost eine komplete Burschenschaft, der Slavenkongreß eine neue Auflage des Wartburgfestes; dieselben Phrasen, dieselbe Schwärmerei, derselbe Jammer nachher: „Wir hatten gebauet ein stattliches Haus“ u. s. w. Wer dies berühmte Lied in slavische Prosa übersetzt lesen will, der lese Bakunin's Broschüre.

Gerade wie bei den deutschen Burschenschäftlern auf die Dauer die entschiedenste kontrerevolutionäre Gesinnung und der wüthendste Franzosenhaß und das bornirteste Nationalgefühl hervortrat, wie sie später Alle zu Verräthern an der Sache wurden, für die zu schwärmen sie vorgegeben — gerade so, nur rascher, weil das Jahr 1848 ein Revolutionsjahr war, löste sich bei den demokratischen Panslavisten der demokratische Schein sehr bald in fanatischen Deutschen- und Magyarenhaß, in indirekte Opposition gegen die Wiederherstellung Polens (Lubomirski), und in direkten Anschluß an die Kontrerevolution auf.

Und wenn einzelne aufrichtige slavische Demokraten jetzt den österreichischen Slaven zurufen, sie sollten sich der Revolution anschließen, die österreichische Gesammtmonarchie als ihren Hauptfeind ansehen, ja im Interesse der Revolution mit den Magyaren halten, so erinnern sie an die Henne, die am Rand des Teichs umherläuft in Verzweiflung über die jungen Enten, die sie selbst ausgebrütet und die ihr nun plötzlich auf ein wildfremdes Element entweichen, wohin sie ihnen nicht folgen kann.

Machen wir uns übrigens keine Illusionen. Bei allen Panslavisten geht die Nationalität, d. h. die phantastische, allgemeinslavische Nationalität vor der Revolution. Die Panslavisten wollen sich der Revolution anschließen unter der Bedingung, daß es ihnen gestattet werde, alle Slaven ohne Ausnahme, ohne Rücksicht auf die materiellsten Nothwendigkeiten in selbstständige slavische Staaten zu konstituiren. Hätten wir Deutschen dieselben phantastischen Bedingungen stellen wollen, wir wären im März weit gekommen! Die Revolution aber läßt sich keine Bedingungen stellen. Entweder ist man revolutionär, und acceptirt die Folgen der Revolution, sie seien welche sie wollen, oder man wird der Contrerevolution in die Arme gejagt und findet sich, vielleicht ganz wider Wissen und Willen, eines Morgens Arm in Arm mit Nikolaus und Windischgrätz.

Wir und die Magyaren sollen den östreichischen Slaven ihre Selbstständigkeit garantiren — so verlangt Bakunin, und Leute von dem Kaliber eines Ruge sind kapabel, ihm solche Versprechungen unter vier Augen wirklich gemacht zu haben. Man verlangt von uns und den übrigen revolutionären Nationen Europa's, wir sollen den Heerden der Contrerevolution dicht an unsrer Thür eine ungehinderte Existenz, freies Verschwörungs- und Waffenrech gegen die Revolution garantiren; wir sollen mitten im Herzen von Deutschland ein kontrerevolutionäres czechisches Reich konstituiren, die Macht der deutschen, polnischen und magyarischen Revolutionen durch dazwischen geschobne russische Vorposten an der Elbe, den Karpathen und der Donau brechen!

Wir denken nicht daran. Auf die sentimentalen Brüderschaftsphrasen, die uns hier im Namen der contrerevolutionärsten Nationen Europa's dargeboten werden, antworten wir: daß der Russenhaß die erste revolutionäre Leidenschaft bei den Deutschen war und noch ist; daß seit der Revolution der Czechen- und Kroatenhaß hinzugekommen ist, und daß wir, in Gemeinschaft mit Polen und Magyaren, nur durch den entschiedensten Terrorismus gegen diese slavischen Völker die Revolution sicher stellen können. Wir wissen jetzt, wo die Feinde der Revolution konzentrirt sind: in Rußland und den östreichischen Slavenländern; und keine Phrasen, keine Anweisungen auf eine unbestimmte demokratische Zukunft dieser Länder werden uns abhalten, unsere Feinde als Feinde zu behandeln.

Und wenn Bakunin endlich ausruft: „Wahrlich, nichts einbüßen soll der Slave, sondern gewinnen soll er! Wahrlich, leben soll er! Und wir werden leben. So lange uns der kleinste Theil unsrer Rechte bestritten wird, so lange ein einziges Glied von unsrem gesammten Leibe abgetrennt oder losgerissen gehalten wird, so lange werden wir bis aufs Blut, werden wir unerbittlich auf Tod und Leben kämpfen, bis das Slaventhum endlich groß und frei und unabhängig in der Welt dasteht“ — wenn der revolutionäre Panslavismus diese Stelle ernstlich meint, und wo es sich um die phantastisch-slavische Nationalität handelt, die Revolution ganz aus dem Spiele läßt, dann wissen wir auch was wir zu thun haben.

Dann Kampf, „unerbittlichen Kampf auf Leben und Tod“ mit dem revolutionsverrätherischen Slaventhum; Vernichtungskampf und rücksichtslosen Terrorismus — nicht im Interesse Deutschlands, sondern im Interesse der Revolution!

Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
* Köln, 15. Febr.

Es gehen uns einige nähere Mittheilungen über den Expostsekretär Gödsche, Redakteur des Feuilletons der „Neuen Preußischen Zeitung“, zu. *)

Gödsche redigirte früher in Düsseldorf das Kreisblatt und war fleißiger Mitarbeiter am „Rheinischen Beobachter“. Er war in den Prozeß der Gräfin Hatzfeldt verwickelt und mit Herrn von Stockum innig liirt; er mußte damals, auf einen Wink von oben, freiwillig ausscheiden. Uebrigens würden die in jenem Prozesse an's Licht gezogenen Briefgeschichten zur nähern Würdigung des Gödsche auszubeuten sein. Nachdem Gödsche aus dem Postdienste entfernt war, wurde er sofort zur Expedirung reaktionärer Flugblätter verwandt. Gödsche hatte fast in jedem Postbureau Bekannte, fand aber nur wenige, die seine Aufträge ausführten.

Ein genauer Freund dieses Obercolporteurs der Partei „mit Gott für König und Vaterland,“ ist der Postsekretär Ritter, der im vorigen Sommer von Hamm aus die westphälischen Gegenden mit skandalösen Flugblättern überschwemmte. In Hamm verbreitete er solche höchsteigenhändig, indem er sie den fremden Zeitungen beilegte und den Leuten, welche Briefe abholten, in die Hand drückte. Der Chef des Hamm'schen Postamtes ist ein alter Major, der die Stelle bloß als Civilversorgung inne hat. Der eigentliche Dirigent, der auch die Verfügungen des Majors gegenzeichnete, war aber Herr Ritter. Gleichwohl traten die jüngern Postsekretäre im Hammer Wochenblatte gegen diese ritterliche Amtsüberschreitung entschieden auf. Herr Ritter antwortete in demselben Blatte: Er habe sich bei der Verbreitung der Flugblätter nichts Böses gedacht, das Publikum wolle stets etwas Neues hören und nur um diesem gefällig zu sein, habe er die Blätter verbreitet.

Die Kölner Postbeamten beantragten hierauf beim Ministerium für Handel und Gewerbe, in Erwägung, daß Ritter 1) seine Amtsbefugniß überschritten, 2) dem Befehle des Herrn Kühlwetter, wonach kein Beamter reaktionäre Tendenzen an den Tag legen solle, insbesondere zuwiderhandle, die Entfernung des Ritter aus dem Staatsdienste, gaben auch der Frankfurter Nationalversammlung von dem Treiben des Ritter Kenntniß. Auf die ganze Denunciation erfolgte nichts, als daß der Regierungsrath Bergmann aus Arnsberg und der Landrath v. Vincke in Hamm (Bruder des Ritters) den Auftrag erhielten, den Ritter zu vernehmen. Wie derselbe sich mit beiden Herren vereinbart hat, ist uns zwar unbekannt geblieben. Das aber wissen wir, daß er zunächst im Auftrage des Generalpostamtes verschiedene Commissorien ausführte, welche ihm außer seinem Gehalte täglich 3 Thlr. 10 Sgr. einbrachten und daß er dann am 9. d. Mts. seinen Einzug in Köln hielt. Auch hier versieht er ein Commissorium. — Welches? Auch hier genießt er die Gehaltszulage von 1 Thlr. 10 Sgr. Wird vielleicht die Denunciation der hiesigen Postbeamten dadurch beantwortet, daß man sie jetzt durch den Denuncirten selbst beaufsichtigen läßt?

144 Bonn, 15. Febr.

Morgen, Freitag den 16. früh 9 Uhr, haben wir schon wieder einen politischen Prozeß, und zwar diesmal einen doppelten gegen Eine Person; beide aber sonderbarer Weise vor dem Zuchtpolizeigericht statt vor Assisen. Der Abgeordnete für die Kreise Bonn und Sieg, Professor Kinkel, Redakteur der social-demokratischen „Neuen Bonner Zeitung“ und ihres Beiblattes „Spartacus“, ist von Seiten des Mainzer Commandanten (des aus den bekannten Fiscus-Untersuchungen der preuß. Nationalversammlung berühmten Gratiflkations-Beziehers Hüser) wegen eines Artikels in der frühern Bonner Zeitung, der die grauenvolle Tödtung durch preußische Soldaten auf der Mainzer Brücke erzählte, der Calumnie gegen die damals in Mainz gestandenen preuß. Soldaten angeschuldigt. Die Vertheidigung wird darthun, daß diese Soldaten im Dienst waren, daß also, wenn eine Calumnie denkbar wäre ohne Bezeichnung eines bestimmten Individuums, jedenfalls der Prozeß vor Geschworene gehört, weil er ein politischer ist. Der andere Prozeß bezieht sich auf Steuerverweigerung. Kinkel hatte in einer von den Offizieren der Bonner Bürgerwehr damals (am 9. Nov.) einberufenen Versammlung der Wehrmänner den Antrag gestellt, die Thore zum Zweck der Steuerverweigerung mit Bürgerwehr zu besetzen. Er brachte auch diesen Antrag gegen ganz wenige Stimmen durch, um so mehr, da er ausdrücklich hervorhob, daß bereits durch Volkstumulte das Leben und die Gesundheit der Steuerbeamten gefährdet sei. Die Behörden verordneten damals die Verhaftung des Angeschuldigten, setzten also offenbar voraus, daß ein politischer Prozeß, somit eine Geschworenensache, vorliege. Aber man besann sich — und statt des Prozesses wegen Steuerverweigerung, mit dem man vor rheinischen Geschworenen nicht durchkonnte, beschuldigte man den Angeklagten, weil er eine Berathung des gesetzlichen Organs der Bürgerwehr zum Schutz der Volksrechte angeregt hatte, jetzt der — Aufforderung zu gewaltthätigem Angriff auf die Steuerbeamten, somit einer Correctionellsache! Jedenfalls wird der Competenzkonflikt erhoben werden. Kinkel hat für die rechtliche Seite der Frage den Advokaten Schneider II. zu seinem Rechtsbeistand gewählt, wird sich aber die Ehre nicht nehmen lassen, seine Sache in beiden Prozessen auch selbst zu ver-

*) Wir benutzen diese Gelegenheit, um auf eine Erklärung der Redaktion über den Gödsche in Nro 219 zurückzukommen. Wir finden bei näherer Ansicht, daß Gödsche von Düsseldorf, nicht von Berlin aus sich zum Mitarbeiter der „N. Rh. Ztg.“ anbot. Herr Gödsche schickte sogar Proben ein. A. d. R.
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zeigt, pures, ächtes Gold sei. Der Kapitän endet damit, daß er mir seine Absicht kund gibt, in eigener Person einen Ausflug an Ort und Stelle zu machen. Nach seiner Entfernung sagte uns Bradley, daß Malcolm vorhabe, sich gerade nach der Colonie Sacramento zu begeben, und da die &#x201E;amerikanische Fourche&#x201C; sich in der Nähe befände, so würden wir wohl thun, ihn auf seiner Reise zu begleiten. Es ist dies 100 - 120 engl. Meilen (30 bis 40 franz. Meilen) von San Francisco.&#x201C;</p>
          <p>Der Verfasser bricht hiermit die Note in seinem Tagebuche ab, und wie ein Reisender, der bei der Niederschreibung solcher Noten wenig auf die Kunst der Uebergänge bedacht ist, finden wir erst unter dem Datum vom 10. Mai das Tagebuch weitergeführt.</p>
          <p>&#x201E;Gestern und heute ist von weiter nichts die Rede gewesen, als von der Mine, der &#x201E;Goldlage&#x201C;, wie man hier zu Lande sagt. Vier Personen sind heute wieder angekommen mit beträchtlichen Quantitäten von diesem Metalle. Der erste Alkade, so wie alle Kaufleute von hier haben es geprüft. Bradley ließ uns einen Goldkern von einer viertel Unze sehen, den er für 3 und einen halben Dollar gekauft hatte. Was mich anbetrifft, so zweifle ich nicht mehr, daß es gutes, ächtes Gold ist. Einige Personen, sagt man, sind schon abgereist, um die Mine selbst zu untersuchen. Nach der Zeitung, die hier am Orte erscheint, haben sie sich sogar mit Arbeitswerkzeugen, Schaufeln und Haken versehen, um auf eigene Rechnung zu arbeiten. Ich glaube jedoch, daß dies ihnen verboten wird, da der Kapitän schon an Hrn. Mason geschrieben hat, um die Bevollmächtigung zu erhalten, im Namen der Regierung, Besitz von der Mine zu nehmen, die, sagt er, Staatseigenthum sei.</p>
          <p>&#x201E;13. Mai.&#x201C; Die Sache ist abgemacht: nächsten Mittwoch reisen wir ab nach dem Thale von Sacramento. Ich weiß nicht &#x2014; aber ich habe starke Anfälle von dem gelben Mineralfieber, das hier die herrschende Krankheit geworden, und ich warte auf den nächsten Mittwoch mit wahrer Ungeduld.</p>
          <p>&#x201E;17. Mai.&#x201C; Das ganze Land ist toll geworden. Die Handwerker lassen ihre Arbeit im Stiche und ziehen aus. Auf einer Promenade durch die Stadt bemerkte ich, daß von über 50 neuen Bauten, die man aufzuführen im Begriffe war, kaum noch an einem halben Dutzend fortgearbeitet wird. Ich zählte über 18 geschlossene Häuser. Die früheren Bewohner sind zur Goldquelle hin. Schickt der Oberst Mason wirklich, wie es allgemein hier heißt, Truppen an die &#x201E;amerikanische Fourche&#x201C;, so haben diese armen Leute ihre Zeit und Mühe verloren.&#x201C;</p>
          <p>Trotz ihrer immer steigenden Ungeduld, können unsere Leute ihre Reise noch nicht antreten. Der Sattler, der ihnen die nöthigen Gegenstände zu einer Excursion in ein noch wenig erforschtes Land liefern sollte, verliert nacheinander alle seine Arbeiter, die ohne Weiteres nach dem &#x201E;Golddistrikte&#x201C; hinlaufen, und so vertröstet er seine Kundschaft von einem Tage zum andern. Während sich so unsere Freunde in die Nothwendigkeit versetzt sehen, auf den Sattler zu warten, vermehrt sich ihre Gesellschaft um eine neue Person; es ist dies ein Spanier, Namens Don Louis Palo, bei dem sie in Monterey vor noch nicht 14 Tagen zu Mittag gespeist hatten, und der damals so wenig an die Goldminen dachte, daß er darauf und daran war, sein Vermögen zu liquidiren, um nach Europa zurückzukehren.</p>
          <p>&#x201E;22. Mai.&#x201C; Neue Ungelegenheit: der Sattler hat sein Wort noch nicht gehalten. Während Malcolm, Bradley und ich im Fluchen gegen ihn begriffen waren, wer kömmt auf uns zu? Don Louis Palo. Das Goldfieber hatte sich bis nach Monterey hingezogen, und er hat sich entschlossen, nach der Mine zu gehen, um zu arbeiten, wie die Andern. Er hat als Bedienten bei sich einen Indianer, Namens José, und war klug genug, Alles, was er etwa nöthig gebrauchen kann, mitzunehmen. Er behauptet, daß Alles, was man von Truppensendungen von Seiten des Obersten Mason sagt, eine Fabel sei. Viele Soldaten aus der Garnison von Monterey seien zwar hin nach der &#x201E;amerikanischen Fourche&#x201C;, aber es seien dies schlechtweg Deserteurs, die dahin gegangen, um für ihre eigene Rechnung zu arbeiten.</p>
          <p>So viel scheint gewiß, daß man Gold auf einer Fläche von mehrern engl. Meilen gefunden. Diese letzte Nachricht bestimmt uns vollends, ein Gleiches zu thun wie Don Louis, d. h. fortzugehen und selbst zu arbeiten wie Handlanger.</p>
          <p>Allerdings, wenn vier Personen, die in der Gesellschaft einen gewissen Rang einnehmen, auf und davon laufen, um ihre Glückspläne auf vielleicht ganz absurde Gerüchte zu bauen, so mag man Ursache genug haben, sie für Narren anzusehen. Wenn man aber vor seinen Augen tagtäglich Tausende von Menschen mit denselben Plänen abziehen sieht, so ist es unmöglich, vom Beispiele nicht hingerissen zu werden.</p>
          <p>Wir hielten demnach eine längere Berathung, um unsern Schlachtplan definitiv festzustellen, und während wir noch im Berathen begriffen waren, hatten wir die Freude, unsern Freund Macphail zu uns kommen zu sehen, um mit in unser Unternehmen einzutreten. Es wurde also folgendes allgemein beschlossen: Jeder sollte sich mit zwei Pferden versehen, eins für sich, und das andere, um seine Effekten zu tragen, so wie einen Theil des gemeinsamen Gepäckes. Außerdem mußte Jeder sich mit Gewehr, Pistolen, u. s. w. versehen, und wenn es anginge, auch mit einem Zelte, so wie mit Schaufeln, Hacken, einem guten Beile, Decken, Kaffee, Zucker, Branntwein, Messern, Gabeln, Tellern, Töpfen, kurz mit allen den Gegenständen, die man zum Leben im Feldlager gebraucht.</p>
          <p>&#x201E;Gegen 4 Uhr, nachdem wir den ganzen Tag dem Sattler nicht von der Seite gewichen, erhielten wir endlich unsere Koffer, Sättel u. s. w. Als ich gegen Abend zu ihm zurückkehren wollte, um eine kleine Aenderung an der Equipage vornehmen zu lassen, fand ich das Haus verschlossen, und auf der Thüre stand grschrieben: &#x201E;nach der Mine abgereist.&#x201C;</p>
          <p>Den 24. Mai endlich reisen unsere Freunde ab, und gelangen</p>
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        <head>[Deutschland]</head>
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          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Der demokratische Panslawismus, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/8.     </bibl>                </note>
          <p>Wie haltlos und unklar die Phantasterei des Slavenkongresses war, das beweisen seine Früchte. Das Bombardement einer Stadt wie Prag würde jede andere Nation mit dem unauslöschlichsten Haß gegen die Unterdrücker erfüllt haben. Was thaten die Czechen? Sie küßten die Ruthe, die sie bis aufs Blut gezüchtigt, die schworen begeistert zu der Fahne, unter der ihre Brüder niedergemetzelt, ihre Weiber geschändet worden waren. Der Prager Straßenkampf war der Wendepunkt für die östreichischen demokratischen Panslavisten. Um die Aussicht auf ihre elende &#x201E;nationale Selbstständigkeit&#x201C; verkauften sie die Demokratie, die Revolution an die östreichische Gesammtmonarchie, an &#x201E;das Centrum,&#x201C; &#x201E;die systematische Durchführung des Despotismus im Herzen Europa's,&#x201C; wie Bakunin p. 29 selbst sagt. Und für diesen feigen, niederträchtigen Verrath an der Revolution werden wir einst blutige Rache an den Slaven nehmen.</p>
          <p>Daß sie von der Contrerevolution nichtsdestoweniger geprellt worden sind, daß weder an ein &#x201E;slavisches Oestreich&#x201C; noch an einen &#x201E;Föderativstaat mit gleichberechtigten Nationen&#x201C; und am allerwenigsten an demokratische Institutionen für die östreichischen Slaven zu denken ist, das ist diesen Verräthern endlich klar geworden. Jellachich, der kein größerer Schurke ist als die meisten übrigen Demokraten der östreichischen Slaven, bereut bitter, wie man ihn exploitirt hat, und Stratimirovich, um sich nicht länger exploitiren zu lassen, hat den offenen Aufstand gegen Oestreich proklamirt. Die Slovanska Lipa-Vereine stehen überall der Regierung wieder gegenüber und machen täglich neue schmerzliche Erfahrungen darüber, in welche Falle sie sich haben locken lassen. Aber es ist jetzt zu spät; in ihrer eigenen Heimath ohne Macht gegen die von ihnen selbst reorganisirte östreichische Soldateska, zurückgestoßen von den Deutschen und Magyaren, die sie verrathen haben, zurückgestoßen von dem revolutionären Europa, werden sie denselben Militärdespotismus zu ertragen haben, den sie den Wienern und Magyaren aufbürden halfen. &#x201E;Seid unterwürfig dem Kaiser, damit die kaiserlichen Truppen Euch nicht behandeln als seiet Ihr rebellische Magyaren&#x201C; &#x2014; in diesen Worten des Patriarchen Rajachich ist es ausgesprochen, was sie zunächst zu erwarten haben.</p>
          <p>Wie ganz anders haben die <hi rendition="#g">Polen</hi> gehandelt! Seit achtzig Jahren unterdrückt, geknechtet, ausgesogen, haben sie sich stets auf die Seite der Revolution gestellt, haben die Revolutionirung Polen's mit der Unabhängigkeit Polen's für unzertrennlich erklärt. In Paris, in Wien, in Berlin, in Italien, in Ungarn haben die Polen bei allen Revolutionen und Revolutionskriegen mitgekämpft, unbekümmert ob sie gegen Deutsche, gegen Slaven, gegen Magyaren, ja ob sie gegen <hi rendition="#g">Polen</hi> kämpften. Die Polen sind die einzige slavische Nation, die von allen panslavistischen Gelüsten frei ist. Aber sie haben auch sehr gute Gründe dazu: sie sind hauptsächlich von <hi rendition="#g">ihren eignen slavischen</hi> sogenannten <hi rendition="#g">Brüdern</hi> unterjocht worden, und bei dem Polen geht der Russenhaß noch vor den Deutschenhaß, und mit vollem Recht. Daher aber, weil die Befreiung Polen's von der Revolution unzertrennlich, weil Pole und Revolutionär identische Worte geworden sind, daher ist den Polen auch die Sympathie von ganz Europa, und die Wiederherstellung ihrer Nationalität ebenso sicher, wie den Czechen, Kroaten und Russen der Haß von ganz Europa und der blutigste Revolutionskrieg des ganzen Westens gegen sie.</p>
          <p>Die östreichischen Panslavisten sollten einsehen, daß alle ihre Wünsche, soweit sie überhaupt erfüllbar, in der Herstellung der &#x201E;östreichischen Gesammtmonarchie&#x201C; unter russischem Schutz erfüllt sind. Zerfällt Oestreich, so steht ihnen der revolutionäre Terrorismus der Deutschen und Magyaren bevor, keineswegs aber, wie sie sich einbilden, die Befreiung sämmtlicher unter Oestreich's Scepter geknechteten Nationen. Sie müssen daher wünschen, daß Oestreich zusammenbleibe, ja, daß Galizien bei Oestreich bleibe, damit die Slaven die Majorität im Staat behalten. Die <hi rendition="#g">panslavistischen</hi> Interessen stehen hier also schon der Wiederherstellung <hi rendition="#g">Polen's direkt entgegen;</hi> denn ein Polen ohne Galizien, ein Polen das nicht von der Ostsee bis an die Karpathen geht, ist kein Polen. Darum aber ist ein &#x201E;slavisches Oestreich&#x201C; immer noch ebenfalls ein bloßer Traum; denn ohne die Suprematie der Deutschen und Magyaren, ohne die beiden Centren Wien und Budapesth fällt Oestreich wiederum auseinander, wie seine ganze Geschichte bis auf die letzten Monate beweist. Die Realisirung des Panslavismus würde sich demnach auf das russische Patronat über Oestreich beschränken müssen. Die offen reaktionären Panslavisten hatten daher ganz Recht, wenn sie sich an die Erhaltung der Gesammtmonarchie anklammerten; es war das einzige Mittel, irgend Etwas zu retten. Die sogenannten demokratischen Panslavisten waren aber in einem argen Dilemma: entweder Aufgebung der Revolution und wenigstens theilweise Rettung der Nationalität durch die Gesammtmonarchie, oder Aufgebung der Nationalität und Rettung der Revolution durch den Zerfall der Gesammtmonarchie. Damals hing das Schicksal der osteuropäischen Revolution von der Stellung der Czechen und Südslaven ab; wir werden es ihnen nicht vergessen, daß sie im entscheidenden Augenblick um ihrer kleinlichen Nationalhoffnungen willen die Revolution an Petersburg und Olmütz verrathen haben!</p>
          <p>Was würde man dazu sagen, wenn die demokratische Partei in Deutschland ihr Programm mit der Rückforderung von Elsaß, Lothringen und von dem, in jeder Beziehung zu Frankreich gehörigen Belgien eröffneten, unter dem Vorwande, daß dort die Majorität der Bevölkerung germanisch ist? Wie lächerlich würden sich die deutschen Demokraten machen, wollten sie eine pangermanistische deutsch-dänisch-schwedisch-englisch-holländische Allianz zur &#x201E;Befreiung&#x201C; aller deutschredenden Länder herstellen! Die deutsche Demokratie ist glücklicherweise über diese Phantastereien hinaus. Die deutschen Studenten von 1817 und 1830 trugen sich mit dergleichen reaktionären Schwärmereien herum und werden heute in ganz Deutschland nach Verdienst gewürdigt. Die deutsche Revolution kam erst zu Stande, die deutsche Nation fing erst an etwas zu werden, als man sich vollständig von diesen Futilitäten befreit hatte.</p>
          <p>Ebenso kindisch und reaktionär wie der Pangermanismus ist aber auch der Panslavismus. Wenn man die Geschichte der panslavistischen Bewegung des letzten Frühjahrs in Prag nachliest, so meint man dreißig Jahre zurück versetzt zu sein: trikolore Bänder, altfränkische Kostüme, altslavische Messen, vollständige Restauration der Zeit und der Sitten der Urwälder; die Swornost eine komplete Burschenschaft, der Slavenkongreß eine neue Auflage des Wartburgfestes; dieselben Phrasen, dieselbe Schwärmerei, derselbe Jammer nachher: &#x201E;Wir hatten gebauet ein stattliches Haus&#x201C; u. s. w. Wer dies berühmte Lied in slavische Prosa übersetzt lesen will, der lese Bakunin's Broschüre.</p>
          <p>Gerade wie bei den deutschen Burschenschäftlern auf die Dauer die entschiedenste kontrerevolutionäre Gesinnung und der wüthendste Franzosenhaß und das bornirteste Nationalgefühl hervortrat, wie sie später Alle zu Verräthern an der Sache wurden, für die zu schwärmen sie vorgegeben &#x2014; gerade so, nur rascher, weil das Jahr 1848 ein Revolutionsjahr war, löste sich bei den demokratischen Panslavisten der demokratische Schein sehr bald in fanatischen Deutschen- und Magyarenhaß, in indirekte Opposition gegen die Wiederherstellung Polens (Lubomirski), und in direkten Anschluß an die Kontrerevolution auf.</p>
          <p>Und wenn einzelne aufrichtige slavische Demokraten jetzt den österreichischen Slaven zurufen, sie sollten sich der Revolution anschließen, die österreichische Gesammtmonarchie als ihren Hauptfeind ansehen, ja im Interesse der Revolution mit den Magyaren halten, so erinnern sie an die Henne, die am Rand des Teichs umherläuft in Verzweiflung über die jungen Enten, die sie selbst ausgebrütet und die ihr nun plötzlich auf ein wildfremdes Element entweichen, wohin sie ihnen nicht folgen kann.</p>
          <p>Machen wir uns übrigens keine Illusionen. Bei allen Panslavisten geht die Nationalität, d. h. die phantastische, allgemeinslavische Nationalität <hi rendition="#g">vor der Revolution</hi>. Die Panslavisten wollen sich der Revolution anschließen unter der Bedingung, daß es ihnen gestattet werde, alle Slaven ohne Ausnahme, ohne Rücksicht auf die materiellsten Nothwendigkeiten in selbstständige slavische Staaten zu konstituiren. Hätten wir Deutschen dieselben phantastischen Bedingungen stellen wollen, wir wären im März weit gekommen! Die Revolution aber läßt sich keine Bedingungen stellen. Entweder ist man revolutionär, und acceptirt die Folgen der Revolution, sie seien welche sie wollen, oder man wird der Contrerevolution in die Arme gejagt und findet sich, vielleicht ganz wider Wissen und Willen, eines Morgens Arm in Arm mit Nikolaus und Windischgrätz.</p>
          <p>Wir und die Magyaren sollen den östreichischen Slaven ihre Selbstständigkeit garantiren &#x2014; so verlangt Bakunin, und Leute von dem Kaliber eines Ruge sind kapabel, ihm solche Versprechungen unter vier Augen wirklich gemacht zu haben. Man verlangt von uns und den übrigen revolutionären Nationen Europa's, wir sollen den Heerden der Contrerevolution dicht an unsrer Thür eine ungehinderte Existenz, freies Verschwörungs- und Waffenrech gegen die Revolution garantiren; wir sollen mitten im Herzen von Deutschland ein kontrerevolutionäres czechisches Reich konstituiren, die Macht der deutschen, polnischen und magyarischen Revolutionen durch dazwischen geschobne russische Vorposten an der Elbe, den Karpathen und der Donau brechen!</p>
          <p>Wir denken nicht daran. Auf die sentimentalen Brüderschaftsphrasen, die uns hier im Namen der contrerevolutionärsten Nationen Europa's dargeboten werden, antworten wir: daß der Russenhaß die <hi rendition="#g">erste revolutionäre Leidenschaft</hi> bei den Deutschen war und noch ist; daß seit der Revolution der Czechen- und Kroatenhaß hinzugekommen ist, und daß wir, in Gemeinschaft mit Polen und Magyaren, nur durch den entschiedensten Terrorismus gegen diese slavischen Völker die Revolution sicher stellen können. Wir wissen jetzt, wo die Feinde der Revolution konzentrirt sind: in Rußland und den östreichischen Slavenländern; und keine Phrasen, keine Anweisungen auf eine unbestimmte demokratische Zukunft dieser Länder werden uns abhalten, unsere Feinde als Feinde zu behandeln.</p>
          <p>Und wenn Bakunin endlich ausruft: &#x201E;Wahrlich, nichts <hi rendition="#g">einbüßen</hi> soll der Slave, sondern <hi rendition="#g">gewinnen</hi> soll er! Wahrlich, leben soll er! Und wir werden leben. So lange uns der <hi rendition="#g">kleinste Theil</hi> unsrer Rechte bestritten wird, so lange <hi rendition="#g">ein einziges Glied von unsrem gesammten Leibe abgetrennt oder losgerissen gehalten wird,</hi> so lange werden wir <hi rendition="#g">bis aufs Blut</hi>, werden wir unerbittlich <hi rendition="#g">auf Tod und Leben kämpfen</hi>, bis das Slaventhum endlich groß und frei und unabhängig in der Welt dasteht&#x201C; &#x2014; wenn der revolutionäre Panslavismus diese Stelle ernstlich meint, und wo es sich um die phantastisch-slavische Nationalität handelt, die Revolution ganz aus dem Spiele läßt, dann wissen wir auch was wir zu thun haben.</p>
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          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Der demokratische Panslawismus, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/8.         </bibl>                </note>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 15. Febr.</head>
          <p>Es gehen uns einige nähere Mittheilungen über den Expostsekretär <hi rendition="#g">Gödsche,</hi> Redakteur des Feuilletons der &#x201E;Neuen Preußischen Zeitung&#x201C;, zu. *)</p>
          <note place="foot">*) Wir benutzen diese Gelegenheit, um auf eine Erklärung der Redaktion über den Gödsche in Nro 219 zurückzukommen. Wir finden bei näherer Ansicht, daß Gödsche von <hi rendition="#g">Düsseldorf,</hi> nicht von <hi rendition="#g">Berlin</hi> aus sich zum Mitarbeiter der &#x201E;N. Rh. Ztg.&#x201C; anbot. Herr Gödsche schickte sogar Proben ein. <bibl>A. d. R.</bibl>                </note>
          <p>Gödsche redigirte früher in Düsseldorf das Kreisblatt und war fleißiger Mitarbeiter am &#x201E;Rheinischen Beobachter&#x201C;. Er war in den Prozeß der Gräfin Hatzfeldt verwickelt und mit Herrn von Stockum innig liirt; er mußte damals, auf einen Wink von oben, <hi rendition="#g">freiwillig</hi> ausscheiden. Uebrigens würden die in jenem Prozesse an's Licht gezogenen Briefgeschichten zur nähern Würdigung des Gödsche auszubeuten sein. Nachdem Gödsche aus dem Postdienste entfernt war, wurde er sofort zur Expedirung reaktionärer Flugblätter verwandt. Gödsche hatte fast in jedem Postbureau Bekannte, fand aber nur wenige, die seine Aufträge ausführten.</p>
          <p>Ein genauer Freund dieses Obercolporteurs der Partei &#x201E;mit Gott für König und Vaterland,&#x201C; ist der Postsekretär <hi rendition="#g">Ritter,</hi> der im vorigen Sommer von Hamm aus die westphälischen Gegenden mit skandalösen Flugblättern überschwemmte. In Hamm verbreitete er solche höchsteigenhändig, indem er sie den fremden Zeitungen beilegte und den Leuten, welche Briefe abholten, in die Hand drückte. Der Chef des Hamm'schen Postamtes ist ein alter Major, der die Stelle bloß als Civilversorgung inne hat. Der eigentliche Dirigent, der auch die Verfügungen des Majors gegenzeichnete, war aber Herr Ritter. Gleichwohl traten die jüngern Postsekretäre im Hammer Wochenblatte gegen diese ritterliche Amtsüberschreitung entschieden auf. Herr Ritter antwortete in demselben Blatte: Er habe sich bei der Verbreitung der Flugblätter nichts Böses gedacht, das Publikum wolle stets etwas Neues hören und nur um diesem gefällig zu sein, habe er die Blätter verbreitet.</p>
          <p>Die Kölner Postbeamten beantragten hierauf beim Ministerium für Handel und Gewerbe, in Erwägung, daß Ritter 1) seine Amtsbefugniß überschritten, 2) dem Befehle des Herrn Kühlwetter, wonach kein Beamter reaktionäre Tendenzen an den Tag legen solle, insbesondere zuwiderhandle, die Entfernung des Ritter aus dem Staatsdienste, gaben auch der Frankfurter Nationalversammlung von dem Treiben des Ritter Kenntniß. Auf die ganze Denunciation erfolgte nichts, als daß der Regierungsrath Bergmann aus Arnsberg und der Landrath v. Vincke in Hamm (Bruder des Ritters) den Auftrag erhielten, den Ritter zu vernehmen. Wie derselbe sich mit beiden Herren vereinbart hat, ist uns zwar unbekannt geblieben. Das aber wissen wir, daß er zunächst im Auftrage des Generalpostamtes verschiedene Commissorien ausführte, welche ihm außer seinem Gehalte täglich 3 Thlr. 10 Sgr. einbrachten und daß er dann am 9. d. Mts. seinen Einzug in <hi rendition="#g">Köln</hi> hielt. Auch hier versieht er ein Commissorium. &#x2014; Welches? Auch hier genießt er die Gehaltszulage von 1 Thlr. 10 Sgr. Wird vielleicht die Denunciation der hiesigen Postbeamten dadurch beantwortet, daß man sie jetzt durch den Denuncirten selbst beaufsichtigen läßt?</p>
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          <head><bibl><author>144</author></bibl> Bonn, 15. Febr.</head>
          <p>Morgen, Freitag den 16. früh 9 Uhr, haben wir schon wieder einen politischen Prozeß, und zwar diesmal einen doppelten gegen Eine Person; beide aber sonderbarer Weise vor dem Zuchtpolizeigericht statt vor Assisen. Der Abgeordnete für die Kreise Bonn und Sieg, Professor <hi rendition="#g">Kinkel,</hi> Redakteur der social-demokratischen &#x201E;Neuen Bonner Zeitung&#x201C; und ihres Beiblattes &#x201E;Spartacus&#x201C;, ist von Seiten des Mainzer Commandanten (des aus den bekannten Fiscus-Untersuchungen der preuß. Nationalversammlung berühmten Gratiflkations-Beziehers <hi rendition="#g">Hüser</hi>) wegen eines Artikels in der frühern Bonner Zeitung, der die grauenvolle Tödtung durch preußische Soldaten auf der Mainzer Brücke erzählte, der <hi rendition="#g">Calumnie gegen die damals in Mainz gestandenen preuß. Soldaten</hi> angeschuldigt. Die Vertheidigung wird darthun, daß diese Soldaten im Dienst waren, daß also, wenn eine Calumnie denkbar wäre ohne Bezeichnung eines bestimmten Individuums, jedenfalls der Prozeß vor Geschworene gehört, weil er ein politischer ist. Der andere Prozeß bezieht sich auf Steuerverweigerung. Kinkel hatte in einer von den Offizieren der Bonner Bürgerwehr damals (am 9. Nov.) einberufenen Versammlung der Wehrmänner den Antrag gestellt, die Thore zum Zweck der Steuerverweigerung mit Bürgerwehr zu besetzen. Er brachte auch diesen Antrag gegen ganz wenige Stimmen durch, um so mehr, da er ausdrücklich hervorhob, daß bereits durch Volkstumulte das Leben und die Gesundheit der Steuerbeamten gefährdet sei. Die Behörden verordneten damals die Verhaftung des Angeschuldigten, setzten also offenbar voraus, daß ein politischer Prozeß, somit eine Geschworenensache, vorliege. Aber man besann sich &#x2014; und statt des Prozesses wegen Steuerverweigerung, mit dem man vor rheinischen Geschworenen nicht durchkonnte, beschuldigte man den Angeklagten, weil er eine Berathung des gesetzlichen Organs der Bürgerwehr zum Schutz der Volksrechte angeregt hatte, jetzt der &#x2014; Aufforderung zu gewaltthätigem Angriff auf die Steuerbeamten, somit einer Correctionellsache! Jedenfalls wird der Competenzkonflikt erhoben werden. Kinkel hat für die rechtliche Seite der Frage den Advokaten <hi rendition="#g">Schneider II.</hi> zu seinem Rechtsbeistand gewählt, wird sich aber die Ehre nicht nehmen lassen, seine Sache in beiden Prozessen auch selbst zu ver-
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[1224/0002] zeigt, pures, ächtes Gold sei. Der Kapitän endet damit, daß er mir seine Absicht kund gibt, in eigener Person einen Ausflug an Ort und Stelle zu machen. Nach seiner Entfernung sagte uns Bradley, daß Malcolm vorhabe, sich gerade nach der Colonie Sacramento zu begeben, und da die „amerikanische Fourche“ sich in der Nähe befände, so würden wir wohl thun, ihn auf seiner Reise zu begleiten. Es ist dies 100 - 120 engl. Meilen (30 bis 40 franz. Meilen) von San Francisco.“ Der Verfasser bricht hiermit die Note in seinem Tagebuche ab, und wie ein Reisender, der bei der Niederschreibung solcher Noten wenig auf die Kunst der Uebergänge bedacht ist, finden wir erst unter dem Datum vom 10. Mai das Tagebuch weitergeführt. „Gestern und heute ist von weiter nichts die Rede gewesen, als von der Mine, der „Goldlage“, wie man hier zu Lande sagt. Vier Personen sind heute wieder angekommen mit beträchtlichen Quantitäten von diesem Metalle. Der erste Alkade, so wie alle Kaufleute von hier haben es geprüft. Bradley ließ uns einen Goldkern von einer viertel Unze sehen, den er für 3 und einen halben Dollar gekauft hatte. Was mich anbetrifft, so zweifle ich nicht mehr, daß es gutes, ächtes Gold ist. Einige Personen, sagt man, sind schon abgereist, um die Mine selbst zu untersuchen. Nach der Zeitung, die hier am Orte erscheint, haben sie sich sogar mit Arbeitswerkzeugen, Schaufeln und Haken versehen, um auf eigene Rechnung zu arbeiten. Ich glaube jedoch, daß dies ihnen verboten wird, da der Kapitän schon an Hrn. Mason geschrieben hat, um die Bevollmächtigung zu erhalten, im Namen der Regierung, Besitz von der Mine zu nehmen, die, sagt er, Staatseigenthum sei. „13. Mai.“ Die Sache ist abgemacht: nächsten Mittwoch reisen wir ab nach dem Thale von Sacramento. Ich weiß nicht — aber ich habe starke Anfälle von dem gelben Mineralfieber, das hier die herrschende Krankheit geworden, und ich warte auf den nächsten Mittwoch mit wahrer Ungeduld. „17. Mai.“ Das ganze Land ist toll geworden. Die Handwerker lassen ihre Arbeit im Stiche und ziehen aus. Auf einer Promenade durch die Stadt bemerkte ich, daß von über 50 neuen Bauten, die man aufzuführen im Begriffe war, kaum noch an einem halben Dutzend fortgearbeitet wird. Ich zählte über 18 geschlossene Häuser. Die früheren Bewohner sind zur Goldquelle hin. Schickt der Oberst Mason wirklich, wie es allgemein hier heißt, Truppen an die „amerikanische Fourche“, so haben diese armen Leute ihre Zeit und Mühe verloren.“ Trotz ihrer immer steigenden Ungeduld, können unsere Leute ihre Reise noch nicht antreten. Der Sattler, der ihnen die nöthigen Gegenstände zu einer Excursion in ein noch wenig erforschtes Land liefern sollte, verliert nacheinander alle seine Arbeiter, die ohne Weiteres nach dem „Golddistrikte“ hinlaufen, und so vertröstet er seine Kundschaft von einem Tage zum andern. Während sich so unsere Freunde in die Nothwendigkeit versetzt sehen, auf den Sattler zu warten, vermehrt sich ihre Gesellschaft um eine neue Person; es ist dies ein Spanier, Namens Don Louis Palo, bei dem sie in Monterey vor noch nicht 14 Tagen zu Mittag gespeist hatten, und der damals so wenig an die Goldminen dachte, daß er darauf und daran war, sein Vermögen zu liquidiren, um nach Europa zurückzukehren. „22. Mai.“ Neue Ungelegenheit: der Sattler hat sein Wort noch nicht gehalten. Während Malcolm, Bradley und ich im Fluchen gegen ihn begriffen waren, wer kömmt auf uns zu? Don Louis Palo. Das Goldfieber hatte sich bis nach Monterey hingezogen, und er hat sich entschlossen, nach der Mine zu gehen, um zu arbeiten, wie die Andern. Er hat als Bedienten bei sich einen Indianer, Namens José, und war klug genug, Alles, was er etwa nöthig gebrauchen kann, mitzunehmen. Er behauptet, daß Alles, was man von Truppensendungen von Seiten des Obersten Mason sagt, eine Fabel sei. Viele Soldaten aus der Garnison von Monterey seien zwar hin nach der „amerikanischen Fourche“, aber es seien dies schlechtweg Deserteurs, die dahin gegangen, um für ihre eigene Rechnung zu arbeiten. So viel scheint gewiß, daß man Gold auf einer Fläche von mehrern engl. Meilen gefunden. Diese letzte Nachricht bestimmt uns vollends, ein Gleiches zu thun wie Don Louis, d. h. fortzugehen und selbst zu arbeiten wie Handlanger. Allerdings, wenn vier Personen, die in der Gesellschaft einen gewissen Rang einnehmen, auf und davon laufen, um ihre Glückspläne auf vielleicht ganz absurde Gerüchte zu bauen, so mag man Ursache genug haben, sie für Narren anzusehen. Wenn man aber vor seinen Augen tagtäglich Tausende von Menschen mit denselben Plänen abziehen sieht, so ist es unmöglich, vom Beispiele nicht hingerissen zu werden. Wir hielten demnach eine längere Berathung, um unsern Schlachtplan definitiv festzustellen, und während wir noch im Berathen begriffen waren, hatten wir die Freude, unsern Freund Macphail zu uns kommen zu sehen, um mit in unser Unternehmen einzutreten. Es wurde also folgendes allgemein beschlossen: Jeder sollte sich mit zwei Pferden versehen, eins für sich, und das andere, um seine Effekten zu tragen, so wie einen Theil des gemeinsamen Gepäckes. Außerdem mußte Jeder sich mit Gewehr, Pistolen, u. s. w. versehen, und wenn es anginge, auch mit einem Zelte, so wie mit Schaufeln, Hacken, einem guten Beile, Decken, Kaffee, Zucker, Branntwein, Messern, Gabeln, Tellern, Töpfen, kurz mit allen den Gegenständen, die man zum Leben im Feldlager gebraucht. „Gegen 4 Uhr, nachdem wir den ganzen Tag dem Sattler nicht von der Seite gewichen, erhielten wir endlich unsere Koffer, Sättel u. s. w. Als ich gegen Abend zu ihm zurückkehren wollte, um eine kleine Aenderung an der Equipage vornehmen zu lassen, fand ich das Haus verschlossen, und auf der Thüre stand grschrieben: „nach der Mine abgereist.“ Den 24. Mai endlich reisen unsere Freunde ab, und gelangen [Deutschland] Wie haltlos und unklar die Phantasterei des Slavenkongresses war, das beweisen seine Früchte. Das Bombardement einer Stadt wie Prag würde jede andere Nation mit dem unauslöschlichsten Haß gegen die Unterdrücker erfüllt haben. Was thaten die Czechen? Sie küßten die Ruthe, die sie bis aufs Blut gezüchtigt, die schworen begeistert zu der Fahne, unter der ihre Brüder niedergemetzelt, ihre Weiber geschändet worden waren. Der Prager Straßenkampf war der Wendepunkt für die östreichischen demokratischen Panslavisten. Um die Aussicht auf ihre elende „nationale Selbstständigkeit“ verkauften sie die Demokratie, die Revolution an die östreichische Gesammtmonarchie, an „das Centrum,“ „die systematische Durchführung des Despotismus im Herzen Europa's,“ wie Bakunin p. 29 selbst sagt. Und für diesen feigen, niederträchtigen Verrath an der Revolution werden wir einst blutige Rache an den Slaven nehmen. Daß sie von der Contrerevolution nichtsdestoweniger geprellt worden sind, daß weder an ein „slavisches Oestreich“ noch an einen „Föderativstaat mit gleichberechtigten Nationen“ und am allerwenigsten an demokratische Institutionen für die östreichischen Slaven zu denken ist, das ist diesen Verräthern endlich klar geworden. Jellachich, der kein größerer Schurke ist als die meisten übrigen Demokraten der östreichischen Slaven, bereut bitter, wie man ihn exploitirt hat, und Stratimirovich, um sich nicht länger exploitiren zu lassen, hat den offenen Aufstand gegen Oestreich proklamirt. Die Slovanska Lipa-Vereine stehen überall der Regierung wieder gegenüber und machen täglich neue schmerzliche Erfahrungen darüber, in welche Falle sie sich haben locken lassen. Aber es ist jetzt zu spät; in ihrer eigenen Heimath ohne Macht gegen die von ihnen selbst reorganisirte östreichische Soldateska, zurückgestoßen von den Deutschen und Magyaren, die sie verrathen haben, zurückgestoßen von dem revolutionären Europa, werden sie denselben Militärdespotismus zu ertragen haben, den sie den Wienern und Magyaren aufbürden halfen. „Seid unterwürfig dem Kaiser, damit die kaiserlichen Truppen Euch nicht behandeln als seiet Ihr rebellische Magyaren“ — in diesen Worten des Patriarchen Rajachich ist es ausgesprochen, was sie zunächst zu erwarten haben. Wie ganz anders haben die Polen gehandelt! Seit achtzig Jahren unterdrückt, geknechtet, ausgesogen, haben sie sich stets auf die Seite der Revolution gestellt, haben die Revolutionirung Polen's mit der Unabhängigkeit Polen's für unzertrennlich erklärt. In Paris, in Wien, in Berlin, in Italien, in Ungarn haben die Polen bei allen Revolutionen und Revolutionskriegen mitgekämpft, unbekümmert ob sie gegen Deutsche, gegen Slaven, gegen Magyaren, ja ob sie gegen Polen kämpften. Die Polen sind die einzige slavische Nation, die von allen panslavistischen Gelüsten frei ist. Aber sie haben auch sehr gute Gründe dazu: sie sind hauptsächlich von ihren eignen slavischen sogenannten Brüdern unterjocht worden, und bei dem Polen geht der Russenhaß noch vor den Deutschenhaß, und mit vollem Recht. Daher aber, weil die Befreiung Polen's von der Revolution unzertrennlich, weil Pole und Revolutionär identische Worte geworden sind, daher ist den Polen auch die Sympathie von ganz Europa, und die Wiederherstellung ihrer Nationalität ebenso sicher, wie den Czechen, Kroaten und Russen der Haß von ganz Europa und der blutigste Revolutionskrieg des ganzen Westens gegen sie. Die östreichischen Panslavisten sollten einsehen, daß alle ihre Wünsche, soweit sie überhaupt erfüllbar, in der Herstellung der „östreichischen Gesammtmonarchie“ unter russischem Schutz erfüllt sind. Zerfällt Oestreich, so steht ihnen der revolutionäre Terrorismus der Deutschen und Magyaren bevor, keineswegs aber, wie sie sich einbilden, die Befreiung sämmtlicher unter Oestreich's Scepter geknechteten Nationen. Sie müssen daher wünschen, daß Oestreich zusammenbleibe, ja, daß Galizien bei Oestreich bleibe, damit die Slaven die Majorität im Staat behalten. Die panslavistischen Interessen stehen hier also schon der Wiederherstellung Polen's direkt entgegen; denn ein Polen ohne Galizien, ein Polen das nicht von der Ostsee bis an die Karpathen geht, ist kein Polen. Darum aber ist ein „slavisches Oestreich“ immer noch ebenfalls ein bloßer Traum; denn ohne die Suprematie der Deutschen und Magyaren, ohne die beiden Centren Wien und Budapesth fällt Oestreich wiederum auseinander, wie seine ganze Geschichte bis auf die letzten Monate beweist. Die Realisirung des Panslavismus würde sich demnach auf das russische Patronat über Oestreich beschränken müssen. Die offen reaktionären Panslavisten hatten daher ganz Recht, wenn sie sich an die Erhaltung der Gesammtmonarchie anklammerten; es war das einzige Mittel, irgend Etwas zu retten. Die sogenannten demokratischen Panslavisten waren aber in einem argen Dilemma: entweder Aufgebung der Revolution und wenigstens theilweise Rettung der Nationalität durch die Gesammtmonarchie, oder Aufgebung der Nationalität und Rettung der Revolution durch den Zerfall der Gesammtmonarchie. Damals hing das Schicksal der osteuropäischen Revolution von der Stellung der Czechen und Südslaven ab; wir werden es ihnen nicht vergessen, daß sie im entscheidenden Augenblick um ihrer kleinlichen Nationalhoffnungen willen die Revolution an Petersburg und Olmütz verrathen haben! Was würde man dazu sagen, wenn die demokratische Partei in Deutschland ihr Programm mit der Rückforderung von Elsaß, Lothringen und von dem, in jeder Beziehung zu Frankreich gehörigen Belgien eröffneten, unter dem Vorwande, daß dort die Majorität der Bevölkerung germanisch ist? Wie lächerlich würden sich die deutschen Demokraten machen, wollten sie eine pangermanistische deutsch-dänisch-schwedisch-englisch-holländische Allianz zur „Befreiung“ aller deutschredenden Länder herstellen! Die deutsche Demokratie ist glücklicherweise über diese Phantastereien hinaus. Die deutschen Studenten von 1817 und 1830 trugen sich mit dergleichen reaktionären Schwärmereien herum und werden heute in ganz Deutschland nach Verdienst gewürdigt. Die deutsche Revolution kam erst zu Stande, die deutsche Nation fing erst an etwas zu werden, als man sich vollständig von diesen Futilitäten befreit hatte. Ebenso kindisch und reaktionär wie der Pangermanismus ist aber auch der Panslavismus. Wenn man die Geschichte der panslavistischen Bewegung des letzten Frühjahrs in Prag nachliest, so meint man dreißig Jahre zurück versetzt zu sein: trikolore Bänder, altfränkische Kostüme, altslavische Messen, vollständige Restauration der Zeit und der Sitten der Urwälder; die Swornost eine komplete Burschenschaft, der Slavenkongreß eine neue Auflage des Wartburgfestes; dieselben Phrasen, dieselbe Schwärmerei, derselbe Jammer nachher: „Wir hatten gebauet ein stattliches Haus“ u. s. w. Wer dies berühmte Lied in slavische Prosa übersetzt lesen will, der lese Bakunin's Broschüre. Gerade wie bei den deutschen Burschenschäftlern auf die Dauer die entschiedenste kontrerevolutionäre Gesinnung und der wüthendste Franzosenhaß und das bornirteste Nationalgefühl hervortrat, wie sie später Alle zu Verräthern an der Sache wurden, für die zu schwärmen sie vorgegeben — gerade so, nur rascher, weil das Jahr 1848 ein Revolutionsjahr war, löste sich bei den demokratischen Panslavisten der demokratische Schein sehr bald in fanatischen Deutschen- und Magyarenhaß, in indirekte Opposition gegen die Wiederherstellung Polens (Lubomirski), und in direkten Anschluß an die Kontrerevolution auf. Und wenn einzelne aufrichtige slavische Demokraten jetzt den österreichischen Slaven zurufen, sie sollten sich der Revolution anschließen, die österreichische Gesammtmonarchie als ihren Hauptfeind ansehen, ja im Interesse der Revolution mit den Magyaren halten, so erinnern sie an die Henne, die am Rand des Teichs umherläuft in Verzweiflung über die jungen Enten, die sie selbst ausgebrütet und die ihr nun plötzlich auf ein wildfremdes Element entweichen, wohin sie ihnen nicht folgen kann. Machen wir uns übrigens keine Illusionen. Bei allen Panslavisten geht die Nationalität, d. h. die phantastische, allgemeinslavische Nationalität vor der Revolution. Die Panslavisten wollen sich der Revolution anschließen unter der Bedingung, daß es ihnen gestattet werde, alle Slaven ohne Ausnahme, ohne Rücksicht auf die materiellsten Nothwendigkeiten in selbstständige slavische Staaten zu konstituiren. Hätten wir Deutschen dieselben phantastischen Bedingungen stellen wollen, wir wären im März weit gekommen! Die Revolution aber läßt sich keine Bedingungen stellen. Entweder ist man revolutionär, und acceptirt die Folgen der Revolution, sie seien welche sie wollen, oder man wird der Contrerevolution in die Arme gejagt und findet sich, vielleicht ganz wider Wissen und Willen, eines Morgens Arm in Arm mit Nikolaus und Windischgrätz. Wir und die Magyaren sollen den östreichischen Slaven ihre Selbstständigkeit garantiren — so verlangt Bakunin, und Leute von dem Kaliber eines Ruge sind kapabel, ihm solche Versprechungen unter vier Augen wirklich gemacht zu haben. Man verlangt von uns und den übrigen revolutionären Nationen Europa's, wir sollen den Heerden der Contrerevolution dicht an unsrer Thür eine ungehinderte Existenz, freies Verschwörungs- und Waffenrech gegen die Revolution garantiren; wir sollen mitten im Herzen von Deutschland ein kontrerevolutionäres czechisches Reich konstituiren, die Macht der deutschen, polnischen und magyarischen Revolutionen durch dazwischen geschobne russische Vorposten an der Elbe, den Karpathen und der Donau brechen! Wir denken nicht daran. Auf die sentimentalen Brüderschaftsphrasen, die uns hier im Namen der contrerevolutionärsten Nationen Europa's dargeboten werden, antworten wir: daß der Russenhaß die erste revolutionäre Leidenschaft bei den Deutschen war und noch ist; daß seit der Revolution der Czechen- und Kroatenhaß hinzugekommen ist, und daß wir, in Gemeinschaft mit Polen und Magyaren, nur durch den entschiedensten Terrorismus gegen diese slavischen Völker die Revolution sicher stellen können. Wir wissen jetzt, wo die Feinde der Revolution konzentrirt sind: in Rußland und den östreichischen Slavenländern; und keine Phrasen, keine Anweisungen auf eine unbestimmte demokratische Zukunft dieser Länder werden uns abhalten, unsere Feinde als Feinde zu behandeln. Und wenn Bakunin endlich ausruft: „Wahrlich, nichts einbüßen soll der Slave, sondern gewinnen soll er! Wahrlich, leben soll er! Und wir werden leben. So lange uns der kleinste Theil unsrer Rechte bestritten wird, so lange ein einziges Glied von unsrem gesammten Leibe abgetrennt oder losgerissen gehalten wird, so lange werden wir bis aufs Blut, werden wir unerbittlich auf Tod und Leben kämpfen, bis das Slaventhum endlich groß und frei und unabhängig in der Welt dasteht“ — wenn der revolutionäre Panslavismus diese Stelle ernstlich meint, und wo es sich um die phantastisch-slavische Nationalität handelt, die Revolution ganz aus dem Spiele läßt, dann wissen wir auch was wir zu thun haben. Dann Kampf, „unerbittlichen Kampf auf Leben und Tod“ mit dem revolutionsverrätherischen Slaventhum; Vernichtungskampf und rücksichtslosen Terrorismus — nicht im Interesse Deutschlands, sondern im Interesse der Revolution! _ * Köln, 15. Febr. Es gehen uns einige nähere Mittheilungen über den Expostsekretär Gödsche, Redakteur des Feuilletons der „Neuen Preußischen Zeitung“, zu. *) Gödsche redigirte früher in Düsseldorf das Kreisblatt und war fleißiger Mitarbeiter am „Rheinischen Beobachter“. Er war in den Prozeß der Gräfin Hatzfeldt verwickelt und mit Herrn von Stockum innig liirt; er mußte damals, auf einen Wink von oben, freiwillig ausscheiden. Uebrigens würden die in jenem Prozesse an's Licht gezogenen Briefgeschichten zur nähern Würdigung des Gödsche auszubeuten sein. Nachdem Gödsche aus dem Postdienste entfernt war, wurde er sofort zur Expedirung reaktionärer Flugblätter verwandt. Gödsche hatte fast in jedem Postbureau Bekannte, fand aber nur wenige, die seine Aufträge ausführten. Ein genauer Freund dieses Obercolporteurs der Partei „mit Gott für König und Vaterland,“ ist der Postsekretär Ritter, der im vorigen Sommer von Hamm aus die westphälischen Gegenden mit skandalösen Flugblättern überschwemmte. In Hamm verbreitete er solche höchsteigenhändig, indem er sie den fremden Zeitungen beilegte und den Leuten, welche Briefe abholten, in die Hand drückte. Der Chef des Hamm'schen Postamtes ist ein alter Major, der die Stelle bloß als Civilversorgung inne hat. Der eigentliche Dirigent, der auch die Verfügungen des Majors gegenzeichnete, war aber Herr Ritter. Gleichwohl traten die jüngern Postsekretäre im Hammer Wochenblatte gegen diese ritterliche Amtsüberschreitung entschieden auf. Herr Ritter antwortete in demselben Blatte: Er habe sich bei der Verbreitung der Flugblätter nichts Böses gedacht, das Publikum wolle stets etwas Neues hören und nur um diesem gefällig zu sein, habe er die Blätter verbreitet. Die Kölner Postbeamten beantragten hierauf beim Ministerium für Handel und Gewerbe, in Erwägung, daß Ritter 1) seine Amtsbefugniß überschritten, 2) dem Befehle des Herrn Kühlwetter, wonach kein Beamter reaktionäre Tendenzen an den Tag legen solle, insbesondere zuwiderhandle, die Entfernung des Ritter aus dem Staatsdienste, gaben auch der Frankfurter Nationalversammlung von dem Treiben des Ritter Kenntniß. Auf die ganze Denunciation erfolgte nichts, als daß der Regierungsrath Bergmann aus Arnsberg und der Landrath v. Vincke in Hamm (Bruder des Ritters) den Auftrag erhielten, den Ritter zu vernehmen. Wie derselbe sich mit beiden Herren vereinbart hat, ist uns zwar unbekannt geblieben. Das aber wissen wir, daß er zunächst im Auftrage des Generalpostamtes verschiedene Commissorien ausführte, welche ihm außer seinem Gehalte täglich 3 Thlr. 10 Sgr. einbrachten und daß er dann am 9. d. Mts. seinen Einzug in Köln hielt. Auch hier versieht er ein Commissorium. — Welches? Auch hier genießt er die Gehaltszulage von 1 Thlr. 10 Sgr. Wird vielleicht die Denunciation der hiesigen Postbeamten dadurch beantwortet, daß man sie jetzt durch den Denuncirten selbst beaufsichtigen läßt? 144 Bonn, 15. Febr. Morgen, Freitag den 16. früh 9 Uhr, haben wir schon wieder einen politischen Prozeß, und zwar diesmal einen doppelten gegen Eine Person; beide aber sonderbarer Weise vor dem Zuchtpolizeigericht statt vor Assisen. Der Abgeordnete für die Kreise Bonn und Sieg, Professor Kinkel, Redakteur der social-demokratischen „Neuen Bonner Zeitung“ und ihres Beiblattes „Spartacus“, ist von Seiten des Mainzer Commandanten (des aus den bekannten Fiscus-Untersuchungen der preuß. Nationalversammlung berühmten Gratiflkations-Beziehers Hüser) wegen eines Artikels in der frühern Bonner Zeitung, der die grauenvolle Tödtung durch preußische Soldaten auf der Mainzer Brücke erzählte, der Calumnie gegen die damals in Mainz gestandenen preuß. Soldaten angeschuldigt. Die Vertheidigung wird darthun, daß diese Soldaten im Dienst waren, daß also, wenn eine Calumnie denkbar wäre ohne Bezeichnung eines bestimmten Individuums, jedenfalls der Prozeß vor Geschworene gehört, weil er ein politischer ist. Der andere Prozeß bezieht sich auf Steuerverweigerung. Kinkel hatte in einer von den Offizieren der Bonner Bürgerwehr damals (am 9. Nov.) einberufenen Versammlung der Wehrmänner den Antrag gestellt, die Thore zum Zweck der Steuerverweigerung mit Bürgerwehr zu besetzen. Er brachte auch diesen Antrag gegen ganz wenige Stimmen durch, um so mehr, da er ausdrücklich hervorhob, daß bereits durch Volkstumulte das Leben und die Gesundheit der Steuerbeamten gefährdet sei. Die Behörden verordneten damals die Verhaftung des Angeschuldigten, setzten also offenbar voraus, daß ein politischer Prozeß, somit eine Geschworenensache, vorliege. Aber man besann sich — und statt des Prozesses wegen Steuerverweigerung, mit dem man vor rheinischen Geschworenen nicht durchkonnte, beschuldigte man den Angeklagten, weil er eine Berathung des gesetzlichen Organs der Bürgerwehr zum Schutz der Volksrechte angeregt hatte, jetzt der — Aufforderung zu gewaltthätigem Angriff auf die Steuerbeamten, somit einer Correctionellsache! Jedenfalls wird der Competenzkonflikt erhoben werden. Kinkel hat für die rechtliche Seite der Frage den Advokaten Schneider II. zu seinem Rechtsbeistand gewählt, wird sich aber die Ehre nicht nehmen lassen, seine Sache in beiden Prozessen auch selbst zu ver- *) Wir benutzen diese Gelegenheit, um auf eine Erklärung der Redaktion über den Gödsche in Nro 219 zurückzukommen. Wir finden bei näherer Ansicht, daß Gödsche von Düsseldorf, nicht von Berlin aus sich zum Mitarbeiter der „N. Rh. Ztg.“ anbot. Herr Gödsche schickte sogar Proben ein. A. d. R.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 223. Köln, 16. Februar 1849, S. 1224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz223_1849/2>, abgerufen am 28.04.2024.