Neue Rheinische Zeitung. Nr. 210. Köln, 1. Februar 1849.die Lehren der "Neuen Preußischen Zeitung" wohl zu beherzigen und bemühet sich offenbar, sich des hohen Schutzes würdig zu machen, den ihm der Preußenverein jetzt angedeihen läßt. Welche Geltung in den Augen gewisser Leute die Bestimmungen der Verfassung über die gleiche Berechtigung aller Staatsbürger zu Staatsämtern ohne Unterschied der religiösen Bekenntnisse haben, kann folgender Vorfall zeigen. Ein höherer Schulamtskandidat, welcher am Joachimsthal'schen Gymnasium hierselbst sein Probejahr absolviren wollte, ward vom Direktor desselben, Professor und Akademiker Meineke, abgewiesen, weil er dem jüdischen Glaubensbekenntnisse angehöre. Als dem Direktor in der Lehrerkonferenz Vorstellungen über diese offenbare Verfassungsverletzung gemacht wurden, erklärte er: "Ich bin kein Schlauch, der sich mit beliebigem Wein füllen läßt, und werde zurücktreten, wenn die Regierung auf Durchführung jener Bestimmungen besteht." Die vom heutigen Staatsanzeiger veröffentlichte Circular-Note unsers Ministers des Auswärtigen über das Verhältniß Preußens zu den Beschlüssen der Frankfurter Paulskirche hat Niemanden überrascht, welcher die Artikel des bekannten Prof. Huber in der "N. Pr. Ztg." über die deutsche Kaiserfrage gelesen. Jene Note spricht nur in milderer Form dieselbe entschiedene Nichtachtung des deutschen Parlaments und seiner Souverainetäts-Gelüste aus, welche jene Artikel in der gewohnten provocirenden Weise jenes Blattes an den Tag gelegt hatten. Dieselbe unverhüllte Berufung auf das höhere Recht der Fürsten gegenüber der, aus der der Revolution hervorgegangenen Frankfurter Nationalversammlung; dasselbe Hervorheben des Verhältnisses zu Oestreich und den andern deutschen Fürsten -- kurz, die offene Proklamirung der absolutistischen Contrerevolution charakterisirt diese Note und jene Artikel. Es ist die entschiedenste Rückkehr zu den Principien der alten Diplomatie und des deutschen Bundes, den man so selig entschlafen geglaubt. Und insofern ist diese Note in der That von Bedeutung, als sie bekundet, wie sicher ihrer Zukunft sich die Contrerevolution hier und in Wien glaubt. Denn daß diese Note in eben so vollständiger Uebereinstimmung mit dem Olmützer Kabinet erlassen worden, als überhaupt seit Monaten Potsdam und Olmütz nur nach gegenseitiger Verabredung gehandelt haben, das zeigt hinlänglich nicht bloß die fortwährende Hinweisung auf Oestreich und seine Stellung zu Frankfurt, sondern auch besonders die Bezugnahme auf die "mit einer entscheidenden Wendung der innern Zustände Oestreichs" zusammentreffende "bedeutungsvolle Entwickelungs-Periode des eigenen Staates", d. h. auf die ziemlich gleichzeitig vorgenommenen Schläge der bewaffneten Contrerevolution gegen die volksthümlichen Bestrebungen. Was außerdem die Note von der Vereinbarung der Fürsten untereinander und mit dem deutschen Parlament, von der Herstellung eines Staatenbundes im Bundesstaate andeutet, das kann ebenfalls Niemanden überraschen, der die in den Jürgens'schen Flugblättern abgedruckte "nicht gehaltene" Rede von Radowitz, diesem intimen Rathgeber und Bundesgenossen der Potsdamer Camarilla, gelesen, der jetzt, da seine amtliche Verbindung mit Preußen scheinbar gelöst ist, wohl nur noch eifriger und ungehemmter für die Pläne der Reaktion zu wirken vermag. Wenn übrigens am Ende der Note das Kaiserthum von Seiten Preußens abgelehnt wird, so sind dieß nicht bloß die Trauben, die dem Fuchs zu sauer sind, sondern es ist eben nur die vollständigste Abfertigung des Parlamenst, das eben gar nicht berufen sei, so hohe Würden zu vergeben: das können nur "gottbegnadete" Fürsten. Die Paulskirchner trifft übrigens nur das verdiente Loos. Die vom Handelsminister hierherberufenen Fabrikanten, Meister und Gesellen haben vorgestern ihre Sitzungen geschlossen, und werden morgen abreisen. 7 Berlin, 29. Jan. Das Räderwerk der "heiligen Allianz" greift trefflich in einander. Man wird sich davon aus nachstehendem Berichte überzeugen können, der in der neuesten Nro. der "Galgenzeitung", dieses Organs der potsdam-charlottenburger Kamarilla, enthalten ist. Es heißt dort wörtlich: "Die österreichischen Behörden scheinen jetzt ernstlich aufräumen zu wollen. Nach der Versetzung Galiziens und der Bukowina in den Kriegszustand findet dort jetzt zunächst die Ausweisung, resp. Verhaftung, aller fremden Flüchtlinge, besonders aus dem russ. Polen, so wie die allgemeine Entwaffnung statt. Die Frist für die freiwillige Anmeldung dieser Leute ist jetzt abgelaufen. -- Diejenigen Flüchtlinge, welche sich in der bestimmten Frist nicht bei den betreffenden Behörden gemeldet haben, werden, laut öffentlicher Bekanntmachung, später ermittelt und kriegsgerichtlich behandelt werden. Wie man hört, soll die preußische Regierung die Durchreise dieser Flüchtlinge durch Preußen entschieden verweigern. Einige derselben sollen es aber dennoch in diesen Tagen gewagt haben, die preußische Gränze zu übertreten; aber von Gensd'armen verhaftet, sofort an die russisch-polnische Gränze gebracht und den dortigen Behörden übergeben worden sein." Hat man je die Verschwörung mit dem Moskowiterthum offener eingestanden, als es hier das offizielle Blatt der Contrerevolution thut? Olmütz, 24. Jan. In Kojetin (eine Stunde von Kremsier) versammelten sich am 20. Januar die Bauern von 60 der umliegenden Dorfschaften zu einer Berathung. Die Häusler machen ihnen viele Sorge, und sie formulirten deshalb an den Reichstag eine Petition, daß die Häusler in den gegenwärtigen beschränkten Rechtsverhältnissen belassen werden möchten. Ein Häusler soll dabei aufgetreten sein und unter Anderm gesagt haben, Häusler seien nichts als verarmte Bauern, er selbst sei ein Bauernsohn, einer seiner Brüder sei Bauer, die andern fünf aber Häusler. Das half aber nichts, die Bauernaristokraten stützten sich gleichgültig auf faits accomplis. In der Nähe von Saar hat sogar der Richter den Häuslern das Lesen der Zeitungen verboten, "denn für die Häusler bestehe keine Konstitution." Das sind Aussichten auf soziale Zustände ganz eigner Art! (C. Bl. a. B.) !!! Frankfurt, 29. Januar. National-Versammlung. Das Erheblichste an der heutigen Sitzung ist die Tagesordnung, welche folgendermaßen aussieht: 1) Berathung des vom Abgeordneten Zachariä aus Göttingen erstatteten Berichts, über den Antrag des Abgeordneten Schüler aus Jena, die diplomatischen Verbindungen Deutschlands und der deutschen Staaten betreffend. Waiz kündigt für den Verfassungsausschuß das letzte Kapitel der Verfassung (die Gewähr der Verfassung) an. Kirchgeßner (der Kandidat der Linken) prasidirt. Er versteht es sehr gut! ad 1. Buß aus Freiburg (der sich angewöhnt über Alles zu sprechen) empfiehlt Schülers's Antrag. Die Versammlung beschließt, den Antrag des etc. Schüler der Centralgewalt zur fördersamsten Berücksichtigung (Beseler'sches Deutsch) zu überweisen. ad 2. arbeitende Klassen!!! -- Tagesordnung!!! -- Basta!!! ad 3. Tagesordnung!! ad 4. Jahn nimmt seinen Antrag zurück, somit wäre Nr. 4 beseitigt. Jahn ist nicht anwesend. Präsident meint, in diesem Falle soll über den Ausschußantrag abgestimmt werden. Vinke dagegen. Wigard dafür. Die Zurücknahme wird genehmigt, der Ausschuß hatte Herrn Jahn einen verdienten Rüffel zugedacht. ad 5. Tagesordnung! Jucho sucht statt der vom Ausschuß vorgeschlagnen Tagesordnung -- eine motivirte durchzubringen. Der Ausschußantrag angenommen. ad 6 Schulz aus Weilburg beklagt es bitter, daß jetzt (nach 4 Monaten!) sein Antrag erst zum Vorschein kommt, jetzt, da bereits die ganze Versammlung aus dem Leime geht, und die Mitglieder derselben schon halb außerhalb stehen. Er beweist in guten Worten die Wichtigkeit der Donaufrage und zerarbeitet dabei den Froschteich etwas. Der Ausschußantrag lautet: "Dem Antrag auf Niedersetzung eines besondern Ausschusses zur Berathung der Donaufrage sei zur Zeit keine Folge zu geben; es seien vielmehr die darauf bezüglichen Anträge und sonstige Eingange, wie bisher geschehen, an den völkerrechtlichen Ausschuß zu verweisen." Dies geschieht. ad 7. Tagesordnung. ad 8. Buß spricht schon wieder -- gegen die alsbaldige Einführung des Civilehe-Gesetzes. Man habe in Süddeutschland gar keine Sehnsucht darnach Pieriger (Oestreich) spricht für dies Gesetz. Lette und der Berichterstatter sprachen auch noch. Hierauf wird die Tagesordnung angenommen. ad 9. Eine Masse Adressen (worunter sehr viele Mißtrauensadressen) werden nach dem Ausschußantrag ad acta gelegt. ad 10. Der Ausschuß hat beantragt: "Die Genehmigung zur Untersuchung nicht zu ertheilen." Ein gewisser Haubenschmidt beantragt: "Die Untersuchung nur zur Zeit nicht zu ertheilen." Rösler von Oels meint, der Minkus sei zwar ein polnischer (oberschlesischer) Bauer, der weder schreiben noch lesen konne (Herr v. Vincke lacht selbstgefällig und freut sich, daß er schreiben und lesen kann), er müsse aber doch ein tüchtiger Mann sein, denn von den vielen Männern in jenem Kreise, die doch prächtig Deutsch verstehen, habe keiner das Vertrauen des Volkes mehr besessen, als dieser Bauer. (Bravo!) Der Ausschußantrag wird angenommen. Die Rechte stimmt für den Haubenschmidschen. ad 11 hat der Ausschuß beantragt, in den das Reich und die Rechte der Reichsgewalt behandelnden Theil der Verfassung, Abschnitt 2, geeigneten Orts die Bestimmung aufzunehmen: "der Reichsgewalt steht das Recht der Gesetzgebung über das Bergbauwesen zu." Verbesserungsanträge liegen vor. Die ganze Angelegenheit geht an den Verfassungsausschuß zurück, um bei der zweiten Lesung berücksichtigt zu werden. ad 12, ad a und b wird der Ausschußantrag auf Tagesordnung angenommen. ad 13. Rösler von Oels bittet, man möchte seinen Antrag annehmen und weist die Nothwendigkeit nach. Breuning empfiehlt Namens des Ausschusses die Tagesordnung, welche angenommen wird. Endlich kommt man zum letzten Punkt der Tagesordnung. Der Antrag von Würth aus Sigmaringen lautet: "Die noch im Fürstenthum Sigmaringen befindlichen Reichstruppen sind ungesäumt zurück zu berufen." Der Petitionsausschuß hat den Antrag als dringlich empfohlen. Vincke meint, es sei erst an die Versammlung die Dringlichkeitsfrage zu stellen. Goltz aus Brieg: Es müsse gleich berathen werden. Präsident ist auch der Ansicht, es sei sofort zu berathen. v Stavenhagen (im Namen des Reichskriegsministeriums): Meine Herren, ich beehre mich Ihnen anzuzeigen, daß seit dem 24. d. M. im Fürstenthum Sigmaringen keine Reichstruppen mehr sind. (Homerisches Gelächter!) Würth aus Sigmaringen: Wenn die Reichstruppen endlich zurückgezogen sind, so ist's gut (furchtbares Gelächter), aber daß sie so lange drin gewüstet haben, ist schlecht. Vierzig Mann haben bei einzelnen Bürgern gelegen. (Rechts Tumult.) Da die Sache aber nun nicht mehr so ist, und überhaupt von diesem Hause nie für's Volk gesorgt worden ist, nehme ich meinen Antrag zurück. (Bravo!) Schluß der Sitzung um 1 Uhr. -- Morgen: "Gewähr der Verfassung." 24 Aus Kurhessen, 25. Jan. Mit den Grundrechten geht es uns nicht besser, als mit unserer ehemals vielgepriesenen Verfassung. Eine Nuß, an der sich die Opposition die Zähne ausbeißt, um sie schließlich taub zu finden, während die herrschende Partei sie mit Leichtigkeit öffnet und für sich einen Kern findet. Bayrhoffer hatte auf dem Landtage darauf hingewiesen, daß sich durch die Publikation der Grundrechte die Wahlgesetzfrage sehr vereinfache, in so fern mit Aufhebung aller Standesvorrechte auch die ständische Repräsentation wegfalle, und den Antrag gestellt, auf diese Grundlagen hin mit Beiseitesetzung aller verfassungsmäßigen Erschwerungen durch einmalige Abstimmung die Sache zu erledigen. Der Rechtspflegeausschuß, in dem die Bourgeoisie und Bureaukratie sich zu brüderlichem Zusammenwirken die Hand reichen, war anderer Ansicht. Sein Bericht, dem die Versammlung in ihrer Sitzung vom 23. mit großer Majorität beitrat, lautet: Durch die Grundrechte wird das jetzige Wahlgesetz nur insofern alterirt, als der Adel und die Vertretung der Universität wegfällt, dagegen hat der Census mit den Standesvorrechten Nichts gemein, weil er ein allgemeines Erforderniß ist, ebensowenig die Trennung von Stadt und Land, weil dies eine blos geographische Eintheilung ist. Eine verzweifelte Logik! Um den Census zu retten, greift man zum Privatrecht, um daraus zu beweisen, daß die Bourgeoisie kein Stand sei. Um das Vorrecht der Städter vor den Landgemeinden (1 Städter = 4 Bauern im jetzigen Wahlgesetz) zu retten, appellirt man an die Geographie. So war es denn der Schlauheit einiger Spießbürger des 19. Jahrhunderts vorbehalten zu den bevorstehenden Vorrechten noch ein neues zu erfinden ... ein geographisches! Was aber das Komische dieser Logik bis zur Farce steigert, ist das, daß bei uns die Bourgeoisie eigentlich nur in ihrer eigenen Einbildung existirt, weil sie sich mit wenigen Ausnahmen nirgends über die Kategorie des Mittelstandes erhebt und so zu sagen selbst am Hungerfaden kaut. Aber dennoch glaubt jeder Spießbürger, der 200 Thaler Einkommen hat, seine Interessen seien mit denen des Rothschild dieselben! Anstatt sich durch ein demokratisches Wahlgesetz mit dem Volke gegen die gemeinschaftlichen Feinde, die Bureaukratie und das große Kapital, zu verbinden, überliefert sich diese Wollheerde selbst dem unbarmherzigen Scheermesser der Beamten und der Rothschilde. Aber Schaafe müssen geschoren werden, das ist nicht mehr als in der Ordnung. Zu allem Unglück haben diese armen Sünder an ihrem eigenen Interesse es auch noch geduldet, daß ein Herr von Sybel, ein Erzbureaukrat und Portefeuillejäger, sich an ihre Spitze gestellt hat. Dieser hat es dahin gebracht, die Censuswuth bei ihnen bis zum Fanatismus zu steigern, so daß die meisten, welche früher nur schüchterne und verschämte Blicke nach dem Vorrecht der Höchstbesteuerten warfen und erklärten, sie nähmen das neue ministerielle Wahlgesetz nur deßhalb an, weil im Augenblick nichts Besseres zu erreichen sei, jetzt zu unbedingten Anhängern der ministeriellen Proposition geworden sind. Somit schwindet denn die Hoffnung zur Erreichung eines demokratischen Wahlgesetzes mehr und mehr, zumal da auch die demokratische Partei des Landtags, durch den Uebertritt einiger diplomatischen Radikalen auf Seite des Ministeriums, geschwächt ist, und nur noch an einigen bäuerlichen Deputirten eine Stütze findet, während der Adel, welcher früher um seine Verbannung aus der Kammer zu verhindern, gegen den ministeriellen Entwurf stimmte, jetzt, da diese Verbannung durch die Grundrechte unvermeidlich wird, wahrscheinlich für das Ministerium stimmen wird, um sich durch die Thür "der Höchstbesteuerten" wieder in die Kammer einzuschleichen. Am 2. Februar wird die letzte Revision des Entwurfs und die Entscheidung der ganzen Sache stattfinden. * Kassel, 27. Januar. Es beginnt hier eine sogenannte Ministerkrisis. Herr Eberhard hat seine Entlassung eingerreicht. Deshalb heute außerordentliche Sitzung der Kammer. Minister Eberhard erklärt, daß er seine Entlassung eingereicht, weil zwischen ihm und dem Kurfürsten wegen Organisation der neuen Verwaltungsbehörden, Differenzen und außerdem noch andere Schwierigkeiten entstanden seien, die seine verfassungsmäßige Wirksamkeit lähmten. Die Entlassung sei bis jetzt noch nicht angenommen. Minister Baumbach versichert, daß, werde jene Entlassung angenommen, sämmtliche Minister ebenfalls abtreten. Die Kammer erklärt hierauf, daß sie die Entlassung des Ministeriums als ein Unglück für das Land betrachte. Morgen wird die Kammer insgesammt dem Kurfürsten diese Erklärung persönlich übermachen, falls bis dahin keine befriedigende Lösung in Aussicht gestellt wird. 068 Hildesheim, 25. Jan. Die Erbitterung gegen das Militär ist in That auf's Höchste gestiegen. Die "getreuen und lieben" Hannoveraner sind zwar an Vieles gewöhnt, und wenn irgend wo in einem der gesegneten deutschen Vaterländer sich das Militär seit Jahrzehenten roh und brutal betragen hat, so gewiß das in Hannover. Aber nun wird's doch den Philistern auch gar zu arg; nicht etwa, daß sie der Gewalt die Gewalt entgegensetzten -- nein, sie reichen ergebenste Petitionen ein, um Verhütung ähnlicher Vorgänge. Schon am 23. d., vor dem Wiederausbruch der militärischen Gräuel, hatten eine Anzahl Bürger folgende Erklärung erlassen: "Wir unterzeichneten Bürger und Bewohner der Neustadt sehen uns hiermit veranlaßt, öffentlich gegen die Excesse eines rohen gügellosen Soldatenhaufens, wie solche am gestrigen Abend hier dorgekommen, Protest einzulegen. Wir hoffen und erwarten zugleich von der Energie des Herrn Obristlieutenants v. Brandis, daß nicht allein die Schuldigen zur Strafe gezogen, sondern auch einer Wiederholung solcher Scenen vorgebeugt wird, die den ruhigen und friedsamen Bürger an Gesundheit, Leben und Eigenthum gefährden, dem Soldaten aber nur zur Schande gereichen können. Hildesheim, 23. Jan. 1849." (Folgen die Unterschriften.) Von Hannover sind nun wegen der gedachten patriotischen Heldenthaten des Militärs Garde du Corps und ein Gardejägerbataillon hieher dirigirt worden. Jemehr die hiesige Garnison verstärkt wird, desto ungescheuter und ungestrafter kann sie sich allen Excessen überlassen. Vortreffliche "Ruhe und Ordnung" das, im Jahre des Heils 1849; nicht die mindeste "Anarchie" ist in unsern Vaterländern zu erblicken, bloß einiges Kopfeinschlagen, Malträtiren, Verstümmeln etc. zum Vergnügen hoher Herrschaften und Krautjunker kommt vor. Das nennt sich aber im offiziellen Deutsch: "Aufrechthaltung der gesetzlichen Ruhe und Ordnung!" Freiburg, 26. Januar. Die Anklagekammer unseres Hofgerichts hat das Erkenntniß gefällt, daß Frau v. Struve in Anklagestand zu versetzen sei. Der Gefangenen, die sich in dem hiesigen Gefängniß befindet, ist dieses Erkenntniß heute Morgen eröffnet worden. (Fr. Ztg.)Oberndorf bei Schweinfurt, 20: Januar. Vorgestern wurde dem Führer der hiesigen Ortswehr folgender landgerichtlicher Beschluß eröffnet: "Beschluß. In Erwägung: 1) daß die Ortswehr zu Oberndorf am Sonntag den 26. Nov. v. J. ohne Genehmigung der Orts- und Distrikts-Polizeibehörde bewaffnet ausrückte dem Robert Blum zu Ehren, und während eine Sammlung für dessen Hinterbliebenen vor sich ging, vor der Kirche unter Anordnung militärischer Trauerzeichen an Spiel und Fahne paradirte und hierbei die Rede eines Wehrmannes aus ihrer Mitte anhörte, welche, wenn sie, so wie sie gedruckt verbreitet worden ist, gehalten wurde, was sich annehmen läßt, eine sehr auffallende Parteinahme bekundete; 2) die Ortswehren lediglich zur Handhabung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit berufen sind, als solche daher allen Parteizwecken fremd bleiben müssen, und sich ihren Orts- und Distriktspolizeibehörden in allen ihren Handlungen unterzuordnen haben, es daher 3) nicht geduldet werden kann, wenn die Oberndorfer Ortswehr eigenmächtig ausrückte und sich so weit vergaß, daß sie an einer Partei-Manifestation Theil nahm; gegen solche schon vorliegt, daß sie durch landgerichtliche Verfügung vom 9. Okt. v. J. wegen Excessen Einiger aus ihrer Mitte in hiesiger Stadt zur Ordnung ermahnt werden mußte; 4) es unterließ, die Wahl ihrer Führer hierorts zur Genehmigung anzuzeigen; aus diesen Gründen wird vom k. Landgerichte Schweinfurt als Distrikts-Polizeibehörde verfügt: 1. Die Ortswehr von Oberndorf wird vorbehaltlich ihrer etwaigen angemessenen Reorganisation aufgelöst. Es haben daher alle Waffenübungen derselben zu cessiren und sind die aus der Gemeinde-Kassa angeschafften zwei Trommeln auf dem Gemeindehaus zu verwahren. 2. Deren Oberführer Lorenz Fenn hat die Kosten der polizeilichen Voruntersuchung, vorbehaltlich seines Regresses gegen wen immer, zu tragen. Scheinfurt, 14. Januar 1849." die Lehren der „Neuen Preußischen Zeitung“ wohl zu beherzigen und bemühet sich offenbar, sich des hohen Schutzes würdig zu machen, den ihm der Preußenverein jetzt angedeihen läßt. Welche Geltung in den Augen gewisser Leute die Bestimmungen der Verfassung über die gleiche Berechtigung aller Staatsbürger zu Staatsämtern ohne Unterschied der religiösen Bekenntnisse haben, kann folgender Vorfall zeigen. Ein höherer Schulamtskandidat, welcher am Joachimsthal'schen Gymnasium hierselbst sein Probejahr absolviren wollte, ward vom Direktor desselben, Professor und Akademiker Meineke, abgewiesen, weil er dem jüdischen Glaubensbekenntnisse angehöre. Als dem Direktor in der Lehrerkonferenz Vorstellungen über diese offenbare Verfassungsverletzung gemacht wurden, erklärte er: „Ich bin kein Schlauch, der sich mit beliebigem Wein füllen läßt, und werde zurücktreten, wenn die Regierung auf Durchführung jener Bestimmungen besteht.“ Die vom heutigen Staatsanzeiger veröffentlichte Circular-Note unsers Ministers des Auswärtigen über das Verhältniß Preußens zu den Beschlüssen der Frankfurter Paulskirche hat Niemanden überrascht, welcher die Artikel des bekannten Prof. Huber in der „N. Pr. Ztg.“ über die deutsche Kaiserfrage gelesen. Jene Note spricht nur in milderer Form dieselbe entschiedene Nichtachtung des deutschen Parlaments und seiner Souverainetäts-Gelüste aus, welche jene Artikel in der gewohnten provocirenden Weise jenes Blattes an den Tag gelegt hatten. Dieselbe unverhüllte Berufung auf das höhere Recht der Fürsten gegenüber der, aus der der Revolution hervorgegangenen Frankfurter Nationalversammlung; dasselbe Hervorheben des Verhältnisses zu Oestreich und den andern deutschen Fürsten — kurz, die offene Proklamirung der absolutistischen Contrerevolution charakterisirt diese Note und jene Artikel. Es ist die entschiedenste Rückkehr zu den Principien der alten Diplomatie und des deutschen Bundes, den man so selig entschlafen geglaubt. Und insofern ist diese Note in der That von Bedeutung, als sie bekundet, wie sicher ihrer Zukunft sich die Contrerevolution hier und in Wien glaubt. Denn daß diese Note in eben so vollständiger Uebereinstimmung mit dem Olmützer Kabinet erlassen worden, als überhaupt seit Monaten Potsdam und Olmütz nur nach gegenseitiger Verabredung gehandelt haben, das zeigt hinlänglich nicht bloß die fortwährende Hinweisung auf Oestreich und seine Stellung zu Frankfurt, sondern auch besonders die Bezugnahme auf die „mit einer entscheidenden Wendung der innern Zustände Oestreichs“ zusammentreffende „bedeutungsvolle Entwickelungs-Periode des eigenen Staates“, d. h. auf die ziemlich gleichzeitig vorgenommenen Schläge der bewaffneten Contrerevolution gegen die volksthümlichen Bestrebungen. Was außerdem die Note von der Vereinbarung der Fürsten untereinander und mit dem deutschen Parlament, von der Herstellung eines Staatenbundes im Bundesstaate andeutet, das kann ebenfalls Niemanden überraschen, der die in den Jürgens'schen Flugblättern abgedruckte „nicht gehaltene“ Rede von Radowitz, diesem intimen Rathgeber und Bundesgenossen der Potsdamer Camarilla, gelesen, der jetzt, da seine amtliche Verbindung mit Preußen scheinbar gelöst ist, wohl nur noch eifriger und ungehemmter für die Pläne der Reaktion zu wirken vermag. Wenn übrigens am Ende der Note das Kaiserthum von Seiten Preußens abgelehnt wird, so sind dieß nicht bloß die Trauben, die dem Fuchs zu sauer sind, sondern es ist eben nur die vollständigste Abfertigung des Parlamenst, das eben gar nicht berufen sei, so hohe Würden zu vergeben: das können nur „gottbegnadete“ Fürsten. Die Paulskirchner trifft übrigens nur das verdiente Loos. Die vom Handelsminister hierherberufenen Fabrikanten, Meister und Gesellen haben vorgestern ihre Sitzungen geschlossen, und werden morgen abreisen. 7 Berlin, 29. Jan. Das Räderwerk der „heiligen Allianz“ greift trefflich in einander. Man wird sich davon aus nachstehendem Berichte überzeugen können, der in der neuesten Nro. der „Galgenzeitung“, dieses Organs der potsdam-charlottenburger Kamarilla, enthalten ist. Es heißt dort wörtlich: „Die österreichischen Behörden scheinen jetzt ernstlich aufräumen zu wollen. Nach der Versetzung Galiziens und der Bukowina in den Kriegszustand findet dort jetzt zunächst die Ausweisung, resp. Verhaftung, aller fremden Flüchtlinge, besonders aus dem russ. Polen, so wie die allgemeine Entwaffnung statt. Die Frist für die freiwillige Anmeldung dieser Leute ist jetzt abgelaufen. — Diejenigen Flüchtlinge, welche sich in der bestimmten Frist nicht bei den betreffenden Behörden gemeldet haben, werden, laut öffentlicher Bekanntmachung, später ermittelt und kriegsgerichtlich behandelt werden. Wie man hört, soll die preußische Regierung die Durchreise dieser Flüchtlinge durch Preußen entschieden verweigern. Einige derselben sollen es aber dennoch in diesen Tagen gewagt haben, die preußische Gränze zu übertreten; aber von Gensd'armen verhaftet, sofort an die russisch-polnische Gränze gebracht und den dortigen Behörden übergeben worden sein.“ Hat man je die Verschwörung mit dem Moskowiterthum offener eingestanden, als es hier das offizielle Blatt der Contrerevolution thut? Olmütz, 24. Jan. In Kojetin (eine Stunde von Kremsier) versammelten sich am 20. Januar die Bauern von 60 der umliegenden Dorfschaften zu einer Berathung. Die Häusler machen ihnen viele Sorge, und sie formulirten deshalb an den Reichstag eine Petition, daß die Häusler in den gegenwärtigen beschränkten Rechtsverhältnissen belassen werden möchten. Ein Häusler soll dabei aufgetreten sein und unter Anderm gesagt haben, Häusler seien nichts als verarmte Bauern, er selbst sei ein Bauernsohn, einer seiner Brüder sei Bauer, die andern fünf aber Häusler. Das half aber nichts, die Bauernaristokraten stützten sich gleichgültig auf faits accomplis. In der Nähe von Saar hat sogar der Richter den Häuslern das Lesen der Zeitungen verboten, „denn für die Häusler bestehe keine Konstitution.“ Das sind Aussichten auf soziale Zustände ganz eigner Art! (C. Bl. a. B.) !!! Frankfurt, 29. Januar. National-Versammlung. Das Erheblichste an der heutigen Sitzung ist die Tagesordnung, welche folgendermaßen aussieht: 1) Berathung des vom Abgeordneten Zachariä aus Göttingen erstatteten Berichts, über den Antrag des Abgeordneten Schüler aus Jena, die diplomatischen Verbindungen Deutschlands und der deutschen Staaten betreffend. Waiz kündigt für den Verfassungsausschuß das letzte Kapitel der Verfassung (die Gewähr der Verfassung) an. Kirchgeßner (der Kandidat der Linken) prasidirt. Er versteht es sehr gut! ad 1. Buß aus Freiburg (der sich angewöhnt über Alles zu sprechen) empfiehlt Schülers's Antrag. Die Versammlung beschließt, den Antrag des etc. Schüler der Centralgewalt zur fördersamsten Berücksichtigung (Beseler'sches Deutsch) zu überweisen. ad 2. arbeitende Klassen!!! — Tagesordnung!!! — Basta!!! ad 3. Tagesordnung!! ad 4. Jahn nimmt seinen Antrag zurück, somit wäre Nr. 4 beseitigt. Jahn ist nicht anwesend. Präsident meint, in diesem Falle soll über den Ausschußantrag abgestimmt werden. Vinke dagegen. Wigard dafür. Die Zurücknahme wird genehmigt, der Ausschuß hatte Herrn Jahn einen verdienten Rüffel zugedacht. ad 5. Tagesordnung! Jucho sucht statt der vom Ausschuß vorgeschlagnen Tagesordnung — eine motivirte durchzubringen. Der Ausschußantrag angenommen. ad 6 Schulz aus Weilburg beklagt es bitter, daß jetzt (nach 4 Monaten!) sein Antrag erst zum Vorschein kommt, jetzt, da bereits die ganze Versammlung aus dem Leime geht, und die Mitglieder derselben schon halb außerhalb stehen. Er beweist in guten Worten die Wichtigkeit der Donaufrage und zerarbeitet dabei den Froschteich etwas. Der Ausschußantrag lautet: „Dem Antrag auf Niedersetzung eines besondern Ausschusses zur Berathung der Donaufrage sei zur Zeit keine Folge zu geben; es seien vielmehr die darauf bezüglichen Anträge und sonstige Eingange, wie bisher geschehen, an den völkerrechtlichen Ausschuß zu verweisen.“ Dies geschieht. ad 7. Tagesordnung. ad 8. Buß spricht schon wieder — gegen die alsbaldige Einführung des Civilehe-Gesetzes. Man habe in Süddeutschland gar keine Sehnsucht darnach Pieriger (Oestreich) spricht für dies Gesetz. Lette und der Berichterstatter sprachen auch noch. Hierauf wird die Tagesordnung angenommen. ad 9. Eine Masse Adressen (worunter sehr viele Mißtrauensadressen) werden nach dem Ausschußantrag ad acta gelegt. ad 10. Der Ausschuß hat beantragt: „Die Genehmigung zur Untersuchung nicht zu ertheilen.“ Ein gewisser Haubenschmidt beantragt: „Die Untersuchung nur zur Zeit nicht zu ertheilen.“ Rösler von Oels meint, der Minkus sei zwar ein polnischer (oberschlesischer) Bauer, der weder schreiben noch lesen konne (Herr v. Vincke lacht selbstgefällig und freut sich, daß er schreiben und lesen kann), er müsse aber doch ein tüchtiger Mann sein, denn von den vielen Männern in jenem Kreise, die doch prächtig Deutsch verstehen, habe keiner das Vertrauen des Volkes mehr besessen, als dieser Bauer. (Bravo!) Der Ausschußantrag wird angenommen. Die Rechte stimmt für den Haubenschmidschen. ad 11 hat der Ausschuß beantragt, in den das Reich und die Rechte der Reichsgewalt behandelnden Theil der Verfassung, Abschnitt 2, geeigneten Orts die Bestimmung aufzunehmen: „der Reichsgewalt steht das Recht der Gesetzgebung über das Bergbauwesen zu.“ Verbesserungsanträge liegen vor. Die ganze Angelegenheit geht an den Verfassungsausschuß zurück, um bei der zweiten Lesung berücksichtigt zu werden. ad 12, ad a und b wird der Ausschußantrag auf Tagesordnung angenommen. ad 13. Rösler von Oels bittet, man möchte seinen Antrag annehmen und weist die Nothwendigkeit nach. Breuning empfiehlt Namens des Ausschusses die Tagesordnung, welche angenommen wird. Endlich kommt man zum letzten Punkt der Tagesordnung. Der Antrag von Würth aus Sigmaringen lautet: „Die noch im Fürstenthum Sigmaringen befindlichen Reichstruppen sind ungesäumt zurück zu berufen.“ Der Petitionsausschuß hat den Antrag als dringlich empfohlen. Vincke meint, es sei erst an die Versammlung die Dringlichkeitsfrage zu stellen. Goltz aus Brieg: Es müsse gleich berathen werden. Präsident ist auch der Ansicht, es sei sofort zu berathen. v Stavenhagen (im Namen des Reichskriegsministeriums): Meine Herren, ich beehre mich Ihnen anzuzeigen, daß seit dem 24. d. M. im Fürstenthum Sigmaringen keine Reichstruppen mehr sind. (Homerisches Gelächter!) Würth aus Sigmaringen: Wenn die Reichstruppen endlich zurückgezogen sind, so ist's gut (furchtbares Gelächter), aber daß sie so lange drin gewüstet haben, ist schlecht. Vierzig Mann haben bei einzelnen Bürgern gelegen. (Rechts Tumult.) Da die Sache aber nun nicht mehr so ist, und überhaupt von diesem Hause nie für's Volk gesorgt worden ist, nehme ich meinen Antrag zurück. (Bravo!) Schluß der Sitzung um 1 Uhr. — Morgen: „Gewähr der Verfassung.“ 24 Aus Kurhessen, 25. Jan. Mit den Grundrechten geht es uns nicht besser, als mit unserer ehemals vielgepriesenen Verfassung. Eine Nuß, an der sich die Opposition die Zähne ausbeißt, um sie schließlich taub zu finden, während die herrschende Partei sie mit Leichtigkeit öffnet und für sich einen Kern findet. Bayrhoffer hatte auf dem Landtage darauf hingewiesen, daß sich durch die Publikation der Grundrechte die Wahlgesetzfrage sehr vereinfache, in so fern mit Aufhebung aller Standesvorrechte auch die ständische Repräsentation wegfalle, und den Antrag gestellt, auf diese Grundlagen hin mit Beiseitesetzung aller verfassungsmäßigen Erschwerungen durch einmalige Abstimmung die Sache zu erledigen. Der Rechtspflegeausschuß, in dem die Bourgeoisie und Bureaukratie sich zu brüderlichem Zusammenwirken die Hand reichen, war anderer Ansicht. Sein Bericht, dem die Versammlung in ihrer Sitzung vom 23. mit großer Majorität beitrat, lautet: Durch die Grundrechte wird das jetzige Wahlgesetz nur insofern alterirt, als der Adel und die Vertretung der Universität wegfällt, dagegen hat der Census mit den Standesvorrechten Nichts gemein, weil er ein allgemeines Erforderniß ist, ebensowenig die Trennung von Stadt und Land, weil dies eine blos geographische Eintheilung ist. Eine verzweifelte Logik! Um den Census zu retten, greift man zum Privatrecht, um daraus zu beweisen, daß die Bourgeoisie kein Stand sei. Um das Vorrecht der Städter vor den Landgemeinden (1 Städter = 4 Bauern im jetzigen Wahlgesetz) zu retten, appellirt man an die Geographie. So war es denn der Schlauheit einiger Spießbürger des 19. Jahrhunderts vorbehalten zu den bevorstehenden Vorrechten noch ein neues zu erfinden … ein geographisches! Was aber das Komische dieser Logik bis zur Farce steigert, ist das, daß bei uns die Bourgeoisie eigentlich nur in ihrer eigenen Einbildung existirt, weil sie sich mit wenigen Ausnahmen nirgends über die Kategorie des Mittelstandes erhebt und so zu sagen selbst am Hungerfaden kaut. Aber dennoch glaubt jeder Spießbürger, der 200 Thaler Einkommen hat, seine Interessen seien mit denen des Rothschild dieselben! Anstatt sich durch ein demokratisches Wahlgesetz mit dem Volke gegen die gemeinschaftlichen Feinde, die Bureaukratie und das große Kapital, zu verbinden, überliefert sich diese Wollheerde selbst dem unbarmherzigen Scheermesser der Beamten und der Rothschilde. Aber Schaafe müssen geschoren werden, das ist nicht mehr als in der Ordnung. Zu allem Unglück haben diese armen Sünder an ihrem eigenen Interesse es auch noch geduldet, daß ein Herr von Sybel, ein Erzbureaukrat und Portefeuillejäger, sich an ihre Spitze gestellt hat. Dieser hat es dahin gebracht, die Censuswuth bei ihnen bis zum Fanatismus zu steigern, so daß die meisten, welche früher nur schüchterne und verschämte Blicke nach dem Vorrecht der Höchstbesteuerten warfen und erklärten, sie nähmen das neue ministerielle Wahlgesetz nur deßhalb an, weil im Augenblick nichts Besseres zu erreichen sei, jetzt zu unbedingten Anhängern der ministeriellen Proposition geworden sind. Somit schwindet denn die Hoffnung zur Erreichung eines demokratischen Wahlgesetzes mehr und mehr, zumal da auch die demokratische Partei des Landtags, durch den Uebertritt einiger diplomatischen Radikalen auf Seite des Ministeriums, geschwächt ist, und nur noch an einigen bäuerlichen Deputirten eine Stütze findet, während der Adel, welcher früher um seine Verbannung aus der Kammer zu verhindern, gegen den ministeriellen Entwurf stimmte, jetzt, da diese Verbannung durch die Grundrechte unvermeidlich wird, wahrscheinlich für das Ministerium stimmen wird, um sich durch die Thür „der Höchstbesteuerten“ wieder in die Kammer einzuschleichen. Am 2. Februar wird die letzte Revision des Entwurfs und die Entscheidung der ganzen Sache stattfinden. * Kassel, 27. Januar. Es beginnt hier eine sogenannte Ministerkrisis. Herr Eberhard hat seine Entlassung eingerreicht. Deshalb heute außerordentliche Sitzung der Kammer. Minister Eberhard erklärt, daß er seine Entlassung eingereicht, weil zwischen ihm und dem Kurfürsten wegen Organisation der neuen Verwaltungsbehörden, Differenzen und außerdem noch andere Schwierigkeiten entstanden seien, die seine verfassungsmäßige Wirksamkeit lähmten. Die Entlassung sei bis jetzt noch nicht angenommen. Minister Baumbach versichert, daß, werde jene Entlassung angenommen, sämmtliche Minister ebenfalls abtreten. Die Kammer erklärt hierauf, daß sie die Entlassung des Ministeriums als ein Unglück für das Land betrachte. Morgen wird die Kammer insgesammt dem Kurfürsten diese Erklärung persönlich übermachen, falls bis dahin keine befriedigende Lösung in Aussicht gestellt wird. 068 Hildesheim, 25. Jan. Die Erbitterung gegen das Militär ist in That auf's Höchste gestiegen. Die „getreuen und lieben“ Hannoveraner sind zwar an Vieles gewöhnt, und wenn irgend wo in einem der gesegneten deutschen Vaterländer sich das Militär seit Jahrzehenten roh und brutal betragen hat, so gewiß das in Hannover. Aber nun wird's doch den Philistern auch gar zu arg; nicht etwa, daß sie der Gewalt die Gewalt entgegensetzten — nein, sie reichen ergebenste Petitionen ein, um Verhütung ähnlicher Vorgänge. Schon am 23. d., vor dem Wiederausbruch der militärischen Gräuel, hatten eine Anzahl Bürger folgende Erklärung erlassen: „Wir unterzeichneten Bürger und Bewohner der Neustadt sehen uns hiermit veranlaßt, öffentlich gegen die Excesse eines rohen gügellosen Soldatenhaufens, wie solche am gestrigen Abend hier dorgekommen, Protest einzulegen. Wir hoffen und erwarten zugleich von der Energie des Herrn Obristlieutenants v. Brandis, daß nicht allein die Schuldigen zur Strafe gezogen, sondern auch einer Wiederholung solcher Scenen vorgebeugt wird, die den ruhigen und friedsamen Bürger an Gesundheit, Leben und Eigenthum gefährden, dem Soldaten aber nur zur Schande gereichen können. Hildesheim, 23. Jan. 1849.“ (Folgen die Unterschriften.) Von Hannover sind nun wegen der gedachten patriotischen Heldenthaten des Militärs Garde du Corps und ein Gardejägerbataillon hieher dirigirt worden. Jemehr die hiesige Garnison verstärkt wird, desto ungescheuter und ungestrafter kann sie sich allen Excessen überlassen. Vortreffliche „Ruhe und Ordnung“ das, im Jahre des Heils 1849; nicht die mindeste „Anarchie“ ist in unsern Vaterländern zu erblicken, bloß einiges Kopfeinschlagen, Malträtiren, Verstümmeln etc. zum Vergnügen hoher Herrschaften und Krautjunker kommt vor. Das nennt sich aber im offiziellen Deutsch: „Aufrechthaltung der gesetzlichen Ruhe und Ordnung!“ Freiburg, 26. Januar. Die Anklagekammer unseres Hofgerichts hat das Erkenntniß gefällt, daß Frau v. Struve in Anklagestand zu versetzen sei. Der Gefangenen, die sich in dem hiesigen Gefängniß befindet, ist dieses Erkenntniß heute Morgen eröffnet worden. (Fr. Ztg.)Oberndorf bei Schweinfurt, 20: Januar. Vorgestern wurde dem Führer der hiesigen Ortswehr folgender landgerichtlicher Beschluß eröffnet: „Beschluß. In Erwägung: 1) daß die Ortswehr zu Oberndorf am Sonntag den 26. Nov. v. J. ohne Genehmigung der Orts- und Distrikts-Polizeibehörde bewaffnet ausrückte dem Robert Blum zu Ehren, und während eine Sammlung für dessen Hinterbliebenen vor sich ging, vor der Kirche unter Anordnung militärischer Trauerzeichen an Spiel und Fahne paradirte und hierbei die Rede eines Wehrmannes aus ihrer Mitte anhörte, welche, wenn sie, so wie sie gedruckt verbreitet worden ist, gehalten wurde, was sich annehmen läßt, eine sehr auffallende Parteinahme bekundete; 2) die Ortswehren lediglich zur Handhabung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit berufen sind, als solche daher allen Parteizwecken fremd bleiben müssen, und sich ihren Orts- und Distriktspolizeibehörden in allen ihren Handlungen unterzuordnen haben, es daher 3) nicht geduldet werden kann, wenn die Oberndorfer Ortswehr eigenmächtig ausrückte und sich so weit vergaß, daß sie an einer Partei-Manifestation Theil nahm; gegen solche schon vorliegt, daß sie durch landgerichtliche Verfügung vom 9. Okt. v. J. wegen Excessen Einiger aus ihrer Mitte in hiesiger Stadt zur Ordnung ermahnt werden mußte; 4) es unterließ, die Wahl ihrer Führer hierorts zur Genehmigung anzuzeigen; aus diesen Gründen wird vom k. Landgerichte Schweinfurt als Distrikts-Polizeibehörde verfügt: 1. Die Ortswehr von Oberndorf wird vorbehaltlich ihrer etwaigen angemessenen Reorganisation aufgelöst. Es haben daher alle Waffenübungen derselben zu cessiren und sind die aus der Gemeinde-Kassa angeschafften zwei Trommeln auf dem Gemeindehaus zu verwahren. 2. Deren Oberführer Lorenz Fenn hat die Kosten der polizeilichen Voruntersuchung, vorbehaltlich seines Regresses gegen wen immer, zu tragen. Scheinfurt, 14. Januar 1849.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar210_006" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0002" n="1152"/> die Lehren der „Neuen Preußischen Zeitung“ wohl zu beherzigen und bemühet sich offenbar, sich des hohen Schutzes würdig zu machen, den ihm der Preußenverein jetzt angedeihen läßt.</p> <p>Welche Geltung in den Augen gewisser Leute die Bestimmungen der Verfassung über die gleiche Berechtigung aller Staatsbürger zu Staatsämtern ohne Unterschied der religiösen Bekenntnisse haben, kann folgender Vorfall zeigen. Ein höherer Schulamtskandidat, welcher am Joachimsthal'schen Gymnasium hierselbst sein Probejahr absolviren wollte, ward vom Direktor desselben, Professor und Akademiker <hi rendition="#g">Meineke,</hi> abgewiesen, weil er dem jüdischen Glaubensbekenntnisse angehöre. Als dem Direktor in der Lehrerkonferenz Vorstellungen über diese offenbare Verfassungsverletzung gemacht wurden, erklärte er: „Ich bin kein Schlauch, der sich mit beliebigem Wein füllen läßt, und werde zurücktreten, wenn die Regierung auf Durchführung jener Bestimmungen besteht.“</p> <p>Die vom heutigen Staatsanzeiger veröffentlichte Circular-Note unsers Ministers des Auswärtigen über das Verhältniß Preußens zu den Beschlüssen der Frankfurter Paulskirche hat Niemanden überrascht, welcher die Artikel des bekannten Prof. Huber in der „N. Pr. Ztg.“ über die deutsche Kaiserfrage gelesen. Jene Note spricht nur in milderer Form dieselbe entschiedene Nichtachtung des deutschen Parlaments und seiner Souverainetäts-Gelüste aus, welche jene Artikel in der gewohnten provocirenden Weise jenes Blattes an den Tag gelegt hatten. Dieselbe unverhüllte Berufung auf das höhere Recht der Fürsten gegenüber der, aus der der Revolution hervorgegangenen Frankfurter Nationalversammlung; dasselbe Hervorheben des Verhältnisses zu Oestreich und den andern deutschen Fürsten — kurz, die offene Proklamirung der absolutistischen Contrerevolution charakterisirt diese Note und jene Artikel. Es ist die entschiedenste Rückkehr zu den Principien der alten Diplomatie und des deutschen Bundes, den man so selig entschlafen geglaubt. Und insofern ist diese Note in der That von Bedeutung, als sie bekundet, wie sicher ihrer Zukunft sich die Contrerevolution hier und in Wien glaubt. Denn daß diese Note in eben so vollständiger Uebereinstimmung mit dem Olmützer Kabinet erlassen worden, als überhaupt seit Monaten Potsdam und Olmütz nur nach gegenseitiger Verabredung gehandelt haben, das zeigt hinlänglich nicht bloß die fortwährende Hinweisung auf Oestreich und seine Stellung zu Frankfurt, sondern auch besonders die Bezugnahme auf die „mit einer entscheidenden Wendung der innern Zustände Oestreichs“ zusammentreffende „bedeutungsvolle Entwickelungs-Periode des eigenen Staates“, d. h. auf die ziemlich gleichzeitig vorgenommenen Schläge der bewaffneten Contrerevolution gegen die volksthümlichen Bestrebungen. Was außerdem die Note von der Vereinbarung der Fürsten untereinander und mit dem deutschen Parlament, von der Herstellung eines Staatenbundes im Bundesstaate andeutet, das kann ebenfalls Niemanden überraschen, der die in den Jürgens'schen Flugblättern abgedruckte „nicht gehaltene“ Rede von <hi rendition="#g">Radowitz</hi>, diesem intimen Rathgeber und Bundesgenossen der Potsdamer Camarilla, gelesen, der jetzt, da seine amtliche Verbindung mit Preußen scheinbar gelöst ist, wohl nur noch eifriger und ungehemmter für die Pläne der Reaktion zu wirken vermag. Wenn übrigens am Ende der Note das Kaiserthum von Seiten Preußens abgelehnt wird, so sind dieß nicht bloß die Trauben, die dem Fuchs zu sauer sind, sondern es ist eben nur die vollständigste Abfertigung des Parlamenst, das eben gar nicht berufen sei, so hohe Würden zu vergeben: das können nur „gottbegnadete“ Fürsten. Die Paulskirchner trifft übrigens nur das verdiente Loos.</p> <p>Die vom Handelsminister hierherberufenen Fabrikanten, Meister und Gesellen haben vorgestern ihre Sitzungen geschlossen, und werden morgen abreisen.</p> </div> <div xml:id="ar210_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>7</author></bibl> Berlin, 29. Jan.</head> <p>Das Räderwerk der „heiligen Allianz“ greift trefflich in einander. Man wird sich davon aus nachstehendem Berichte überzeugen können, der in der neuesten Nro. der „Galgenzeitung“, dieses Organs der potsdam-charlottenburger Kamarilla, enthalten ist. Es heißt dort wörtlich:</p> <p>„Die österreichischen Behörden scheinen jetzt ernstlich aufräumen zu wollen. Nach der Versetzung Galiziens und der Bukowina in den Kriegszustand findet dort jetzt zunächst die Ausweisung, resp. Verhaftung, aller fremden Flüchtlinge, besonders aus dem russ. Polen, so wie die allgemeine Entwaffnung statt. Die Frist für die freiwillige Anmeldung dieser Leute ist jetzt abgelaufen. — Diejenigen Flüchtlinge, welche sich in der bestimmten Frist nicht bei den betreffenden Behörden gemeldet haben, werden, laut öffentlicher Bekanntmachung, später ermittelt und kriegsgerichtlich behandelt werden.</p> <p>Wie man hört, soll die preußische Regierung die Durchreise dieser Flüchtlinge durch Preußen entschieden verweigern. Einige derselben sollen es aber dennoch in diesen Tagen gewagt haben, die preußische Gränze zu übertreten; aber von Gensd'armen verhaftet, sofort an die russisch-polnische Gränze gebracht und den dortigen Behörden übergeben worden sein.“</p> <p>Hat man je die Verschwörung mit dem Moskowiterthum offener eingestanden, als es hier das offizielle Blatt der Contrerevolution thut?</p> </div> <div xml:id="ar210_008" type="jArticle"> <head>Olmütz, 24. Jan.</head> <p>In Kojetin (eine Stunde von Kremsier) versammelten sich am 20. Januar die Bauern von 60 der umliegenden Dorfschaften zu einer Berathung. Die Häusler machen ihnen viele Sorge, und sie formulirten deshalb an den Reichstag eine Petition, daß die Häusler in den gegenwärtigen beschränkten Rechtsverhältnissen belassen werden möchten. Ein Häusler soll dabei aufgetreten sein und unter Anderm gesagt haben, Häusler seien nichts als verarmte Bauern, er selbst sei ein Bauernsohn, einer seiner Brüder sei Bauer, die andern fünf aber Häusler. Das half aber nichts, die Bauernaristokraten stützten sich gleichgültig auf faits accomplis. In der Nähe von Saar hat sogar der Richter den Häuslern das Lesen der Zeitungen verboten, „denn für die Häusler bestehe keine Konstitution.“ Das sind Aussichten auf soziale Zustände ganz eigner Art!</p> <bibl>(C. Bl. a. B.)</bibl> </div> <div xml:id="ar210_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 29. Januar.</head> <p>National-Versammlung. Das Erheblichste an der heutigen Sitzung ist die Tagesordnung, welche folgendermaßen aussieht:</p> <p rendition="#et">1) Berathung des vom Abgeordneten Zachariä aus Göttingen erstatteten Berichts, über den Antrag des Abgeordneten Schüler aus Jena, die diplomatischen Verbindungen Deutschlands und der deutschen Staaten betreffend.<lb/> 2) Berathung des vom Abgeordneten Osterrath erstatteten Berichts, die Verhältnisse der arbeitenden Klassen betreffend.<lb/> 3) Berathung des vom Abgeordneten Lette, Namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses erstatteten Berichts, über die demselben bis jetzt zugegangenen Petitionen, wegen Aufhebung der Feudallasten.<lb/> 4) Berathung des vom Abgeordneten Wachsmuth, Namens des Prioritäts- und Petitions-Ausschusses erstatteten Berichts, über den Antrag des Abgeordneten Jahn, auf Veranlassung einer Untersuchung gegen Mitglieder der constituirenden Nationalversammlung.<lb/> 5) Berathung des vom Abgeordneten Zachariä aus Göttingen, Namens des internationalen Ausschusses erstatteten Berichts, über den Antrag des Abgeordneten Jucho und Genossen, den diplomatischen Verkehr mit Rußland betreffend.<lb/> 6) Berathung des vom Abgeordneten Höfken, Namens des völkerrechtlichen Ausschusses erstatteten Berichts, über den Antrag des Abgeordneten Schultz aus Weilburg und Genossen, die Niedersetzung eines besondern Ausschusses zur Berathung der Donaufrage.<lb/> 7) Berathung des vom Abgeordneten Gustav Fischer, Namens des Ausschusses für Geschäftsordnung erstatteten Berichts, über den Antrag des Abgeordneten Eisenstuck, die Begründung der zum Verfassungs-Entwurfe gestellten Verbesserungs-Anträge betreffend.<lb/> 8) Berathung des vom Abgeordneten Michelsen, Namens des Gesetzgebungs-Ausschusses erstatteten Berichts, über den Antrag des Abgeordneten Jucho, auf Erlassung eines Reichsgesetzes zur Ausführung des Grundsatzes über Eingehung der Ehe durch einen Civilact.<lb/> 9) Berathung des vom Abgeordneten Rödinger, Namens des Prioritäts- und Petitions-Ausschusses erstatteten vierten Berichts, über verschiedene an die Reichsversammlung gelangte Eingaben.<lb/> 10) Berathung des vom Abgeordneten Martens erstatteten Berichts, über die von dem königlich preußischen Stadtgerichte zu Rosenberg beantragte Zustimmung zur Einleitung einer strafrechtlichen Untersuchung wegen Hochverraths gegen den Abgeordneten zur deutschen Reichsversammlung, Herrn Minkus.<lb/> 11) Berathung des vom Abgeordneten Lette, Namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses erstatteten Berichts, über die Anträge mehrerer Abgeordneten, die Aufhebung oder Ablösung der auf dem Bergbau ruhenden Zehnt- und andern Abgaben und Lasten betreffend.<lb/> 12) Berathung der vom Abgeordneten Schultze aus Potsdam, Namens des Ausschusses für Wehrangelegenheiten erstatteten Berichte:<lb/> a) über die unter Nr. 3552 vorliegende Petition des Göttinger Bürgervereins vom 27. September 1848 wegen Vermehrung der deutschen Kriegsmacht, vermittelst Volksbewaffnung;<lb/> b) über den Antrag des Abgeordneten Werner aus Oberkirch, in Betreff der Ergänzung des großherzoglich badischen Armeecorps, Nr. 550 und über verschiedene den gleichen Gegenstand betreffende Petitionen Nr. 5500.<lb/> 12) Berathung des vom Abgeordneten Mittermaier, Namens des Gesetzgebungs-Ausschusses erstatteten Berichts, über den Antrag des Abgeordneten Rösler und Genossen, die authentische Uebersetzung der Reichsgesetze betreffend.<lb/> 14) Berathung über den Antrag des Abgeordneten Würth aus Sigmaringen, auf ungesäumte Zurückziehung der noch im Fürstenthum Sigmaringen befindlichen Reichstruppen.</p> <p><hi rendition="#g">Waiz</hi> kündigt für den Verfassungsausschuß das letzte Kapitel der Verfassung (die Gewähr der Verfassung) an.</p> <p><hi rendition="#g">Kirchgeßner</hi> (der Kandidat der Linken) prasidirt. Er versteht es sehr gut!</p> <p>ad 1.</p> <p><hi rendition="#g">Buß</hi> aus Freiburg (der sich angewöhnt über Alles zu sprechen) empfiehlt Schülers's Antrag. Die Versammlung beschließt, den Antrag des etc. Schüler der Centralgewalt zur fördersamsten Berücksichtigung (Beseler'sches Deutsch) zu überweisen.</p> <p>ad 2.</p> <p>arbeitende Klassen!!! — Tagesordnung!!! — Basta!!!</p> <p>ad 3.</p> <p>Tagesordnung!!</p> <p>ad 4.</p> <p><hi rendition="#g">Jahn</hi> nimmt seinen Antrag zurück, somit wäre Nr. 4 beseitigt. Jahn ist nicht anwesend. Präsident meint, in diesem Falle soll über den Ausschußantrag abgestimmt werden. Vinke dagegen. Wigard dafür. Die Zurücknahme wird genehmigt, der Ausschuß hatte Herrn Jahn einen verdienten Rüffel zugedacht.</p> <p>ad 5.</p> <p>Tagesordnung!</p> <p><hi rendition="#g">Jucho</hi> sucht statt der vom Ausschuß vorgeschlagnen Tagesordnung — eine motivirte durchzubringen. Der Ausschußantrag angenommen.</p> <p>ad 6</p> <p><hi rendition="#g">Schulz</hi> aus Weilburg beklagt es bitter, daß jetzt (nach 4 Monaten!) sein Antrag erst zum Vorschein kommt, jetzt, da bereits die ganze Versammlung aus dem Leime geht, und die Mitglieder derselben schon halb außerhalb stehen. Er beweist in guten Worten die Wichtigkeit der Donaufrage und zerarbeitet dabei den Froschteich etwas.</p> <p>Der Ausschußantrag lautet:</p> <p rendition="#et">„Dem Antrag auf Niedersetzung eines besondern Ausschusses zur Berathung der Donaufrage sei zur Zeit keine Folge zu geben; es seien vielmehr die darauf bezüglichen Anträge und sonstige Eingange, wie bisher geschehen, an den völkerrechtlichen Ausschuß zu verweisen.“</p> <p>Dies geschieht.</p> <p>ad 7.</p> <p>Tagesordnung.</p> <p>ad 8.</p> <p><hi rendition="#g">Buß</hi> spricht schon wieder — gegen die alsbaldige Einführung des Civilehe-Gesetzes. Man habe in Süddeutschland gar keine Sehnsucht darnach</p> <p><hi rendition="#g">Pieriger</hi> (Oestreich) spricht für dies Gesetz.</p> <p><hi rendition="#g">Lette</hi> und der Berichterstatter sprachen auch noch.</p> <p>Hierauf wird die Tagesordnung angenommen.</p> <p>ad 9.</p> <p>Eine Masse Adressen (worunter sehr viele Mißtrauensadressen) werden nach dem Ausschußantrag ad acta gelegt.</p> <p>ad 10.</p> <p>Der Ausschuß hat beantragt: „Die Genehmigung zur Untersuchung nicht zu ertheilen.“ Ein gewisser Haubenschmidt beantragt: „Die Untersuchung nur zur Zeit nicht zu ertheilen.“</p> <p><hi rendition="#g">Rösler</hi> von Oels meint, der Minkus sei zwar ein polnischer (oberschlesischer) Bauer, der weder schreiben noch lesen konne (Herr v. Vincke lacht selbstgefällig und freut sich, daß er schreiben und lesen kann), er müsse aber doch ein tüchtiger Mann sein, denn von den vielen Männern in jenem Kreise, die doch prächtig Deutsch verstehen, habe keiner das Vertrauen des Volkes mehr besessen, als dieser Bauer. (Bravo!)</p> <p>Der Ausschußantrag wird angenommen. Die Rechte stimmt für den Haubenschmidschen.</p> <p>ad 11</p> <p>hat der Ausschuß beantragt, in den das Reich und die Rechte der Reichsgewalt behandelnden Theil der Verfassung, Abschnitt 2, geeigneten Orts die Bestimmung aufzunehmen: „der Reichsgewalt steht das Recht der Gesetzgebung über das Bergbauwesen zu.“</p> <p>Verbesserungsanträge liegen vor. Die ganze Angelegenheit geht an den Verfassungsausschuß zurück, um bei der zweiten Lesung berücksichtigt zu werden.</p> <p>ad 12, ad a und b</p> <p>wird der Ausschußantrag auf Tagesordnung angenommen.</p> <p>ad 13.</p> <p><hi rendition="#g">Rösler</hi> von Oels bittet, man möchte seinen Antrag annehmen und weist die Nothwendigkeit nach.</p> <p><hi rendition="#g">Breuning</hi> empfiehlt Namens des Ausschusses die Tagesordnung, welche angenommen wird.</p> <p>Endlich kommt man zum letzten Punkt der Tagesordnung. Der Antrag von Würth aus Sigmaringen lautet:</p> <p rendition="#et">„Die noch im Fürstenthum Sigmaringen befindlichen Reichstruppen sind ungesäumt zurück zu berufen.“</p> <p>Der Petitionsausschuß hat den Antrag als dringlich empfohlen.</p> <p><hi rendition="#g">Vincke</hi> meint, es sei erst an die Versammlung die Dringlichkeitsfrage zu stellen.</p> <p><hi rendition="#g">Goltz</hi> aus Brieg: Es müsse gleich berathen werden.</p> <p><hi rendition="#g">Präsident</hi> ist auch der Ansicht, es sei sofort zu berathen.</p> <p>v <hi rendition="#g">Stavenhagen</hi> (im Namen des Reichskriegsministeriums): Meine Herren, ich beehre mich Ihnen anzuzeigen, daß seit dem 24. d. M. im Fürstenthum Sigmaringen keine Reichstruppen mehr sind. (Homerisches Gelächter!)</p> <p><hi rendition="#g">Würth</hi> aus Sigmaringen: Wenn die Reichstruppen endlich zurückgezogen sind, so ist's gut (furchtbares Gelächter), aber daß sie so lange drin gewüstet haben, ist schlecht. Vierzig Mann haben bei einzelnen Bürgern gelegen. (Rechts Tumult.) Da die Sache aber nun nicht mehr so ist, und überhaupt von diesem Hause nie für's Volk gesorgt worden ist, nehme ich meinen Antrag zurück. (Bravo!)</p> <p>Schluß der Sitzung um 1 Uhr. — Morgen: „Gewähr der Verfassung.“</p> </div> <div xml:id="ar210_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>24</author></bibl> Aus Kurhessen, 25. Jan.</head> <p>Mit den Grundrechten geht es uns nicht besser, als mit unserer ehemals vielgepriesenen Verfassung. Eine Nuß, an der sich die Opposition die Zähne ausbeißt, um sie schließlich taub zu finden, während die herrschende Partei sie mit Leichtigkeit öffnet und für sich einen Kern findet. Bayrhoffer hatte auf dem Landtage darauf hingewiesen, daß sich durch die Publikation der Grundrechte die Wahlgesetzfrage sehr vereinfache, in so fern mit Aufhebung aller Standesvorrechte auch die <hi rendition="#g">ständische</hi> Repräsentation wegfalle, und den Antrag gestellt, auf diese Grundlagen hin mit Beiseitesetzung aller verfassungsmäßigen Erschwerungen durch <hi rendition="#g">einmalige</hi> Abstimmung die Sache zu erledigen. Der Rechtspflegeausschuß, in dem die Bourgeoisie und Bureaukratie sich zu brüderlichem Zusammenwirken die Hand reichen, war anderer Ansicht. Sein Bericht, dem die Versammlung in ihrer Sitzung vom 23. mit großer Majorität beitrat, lautet: Durch die Grundrechte wird das jetzige Wahlgesetz nur insofern alterirt, als der Adel und die Vertretung der Universität wegfällt, dagegen hat der Census mit den Standesvorrechten Nichts gemein, weil er ein <hi rendition="#g">allgemeines</hi> Erforderniß ist, ebensowenig die Trennung von Stadt und Land, weil dies eine blos geographische Eintheilung ist.</p> <p>Eine verzweifelte Logik! Um den Census zu retten, greift man zum Privatrecht, um daraus zu beweisen, daß die Bourgeoisie kein Stand sei. Um das Vorrecht der Städter vor den Landgemeinden (1 Städter = 4 Bauern im jetzigen Wahlgesetz) zu retten, appellirt man an die Geographie. So war es denn der Schlauheit einiger Spießbürger des 19. Jahrhunderts vorbehalten zu den bevorstehenden Vorrechten noch ein neues zu erfinden … ein geographisches!</p> <p>Was aber das Komische dieser Logik bis zur Farce steigert, ist das, daß bei uns die Bourgeoisie eigentlich nur in ihrer eigenen Einbildung existirt, weil sie sich mit wenigen Ausnahmen nirgends über die Kategorie des Mittelstandes erhebt und so zu sagen selbst am Hungerfaden kaut. Aber dennoch glaubt jeder Spießbürger, der 200 Thaler Einkommen hat, seine Interessen seien mit denen des Rothschild dieselben! Anstatt sich durch ein demokratisches Wahlgesetz mit dem Volke gegen die gemeinschaftlichen Feinde, die Bureaukratie und das große Kapital, zu verbinden, überliefert sich diese Wollheerde selbst dem unbarmherzigen Scheermesser der Beamten und der Rothschilde. Aber Schaafe müssen geschoren werden, das ist nicht mehr als in der Ordnung. Zu allem Unglück haben diese armen Sünder an ihrem eigenen Interesse es auch noch geduldet, daß ein Herr von Sybel, ein Erzbureaukrat und Portefeuillejäger, sich an ihre Spitze gestellt hat. Dieser hat es dahin gebracht, die Censuswuth bei ihnen bis zum Fanatismus zu steigern, so daß die meisten, welche früher nur schüchterne und verschämte Blicke nach dem Vorrecht der Höchstbesteuerten warfen und erklärten, sie nähmen das neue ministerielle Wahlgesetz nur deßhalb an, weil im Augenblick nichts Besseres zu erreichen sei, jetzt zu unbedingten Anhängern der ministeriellen Proposition geworden sind. Somit schwindet denn die Hoffnung zur Erreichung eines demokratischen Wahlgesetzes mehr und mehr, zumal da auch die demokratische Partei des Landtags, durch den Uebertritt einiger diplomatischen Radikalen auf Seite des Ministeriums, geschwächt ist, und nur noch an einigen bäuerlichen Deputirten eine Stütze findet, während der Adel, welcher früher um seine Verbannung aus der Kammer zu verhindern, gegen den ministeriellen Entwurf stimmte, jetzt, da diese Verbannung durch die Grundrechte unvermeidlich wird, wahrscheinlich für das Ministerium stimmen wird, um sich durch die Thür „der Höchstbesteuerten“ wieder in die Kammer einzuschleichen. Am 2. Februar wird die letzte Revision des Entwurfs und die Entscheidung der ganzen Sache stattfinden.</p> </div> <div xml:id="ar210_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Kassel, 27. Januar.</head> <p>Es beginnt hier eine sogenannte Ministerkrisis. Herr Eberhard hat seine Entlassung eingerreicht. Deshalb heute außerordentliche Sitzung der Kammer. Minister Eberhard erklärt, daß er seine Entlassung eingereicht, weil zwischen ihm und dem Kurfürsten wegen Organisation der neuen Verwaltungsbehörden, Differenzen und außerdem noch andere Schwierigkeiten entstanden seien, die seine verfassungsmäßige Wirksamkeit lähmten. Die Entlassung sei bis jetzt noch nicht angenommen.</p> <p>Minister Baumbach versichert, daß, werde jene Entlassung angenommen, sämmtliche Minister ebenfalls abtreten.</p> <p>Die Kammer erklärt hierauf, daß sie die Entlassung des Ministeriums als ein Unglück für das Land betrachte. Morgen wird die Kammer insgesammt dem Kurfürsten diese Erklärung persönlich übermachen, falls bis dahin keine befriedigende Lösung in Aussicht gestellt wird.</p> </div> <div xml:id="ar210_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Hildesheim, 25. Jan.</head> <p>Die Erbitterung gegen das Militär ist in That auf's Höchste gestiegen. Die „getreuen und lieben“ Hannoveraner sind zwar an Vieles gewöhnt, und wenn irgend wo in einem der gesegneten deutschen Vaterländer sich das Militär seit Jahrzehenten roh und brutal betragen hat, so gewiß das in Hannover. Aber nun wird's doch den Philistern auch gar zu arg; nicht etwa, daß sie der Gewalt die Gewalt entgegensetzten — nein, sie reichen ergebenste Petitionen ein, um Verhütung ähnlicher Vorgänge. Schon am 23. d., vor dem Wiederausbruch der militärischen Gräuel, hatten eine Anzahl Bürger folgende Erklärung erlassen:</p> <p>„Wir unterzeichneten Bürger und Bewohner der Neustadt sehen uns hiermit veranlaßt, öffentlich gegen die Excesse eines rohen gügellosen Soldatenhaufens, wie solche am gestrigen Abend hier dorgekommen, Protest einzulegen. Wir hoffen und erwarten zugleich von der Energie des Herrn Obristlieutenants v. Brandis, daß nicht allein die Schuldigen zur Strafe gezogen, sondern auch einer Wiederholung solcher Scenen vorgebeugt wird, die den ruhigen und friedsamen Bürger an Gesundheit, Leben und Eigenthum gefährden, dem Soldaten aber nur zur Schande gereichen können.</p> <p>Hildesheim, 23. Jan. 1849.“ (Folgen die Unterschriften.)</p> <p>Von Hannover sind nun wegen der gedachten patriotischen Heldenthaten des Militärs Garde du Corps und ein Gardejägerbataillon hieher dirigirt worden. Jemehr die hiesige Garnison verstärkt wird, desto ungescheuter und ungestrafter kann sie sich allen Excessen überlassen. Vortreffliche „Ruhe und Ordnung“ das, im Jahre des Heils 1849; nicht die mindeste „Anarchie“ ist in unsern Vaterländern zu erblicken, bloß einiges Kopfeinschlagen, Malträtiren, Verstümmeln etc. zum Vergnügen hoher Herrschaften und Krautjunker kommt vor. Das nennt sich aber im offiziellen Deutsch: „Aufrechthaltung der gesetzlichen Ruhe und Ordnung!“</p> </div> <div xml:id="ar210_013" type="jArticle"> <head>Freiburg, 26. Januar.</head> <p>Die Anklagekammer unseres Hofgerichts hat das Erkenntniß gefällt, daß Frau v. Struve in Anklagestand zu versetzen sei. Der Gefangenen, die sich in dem hiesigen Gefängniß befindet, ist dieses Erkenntniß heute Morgen eröffnet worden.</p> <bibl>(Fr. Ztg.)</bibl> </div> <div xml:id="ar210_014" type="jArticle"> <head>Oberndorf bei Schweinfurt, 20: Januar.</head> <p>Vorgestern wurde dem Führer der hiesigen Ortswehr folgender landgerichtlicher Beschluß eröffnet: „Beschluß. In Erwägung: 1) daß die Ortswehr zu Oberndorf am Sonntag den 26. Nov. v. J. ohne Genehmigung der Orts- und Distrikts-Polizeibehörde bewaffnet ausrückte dem Robert <hi rendition="#g">Blum</hi> zu Ehren, und während eine Sammlung für dessen Hinterbliebenen vor sich ging, vor der Kirche unter Anordnung militärischer Trauerzeichen an Spiel und Fahne paradirte und hierbei die Rede eines Wehrmannes aus ihrer Mitte anhörte, welche, wenn sie, so wie sie gedruckt verbreitet worden ist, gehalten wurde, was sich annehmen läßt, eine sehr auffallende Parteinahme bekundete; 2) die Ortswehren lediglich zur Handhabung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit berufen sind, als solche daher allen Parteizwecken fremd bleiben müssen, und sich ihren Orts- und Distriktspolizeibehörden in allen ihren Handlungen unterzuordnen haben, es daher 3) nicht geduldet werden kann, wenn die Oberndorfer Ortswehr eigenmächtig ausrückte und sich so weit vergaß, daß sie an einer Partei-Manifestation Theil nahm; gegen solche schon vorliegt, daß sie durch landgerichtliche Verfügung vom 9. Okt. v. J. wegen Excessen Einiger aus ihrer Mitte in hiesiger Stadt zur Ordnung ermahnt werden mußte; 4) es unterließ, die Wahl ihrer Führer hierorts zur Genehmigung anzuzeigen; aus diesen Gründen wird vom k. Landgerichte Schweinfurt als Distrikts-Polizeibehörde verfügt: 1. Die Ortswehr von Oberndorf wird vorbehaltlich ihrer etwaigen angemessenen Reorganisation aufgelöst. Es haben daher alle Waffenübungen derselben zu cessiren und sind die aus der Gemeinde-Kassa angeschafften zwei Trommeln auf dem Gemeindehaus zu verwahren. 2. Deren Oberführer Lorenz Fenn hat die Kosten der polizeilichen Voruntersuchung, vorbehaltlich seines Regresses gegen wen immer, zu tragen.</p> <p>Scheinfurt, 14. Januar 1849.“</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1152/0002]
die Lehren der „Neuen Preußischen Zeitung“ wohl zu beherzigen und bemühet sich offenbar, sich des hohen Schutzes würdig zu machen, den ihm der Preußenverein jetzt angedeihen läßt.
Welche Geltung in den Augen gewisser Leute die Bestimmungen der Verfassung über die gleiche Berechtigung aller Staatsbürger zu Staatsämtern ohne Unterschied der religiösen Bekenntnisse haben, kann folgender Vorfall zeigen. Ein höherer Schulamtskandidat, welcher am Joachimsthal'schen Gymnasium hierselbst sein Probejahr absolviren wollte, ward vom Direktor desselben, Professor und Akademiker Meineke, abgewiesen, weil er dem jüdischen Glaubensbekenntnisse angehöre. Als dem Direktor in der Lehrerkonferenz Vorstellungen über diese offenbare Verfassungsverletzung gemacht wurden, erklärte er: „Ich bin kein Schlauch, der sich mit beliebigem Wein füllen läßt, und werde zurücktreten, wenn die Regierung auf Durchführung jener Bestimmungen besteht.“
Die vom heutigen Staatsanzeiger veröffentlichte Circular-Note unsers Ministers des Auswärtigen über das Verhältniß Preußens zu den Beschlüssen der Frankfurter Paulskirche hat Niemanden überrascht, welcher die Artikel des bekannten Prof. Huber in der „N. Pr. Ztg.“ über die deutsche Kaiserfrage gelesen. Jene Note spricht nur in milderer Form dieselbe entschiedene Nichtachtung des deutschen Parlaments und seiner Souverainetäts-Gelüste aus, welche jene Artikel in der gewohnten provocirenden Weise jenes Blattes an den Tag gelegt hatten. Dieselbe unverhüllte Berufung auf das höhere Recht der Fürsten gegenüber der, aus der der Revolution hervorgegangenen Frankfurter Nationalversammlung; dasselbe Hervorheben des Verhältnisses zu Oestreich und den andern deutschen Fürsten — kurz, die offene Proklamirung der absolutistischen Contrerevolution charakterisirt diese Note und jene Artikel. Es ist die entschiedenste Rückkehr zu den Principien der alten Diplomatie und des deutschen Bundes, den man so selig entschlafen geglaubt. Und insofern ist diese Note in der That von Bedeutung, als sie bekundet, wie sicher ihrer Zukunft sich die Contrerevolution hier und in Wien glaubt. Denn daß diese Note in eben so vollständiger Uebereinstimmung mit dem Olmützer Kabinet erlassen worden, als überhaupt seit Monaten Potsdam und Olmütz nur nach gegenseitiger Verabredung gehandelt haben, das zeigt hinlänglich nicht bloß die fortwährende Hinweisung auf Oestreich und seine Stellung zu Frankfurt, sondern auch besonders die Bezugnahme auf die „mit einer entscheidenden Wendung der innern Zustände Oestreichs“ zusammentreffende „bedeutungsvolle Entwickelungs-Periode des eigenen Staates“, d. h. auf die ziemlich gleichzeitig vorgenommenen Schläge der bewaffneten Contrerevolution gegen die volksthümlichen Bestrebungen. Was außerdem die Note von der Vereinbarung der Fürsten untereinander und mit dem deutschen Parlament, von der Herstellung eines Staatenbundes im Bundesstaate andeutet, das kann ebenfalls Niemanden überraschen, der die in den Jürgens'schen Flugblättern abgedruckte „nicht gehaltene“ Rede von Radowitz, diesem intimen Rathgeber und Bundesgenossen der Potsdamer Camarilla, gelesen, der jetzt, da seine amtliche Verbindung mit Preußen scheinbar gelöst ist, wohl nur noch eifriger und ungehemmter für die Pläne der Reaktion zu wirken vermag. Wenn übrigens am Ende der Note das Kaiserthum von Seiten Preußens abgelehnt wird, so sind dieß nicht bloß die Trauben, die dem Fuchs zu sauer sind, sondern es ist eben nur die vollständigste Abfertigung des Parlamenst, das eben gar nicht berufen sei, so hohe Würden zu vergeben: das können nur „gottbegnadete“ Fürsten. Die Paulskirchner trifft übrigens nur das verdiente Loos.
Die vom Handelsminister hierherberufenen Fabrikanten, Meister und Gesellen haben vorgestern ihre Sitzungen geschlossen, und werden morgen abreisen.
7 Berlin, 29. Jan. Das Räderwerk der „heiligen Allianz“ greift trefflich in einander. Man wird sich davon aus nachstehendem Berichte überzeugen können, der in der neuesten Nro. der „Galgenzeitung“, dieses Organs der potsdam-charlottenburger Kamarilla, enthalten ist. Es heißt dort wörtlich:
„Die österreichischen Behörden scheinen jetzt ernstlich aufräumen zu wollen. Nach der Versetzung Galiziens und der Bukowina in den Kriegszustand findet dort jetzt zunächst die Ausweisung, resp. Verhaftung, aller fremden Flüchtlinge, besonders aus dem russ. Polen, so wie die allgemeine Entwaffnung statt. Die Frist für die freiwillige Anmeldung dieser Leute ist jetzt abgelaufen. — Diejenigen Flüchtlinge, welche sich in der bestimmten Frist nicht bei den betreffenden Behörden gemeldet haben, werden, laut öffentlicher Bekanntmachung, später ermittelt und kriegsgerichtlich behandelt werden.
Wie man hört, soll die preußische Regierung die Durchreise dieser Flüchtlinge durch Preußen entschieden verweigern. Einige derselben sollen es aber dennoch in diesen Tagen gewagt haben, die preußische Gränze zu übertreten; aber von Gensd'armen verhaftet, sofort an die russisch-polnische Gränze gebracht und den dortigen Behörden übergeben worden sein.“
Hat man je die Verschwörung mit dem Moskowiterthum offener eingestanden, als es hier das offizielle Blatt der Contrerevolution thut?
Olmütz, 24. Jan. In Kojetin (eine Stunde von Kremsier) versammelten sich am 20. Januar die Bauern von 60 der umliegenden Dorfschaften zu einer Berathung. Die Häusler machen ihnen viele Sorge, und sie formulirten deshalb an den Reichstag eine Petition, daß die Häusler in den gegenwärtigen beschränkten Rechtsverhältnissen belassen werden möchten. Ein Häusler soll dabei aufgetreten sein und unter Anderm gesagt haben, Häusler seien nichts als verarmte Bauern, er selbst sei ein Bauernsohn, einer seiner Brüder sei Bauer, die andern fünf aber Häusler. Das half aber nichts, die Bauernaristokraten stützten sich gleichgültig auf faits accomplis. In der Nähe von Saar hat sogar der Richter den Häuslern das Lesen der Zeitungen verboten, „denn für die Häusler bestehe keine Konstitution.“ Das sind Aussichten auf soziale Zustände ganz eigner Art!
(C. Bl. a. B.) !!! Frankfurt, 29. Januar. National-Versammlung. Das Erheblichste an der heutigen Sitzung ist die Tagesordnung, welche folgendermaßen aussieht:
1) Berathung des vom Abgeordneten Zachariä aus Göttingen erstatteten Berichts, über den Antrag des Abgeordneten Schüler aus Jena, die diplomatischen Verbindungen Deutschlands und der deutschen Staaten betreffend.
2) Berathung des vom Abgeordneten Osterrath erstatteten Berichts, die Verhältnisse der arbeitenden Klassen betreffend.
3) Berathung des vom Abgeordneten Lette, Namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses erstatteten Berichts, über die demselben bis jetzt zugegangenen Petitionen, wegen Aufhebung der Feudallasten.
4) Berathung des vom Abgeordneten Wachsmuth, Namens des Prioritäts- und Petitions-Ausschusses erstatteten Berichts, über den Antrag des Abgeordneten Jahn, auf Veranlassung einer Untersuchung gegen Mitglieder der constituirenden Nationalversammlung.
5) Berathung des vom Abgeordneten Zachariä aus Göttingen, Namens des internationalen Ausschusses erstatteten Berichts, über den Antrag des Abgeordneten Jucho und Genossen, den diplomatischen Verkehr mit Rußland betreffend.
6) Berathung des vom Abgeordneten Höfken, Namens des völkerrechtlichen Ausschusses erstatteten Berichts, über den Antrag des Abgeordneten Schultz aus Weilburg und Genossen, die Niedersetzung eines besondern Ausschusses zur Berathung der Donaufrage.
7) Berathung des vom Abgeordneten Gustav Fischer, Namens des Ausschusses für Geschäftsordnung erstatteten Berichts, über den Antrag des Abgeordneten Eisenstuck, die Begründung der zum Verfassungs-Entwurfe gestellten Verbesserungs-Anträge betreffend.
8) Berathung des vom Abgeordneten Michelsen, Namens des Gesetzgebungs-Ausschusses erstatteten Berichts, über den Antrag des Abgeordneten Jucho, auf Erlassung eines Reichsgesetzes zur Ausführung des Grundsatzes über Eingehung der Ehe durch einen Civilact.
9) Berathung des vom Abgeordneten Rödinger, Namens des Prioritäts- und Petitions-Ausschusses erstatteten vierten Berichts, über verschiedene an die Reichsversammlung gelangte Eingaben.
10) Berathung des vom Abgeordneten Martens erstatteten Berichts, über die von dem königlich preußischen Stadtgerichte zu Rosenberg beantragte Zustimmung zur Einleitung einer strafrechtlichen Untersuchung wegen Hochverraths gegen den Abgeordneten zur deutschen Reichsversammlung, Herrn Minkus.
11) Berathung des vom Abgeordneten Lette, Namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses erstatteten Berichts, über die Anträge mehrerer Abgeordneten, die Aufhebung oder Ablösung der auf dem Bergbau ruhenden Zehnt- und andern Abgaben und Lasten betreffend.
12) Berathung der vom Abgeordneten Schultze aus Potsdam, Namens des Ausschusses für Wehrangelegenheiten erstatteten Berichte:
a) über die unter Nr. 3552 vorliegende Petition des Göttinger Bürgervereins vom 27. September 1848 wegen Vermehrung der deutschen Kriegsmacht, vermittelst Volksbewaffnung;
b) über den Antrag des Abgeordneten Werner aus Oberkirch, in Betreff der Ergänzung des großherzoglich badischen Armeecorps, Nr. 550 und über verschiedene den gleichen Gegenstand betreffende Petitionen Nr. 5500.
12) Berathung des vom Abgeordneten Mittermaier, Namens des Gesetzgebungs-Ausschusses erstatteten Berichts, über den Antrag des Abgeordneten Rösler und Genossen, die authentische Uebersetzung der Reichsgesetze betreffend.
14) Berathung über den Antrag des Abgeordneten Würth aus Sigmaringen, auf ungesäumte Zurückziehung der noch im Fürstenthum Sigmaringen befindlichen Reichstruppen.
Waiz kündigt für den Verfassungsausschuß das letzte Kapitel der Verfassung (die Gewähr der Verfassung) an.
Kirchgeßner (der Kandidat der Linken) prasidirt. Er versteht es sehr gut!
ad 1.
Buß aus Freiburg (der sich angewöhnt über Alles zu sprechen) empfiehlt Schülers's Antrag. Die Versammlung beschließt, den Antrag des etc. Schüler der Centralgewalt zur fördersamsten Berücksichtigung (Beseler'sches Deutsch) zu überweisen.
ad 2.
arbeitende Klassen!!! — Tagesordnung!!! — Basta!!!
ad 3.
Tagesordnung!!
ad 4.
Jahn nimmt seinen Antrag zurück, somit wäre Nr. 4 beseitigt. Jahn ist nicht anwesend. Präsident meint, in diesem Falle soll über den Ausschußantrag abgestimmt werden. Vinke dagegen. Wigard dafür. Die Zurücknahme wird genehmigt, der Ausschuß hatte Herrn Jahn einen verdienten Rüffel zugedacht.
ad 5.
Tagesordnung!
Jucho sucht statt der vom Ausschuß vorgeschlagnen Tagesordnung — eine motivirte durchzubringen. Der Ausschußantrag angenommen.
ad 6
Schulz aus Weilburg beklagt es bitter, daß jetzt (nach 4 Monaten!) sein Antrag erst zum Vorschein kommt, jetzt, da bereits die ganze Versammlung aus dem Leime geht, und die Mitglieder derselben schon halb außerhalb stehen. Er beweist in guten Worten die Wichtigkeit der Donaufrage und zerarbeitet dabei den Froschteich etwas.
Der Ausschußantrag lautet:
„Dem Antrag auf Niedersetzung eines besondern Ausschusses zur Berathung der Donaufrage sei zur Zeit keine Folge zu geben; es seien vielmehr die darauf bezüglichen Anträge und sonstige Eingange, wie bisher geschehen, an den völkerrechtlichen Ausschuß zu verweisen.“
Dies geschieht.
ad 7.
Tagesordnung.
ad 8.
Buß spricht schon wieder — gegen die alsbaldige Einführung des Civilehe-Gesetzes. Man habe in Süddeutschland gar keine Sehnsucht darnach
Pieriger (Oestreich) spricht für dies Gesetz.
Lette und der Berichterstatter sprachen auch noch.
Hierauf wird die Tagesordnung angenommen.
ad 9.
Eine Masse Adressen (worunter sehr viele Mißtrauensadressen) werden nach dem Ausschußantrag ad acta gelegt.
ad 10.
Der Ausschuß hat beantragt: „Die Genehmigung zur Untersuchung nicht zu ertheilen.“ Ein gewisser Haubenschmidt beantragt: „Die Untersuchung nur zur Zeit nicht zu ertheilen.“
Rösler von Oels meint, der Minkus sei zwar ein polnischer (oberschlesischer) Bauer, der weder schreiben noch lesen konne (Herr v. Vincke lacht selbstgefällig und freut sich, daß er schreiben und lesen kann), er müsse aber doch ein tüchtiger Mann sein, denn von den vielen Männern in jenem Kreise, die doch prächtig Deutsch verstehen, habe keiner das Vertrauen des Volkes mehr besessen, als dieser Bauer. (Bravo!)
Der Ausschußantrag wird angenommen. Die Rechte stimmt für den Haubenschmidschen.
ad 11
hat der Ausschuß beantragt, in den das Reich und die Rechte der Reichsgewalt behandelnden Theil der Verfassung, Abschnitt 2, geeigneten Orts die Bestimmung aufzunehmen: „der Reichsgewalt steht das Recht der Gesetzgebung über das Bergbauwesen zu.“
Verbesserungsanträge liegen vor. Die ganze Angelegenheit geht an den Verfassungsausschuß zurück, um bei der zweiten Lesung berücksichtigt zu werden.
ad 12, ad a und b
wird der Ausschußantrag auf Tagesordnung angenommen.
ad 13.
Rösler von Oels bittet, man möchte seinen Antrag annehmen und weist die Nothwendigkeit nach.
Breuning empfiehlt Namens des Ausschusses die Tagesordnung, welche angenommen wird.
Endlich kommt man zum letzten Punkt der Tagesordnung. Der Antrag von Würth aus Sigmaringen lautet:
„Die noch im Fürstenthum Sigmaringen befindlichen Reichstruppen sind ungesäumt zurück zu berufen.“
Der Petitionsausschuß hat den Antrag als dringlich empfohlen.
Vincke meint, es sei erst an die Versammlung die Dringlichkeitsfrage zu stellen.
Goltz aus Brieg: Es müsse gleich berathen werden.
Präsident ist auch der Ansicht, es sei sofort zu berathen.
v Stavenhagen (im Namen des Reichskriegsministeriums): Meine Herren, ich beehre mich Ihnen anzuzeigen, daß seit dem 24. d. M. im Fürstenthum Sigmaringen keine Reichstruppen mehr sind. (Homerisches Gelächter!)
Würth aus Sigmaringen: Wenn die Reichstruppen endlich zurückgezogen sind, so ist's gut (furchtbares Gelächter), aber daß sie so lange drin gewüstet haben, ist schlecht. Vierzig Mann haben bei einzelnen Bürgern gelegen. (Rechts Tumult.) Da die Sache aber nun nicht mehr so ist, und überhaupt von diesem Hause nie für's Volk gesorgt worden ist, nehme ich meinen Antrag zurück. (Bravo!)
Schluß der Sitzung um 1 Uhr. — Morgen: „Gewähr der Verfassung.“
24 Aus Kurhessen, 25. Jan. Mit den Grundrechten geht es uns nicht besser, als mit unserer ehemals vielgepriesenen Verfassung. Eine Nuß, an der sich die Opposition die Zähne ausbeißt, um sie schließlich taub zu finden, während die herrschende Partei sie mit Leichtigkeit öffnet und für sich einen Kern findet. Bayrhoffer hatte auf dem Landtage darauf hingewiesen, daß sich durch die Publikation der Grundrechte die Wahlgesetzfrage sehr vereinfache, in so fern mit Aufhebung aller Standesvorrechte auch die ständische Repräsentation wegfalle, und den Antrag gestellt, auf diese Grundlagen hin mit Beiseitesetzung aller verfassungsmäßigen Erschwerungen durch einmalige Abstimmung die Sache zu erledigen. Der Rechtspflegeausschuß, in dem die Bourgeoisie und Bureaukratie sich zu brüderlichem Zusammenwirken die Hand reichen, war anderer Ansicht. Sein Bericht, dem die Versammlung in ihrer Sitzung vom 23. mit großer Majorität beitrat, lautet: Durch die Grundrechte wird das jetzige Wahlgesetz nur insofern alterirt, als der Adel und die Vertretung der Universität wegfällt, dagegen hat der Census mit den Standesvorrechten Nichts gemein, weil er ein allgemeines Erforderniß ist, ebensowenig die Trennung von Stadt und Land, weil dies eine blos geographische Eintheilung ist.
Eine verzweifelte Logik! Um den Census zu retten, greift man zum Privatrecht, um daraus zu beweisen, daß die Bourgeoisie kein Stand sei. Um das Vorrecht der Städter vor den Landgemeinden (1 Städter = 4 Bauern im jetzigen Wahlgesetz) zu retten, appellirt man an die Geographie. So war es denn der Schlauheit einiger Spießbürger des 19. Jahrhunderts vorbehalten zu den bevorstehenden Vorrechten noch ein neues zu erfinden … ein geographisches!
Was aber das Komische dieser Logik bis zur Farce steigert, ist das, daß bei uns die Bourgeoisie eigentlich nur in ihrer eigenen Einbildung existirt, weil sie sich mit wenigen Ausnahmen nirgends über die Kategorie des Mittelstandes erhebt und so zu sagen selbst am Hungerfaden kaut. Aber dennoch glaubt jeder Spießbürger, der 200 Thaler Einkommen hat, seine Interessen seien mit denen des Rothschild dieselben! Anstatt sich durch ein demokratisches Wahlgesetz mit dem Volke gegen die gemeinschaftlichen Feinde, die Bureaukratie und das große Kapital, zu verbinden, überliefert sich diese Wollheerde selbst dem unbarmherzigen Scheermesser der Beamten und der Rothschilde. Aber Schaafe müssen geschoren werden, das ist nicht mehr als in der Ordnung. Zu allem Unglück haben diese armen Sünder an ihrem eigenen Interesse es auch noch geduldet, daß ein Herr von Sybel, ein Erzbureaukrat und Portefeuillejäger, sich an ihre Spitze gestellt hat. Dieser hat es dahin gebracht, die Censuswuth bei ihnen bis zum Fanatismus zu steigern, so daß die meisten, welche früher nur schüchterne und verschämte Blicke nach dem Vorrecht der Höchstbesteuerten warfen und erklärten, sie nähmen das neue ministerielle Wahlgesetz nur deßhalb an, weil im Augenblick nichts Besseres zu erreichen sei, jetzt zu unbedingten Anhängern der ministeriellen Proposition geworden sind. Somit schwindet denn die Hoffnung zur Erreichung eines demokratischen Wahlgesetzes mehr und mehr, zumal da auch die demokratische Partei des Landtags, durch den Uebertritt einiger diplomatischen Radikalen auf Seite des Ministeriums, geschwächt ist, und nur noch an einigen bäuerlichen Deputirten eine Stütze findet, während der Adel, welcher früher um seine Verbannung aus der Kammer zu verhindern, gegen den ministeriellen Entwurf stimmte, jetzt, da diese Verbannung durch die Grundrechte unvermeidlich wird, wahrscheinlich für das Ministerium stimmen wird, um sich durch die Thür „der Höchstbesteuerten“ wieder in die Kammer einzuschleichen. Am 2. Februar wird die letzte Revision des Entwurfs und die Entscheidung der ganzen Sache stattfinden.
* Kassel, 27. Januar. Es beginnt hier eine sogenannte Ministerkrisis. Herr Eberhard hat seine Entlassung eingerreicht. Deshalb heute außerordentliche Sitzung der Kammer. Minister Eberhard erklärt, daß er seine Entlassung eingereicht, weil zwischen ihm und dem Kurfürsten wegen Organisation der neuen Verwaltungsbehörden, Differenzen und außerdem noch andere Schwierigkeiten entstanden seien, die seine verfassungsmäßige Wirksamkeit lähmten. Die Entlassung sei bis jetzt noch nicht angenommen.
Minister Baumbach versichert, daß, werde jene Entlassung angenommen, sämmtliche Minister ebenfalls abtreten.
Die Kammer erklärt hierauf, daß sie die Entlassung des Ministeriums als ein Unglück für das Land betrachte. Morgen wird die Kammer insgesammt dem Kurfürsten diese Erklärung persönlich übermachen, falls bis dahin keine befriedigende Lösung in Aussicht gestellt wird.
068 Hildesheim, 25. Jan. Die Erbitterung gegen das Militär ist in That auf's Höchste gestiegen. Die „getreuen und lieben“ Hannoveraner sind zwar an Vieles gewöhnt, und wenn irgend wo in einem der gesegneten deutschen Vaterländer sich das Militär seit Jahrzehenten roh und brutal betragen hat, so gewiß das in Hannover. Aber nun wird's doch den Philistern auch gar zu arg; nicht etwa, daß sie der Gewalt die Gewalt entgegensetzten — nein, sie reichen ergebenste Petitionen ein, um Verhütung ähnlicher Vorgänge. Schon am 23. d., vor dem Wiederausbruch der militärischen Gräuel, hatten eine Anzahl Bürger folgende Erklärung erlassen:
„Wir unterzeichneten Bürger und Bewohner der Neustadt sehen uns hiermit veranlaßt, öffentlich gegen die Excesse eines rohen gügellosen Soldatenhaufens, wie solche am gestrigen Abend hier dorgekommen, Protest einzulegen. Wir hoffen und erwarten zugleich von der Energie des Herrn Obristlieutenants v. Brandis, daß nicht allein die Schuldigen zur Strafe gezogen, sondern auch einer Wiederholung solcher Scenen vorgebeugt wird, die den ruhigen und friedsamen Bürger an Gesundheit, Leben und Eigenthum gefährden, dem Soldaten aber nur zur Schande gereichen können.
Hildesheim, 23. Jan. 1849.“ (Folgen die Unterschriften.)
Von Hannover sind nun wegen der gedachten patriotischen Heldenthaten des Militärs Garde du Corps und ein Gardejägerbataillon hieher dirigirt worden. Jemehr die hiesige Garnison verstärkt wird, desto ungescheuter und ungestrafter kann sie sich allen Excessen überlassen. Vortreffliche „Ruhe und Ordnung“ das, im Jahre des Heils 1849; nicht die mindeste „Anarchie“ ist in unsern Vaterländern zu erblicken, bloß einiges Kopfeinschlagen, Malträtiren, Verstümmeln etc. zum Vergnügen hoher Herrschaften und Krautjunker kommt vor. Das nennt sich aber im offiziellen Deutsch: „Aufrechthaltung der gesetzlichen Ruhe und Ordnung!“
Freiburg, 26. Januar. Die Anklagekammer unseres Hofgerichts hat das Erkenntniß gefällt, daß Frau v. Struve in Anklagestand zu versetzen sei. Der Gefangenen, die sich in dem hiesigen Gefängniß befindet, ist dieses Erkenntniß heute Morgen eröffnet worden.
(Fr. Ztg.) Oberndorf bei Schweinfurt, 20: Januar. Vorgestern wurde dem Führer der hiesigen Ortswehr folgender landgerichtlicher Beschluß eröffnet: „Beschluß. In Erwägung: 1) daß die Ortswehr zu Oberndorf am Sonntag den 26. Nov. v. J. ohne Genehmigung der Orts- und Distrikts-Polizeibehörde bewaffnet ausrückte dem Robert Blum zu Ehren, und während eine Sammlung für dessen Hinterbliebenen vor sich ging, vor der Kirche unter Anordnung militärischer Trauerzeichen an Spiel und Fahne paradirte und hierbei die Rede eines Wehrmannes aus ihrer Mitte anhörte, welche, wenn sie, so wie sie gedruckt verbreitet worden ist, gehalten wurde, was sich annehmen läßt, eine sehr auffallende Parteinahme bekundete; 2) die Ortswehren lediglich zur Handhabung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit berufen sind, als solche daher allen Parteizwecken fremd bleiben müssen, und sich ihren Orts- und Distriktspolizeibehörden in allen ihren Handlungen unterzuordnen haben, es daher 3) nicht geduldet werden kann, wenn die Oberndorfer Ortswehr eigenmächtig ausrückte und sich so weit vergaß, daß sie an einer Partei-Manifestation Theil nahm; gegen solche schon vorliegt, daß sie durch landgerichtliche Verfügung vom 9. Okt. v. J. wegen Excessen Einiger aus ihrer Mitte in hiesiger Stadt zur Ordnung ermahnt werden mußte; 4) es unterließ, die Wahl ihrer Führer hierorts zur Genehmigung anzuzeigen; aus diesen Gründen wird vom k. Landgerichte Schweinfurt als Distrikts-Polizeibehörde verfügt: 1. Die Ortswehr von Oberndorf wird vorbehaltlich ihrer etwaigen angemessenen Reorganisation aufgelöst. Es haben daher alle Waffenübungen derselben zu cessiren und sind die aus der Gemeinde-Kassa angeschafften zwei Trommeln auf dem Gemeindehaus zu verwahren. 2. Deren Oberführer Lorenz Fenn hat die Kosten der polizeilichen Voruntersuchung, vorbehaltlich seines Regresses gegen wen immer, zu tragen.
Scheinfurt, 14. Januar 1849.“
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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