Neue Rheinische Zeitung. Nr. 210. Köln, 1. Februar 1849.Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 210. Köln, Donnerstag den 1. Februar. Mittwoch früh, 31. Januar, ist ein Extrablatt der Neuen Rheinischen Zeitung mit den neuesten Pariser Nachrichten ausgegeben und an unsere sämmtlichen Abonnenten versandt worden. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die "Kölnische Zeitung" über die Wahlen. -- Interpellation an Herrn Oberst Engels.) Geldern. (Wahlbülletin.) Caster. (dito.) Trier. (Die Kandidaten zur zweiten Kammer. -- Sebaldt. -- Die Wahlen zur ersten Kammer.) Berlin. (Wahlen für die erste Kammer. -- Borsig -- Die königl preuß. gleiche Berechtigung aller Staatsbürger. -- Cirkularnote über das Verhältniß Preußens zur Reichsgewalt. -- Die Flüchtlinge in Galizien. -- Benehmen der preußischen Regierung.) Olmütz. (Der Zwiespalt zwischen "Bauern" und "Häuslern.") Frankfurt. (Nationalversammlung.) Aus Kurhessen. (Das Wahlgesetz.) Kassel. (Ministerkrisis.) Hildesheim. (Militär-Exceß.) Freiburg. (Frau Struve in Anklagezustand.) Oberndorf. (Curioses Aktenstück.) Ungarn. Agram. (Das Associationswesen.) Italien. Turin. (Ein Schreiben Gioberti's an den schweiz. Bundesrath. -- Heerschau.) Rom. (Finanzielles.) Venedig. (Geldunterstützungen. -- Die Volkesrepräsentation.) Schweiz. Tessin. (Oestr. Kreuzer auf dem Lago-Maggiore.) Franz. Republik. Paris. (Die Situation. -- Die Gährung. -- Vermischtes.) Spanien. Madrid. (Hofgeschichten.) Belgien. Gent. (Explosion eines Pulvermagazins) Deutschland. * Köln, 30. Jan. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Köln, 31. Januar. Da Herr Oberst Engels, trotz der Antwort des Hrn. commiss. Oberbürgermeisters Gräff und trotz des heranrückenden Wahltages sich bis heute nicht gemüßigt gesehen, auf unsere letzte Interpellation zu antworten, so sind wir genöthigt heute eine neue Interpellation, oder wie er selbst sagt, "Insertion" an ihn zu richten. Wir fragen ihn demnach, ob es wahr ist, daß der zum Wahlmann ernannte Hr. Hauptmann Lengsfeld sich gar nicht einmal die Mühe gegeben, während der Wahl seinen Wohnsitz in der Kaserne zu nehmen? Da er vor und nach der Wahl, soviel wir wissen, nicht im Bezirk (sondern in der Breitstraße) gewohnt hat, war er gar nicht wahlfähig. Zu den beiden von uns angefochtenen Wahlen käme hiernach noch eine dritte. Hr. Engels wird ersucht baldigst zu antworten. Wie gesagt, die Wahlmänner können nicht lange warten. 100 Geldern, 30. Jan. Wir vermissen in Ihrem Blatte noch immer das Resultat der Wahlen in unserer Stadt Geldern; bei dem hier vorherrschenden Indifferentismus und konstitutionellen -- d. h. reaktionaren -- Tendenzen, ist es ein erfreuliches Zeichen, daß diesmal die Opposition glänzend gesiegt hat. Sämmtliche Wahlmänner sind dieser Farbe entschieden ergeben. Ebenso befriedigend ist das Ergebniß zu Nieukerk und in vielen Orten unserer Umgegend; die bisheran stattgefundenen Vorversammlungen der Wahlmänner der Kreise Geldern und Cleve lassen mit Zuversicht erwarten, daß nur solche Deputirte aus der Wahlurne hervorgehen werden, welche die Rechte des Volkes mit Entschiedenheit zu vertheidigen entschlossen sind. 068 Caster, 29. Jan. Heute versammelten sich die Urwähler der Bürgermeistereien Pütz, Königswinter und Caster dahier, um einen Wahlmann für die erste Kammer zu wählen. Die dazu Berechtigten waren 95, wovon aber nur 52 zugegen waren. Es war dieser Ausfall von 43 Urwählern um so fataler, als dadurch die ziemlich vorbereitete Wahl des Ritterhauptmannes Grafen Mirbach fast gesichert schien. Alle seine Pächter hatten sich pünktlich gestellt und andere nicht abhängige Grundbesitzer gruppirten sich um den Ritterhauptmann als einen Vertreter des Grundeigenthums. Dessenungeachtet fiel in dem 3. Scrutinium die Wahl auf den liberalen Gutsbesitzer Herr Zillcken zu Grottenherten. 096 Trier, 29. Januar. Nach der vernichtenden Niederlage, welche die konstitutionelle Partei hier erlitten, hat sie nun das letzte, erlöschende Fünkchen von Hoffnung auf den heutigen Tag gesetzt. Es ist wahrscheinlich und kann der Natur der Sache nach auch nicht anders sein, daß die Konstitutionellen unter den 6 hier zu wählenden Wahlmännern für die erste Kammer in der Majorität bleiben. Die Partei wird ihren Siegesjubel anstimmen, so gut sie eben einen wirklichen, wahren Jubel, der aus dem Herzen kommt und zum Herzen geht, nachahmen kann, denn sie weiß sehr wohl, wenigstens die Intelligenteren unter ihr, daß der ganze Sieg eine reine Fiktion ist, die gar keine reale Bedeutung hat. Was ist in der That die Wahl zur ersten Kammer anders, als eine statistische Feststellung der Anzahl anti-demokratischer Atome im Staat? Gegenüber dem Volkswillen, wie er sich in den Wahlen zur zweiten Kammer ausgesprochen, ist die Zusammensetzung der ersten Kammer total gleichgültig; es ist im Gegentheile für die Schnelligkeit der staatlichen Entwickelung sehr wünschenswerth, wenn die erste Kammer, da sie par ordre du Mufti zusammengesetzt wird, das reaktionäre Element recht kraß repräsentirt. Sie wissen, daß die demokratische Partei hier den Geheimen Oberrevisionsrath Esser unter ihren Kandidaten hat; wen meinen Sie, daß ihm die Herren vom Urheulerthum entgegensetzten? Das Regierungspräsidium Sebaldt, den Mann aus dem Lande der schlechten Sechser!! Die demokratische Partei brachte diese unbezahlbare Anekdote gestern Nachmittag durch den Preßbengel unter die Leute, und zwei Stunden darauf hatte die konstitutionelle Partei schon eine Antwort in Bewegung, die von einem eigenen Colporteur am Eingange des Funk'schen Gartens, wo die Demokraten tagten, mit verschwenderischer Hand über die glückliche Menschheit ausgestreut wurde. Und was hatten die Herren von der Konstitution zu melden? Eine vollständige Spaltung der Partei; die Ritter von der Elle, die Barone vom Geldsack, die Pascha's vom Kartoffelsack wußten der Alternative Esser-Sebaldt nur dadurch zu antworten, daß sie das Regierungspräsidium fallen ließen. Die Herren von der Konstitution mit ihrer ur-unsinnigen Firma "Absolutismus und Bourgeoisie," haben in Trier eine so lebensfrische, thatendurstige Existenz, daß der einzige Name Esser den künstlichen Kitt ihres Baues auflöste und eine Ruine zurückließ. "Der Regierungsrath Sebaldt hat sich bei uns weder als Kandidat vorgestellt, noch ist er von uns als solcher in Aussicht genommen worden." Das ist der Wortlaut des Absagungsbriefes der Trierer Bourgeoisie an das Beamtenthum. Wir und die Todten reiten schnell. Der Sieg der Demokratie in Preußen trägt schnelle und köstliche Früchte. Ich halte es für überflüssig, Ihnen des Breiteren mitzutheilen, wie die hier zur Prüfung der Reklamationen von den Urwählern erster Klasse niedergesetzte Kommission ihr Amt verwaltet hat. Die weltbekannte Perfidie dieser Menschenklasse überhebt mich der Mühe. Als Curiosum theile ich Ihnen noch mit, daß es dem Trierer Jos. Dumont, dem Herrn Friedrich Lintz, Eigenthümer der Saar- und Moselzeitung, gelungen ist, den Professor Dr. Julius Max Schottky als Redakteur en chef zu engagiren! Nachschrift. So eben geht mir noch die Mittheilung zu von dem Ausfall der Wahlen. Es wurden gewählt im 1. Bezirk Gutsbesitzer Wegard; im 2. Bezirk Adv.-Anw. Wenzel; im 3. Bezirk Arzt Birnbaum; im 4. Bezirk Landgerichtsrath Weygold; im 5. Bezirk Arzt Rosbach; im 6. Bezirk Deutsch. Unter 6 Bezirken haben 2., 3., 4. und 5. entschieden reaktionär gewählt, indem sie zu Wahlmännern ernannten die Herren Adv.-Anw. Wenzel, Arzt Birnbaum, Landgerichtsrath Weygold und Arzt Rosbach. X Berlin, 29. Jan. Die Reaktion hat heute ihre Revanche genommen. Fast sämmtliche Besiegten des 22. Januar sind heut Wahlmänner für die erste Kammer geworden und freuen sich jetzt ihres Sieges. -- Soweit uns jetzt die Resultate der Urwahlen bekannt sind, gehören die Wahlmänner der conservativen Partei an; die Vorgeschrittensten unter ihnen lassen sich als Centrumsmänner charakterisiren. Dieses Resultat wird übrigens Niemanden überraschen, welcher erwägt, daß der Census für die Urwähler zur ersten Kammer eben nur die Vermögensaristokratie zur Ausübung dieses polischen Rechtes zuließ. Denn namentlich befürchteten sehr viele Mitglieder des kleinen Bürgerstandes, sie würden, wenn sie ihr Einkommen auf 500 Thlr. angäben, nachträglich zur Entrichtung der im vorjährigen Sommer vom hiesigen Magistrat ausgeschriebenen städtischen Einkommensteuer von 1 Proz. herbeigezogen werden. Herr Borsig hat vorigen Sonnabend einen seiner Arbeiter, der schon vier Jahre in seiner Fabrik beschäftigt war, entlassen, weil derselbe von der demokratischen Partei als Wahlmann für die zweite Kammer gewählt worden war. Herr Borsig scheint Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 210. Köln, Donnerstag den 1. Februar. Mittwoch früh, 31. Januar, ist ein Extrablatt der Neuen Rheinischen Zeitung mit den neuesten Pariser Nachrichten ausgegeben und an unsere sämmtlichen Abonnenten versandt worden. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die „Kölnische Zeitung“ über die Wahlen. — Interpellation an Herrn Oberst Engels.) Geldern. (Wahlbülletin.) Caster. (dito.) Trier. (Die Kandidaten zur zweiten Kammer. — Sebaldt. — Die Wahlen zur ersten Kammer.) Berlin. (Wahlen für die erste Kammer. — Borsig — Die königl preuß. gleiche Berechtigung aller Staatsbürger. — Cirkularnote über das Verhältniß Preußens zur Reichsgewalt. — Die Flüchtlinge in Galizien. — Benehmen der preußischen Regierung.) Olmütz. (Der Zwiespalt zwischen „Bauern“ und „Häuslern.“) Frankfurt. (Nationalversammlung.) Aus Kurhessen. (Das Wahlgesetz.) Kassel. (Ministerkrisis.) Hildesheim. (Militär-Exceß.) Freiburg. (Frau Struve in Anklagezustand.) Oberndorf. (Curioses Aktenstück.) Ungarn. Agram. (Das Associationswesen.) Italien. Turin. (Ein Schreiben Gioberti's an den schweiz. Bundesrath. — Heerschau.) Rom. (Finanzielles.) Venedig. (Geldunterstützungen. — Die Volkesrepräsentation.) Schweiz. Tessin. (Oestr. Kreuzer auf dem Lago-Maggiore.) Franz. Republik. Paris. (Die Situation. — Die Gährung. — Vermischtes.) Spanien. Madrid. (Hofgeschichten.) Belgien. Gent. (Explosion eines Pulvermagazins) Deutschland. * Köln, 30. Jan. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Köln, 31. Januar. Da Herr Oberst Engels, trotz der Antwort des Hrn. commiss. Oberbürgermeisters Gräff und trotz des heranrückenden Wahltages sich bis heute nicht gemüßigt gesehen, auf unsere letzte Interpellation zu antworten, so sind wir genöthigt heute eine neue Interpellation, oder wie er selbst sagt, „Insertion“ an ihn zu richten. Wir fragen ihn demnach, ob es wahr ist, daß der zum Wahlmann ernannte Hr. Hauptmann Lengsfeld sich gar nicht einmal die Mühe gegeben, während der Wahl seinen Wohnsitz in der Kaserne zu nehmen? Da er vor und nach der Wahl, soviel wir wissen, nicht im Bezirk (sondern in der Breitstraße) gewohnt hat, war er gar nicht wahlfähig. Zu den beiden von uns angefochtenen Wahlen käme hiernach noch eine dritte. Hr. Engels wird ersucht baldigst zu antworten. Wie gesagt, die Wahlmänner können nicht lange warten. 100 Geldern, 30. Jan. Wir vermissen in Ihrem Blatte noch immer das Resultat der Wahlen in unserer Stadt Geldern; bei dem hier vorherrschenden Indifferentismus und konstitutionellen — d. h. reaktionaren — Tendenzen, ist es ein erfreuliches Zeichen, daß diesmal die Opposition glänzend gesiegt hat. Sämmtliche Wahlmänner sind dieser Farbe entschieden ergeben. Ebenso befriedigend ist das Ergebniß zu Nieukerk und in vielen Orten unserer Umgegend; die bisheran stattgefundenen Vorversammlungen der Wahlmänner der Kreise Geldern und Cleve lassen mit Zuversicht erwarten, daß nur solche Deputirte aus der Wahlurne hervorgehen werden, welche die Rechte des Volkes mit Entschiedenheit zu vertheidigen entschlossen sind. 068 Caster, 29. Jan. Heute versammelten sich die Urwähler der Bürgermeistereien Pütz, Königswinter und Caster dahier, um einen Wahlmann für die erste Kammer zu wählen. Die dazu Berechtigten waren 95, wovon aber nur 52 zugegen waren. Es war dieser Ausfall von 43 Urwählern um so fataler, als dadurch die ziemlich vorbereitete Wahl des Ritterhauptmannes Grafen Mirbach fast gesichert schien. Alle seine Pächter hatten sich pünktlich gestellt und andere nicht abhängige Grundbesitzer gruppirten sich um den Ritterhauptmann als einen Vertreter des Grundeigenthums. Dessenungeachtet fiel in dem 3. Scrutinium die Wahl auf den liberalen Gutsbesitzer Herr Zillcken zu Grottenherten. 096 Trier, 29. Januar. Nach der vernichtenden Niederlage, welche die konstitutionelle Partei hier erlitten, hat sie nun das letzte, erlöschende Fünkchen von Hoffnung auf den heutigen Tag gesetzt. Es ist wahrscheinlich und kann der Natur der Sache nach auch nicht anders sein, daß die Konstitutionellen unter den 6 hier zu wählenden Wahlmännern für die erste Kammer in der Majorität bleiben. Die Partei wird ihren Siegesjubel anstimmen, so gut sie eben einen wirklichen, wahren Jubel, der aus dem Herzen kommt und zum Herzen geht, nachahmen kann, denn sie weiß sehr wohl, wenigstens die Intelligenteren unter ihr, daß der ganze Sieg eine reine Fiktion ist, die gar keine reale Bedeutung hat. Was ist in der That die Wahl zur ersten Kammer anders, als eine statistische Feststellung der Anzahl anti-demokratischer Atome im Staat? Gegenüber dem Volkswillen, wie er sich in den Wahlen zur zweiten Kammer ausgesprochen, ist die Zusammensetzung der ersten Kammer total gleichgültig; es ist im Gegentheile für die Schnelligkeit der staatlichen Entwickelung sehr wünschenswerth, wenn die erste Kammer, da sie par ordre du Mufti zusammengesetzt wird, das reaktionäre Element recht kraß repräsentirt. Sie wissen, daß die demokratische Partei hier den Geheimen Oberrevisionsrath Esser unter ihren Kandidaten hat; wen meinen Sie, daß ihm die Herren vom Urheulerthum entgegensetzten? Das Regierungspräsidium Sebaldt, den Mann aus dem Lande der schlechten Sechser!! Die demokratische Partei brachte diese unbezahlbare Anekdote gestern Nachmittag durch den Preßbengel unter die Leute, und zwei Stunden darauf hatte die konstitutionelle Partei schon eine Antwort in Bewegung, die von einem eigenen Colporteur am Eingange des Funk'schen Gartens, wo die Demokraten tagten, mit verschwenderischer Hand über die glückliche Menschheit ausgestreut wurde. Und was hatten die Herren von der Konstitution zu melden? Eine vollständige Spaltung der Partei; die Ritter von der Elle, die Barone vom Geldsack, die Pascha's vom Kartoffelsack wußten der Alternative Esser-Sebaldt nur dadurch zu antworten, daß sie das Regierungspräsidium fallen ließen. Die Herren von der Konstitution mit ihrer ur-unsinnigen Firma „Absolutismus und Bourgeoisie,“ haben in Trier eine so lebensfrische, thatendurstige Existenz, daß der einzige Name Esser den künstlichen Kitt ihres Baues auflöste und eine Ruine zurückließ. „Der Regierungsrath Sebaldt hat sich bei uns weder als Kandidat vorgestellt, noch ist er von uns als solcher in Aussicht genommen worden.“ Das ist der Wortlaut des Absagungsbriefes der Trierer Bourgeoisie an das Beamtenthum. Wir und die Todten reiten schnell. Der Sieg der Demokratie in Preußen trägt schnelle und köstliche Früchte. Ich halte es für überflüssig, Ihnen des Breiteren mitzutheilen, wie die hier zur Prüfung der Reklamationen von den Urwählern erster Klasse niedergesetzte Kommission ihr Amt verwaltet hat. Die weltbekannte Perfidie dieser Menschenklasse überhebt mich der Mühe. Als Curiosum theile ich Ihnen noch mit, daß es dem Trierer Jos. Dumont, dem Herrn Friedrich Lintz, Eigenthümer der Saar- und Moselzeitung, gelungen ist, den Professor Dr. Julius Max Schottky als Redakteur en chef zu engagiren! Nachschrift. So eben geht mir noch die Mittheilung zu von dem Ausfall der Wahlen. Es wurden gewählt im 1. Bezirk Gutsbesitzer Wegard; im 2. Bezirk Adv.-Anw. Wenzel; im 3. Bezirk Arzt Birnbaum; im 4. Bezirk Landgerichtsrath Weygold; im 5. Bezirk Arzt Rosbach; im 6. Bezirk Deutsch. Unter 6 Bezirken haben 2., 3., 4. und 5. entschieden reaktionär gewählt, indem sie zu Wahlmännern ernannten die Herren Adv.-Anw. Wenzel, Arzt Birnbaum, Landgerichtsrath Weygold und Arzt Rosbach. X Berlin, 29. Jan. Die Reaktion hat heute ihre Revanche genommen. Fast sämmtliche Besiegten des 22. Januar sind heut Wahlmänner für die erste Kammer geworden und freuen sich jetzt ihres Sieges. — Soweit uns jetzt die Resultate der Urwahlen bekannt sind, gehören die Wahlmänner der conservativen Partei an; die Vorgeschrittensten unter ihnen lassen sich als Centrumsmänner charakterisiren. Dieses Resultat wird übrigens Niemanden überraschen, welcher erwägt, daß der Census für die Urwähler zur ersten Kammer eben nur die Vermögensaristokratie zur Ausübung dieses polischen Rechtes zuließ. Denn namentlich befürchteten sehr viele Mitglieder des kleinen Bürgerstandes, sie würden, wenn sie ihr Einkommen auf 500 Thlr. angäben, nachträglich zur Entrichtung der im vorjährigen Sommer vom hiesigen Magistrat ausgeschriebenen städtischen Einkommensteuer von 1 Proz. herbeigezogen werden. Herr Borsig hat vorigen Sonnabend einen seiner Arbeiter, der schon vier Jahre in seiner Fabrik beschäftigt war, entlassen, weil derselbe von der demokratischen Partei als Wahlmann für die zweite Kammer gewählt worden war. Herr Borsig scheint <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="1151"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No 210. Köln, Donnerstag den 1. Februar.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div n="1"> <p>Mittwoch früh, 31. Januar, ist ein Extrablatt der Neuen Rheinischen Zeitung mit den neuesten Pariser Nachrichten ausgegeben und an unsere sämmtlichen Abonnenten versandt worden.</p> </div> <div type="contents" n="1"> <head>Uebersicht.</head> <p><hi rendition="#g">Deutschland</hi>. Köln. (Die „Kölnische Zeitung“ über die Wahlen. — Interpellation an Herrn Oberst Engels.) Geldern. (Wahlbülletin.) Caster. (dito.) Trier. (Die Kandidaten zur zweiten Kammer. — Sebaldt. — Die Wahlen zur ersten Kammer.) Berlin. (Wahlen für die erste Kammer. — Borsig — Die königl preuß. gleiche Berechtigung aller Staatsbürger. — Cirkularnote über das Verhältniß Preußens zur Reichsgewalt. — Die Flüchtlinge in Galizien. — Benehmen der preußischen Regierung.) Olmütz. (Der Zwiespalt zwischen „Bauern“ und „Häuslern.“) Frankfurt. (Nationalversammlung.) Aus Kurhessen. (Das Wahlgesetz.) Kassel. (Ministerkrisis.) Hildesheim. (Militär-Exceß.) Freiburg. (Frau Struve in Anklagezustand.) Oberndorf. (Curioses Aktenstück.)</p> <p><hi rendition="#g">Ungarn</hi>. Agram. (Das Associationswesen.)</p> <p><hi rendition="#g">Italien</hi>. Turin. (Ein Schreiben Gioberti's an den schweiz. Bundesrath. — Heerschau.) Rom. (Finanzielles.) Venedig. (Geldunterstützungen. — Die Volkesrepräsentation.)</p> <p><hi rendition="#g">Schweiz</hi>. Tessin. (Oestr. Kreuzer auf dem Lago-Maggiore.)</p> <p><hi rendition="#g">Franz. Republik</hi>. Paris. 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Die dazu Berechtigten waren 95, wovon aber nur 52 zugegen waren. Es war dieser Ausfall von 43 Urwählern um so fataler, als dadurch die ziemlich vorbereitete Wahl des Ritterhauptmannes Grafen Mirbach fast gesichert schien. Alle seine Pächter hatten sich pünktlich gestellt und andere nicht abhängige Grundbesitzer gruppirten sich um den Ritterhauptmann als einen Vertreter des Grundeigenthums. Dessenungeachtet fiel in dem 3. Scrutinium die Wahl auf den liberalen Gutsbesitzer Herr Zillcken zu Grottenherten.</p> </div> <div xml:id="ar210_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>096</author></bibl> Trier, 29. Januar.</head> <p>Nach der vernichtenden Niederlage, welche die konstitutionelle Partei hier erlitten, hat sie nun das letzte, erlöschende Fünkchen von Hoffnung auf den heutigen Tag gesetzt. Es ist wahrscheinlich und kann der Natur der Sache nach auch nicht anders sein, daß die Konstitutionellen unter den 6 hier zu wählenden Wahlmännern für die erste Kammer in der Majorität bleiben. Die Partei wird ihren Siegesjubel anstimmen, so gut sie eben einen wirklichen, wahren Jubel, der aus dem Herzen kommt und zum Herzen geht, nachahmen kann, denn sie weiß sehr wohl, wenigstens die Intelligenteren unter ihr, daß der ganze Sieg eine <hi rendition="#g">reine Fiktion</hi> ist, die gar keine <hi rendition="#g">reale</hi> Bedeutung hat. Was ist in der That die Wahl zur ersten Kammer anders, als eine statistische Feststellung der Anzahl anti-demokratischer Atome im Staat? Gegenüber dem Volkswillen, wie er sich in den Wahlen zur zweiten Kammer ausgesprochen, ist die Zusammensetzung der ersten Kammer total gleichgültig; es ist im Gegentheile für die Schnelligkeit der staatlichen Entwickelung sehr wünschenswerth, wenn die erste Kammer, da sie par ordre du Mufti zusammengesetzt wird, das reaktionäre Element recht kraß repräsentirt.</p> <p>Sie wissen, daß die demokratische Partei hier den Geheimen Oberrevisionsrath Esser unter ihren Kandidaten hat; wen meinen Sie, daß ihm die Herren vom Urheulerthum entgegensetzten? Das Regierungspräsidium <hi rendition="#g">Sebaldt,</hi> den Mann aus dem Lande der schlechten Sechser!! Die demokratische Partei brachte diese unbezahlbare Anekdote gestern Nachmittag durch den Preßbengel unter die Leute, und zwei Stunden darauf hatte die konstitutionelle Partei schon eine Antwort in Bewegung, die von einem eigenen Colporteur am Eingange des Funk'schen Gartens, wo die Demokraten tagten, mit verschwenderischer Hand über die glückliche Menschheit ausgestreut wurde. Und was hatten die Herren von der Konstitution zu melden? Eine vollständige Spaltung der Partei; die Ritter von der Elle, die Barone vom Geldsack, die Pascha's vom Kartoffelsack wußten der Alternative Esser-Sebaldt nur dadurch zu antworten, daß sie das Regierungspräsidium fallen ließen. Die Herren von der Konstitution mit ihrer ur-unsinnigen Firma „Absolutismus und Bourgeoisie,“ haben in Trier eine so lebensfrische, thatendurstige Existenz, daß der einzige Name Esser den künstlichen Kitt ihres Baues auflöste und eine Ruine zurückließ.</p> <p rendition="#et">„Der Regierungsrath Sebaldt hat sich bei uns weder als Kandidat vorgestellt, noch ist er von uns als solcher in Aussicht genommen worden.“</p> <p>Das ist der Wortlaut des Absagungsbriefes der Trierer Bourgeoisie an das Beamtenthum.</p> <p rendition="#et">Wir und die Todten reiten schnell.<lb/> Graut Liebchen nicht vor Todten?</p> <p>Der Sieg der Demokratie in Preußen trägt schnelle und köstliche Früchte. Ich halte es für überflüssig, Ihnen des Breiteren mitzutheilen, wie die hier zur Prüfung der Reklamationen von den Urwählern erster Klasse niedergesetzte Kommission ihr Amt verwaltet hat. Die weltbekannte Perfidie dieser Menschenklasse überhebt mich der Mühe.</p> <p>Als Curiosum theile ich Ihnen noch mit, daß es dem Trierer Jos. Dumont, dem Herrn Friedrich Lintz, Eigenthümer der Saar- und Moselzeitung, gelungen ist, den Professor Dr. Julius Max Schottky als Redakteur en chef zu engagiren!</p> <p><hi rendition="#g">Nachschrift</hi>. So eben geht mir noch die Mittheilung zu von dem Ausfall der Wahlen.</p> <p>Es wurden gewählt im 1. Bezirk Gutsbesitzer Wegard; im 2. Bezirk Adv.-Anw. Wenzel; im 3. Bezirk Arzt Birnbaum; im 4. Bezirk Landgerichtsrath Weygold; im 5. Bezirk Arzt Rosbach; im 6. Bezirk Deutsch.</p> <p>Unter 6 Bezirken haben 2., 3., 4. und 5. entschieden reaktionär gewählt, indem sie zu Wahlmännern ernannten die Herren Adv.-Anw. Wenzel, Arzt Birnbaum, Landgerichtsrath Weygold und Arzt Rosbach.</p> </div> <div xml:id="ar210_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl> Berlin, 29. Jan.</head> <p>Die Reaktion hat heute ihre Revanche genommen. 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Denn namentlich befürchteten sehr viele Mitglieder des kleinen Bürgerstandes, sie würden, wenn sie ihr Einkommen auf 500 Thlr. angäben, nachträglich zur Entrichtung der im vorjährigen Sommer vom hiesigen Magistrat ausgeschriebenen städtischen Einkommensteuer von 1 Proz. herbeigezogen werden.</p> <p>Herr <hi rendition="#g">Borsig</hi> hat vorigen Sonnabend einen seiner Arbeiter, der schon vier Jahre in seiner Fabrik beschäftigt war, entlassen, weil derselbe von der demokratischen Partei als Wahlmann für die zweite Kammer gewählt worden war. Herr Borsig scheint </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1151/0001]
Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 210. Köln, Donnerstag den 1. Februar. Mittwoch früh, 31. Januar, ist ein Extrablatt der Neuen Rheinischen Zeitung mit den neuesten Pariser Nachrichten ausgegeben und an unsere sämmtlichen Abonnenten versandt worden.
Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die „Kölnische Zeitung“ über die Wahlen. — Interpellation an Herrn Oberst Engels.) Geldern. (Wahlbülletin.) Caster. (dito.) Trier. (Die Kandidaten zur zweiten Kammer. — Sebaldt. — Die Wahlen zur ersten Kammer.) Berlin. (Wahlen für die erste Kammer. — Borsig — Die königl preuß. gleiche Berechtigung aller Staatsbürger. — Cirkularnote über das Verhältniß Preußens zur Reichsgewalt. — Die Flüchtlinge in Galizien. — Benehmen der preußischen Regierung.) Olmütz. (Der Zwiespalt zwischen „Bauern“ und „Häuslern.“) Frankfurt. (Nationalversammlung.) Aus Kurhessen. (Das Wahlgesetz.) Kassel. (Ministerkrisis.) Hildesheim. (Militär-Exceß.) Freiburg. (Frau Struve in Anklagezustand.) Oberndorf. (Curioses Aktenstück.)
Ungarn. Agram. (Das Associationswesen.)
Italien. Turin. (Ein Schreiben Gioberti's an den schweiz. Bundesrath. — Heerschau.) Rom. (Finanzielles.) Venedig. (Geldunterstützungen. — Die Volkesrepräsentation.)
Schweiz. Tessin. (Oestr. Kreuzer auf dem Lago-Maggiore.)
Franz. Republik. Paris. (Die Situation. — Die Gährung. — Vermischtes.)
Spanien. Madrid. (Hofgeschichten.)
Belgien. Gent. (Explosion eines Pulvermagazins)
Deutschland. * Köln, 30. Jan. _ * Köln, 31. Januar. Da Herr Oberst Engels, trotz der Antwort des Hrn. commiss. Oberbürgermeisters Gräff und trotz des heranrückenden Wahltages sich bis heute nicht gemüßigt gesehen, auf unsere letzte Interpellation zu antworten, so sind wir genöthigt heute eine neue Interpellation, oder wie er selbst sagt, „Insertion“ an ihn zu richten.
Wir fragen ihn demnach, ob es wahr ist, daß der zum Wahlmann ernannte Hr. Hauptmann Lengsfeld sich gar nicht einmal die Mühe gegeben, während der Wahl seinen Wohnsitz in der Kaserne zu nehmen? Da er vor und nach der Wahl, soviel wir wissen, nicht im Bezirk (sondern in der Breitstraße) gewohnt hat, war er gar nicht wahlfähig. Zu den beiden von uns angefochtenen Wahlen käme hiernach noch eine dritte.
Hr. Engels wird ersucht baldigst zu antworten. Wie gesagt, die Wahlmänner können nicht lange warten.
100 Geldern, 30. Jan. Wir vermissen in Ihrem Blatte noch immer das Resultat der Wahlen in unserer Stadt Geldern; bei dem hier vorherrschenden Indifferentismus und konstitutionellen — d. h. reaktionaren — Tendenzen, ist es ein erfreuliches Zeichen, daß diesmal die Opposition glänzend gesiegt hat. Sämmtliche Wahlmänner sind dieser Farbe entschieden ergeben. Ebenso befriedigend ist das Ergebniß zu Nieukerk und in vielen Orten unserer Umgegend; die bisheran stattgefundenen Vorversammlungen der Wahlmänner der Kreise Geldern und Cleve lassen mit Zuversicht erwarten, daß nur solche Deputirte aus der Wahlurne hervorgehen werden, welche die Rechte des Volkes mit Entschiedenheit zu vertheidigen entschlossen sind.
068 Caster, 29. Jan. Heute versammelten sich die Urwähler der Bürgermeistereien Pütz, Königswinter und Caster dahier, um einen Wahlmann für die erste Kammer zu wählen. Die dazu Berechtigten waren 95, wovon aber nur 52 zugegen waren. Es war dieser Ausfall von 43 Urwählern um so fataler, als dadurch die ziemlich vorbereitete Wahl des Ritterhauptmannes Grafen Mirbach fast gesichert schien. Alle seine Pächter hatten sich pünktlich gestellt und andere nicht abhängige Grundbesitzer gruppirten sich um den Ritterhauptmann als einen Vertreter des Grundeigenthums. Dessenungeachtet fiel in dem 3. Scrutinium die Wahl auf den liberalen Gutsbesitzer Herr Zillcken zu Grottenherten.
096 Trier, 29. Januar. Nach der vernichtenden Niederlage, welche die konstitutionelle Partei hier erlitten, hat sie nun das letzte, erlöschende Fünkchen von Hoffnung auf den heutigen Tag gesetzt. Es ist wahrscheinlich und kann der Natur der Sache nach auch nicht anders sein, daß die Konstitutionellen unter den 6 hier zu wählenden Wahlmännern für die erste Kammer in der Majorität bleiben. Die Partei wird ihren Siegesjubel anstimmen, so gut sie eben einen wirklichen, wahren Jubel, der aus dem Herzen kommt und zum Herzen geht, nachahmen kann, denn sie weiß sehr wohl, wenigstens die Intelligenteren unter ihr, daß der ganze Sieg eine reine Fiktion ist, die gar keine reale Bedeutung hat. Was ist in der That die Wahl zur ersten Kammer anders, als eine statistische Feststellung der Anzahl anti-demokratischer Atome im Staat? Gegenüber dem Volkswillen, wie er sich in den Wahlen zur zweiten Kammer ausgesprochen, ist die Zusammensetzung der ersten Kammer total gleichgültig; es ist im Gegentheile für die Schnelligkeit der staatlichen Entwickelung sehr wünschenswerth, wenn die erste Kammer, da sie par ordre du Mufti zusammengesetzt wird, das reaktionäre Element recht kraß repräsentirt.
Sie wissen, daß die demokratische Partei hier den Geheimen Oberrevisionsrath Esser unter ihren Kandidaten hat; wen meinen Sie, daß ihm die Herren vom Urheulerthum entgegensetzten? Das Regierungspräsidium Sebaldt, den Mann aus dem Lande der schlechten Sechser!! Die demokratische Partei brachte diese unbezahlbare Anekdote gestern Nachmittag durch den Preßbengel unter die Leute, und zwei Stunden darauf hatte die konstitutionelle Partei schon eine Antwort in Bewegung, die von einem eigenen Colporteur am Eingange des Funk'schen Gartens, wo die Demokraten tagten, mit verschwenderischer Hand über die glückliche Menschheit ausgestreut wurde. Und was hatten die Herren von der Konstitution zu melden? Eine vollständige Spaltung der Partei; die Ritter von der Elle, die Barone vom Geldsack, die Pascha's vom Kartoffelsack wußten der Alternative Esser-Sebaldt nur dadurch zu antworten, daß sie das Regierungspräsidium fallen ließen. Die Herren von der Konstitution mit ihrer ur-unsinnigen Firma „Absolutismus und Bourgeoisie,“ haben in Trier eine so lebensfrische, thatendurstige Existenz, daß der einzige Name Esser den künstlichen Kitt ihres Baues auflöste und eine Ruine zurückließ.
„Der Regierungsrath Sebaldt hat sich bei uns weder als Kandidat vorgestellt, noch ist er von uns als solcher in Aussicht genommen worden.“
Das ist der Wortlaut des Absagungsbriefes der Trierer Bourgeoisie an das Beamtenthum.
Wir und die Todten reiten schnell.
Graut Liebchen nicht vor Todten?
Der Sieg der Demokratie in Preußen trägt schnelle und köstliche Früchte. Ich halte es für überflüssig, Ihnen des Breiteren mitzutheilen, wie die hier zur Prüfung der Reklamationen von den Urwählern erster Klasse niedergesetzte Kommission ihr Amt verwaltet hat. Die weltbekannte Perfidie dieser Menschenklasse überhebt mich der Mühe.
Als Curiosum theile ich Ihnen noch mit, daß es dem Trierer Jos. Dumont, dem Herrn Friedrich Lintz, Eigenthümer der Saar- und Moselzeitung, gelungen ist, den Professor Dr. Julius Max Schottky als Redakteur en chef zu engagiren!
Nachschrift. So eben geht mir noch die Mittheilung zu von dem Ausfall der Wahlen.
Es wurden gewählt im 1. Bezirk Gutsbesitzer Wegard; im 2. Bezirk Adv.-Anw. Wenzel; im 3. Bezirk Arzt Birnbaum; im 4. Bezirk Landgerichtsrath Weygold; im 5. Bezirk Arzt Rosbach; im 6. Bezirk Deutsch.
Unter 6 Bezirken haben 2., 3., 4. und 5. entschieden reaktionär gewählt, indem sie zu Wahlmännern ernannten die Herren Adv.-Anw. Wenzel, Arzt Birnbaum, Landgerichtsrath Weygold und Arzt Rosbach.
X Berlin, 29. Jan. Die Reaktion hat heute ihre Revanche genommen. Fast sämmtliche Besiegten des 22. Januar sind heut Wahlmänner für die erste Kammer geworden und freuen sich jetzt ihres Sieges. — Soweit uns jetzt die Resultate der Urwahlen bekannt sind, gehören die Wahlmänner der conservativen Partei an; die Vorgeschrittensten unter ihnen lassen sich als Centrumsmänner charakterisiren. Dieses Resultat wird übrigens Niemanden überraschen, welcher erwägt, daß der Census für die Urwähler zur ersten Kammer eben nur die Vermögensaristokratie zur Ausübung dieses polischen Rechtes zuließ. Denn namentlich befürchteten sehr viele Mitglieder des kleinen Bürgerstandes, sie würden, wenn sie ihr Einkommen auf 500 Thlr. angäben, nachträglich zur Entrichtung der im vorjährigen Sommer vom hiesigen Magistrat ausgeschriebenen städtischen Einkommensteuer von 1 Proz. herbeigezogen werden.
Herr Borsig hat vorigen Sonnabend einen seiner Arbeiter, der schon vier Jahre in seiner Fabrik beschäftigt war, entlassen, weil derselbe von der demokratischen Partei als Wahlmann für die zweite Kammer gewählt worden war. Herr Borsig scheint
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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